Deutscher Bundestag Drucksache 18/2400 18. Wahlperiode 22.08.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Diana Golze, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2297 – Mögliche Einflussnahme von Unternehmen mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien auf Curricula und Schulen unter Förderung von Bundesministerien Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Immer mehr Wirtschafts- und Finanzverbände, Privatunternehmen, Stiftungen, Vereine und sonstige Lobbygruppen drängen in den Unterrichtsalltag und bestimmen die Unterrichtsinhalte in den Schulen. Sie publizieren z. B. nicht nur Standards für die „Ökonomische Bildung“ sowie die entsprechende Ausbildung von Lehrkräften und unterbreiten den Schulen dazu Fortbildungsangebote , sondern veranstalten auch interessengeleitete Projekte und Schulwettbewerbe . Zunehmend gehen Firmenvertreter in den Unterricht. Wirtschaftsunternehmen und -verbände – vom Bankenverband bis hin zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) – überfluten die Schulen mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien , die in den Schulen gerne für den Unterricht genutzt werden . Diese werden nicht selten von staatlichen Stellen, Universitätsinstitutionen oder wirtschaftsnahen Stiftungen und Medienverlagen empfohlen (vgl. DGB Positionspapier „Wirtschaft in der Schule – Was sollen unsere Kinder lernen ?“, 2012, S. 4). Oftmals verfolgen diese Materialien das Ziel, das im Zuge der Finanzkrise verlorene Vertrauen in die Märkte, die Wirtschaftslobby und Finanzindustrie zu stärken, ohne auf die Ursachen der Krise einzugehen oder Regulierungsprobleme aufzuwerfen. Die Universität Augsburg hat im Jahr 2012 über 800 000 solcher Lehrmaterialien im Internet gefunden und schätzt die Dunkelziffer auf etwa eine Million Materialien, die sich an Schulen und Lehrkräfte richten. Von den 20 umsatzstärksten deutschen Unternehmen bieten 15 kostenlose Unterrichtsmaterialien an. Aufgrund der sinkenden staatlichen Schulbuchausgaben ist anzunehmen, dass die Materialien auch weiterhin auf großes Interesse stoßen werden (vgl. GEW, Privatisierungsreport 15, S. 9; Studie „Bildungsmedien online“, 2012, Universität Augsburg). So droht mittel- und langfristig der neutrale staatliche Bildungsauftrag durch das Eigeninteresse der Finanz- und WirtDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 20. August 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. schaftswelt einseitig unterlaufen zu werden. Es ist zu fragen, inwieweit hier in der Unterrichtspraxis die Einhaltung des Kontroversitätsgebots im Sinne des Beutelsbacher Konsenses gewährleistet wird. Drucksache 18/2400 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit der örtlichen Unternehmen, aber auch von Vereinen, Verbänden und Institutionen der öffentlichen Daseinsvorsorge mit Schulen im Interesse eines lebensweltbezogenen Unterrichts zu begrüßen. Daraus können für die Schülerinnen und Schüler praxisnahe Einblicke in die Wirtschaft erwachsen, und erworbenes Wissen kann auch in der Praxis angewendet werden. Allerdings sollten diese Praxisverbindungen alle Lebensbereiche betreffen und nicht nur einseitig das Wirtschaftsverständnis von Unternehmen oder Lobbyverbänden im Eigeninteresse widerspiegeln. Laut Artikel 7 des Grundgesetzes (GG) untersteht das gesamte Schulwesen der Aufsicht des Staates. Die Schule darf ihre Hoheit im Rahmen staatlicher Schulpflicht über die Gestaltung und Vermittlung pädagogischer Inhalte und von Werten nicht einfach Dritten überlassen. Deshalb wird u. a. jedes neu auf den Markt kommende Schulbuch der Schulbuchverlage in den Bundesländern einer intensiven fachlichen und pädagogischen Überprüfung durch die jeweiligen Kultusministerien unterzogen. Dies gilt offenbar nicht für andere Unterrichtsmaterialien , die von Wirtschaftsverbänden, Großkonzernen oder anderen Akteuren verbreitet werden. Damit besteht die Gefahr, dass die Ziele schulischer Bildung der staatlichen Aufsicht entzogen werden. 1. Wie viele für Schulen bestimmte Unterrichtsmaterialien (Filme, Brettspiele , Rollenspiele, Fortbildungsangebote für Lehrkräfte oder Ähnliches) wurden seit dem 1. Januar 2010 welchen Bundesministerien oder nachgeordneten Behörden von jeweils welchem Unternehmen, Verband, Stiftung oder Verein zur Prüfung, Weiterempfehlung oder Förderung zugeleitet? a) Wie viele und welche dieser zugleiteten Materialien wurden und werden einer Prüfung unterzogen? b) Nach welchen Kriterien, und in welcher Art und Weise wird und wurde durch welche Stelle entschieden, welche der genannten Materialien für den Gebrauch im Unterricht empfohlen werden, und welche nicht? c) Hat die Bundesregierung die Vorgaben des Beutelsbacher Konsenses bei der Prüfung von Materialien bzw. Zuleitungen einbezogen? Wenn ja, wie und mit jeweils welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die zugeleiteten Materialien den Vorgaben des Beutelsbacher Konsenses entsprechen, insbesondere dem Überwältigungsverbot und dem Kontroversitätsgebot ? d) Welche Materialien wurden bzw. werden mit jeweils welcher Summe aus welchem Haushaltstitel mit jeweils welchem Förderzeitraum gefördert ? e) Sind bei der Prüfung der jeweiligen Materialien jeweils das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Kultusministerien der Länder einbezogen oder informiert worden? Wenn ja, wann, in welcher Art und Weise, und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? f) Wie (rechtlich, politisch und pädagogisch) bewertet die Bundesregierung folgendes Zitat zur Bewertung von Artikel 14 Absatz 2 GG („Eigentum verpflichtet“) aus dem kostenlosen Unterrichtsmaterial „Das kleine 1 × 1 der Sozialen Marktwirtschaft“ der INSM: „Zugegeben, dieses Gebot ist ohne Zweifel gut gemeint, doch von einer freiheitlichen Wirtschaftsverfassung zeugt es nun wirklich nicht“ (vgl. INSM-Broschüre „Das kleine 1 × 1 der Sozialen Marktwirtschaft“, S. 21)? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2400 g) Inwieweit ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund dieser Bewertung des Artikels 14 Absatz 2 GG durch die INSM der Auffassung, dass dieses Material an Schulen verteilt, und dort verwendet werden darf? Die Fragen 1, 1a bis 1g werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Zuständigkeit für die schulische Bildung einschließlich der Prüfung und Bewertung von Unterrichtsmaterialien liegt nach der föderalen Kompetenzverteilung grundsätzlich bei den Ländern. Es liegen der Bundesregierung deshalb keine Erkenntnisse vor, in welchem Umfang fertige Unterrichtsmaterialien von Unternehmen, Verbänden, Stiftungen oder Vereinen zur Prüfung, Weiterempfehlung bzw. Förderung eingereicht werden. 2. Seit wann, und auf wessen Initiative, betreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Internetportal www.unternehmergeistmacht -schule.de? Das Internetportal www.unternehmergeist-macht-schule.de wurde im Rahmen der Initiative „Gründerland Deutschland“ im Sommer 2010 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) durch einen externen Dienstleister aufgebaut und gepflegt. a) Wer sind die Initiatoren der Plattform, und welche Personen aus jeweils welchen juristischen Personen gehören dem Initiativkreis an? Dem Initiativkreis unter dem Vorsitz des BMWi gehören derzeit 15 verschiedene Initiativen sowie die Verbände Deutscher Industrie- und Handelskammertag , Zentralverband des Deutschen Handwerks und Bundesverband der Freien Berufe an. Auf dem Internetportal werden die einzelnen Projekte der Partner zur Thematik „Unternehmergeist in Schulen“ vorgestellt. Einzelheiten sind auf www.unternehmergeist-macht-schule.de frei und offen für Jedermann zugänglich . b) Wie, seit wann, und mit welchen personellen, sächlichen oder Haushaltsmitteln fördert das BMWi den Initiativkreis „Unternehmergeist in die Schulen“? Den Vorsitz des Initiativkreises „Unternehmergeist in die Schulen“ hat Iris Gleicke, Parlamentarische Staatssekretärin beim BMWi und Mittelstands- und Tourismusbeauftragte der Bundesregierung. Zweimal jährlich finden Treffen des Initiativkreises statt, die auf Arbeitsebene im BMWi vorbereitet und organisiert werden. Darüber hinaus wird das Internetportal www.unternehmergeistmacht -schule.de durch das BMWi betrieben und finanziert. c) In welcher Auflage wurde die Broschüre „Gemeinsam für mehr Unternehmergeist “ wann an welche Schulen zu welchen Kosten versendet? Die Publikation „Gemeinsam für mehr Unternehmergeist“ ist ein Flyer, der im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des BMWi herausgegeben wird. Der Flyer ist online und als Druckexemplar abrufbar. Darüber hinaus wird der Flyer auf Messen und Veranstaltungen – u. a. Bildungsmesse „didacta“ und Deutscher Schulleiterkongress – kostenlos auf Anfrage an Lehrerinnen, Lehrer und andere Interessierte verteilt. In der Vergangenheit wurde der Flyer auch gemeinsam mit einer Einladung zu den vom BMWi angebotenen Veranstaltungen „Unternehmergeist in die Schulen“ für Multiplikatoren an Schulen (ab Sekundarstufe I) versandt. Außerdem wird der Flyer auch von den Mitgliedern der Initiative „Unternehmergeist in die Schulen“ genutzt, um über die jeweiligen Programme zu Drucksache 18/2400 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode informieren. Der Flyer wird je nach Bedarf aktualisiert und nachgedruckt – jährlich in einer Auflage von rund 10 000 Exemplaren – sowie online als Download abgerufen. d) Wie viele und welche Unterrichtsmaterialien wurden nach jeweils welcher inhaltlichen Prüfung durch welche Stelle an wen bereitgestellt? Es werden lediglich kostenfreie Informations- und Begleitmaterialien auf www.unternehmergeist-macht-schule.de publiziert. Es handelt sich um eigene oder durch die Initiativkreismitglieder geprüfte Materialen. Dabei werden Werbung und rein kommerzielle Angebote ausgeschlossen. Die Initiativen halten die jeweils geltenden Regeln zum Sponsoring und zur Werbung an Schulen ein. Durch das BMWi werden das Informationsheft „Gründerklasse“ mit spezifischen Inhalten und sogenannte Info-Grafiken verantwortet, die über www. unternehmergeist-macht-schule.de abgerufen werden können. e) Wie viele, und welche Schülerwettbewerbe, wurden nach jeweils welcher pädagogischen Prüfung von welcher Stelle durchgeführt? Seit dem Jahr 2012 wird über www.unternehmergeist-macht-schule.de alljährlich öffentlich der Schüler-Business-Award ausgelobt, mit dem das beste Wirtschaftsprojekt an Schulen prämiert werden soll. Das Verfahren sieht zunächst ein Online-Voting vor. Die besten zehn Teilnehmerprojekte werden durch eine dreiköpfige Jury nach einem festgelegten Bewertungsverfahren bewertet und entsprechend der Punktzahl die Plätze 1 bis 3 vergeben. Weitere Wettbewerbe der Initiativkreispartner finden in alleiniger Verantwortung der jeweiligen Initiativen und ihrer Leiter statt. Die Ergebnisse der Wettbewerbe werden über die www.unternehmergeist-macht-schule.de publiziert. f) Wer zeichnet verantwortlich für die inhaltlichen und presserechtlichen Inhalte des Portals der Initiative? Herausgeber des Internetportals www.unternehmergeist-macht-schule.de ist das BMWi, Referat Öffentlichkeitsarbeit. Im Impressum (www.unternehmergeistmacht -schule.de/DE/Service/Impressum/impressum_node.html) sind die einzelnen Ansprechpartner und Verantwortlichkeiten für die Inhalte aufgeführt. g) Erfolgte jeweils eine Einbeziehung des BMBF und/oder der bpb bzw. der KMK und der Länder? Wenn ja, wann, in welcher Art und Weise, und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Das Land Baden-Württemberg ist mit seiner Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge – ifex – des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Gründungsmitglied der bundesweiten Initiative „Unternehmergeist in die Schulen“ und nimmt regelmäßig mit Sitz und Stimme an den Sitzungen teil. Nach Gründung des Initiativkreises hat sich dieser auch im Jahr 2008 im Schulausschuss der Kultusministerkonferenz (KMK) präsentiert und über die geplanten Aktivitäten und Ziele informiert. In dieser Sitzung wurde auch ein Ansprechpartner des KMK-Schulausschusses benannt, der in der Folgezeit zu den Sitzungen der Initiative eingeladen wurde. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2400 h) Welche Kenntnis besitzt die Bundesregierung darüber, in welchen Bundesländern seit jeweils welchem Datum, und auf welcher Rechtsgrundlage , welche Initiativen flächendeckend welche Leistungen anbieten? Auf www.unternehmergeist-macht-schule.de gibt es Initiativen bezogene Informationen auch zu den Ansprechpartnern auf Landesebene. Neben umfangreicher Literaturrecherche und Analyse hat es im Rahmen der Studie „Unternehmergeist in die Schulen“ eine Ministerien- und Projektträgerbefragung zu Initiativen und Projekten zu Entrepreneurship Education gegeben. i) Werden die Materialien, die von Bundesministerien oder nachgeordneten Behörden für den Unterricht in den Schulen empfohlen werden, regelmäßig evaluiert? Durch wen werden Evaluationen durchgeführt (bitte nach internen und externen Stellen aufschlüsseln)? Auf die Antwort zu Frage 2d wird hingewiesen. Die Materialen des BMWi werden regelmäßig weiterentwickelt und überarbeitet. j) Wie bewertet die Bundesregierung die Aktivitäten einzelner Bundesministerien bei der Förderung derartiger Unterrichtsmaterialien und der Einrichtung von entsprechenden Internetportalen angesichts des Kooperationsverbots in der Bildung? Das im Rahmen der Initiative „Unternehmergeist in die Schulen“ bereitgestellte Informations- und Begleitmaterial sowie das Internetportal www.unternehmergeist -macht-schule.de ist vereinbar mit der föderalen Kompetenzverteilung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Hält das BMWi seine im „Monatsbericht 05-2012: Ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen“ (S. 1) getroffene Aussage gegenüber der Kultusministerkonferenz der Länder aufrecht, wonach es die in der „Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I“ getroffenen Regelungen im Bereich der ökonomischen Bildung für „unzureichend “ hält, und „dem Ziel ökonomischer Bildung nicht gerecht“ werden (bitte begründen)? Das BMWi hat im Monatsbericht 05-2012: „Ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen“ folgende Aussage getroffen, die weiterhin – wie in der Einleitung des Monatsberichts ausgeführt – als Beitrag zur Überzeugungsarbeit für die Vermittlung ökonomischer Grundkenntnisse in einem eigenständigen Fach Wirtschaft gewertet werden sollte: „Die Kultusministerkonferenz hat im vergangenen Jahr ebenfalls darauf hingewiesen , dass ökonomische Bildung ein unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung ist und somit zum Bildungsauftrag der allgemein bildenden Schulen in der Bundesrepublik Deutschland gehört. In ihrer ,Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I‘ hat sie festgelegt, dass die Hinführung zur Berufs- und Arbeitswelt verpflichtender Bestandteil für alle Bildungsgänge ist. Aus diesen Feststellungen der Kultusministerkonferenz folgt aber nicht, dass ökonomische Bildung ein eigenständiges Schulfach in allen Bundesländern ist. Vielmehr erfolgt in manchen Bundesländern die Vermittlung wirtschaftlicher Grundkenntnisse als Teil eines oder mehrerer Fächer. Teilweise erfolgt sie auch außerhalb des Unterrichts, beispielsweise durch Schülerfirmen oder wirtschafts- bezogene Schulprojekte, oder sogar außerhalb der Schule. Drucksache 18/2400 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Dies ist aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie unzureichend . Es wird dem Ziel ökonomischer Bildung nicht gerecht, bei Schülerinnen und Schülern Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge zu entwickeln und sie auf wirtschaftliche Zusammenhänge im Alltags- und Berufsleben vorzubereiten.“ a) Wurde die vorbezeichnete Aussage vor Publizierung mit dem BMBF abgestimmt ? Wenn ja, wann, mit welcher Stelle, und welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Der Monatsbericht ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des BMWi und wird redaktionell und als Herausgeber von diesem allein verantwortet. b) Wie bewertet die Bundesregierung diesen Umgang und diese Aussage gegenüber der KMK, insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden grundgesetzlichen Kulturhoheit der Länder sowie dem Kollegialitäts - und Ressortprinzip innerhalb der Bundesregierung? Da sich die Aussage, „[…] dies sei aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unzureichend […]“ nicht auf die „Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I“ der KMK, sondern auf die Tatsache bezieht, dass die Vermittlung wirtschaftlicher Grundkenntnisse nicht als eigenständiges Schulfach in allen Bundesländern, sondern teilweise auch außerhalb des Unterrichts – beispielsweise durch Schülerfirmen oder wirtschaftsbezogene Schulprojekte oder außerhalb der Schule erfolgt – bezieht, ist der Umgang mit der KMK angemessen. c) Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Bundesverband deutscher Banken e. V. ein geeigneter und insbesondere die notwendige Neutralität wahrender Akteur für die Erhebung einer Umfrage aus dem Jahr 2011 zum Stellenwert ökonomischer Sachverhalte im Schulunterricht (vgl. Monatsbericht 05-2012: Ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen, S. 1) ist? Die zitierten Aussagen der repräsentativen Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken e. V. geben keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie interessengeleitet sind: ● Das Wirtschaftsinteresse der Deutschen lässt nach: Interessierten sich im Jahr 2006 noch 51 Prozent der Befragten stark oder sehr stark für Wirtschaft, taten dies im Herbst 2011 nur noch 35 Prozent. ● Die ökonomischen Kenntnisse gehen zurück: 63 Prozent der erwachsenen Bürger können zwar erklären, was eine Inflationsrate ist, lediglich 29 Prozent können jedoch auch nur die ungefähre Höhe der gegenwärtigen Inflation in Deutschland angeben. Vor vier Jahren wussten noch 70 Prozent, was Inflationsrate bedeutet und immerhin 40 Prozent kannten deren ungefähre Höhe. d) Wurde die vorbezeichnete Studie „Ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen“ (Monatsbericht 05-2012) durch die Bundesregierung gefördert? Wenn ja, mit welchen Haushaltsmitteln aus welchen Haushaltstiteln? „Ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen“ ist der Titel des Beitrags im Monatsbericht 05-2012. Eine Studie mit diesem Titel wurde nicht vergeben . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2400 e) Mit welcher Summe aus welchem Haushaltstitel auf wessen Veranlassung und aus welchem Grund wurde im Jahr 2010 die Studie „Unternehmergeist in die Schulen“ finanziert? Wer erstellte die Studie, und wurde das BMBF, die bpb, das BIBB, die KMK oder die Kultusministerien der Länder in die Erarbeitung der Studie einbezogen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die Studie mit dem Titel „Unternehmergeist in die Schulen – Auswirkungen von JUNIOR und anderen Maßnahmen zur gründungsbezogenen Ausbildung auf die Gründungskultur in Deutschland“ wurde nach öffentlicher Ausschreibung am 27. April 2009 vom BMWi beauftragt. Der Auftragswert kann als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nicht weitergegeben werden, da die Zustimmung des Auftragnehmers nicht vorliegt. Die Finanzierung erfolgte aus dem Haushaltstitel „Forschung, Untersuchungen und Ähnliches“ (Titel heute 09 12-544 01). Ziel der Studie war mehr Transparenz über die Möglichkeiten und Anforderungen von „Entrepreneurship Education“ an Schulen zu schaffen und Handlungsvorschläge zum Ausbau und zur Weiterentwicklung entsprechender Maßnahmen zu erarbeiten. Auftragnehmer war das Institut für Mittelstandsökonomie an der Universität Trier e. V. in Zusammenarbeit mit dem Institut für Mittelstandsforschung Bonn. Die Studie wurde in einer Kurzfassung als BMWi-Publikation veröffentlicht. Das BMBF wurde mit dem Schlussbericht über die Ergebnisse informiert. Die Länder waren eingebunden, als die jeweiligen Befragungen zur Studie von den Ländern vorab genehmigt werden mussten. Die Bundeszentrale für politische Bildung und das Bundesinstitut für Berufsbildung waren thematisch nicht betroffen. f) Inwiefern sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, neben den bereits vorhandenen Angeboten zur Ökonomischen Bildung (etwa Fortbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer der bpb) private Wirtschaftsunternehmen Zugang zu Schulen zu ermöglichen, um dort ökonomische Bildung über die Bereitstellung ihrer Unterrichtsmaterialien zu prägen? Viele Bundesländer fördern den Informationsaustausch zwischen Wirtschaftsunternehmen und Schulen im Rahmen so genannter Bildungspartnerschaften und Kooperationen zwischen Schulen und Wirtschaftsunternehmen. Aus Sicht der Bundesregierung können solche meist berufsorientierte Projekte den Schülerinnen und Schülern einen praktischen Einblick in die Wirtschaft und den Arbeitsalltag eines Unternehmers oder einer Unternehmerin gewähren. Aus diesem Grunde fördert das BMWi seit dem Schuljahr 2011/2012 das Projekt „Rollenvorbilder “, das vom Steinbeis Innovationszentrum durchgeführt wird. Bei diesem Projekt stellt sich ein Unternehmer oder eine Unternehmerin den Fragen von Schülerinnen und Schülern, die sich anhand eines workbooks intensiv auf das Gespräch vorbereitet haben. Die Veranstaltungen werden vom Projektträger begleitet. Dabei steht ein intensiver objektiver Erfahrungsaustausch mit der unternehmerischen Praxis im Vordergrund, der bei der Auswahl und Vorbereitung durch den Projektträger sichergestellt wird. 4. In welchen Bundesländern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung auf welcher gesetzlichen Grundlage ein Produktwerbungsverbot für Schulen, und inwieweit unterstützt die Bundesregierung ein solches Verbot aus rechtlicher und bildungspolitischer Perspektive? a) Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass das Portal „Business Schoolgames“ von der Deutschen Telekom AG, PricewaterhouseCoopers AG, der Allianz, der EDEKA ZENTRALE AG & Co. KG Drucksache 18/2400 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sowie der Deutschen Bank AG hauptsächlich gesponsert, und von weiteren 22 Unternehmen gefördert wird? b) Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass vor diesem Hintergrund noch von einer interessenfreien und dem Produktwerbungsverbot an Schulen entsprechenden Initiative ausgegangen werden kann? c) Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das Unterrichtsmaterial dieser Initiative den Vorgaben des Beutelsbacher Konsenses entspricht? Die Fragen 4, 4a bis 4c werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Zuständigkeit für den Erlass von Produktwerbeverboten an Schulen liegt aufgrund der föderalen Kompetenzverteilung grundsätzlich bei den Ländern. 5. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung künftig unter Beachtung der Kultushoheit der Länder bei der Bewertung an sie herangetragener interessengeleiteter Unterrichtsmaterialien und Initiativen? Auf welche Weise will sie dazu beitragen, das Kontroversitätsgebot zu wahren und die politische Neutralität von Schule im Rahmen einer humanistischen Werteerziehung im Sinne des GG sowie die Bildungshoheit der Länder zu stärken? Welches Bundesministerium ist nach Ansicht der Bundesregierung dafür fachlich und sachlich federführend zuständig? Die Bundesregierung verweist auf die Antwort zu Frage 1. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333