Deutscher Bundestag Drucksache 18/2399 18. Wahlperiode 26.08.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2290 – Klimaaußenpolitik der Bundesregierung mit Blick auf die VN-Klimakonferenz im Jahr 2015 in Paris Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den kommenden Monaten gehen die europäischen wie internationalen Verhandlungen für ein globales Klimaabkommen für die Zeit nach dem Jahr 2020 in eine weitere entscheidende Phase. Zunächst treffen sich die Staats- und Regierungschefs auf Einladung von VN-Generalsekretär Ban Ki-moon im September 2014 zum Klimagipfel in New York. Über die Klimaziele der Europäischen Union (EU), zu denen auch die Energieeffizienz und das derzeit aus dem Europäischen Parlament geforderte 40-Prozent -Ziel gehören, soll voraussichtlich beim EU-Gipfel im Oktober entschieden werden. Im Dezember diesen Jahres sollen auf der Klimakonferenz in Peru die notwendigen Weichen gestellt werden, damit im Jahr 2015 in Paris tatsächlich ein Klimaabkommen auf den Weg gebracht werden kann. Spätestens im Frühjahr 2015 sollen dann die Staaten ihre konkreten Minderungsangebote vorlegen. Auch die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat anlässlich ihrer Rede auf dem diesjährigen Petersberger Klimadialog auf die Bedeutung der kommenden Monate hingewiesen und sagte: „Die Jahre 2014 und 2015 sind für den weltweiten Klimaschutz von großer, von entscheidender Bedeutung, denn wir haben nicht mehr und nicht weniger zu klären, wie ein neues internationales Klimaabkommen aussehen soll.“ (www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/ 2014/07/2014-07-15-merkel-petersburg.html). Dabei von Bedeutung werden ebenso die Treffen der Staats- und Regierungschefs im Rahmen der G7- und G20-Gipfel sein. Insbesondere kommt Deutschland durch die Übernahme der Präsidentschaft der Gruppe der sieben größten Industrieländer (G7) und somit als Gastgeber des Gipfeltreffens im Jahr 2015 eine besondere Verantwortung zu. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung nach ihren konkreDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 22. August 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. ten Anstrengungen und ihrem Beitrag für einen erfolgreichen Vertragsabschluss in Paris im Jahr 2015. Drucksache 18/2399 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Besteht die Möglichkeit, dass sich die Bundeskanzlerin ggf. noch anders entscheidet und angesichts der Zusagen anderer wichtiger Staats- und Regierungschefs doch im September nach New York reisen wird? Wenn nein, womit konkret begründet die Bundesregierung die Abwesenheit der Bundeskanzlerin? Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel wird aus terminlichen Gründen nicht am informellen Gipfeltreffen zur internationalen Klimapolitik des VN-Generalsekretärs Ban Ki-moon im September 2014 in New York teilnehmen. Auch unter Berücksichtigung des parlamentarischen Informationsinteresses gibt die Bundesregierung grundsätzlich keine Auskunft zu Terminen der Bundeskanzlerin, die über die regelmäßigen Termininformationen des Regierungssprechers hinausgehen . 2. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller, dass ein mögliches Fernbleiben der Bundeskanzlerin auf der Klimakonferenz in New York den Eindruck erweckt, dass die Bemühungen der Vereinten Nationen und ihres Generalsekretärs für ein erfolgreiches Kyoto-Nachfolgeprotokoll seitens der Bundesrepublik Deutschland nicht ernst genommen würden? Nein. Vielmehr begrüßt die Bundesregierung die Entscheidung des VN-Generalsekretärs , im September 2014 nach New York zu einem informellen Gipfeltreffen zu internationaler Klimapolitik einzuladen. Diese wichtige Initiative kann ein stärkeres politisches Engagement für eine ambitionierte internationale Klimapolitik auf dem Weg zu der 21. Vertragsstaatenkonferenz Ende 2015 in Paris mobilisieren. Die Bundeskanzlerin begrüßt das große persönliche Engagement des VN-Generalsekretärs und hat ihre volle politische Unterstützung versichert , auch wenn sie persönlich aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen wird. 3. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Vertretern der Gruppe der Least Developed Countries, dass ein Fernbleiben der Bundeskanzlerin auf der Klimakonferenz in New York ein „alarmierendes Signal“ für den vereinbarten Prozess bis Paris im Jahr 2015 sei? Wenn nein, warum nicht? Nein. Eine ambitionierte internationale Klimapolitik ist eine politische Priorität der Bundesregierung, für die sich die Bundeskanzlerin auch persönlich engagiert . Dieses Engagement zeigt sich u. a. in dem von ihr ins Leben gerufenen jährlichen Petersberger Klimadialog, zu dessen fünfter Sitzung die Bundesregierung auch in diesem Jahr circa 35 Minister und hochrangige politische Vertreter Mitte Juli in Berlin begrüßt hat. Der Dialog mit persönlicher Teilnahme der Bundeskanzlerin diente sowohl der Vorbereitung des informellen Gipfeltreffens in New York als auch der 20. Vertragsstaatenkonferenz Ende 2014 in Lima. Darüber hinaus wird die Bundeskanzlerin Klimaschutz zu einem wichtigen Thema der laufenden deutschen G7-Präsidentschaft machen, um so einen starken Impuls für die Verabschiedung eines ambitionierten internationalen Klimaschutzabkommen bei der 21. Vertragsstaatenkonferenz 2015 in Paris zu geben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2399 4. Welche Staaten werden beim sog. Ban-Ki-moon-Gipfel nach Kenntnis der Bundesregierung durch ihre Staats- und Regierungschefs vertreten sein (bitte aufgeschlüsselt nach EU-Staaten, Drittstaaten, Staats- und Regierungschefs und/oder weiteren Regierungsmitgliedern darstellen)? Die Bundesregierung verfügt über keine offizielle Übersicht über Zusagen einzelner Staaten und kommentiert nicht Presseveröffentlichungen zu den Teilnahmeabsichten anderer Staaten. Die hohe Erwartung an das informelle Gipfeltreffen begrüßt die Bundesregierung ausdrücklich. 5. Wer wird die Bundesrepublik Deutschland nach derzeitigem Stand in New York vertreten? Die Bundesregierung wird bei dem informellen Gipfeltreffen in New York von der fachlich für die internationalen Klimaverhandlungen zuständigen Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Dr. Barbara Hendricks vertreten. Wegen der bedeutsamen Beiträge der Entwicklungszusammenarbeit zum Klimaschutz wird der Bundesminister für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller als weiterer Vertreter der Bundesregierung ebenfalls teilnehmen. Der Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier wird angesichts der hohen außenpolitischen Relevanz von Klimapolitik am Tag des Klimagipfels zu einem Empfang mit thematischem Bezug zum Gipfel ins Deutsche Haus in New York einladen. 6. Was ist das Ziel der Bundesregierung bezüglich des Ban-Ki-moon-Gipfels in New York, und wie bereitet sich die Bundesregierung auf den Klimagipfel im September 2014 in New York vor? Mit welchen Staaten laufen ggf. dazu vertiefende oder vorbereitende Gespräche , insbesondere mit welchen europäischen oder außereuropäischen Regierungen ist die Bundesregierung hier ggf. in intensiverem Austausch? Die Bundesregierung beabsichtigt, auf dem informellen Gipfeltreffen ihre Aktivitäten zum Klimaschutz auf nationaler und internationaler Ebene zu präsentieren . Sie wird darüber hinaus ihre Erwartungen an das Klimaschutzabkommen in Paris 2015 darstellen. Der Generalsekretär der VN hat die Staaten aufgefordert, auf dem informellen Gipfeltreffen mutige Aktivitäten zu präsentieren. Derzeit prüft die Bundesregierung, welche Vorhaben geeignet sind, diesem Anspruch gerecht zu werden. Die Bundesregierung spricht mit den Staaten, mit denen sie in konkreten Projekten zusammen arbeitet. Erst wenn feststeht, welche Projekte ausgewählt werden, wird sie sich öffentlich zu ihren Kooperationspartnern äußern. 7. Welchen Anteil will die Bundesregierung an den 100 Mrd. US-Dollar, die ab dem Jahr 2020 jährlich für den internationalen Klimaschutz in Aussicht gestellt sind, übernehmen? 8. Plant die Bundesregierung in ihrer Finanzplanung einen entsprechenden Mittelaufwuchs für den internationalen Klimaschutz? Die Fragen 7 und 8 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Deutschland ist seit Langem einer der größten Geber für den Klimaschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Industrieländer haben sich bei der VN-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen zum Ziel verpflichtet, ab dem Jahr Drucksache 18/2399 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2020 gemeinsam 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr aus unterschiedlichen Finanzierungsquellen – öffentlichen und privaten, bilateralen und multilateralen einschließlich alternativer Finanzierungsquellen – für die notwendigen Reformund Transformationsprozesse zu einer kohlenstoffarmen und klimaangepassten Entwicklung in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Nach der erfolgreich umgesetzten Fast-Start-Zusage (2010 bis 2012) ist die weitere Ausgestaltung der internationalen Klimafinanzierung in den Jahren 2014 bis 2020 hin zu den jährlich 100 Mrd. US-Dollar ab dem Jahr 2020 die nächste Herausforderung. Die Bundesregierung steht zu den in Kopenhagen eingegangenen Verpflichtungen. Dazu gehört auch die Konkretisierung, wie die Verpflichtungen zur Klimafinanzierung bis zum Jahr 2020 eingehalten werden sollen. 9. Wie schlägt sich die Feststellung der Bundeskanzlerin beim diesjährigen Petersberger Klimadialog in der Exportförderung der Bundesregierung nieder, wonach „neue Wind- und Solarkraftwerke bei guten Bedingungen heute kaum noch teurer als neue Kohle-, Gas- oder gar Kernkraftwerke sind“ und dass „Länder heute weltweit günstiger als jemals zuvor ein wettbewerbsfähiges und klimafreundliches Energiesystem aufbauen können“? Die starken Kostensenkungen bei Wind- und Solaranlagen führen dazu, dass auch in Ländern, in denen kein Fördersystem für erneuerbare Energien (z. B. Einspeisetarife u. Ä.) existiert und die über geringe Kaufkraft verfügen, zunehmend EE-Technologien eingesetzt werden. So setzen inzwischen viele Entwicklungs - und Schwellenländer auf Wind- und Solarkraftwerke, um dem steigenden Energiebedarf zu begegnen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Häufig stellen erneuerbare Energien die kosteneffizientere und gleichzeitig klimaschonende Alternative zu Dieselgeneratoren dar, wenn es darum geht, z. B. ländliche Regionen zu elektrifizieren. Dieser Entwicklung folgt die Exportförderung der Bundesregierung im Rahmen der Exportinitiative Erneuerbare Energien: 2004. Als die erneuerbaren Energien noch teurer waren und im starken Maße von Förderungen abhingen, unterstützten noch 66 Prozent der Maßnahmen die Förderung des Markteintritts deutscher Unternehmen in Industrieländer. 34 Prozent der Maßnahmen entfielen auf Schwellenländer, Entwicklungsländer zählten nicht zu den Zielländern der Exportinitiative . Im Jahr 2014 hingegen sind 73 Prozent der Aktivitäten auf Entwicklungs - und Schwellenländer gerichtet, nur 27 Prozent entfallen auf Industrieländer . Ein Vergleich von Stromgestehungskosten von z. B. Windenergie- oder Photovoltaikanlagen mit fossilen Kraftwerken ist zudem nur begrenzt aussagekräftig, weil hierbei unberücksichtigt bleibt, dass der Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energien nicht bedarfsgerecht erzeugt werden kann, sondern wetterabhängig verfügbar ist. Daher sind in einem Stromsystem, das von erneuerbaren Energien dominiert wird, weitere Maßnahmen erforderlich, die bei einem Kostenvergleich berücksichtigt werden müssen. 10. Wird die Bundesregierung u. a. die Ankündigung des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama für strenge CO2-Grenzwerte für Kraftwerke zum Anlass nehmen, den Kohleausstieg bzw. die Stilllegung alter Anlagen beim Klimagipfel in New York zu thematisieren? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung wird auf dem informellen Gipfeltreffen ihr Konzept der Energiewende und den Stand der Arbeiten am Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 darstellen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2399 11. Wird die Bundesregierung den neuen klimapolitischen Vorstoß der USA zum Anlass nehmen, die im Jahr 2008 gegründete Transatlantische Klimabrücke substanziell auszubauen und zu verstetigen, um so neben dem Austausch auf politischer Ebene auch den transatlantischen Dialog zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren, wie Umweltverbänden, Vertretern der Wissenschaft und Bildungspolitik sowie Medienvertretern, zu stärken? Bereits seit dem Jahr 2008 unterhält das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit zusammen mit dem Auswärtigen Amt mit der „Transatlantischen Klimabrücke“ ein Forum für den Dialog zwischen Experten, Entscheidern, der Wirtschaft und weiteren Akteuren auf beiden Seiten des Atlantiks . Die Aktivitäten der Klimabrücke sind insbesondere in den letzten Jahren wieder intensiviert worden. Die im Kontext des informellen Gipfeltreffens vom 20. bis 26. September dieses Jahres stattfindende USA-Reise von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks soll auch dazu genutzt werden, dieses Dialogformat weiter zu stärken, z. B. im Gespräch mit Gina McCarthy, der Leiterin der US-Umweltschutzbehörde EPA („Environmental Protection Agency“). Die mit der deutschen Klimaschutzpolitik unmittelbar verbundene Energiewende ruft in den USA weiter großes Interesse hervor. In Deutschland besteht ein Interesse, sich mehr über die seitens der EPA kürzlich vorgeschlagenen Maßnahmen , insbesondere über neue Standards für bestehende Kraftwerke auszutauschen . An dem bisher bewährten Format eines Dialogs mit den oben genannten Gruppen soll festgehalten werden. 12. Wird sich die Bundesregierung in New York u. a. dafür einsetzen, dass das Thema „Vorreiterallianzen“ beim Klimaschutz auf die Tagesordnung kommt, und mit wem gibt es dazu ggf. vorbereitende Gespräche? Vorreiterallianzen sind eine wichtige Möglichkeit, ambitionierte Klimapolitik international voran zu treiben. Sie spielen sowohl in den Überlegungen der EU als auch der Bundesregierung eine Rolle. Auf der Tagesordnung des informellen Gipfeltreffens ist keine offizielle Debatte zu Vorreiterallianzen vorgesehen. Am Rande des informellen Gipfeltreffens jedoch treffen sich die Staaten der so genannten Durban-Allianz progressiver Staaten, auch Deutschland, auf Einladung der Europäischen Kommission und Norwegens. 13. Wird sich die Bundesregierung in New York u. a. dafür einsetzen, dass das Thema Abbau direkter und indirekter klimaschädlicher Subventionen auf die Tagesordnung kommt, wird es ggf. dazu von der Bundesregierung eine Initiative oder Vorschläge geben, und plant die Bundesregierung dazu neue nationale Initiativen? Wenn nein, warum nicht? In frühen Überlegungen zu den thematischen Schwerpunkten des informellen Gipfeltreffens war der Abbau klimaschädlicher Subventionen enthalten, nicht jedoch in der letzten Fassung. Die Bundesregierung konzentriert sich bei der Vorbereitung auf die Themen, die auf dem informellen Gipfeltreffen behandelt werden. Im Rahmen der Dialogforen zum Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 haben Verbände den Abbau klimaschädlicher Subventionen vorgeschlagen. Welche Vorschläge in das Programm aufgenommen werden, ist Gegenstand der laufenden Ressortverhandlungen. Drucksache 18/2399 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung insgesamt bis zur Klimakonferenz im Jahr 2015 in Paris in ihrer Außenpolitik, insbesondere mit welchen Staaten oder Akteuren sind Gespräche und Treffen mit welchem Ziel oder Ergebnis geplant? Die Bundesregierung verfolgt mit ihrer Klimaaußenpolitik gemeinsam mit progressiven Partnerländern das Ziel, im Vorfeld der Klimakonferenz in Paris 2015 das notwendige politische Momentum zu schaffen. Veranstaltungen und Dialogformate auf politischer Ebene (u. a. der jährliche Petersberger Klimadialog und die G7-Treffen) im Jahr 2014 und 2015 sind Ansatzpunkte, die Verhandlungen im Sinne eines ambitionierten Klimaschutzabkommens zu unterstützen. Begleitend ist eine gezielte Klimadiplomatie mit Schlüsselländern notwendig, um Unterstützung für eine progressive Klimapolitik zu erzeugen. Unter Schlüsselländern versteht die Bundesregierung solche Staaten, die entweder aus eigenem Gewicht heraus substantiellen Einfluss auf die Verhandlungen nehmen, insbesondere Schwellenländer, oder die in ihrer Weltregion als Vorbild dienen und so indirekt Bedeutung für die Klimaverhandlungen haben. Zu den anzusprechenden Akteuren zählen nicht nur Klimaverhandler in den Außen- und Umweltministerien , sondern auch Entscheider in den für einen Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimagerechten Entwicklung relevanten Ministerien für Wirtschaft, Planung und Finanzen sowie Vertreter von Wirtschaft und Zivilgesellschaft . Ebenso müssen auch die Akteure in den multilateralen Entwicklungsbanken angesprochen werden, da sie den Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimagerechten Entwicklung unterstützen können. 15. Gibt es seitens der Bundesregierung neue Initiativen für eine Unterstützung oder Angebote in Richtung China, nachdem öffentlich wurde, dass derzeit in China die Verpflichtung zu absoluten Emissionsminderungen zumindest diskutiert wird (www.klimaretter.info vom 13. Juni 2014 „Chinas Klimaschutz ist entscheidend“) und selbst die Bundeskanzlerin in ihrer Rede beim diesjährigen Peterberger Klimadialog festgestellt hat, dass sie sich bei ihrem „jüngsten Besuch in China auch davon überzeugen [konnte], dass sich die gesamte politische Spitze der Aufgabe sehr wohl bewusst ist“? Wenn ja, welche Angebote gibt es, um die neue chinesische Dynamik in Sachen Klimaschutz zu unterstützen? Die Bundesregierung unterstützt unter anderem im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) eine Vielzahl von Kooperationsprojekten mit China. Diese stehen in direktem Zusammenhang mit klimarelevanten Fragestellungen, die auch in den internationalen Klimaverhandlungen von großer Bedeutung sind. Um die projektbezogene Zusammenarbeit auf die Bedarfe Chinas auszurichten und positive Dynamiken zu unterstützen, steht die Bundesregierung im Rahmen verschiedener Dialogformate, insb. der deutsch-chinesischen Klimaarbeitsgruppe , im ständigen und direkten Austausch mit der Klimaabteilung der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), die die chinesische Klimapolitik koordiniert und umsetzt, nationale Positionen und Beiträge für die internationalen Klimaverhandlungen vorbereitet und gleichzeitig in mehreren Kooperationsvorhaben der chinesische Projektpartner ist. Die diesjährige fünfte Sitzung dieser Arbeitsgruppe wird eine Gelegenheit bieten, über die internationalen Klimaverhandlungen zu diskutieren, bestehende bilaterale Projekte der IKI zu evaluieren und neue Kooperationsfelder auszuloten. 16. Wie wichtig ist aus Sicht der Bundesregierung eine zeitnahe Ratifizierung des Kyoto-II-Protokolls, und was tut die Bundesregierung, um zu einer zügigen Einigung auf der europäischen Ebene zu kommen, bzw. mit welchen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2399 Regierungen gibt es diesbezüglich auf Initiative der Bundesregierung einen intensiven Austausch? Das Kyoto-Protokoll steht für einen regelbasierten Ansatz in der internationalen Klimapolitik. Die Bundesregierung strebt auch für das Abkommen in Paris einen regelbasierten Ansatz an. Eine schnelle Ratifizierung ist daher im Interesse der Bundesregierung. In diesem Sinne arbeitet sie intensiv mit der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten zusammen, um eine zügige Umsetzung zu erreichen. Der für die deutsche Ratifizierung erforderliche Gesetzentwurf ist in der Ressortabstimmung. Das Gesetzgebungsverfahren wird im Herbst eingeleitet. 17. Mit welcher klimapolitischen Positionierung gedenkt die Bundesregierung a) im Rahmen des G20-Gipfeltreffens im November 2014 in Brisbane Deutschland zu vertreten und b) sich erfolgreich dafür einzusetzen, dass trotz vermutlich abweichender Themenpriorisierung seitens des Gastgeberlandes Australien der internationale Klimaschutz weiterhin Anliegen der G20-Gipfeltreffen bleibt und/oder Die Fragen 17a und 17b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Deutschland setzt sich gemeinsam mit den EU-Partnern dafür ein, dass internationale Klimapolitik im Rahmen der G20 diskutiert und im Abschlusskommuniqué reflektiert wird. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass sich die G20 zu einer ambitionierten Klimapolitik der Staaten und einem erfolgreichen Abschluss der Klimaverhandlungen in Paris im Jahr 2015 bekennen. c) ihren Einfluss gegenüber Australien unter Premierminister Tino Abbott geltend zu machen, das als diesjähriges Gastgeberland des G20-Gipfeltreffens Zeitungsberichten zufolge vorwiegend auf wirtschaftliche Sicherheit fokussiert und beispielsweise die in Australien erst im Jahr 2012 eingeführte CO2-Steuer vor knapp zwei Wochen mittels parlamentarischer Mehrheit sogar abgeschafft hat? Nach Einschätzung der Bundesregierung ist die Entscheidung Australiens, die CO2-Steuer abzuschaffen, nachteilig für die Bemühungen für einen global ambitionierten Klimaschutz. Dies macht die Bundesregierung gegenüber Australien geltend. Die Bundesregierung steht in einem engen Dialog mit ihren australischen Partnern, um sie vom gemeinsamen Nutzen einer ambitionierten Klimapolitik zu überzeugen. 18. Wie erklärt die Bundesregierung ihre Pläne, auch weiterhin ehrgeizig und ambitioniert für Klimaschutz einzutreten, wenn gegenwärtig in Deutschland faktisch die CO2-Emissionen erstmals seit der Deutschen Einheit wieder ansteigen, der Ausbau erneuerbarer Energien durch einen Korridor faktisch gebremst wird und die Kohleenergie unter Bestandsschutz steht? Die Bundesregierung tritt für ehrgeizigen Klimaschutz ein, international, europäisch wie national. Die Bundesregierung erarbeitet zurzeit entsprechend dem Koalitionsvertrag das nationale Aktionsprogramm Klimaschutz 2020. Die darin aufgeführten Maßnahmen sollen sicherstellen, dass das Ziel, die jährlichen THG-Emissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu senken, erreicht wird. Drucksache 18/2399 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Wie gedenkt die Bundesregierung innerhalb der G7-Staaten Glaubwürdigkeit zu erlangen, wenn unter den in Frage 18 aufgeführten, gegenwärtigen Bedingungen in Deutschland noch nicht einmal das 40-Prozent-Reduktionsziel bis zum Jahr 2020 zu schaffen ist (www.spiegel.de vom 11. April 2012 „CO2-Emissionen: Deutschland droht Klimaschutzziel zu verfehlen “)? Siehe Antwort zu Frage 18. 20. Wie wird die Bundesregierung ihre G7-Präsidentschaft nutzen, um, wie von der Bundeskanzlerin angekündigt, den Klimaschutz zu einem Thema der Präsidentschaft zu machen? Die Bundesregierung wird die G7-Präsidentschaft als Forum nutzen, um in Vorbereitung auf die Klimakonferenz in Paris Ende 2015 Fortschritte bei der internationalen Klimapolitik zu erzielen. 21. Wie soll dieses Vorhaben erfolgreich umgesetzt werden, wenn durch die Äußerung der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf dem Petersberger Klimadialog „Die große Verantwortung für alle Aufgaben liegt bei den Umweltministern“ nach Auffassung der Fragesteller im Kern die Botschaft suggeriert, dass Klimaschutz nicht mehr Chefsache ist? Die in der Frage der Bundeskanzlerin zugesprochene Äußerung ist unvollständig bzw. unpräzise zitiert. Nach der stenographischen Mitschrift hat die Bundeskanzlerin anlässlich des 5. Petersberger Klimadialogs unmittelbar zu Beginn ihrer Rede wörtlich gesagt: „[…] sehr geehrte Damen und Herren, Frau Hendricks hat es soeben angesprochen – als Regierungschefs sind wir natürlich froh, wenn unsere Umweltminister die Probleme des Klimaschutzes lösen. Die große Verantwortung dafür liegt ja vor allem bei den Umweltministern. Erst einmal herzlichen Dank allen, die als Umweltminister ihre Arbeit tun. Aber ich darf sagen: Auch die Staats- und Regierungschefs helfen gerne ein bisschen bei diesem Thema mit.“ Mit diesen Sätzen weist die Bundeskanzlerin sowohl auf die Zuständigkeit der Umweltminister als auch die Verantwortung der Staats- und Regierungschef bei diesem wichtigen Thema hin. 22. Welche Initiativen sind im Rahmen der G7-Präsidentschaft konkret geplant ? a) Soll nach Vorstellung der Bundesregierung insbesondere der Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle im Zusammenhang mit den geplanten Schwerpunkten nachhaltiges Wirtschaften und Lebensqualität thematisiert werden? b) Soll der Abbau direkter und indirekter klimaschädlicher Subventionen im Zusammenhang mit dem geplanten G7-Schwerpunkt der Steuergerechtigkeit thematisiert werden? c) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 22a bis 22c werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Planungen für konkrete klimapolitische Initiativen sind noch nicht abgeschlossen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2399 23. Ist die Bundesregierung davon überzeugt, dass die G7 den geeigneten Rahmen für die Weiterentwicklung eines internationalen Klimaschutzregimes ist, oder droht damit ein Vertrauensverlust und fehlende Verhandlungsbereitschaft seitens der weniger entwickelten Länder? Die G7 ist für die Bundesregierung ein wichtiges Forum zur gemeinsamen Positionierung der in ihr vertretenen Staaten. Die G7 ergänzt und unterstützt die multilateralen Klimaverhandlungen im Rahmen der VN, sie sind kein Ersatz für die VN-Verhandlungen, bei denen alle Staaten beteiligt sind. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333