Deutscher Bundestag Drucksache 18/2490 18. Wahlperiode 09.09.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Dr. Anton Hofreiter, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2373 – Erhalt des Yasuní Nationalparks in Ecuador Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 15. August 2013 erklärte Ecuadors Präsident Rafael Correa die internationale Yasuní-ITT-Initiative, aufgrund von mangelnder internationaler Unterstützung , für gescheitert. Er gab bekannt, die ITT-Felder des Yasuní Nationalparks , ein einzigartiges Stück Regenwald im ecuadorianischen Amazonasbecken , nun doch für die Ölförderung freizugeben. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte ein beachtlicher Teil des UNESCO-Biosphärenreservats (UNESCO – Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) unberührt bleiben. Der revolutionäre Vorschlag der Yasuní-ITT-Initiative bestand darin, auf die Ausbeutung der immensen Ölvorkommen der Ölquellen Ishpingo, Tambococha und Tiputini (ITT) des Yasuní-Nationalparks dauerhaft zu verzichten. Im Gegenzug sollte sich die internationale Gemeinschaft dazu bereit erklären, innerhalb von 13 Jahren die Hälfte der entgangenen Einnahmen , etwa 3,6 Mrd. US-Dollar, aus der Ölförderung zu kompensieren. Nachdem sich die Regierung Correa im Jahr 2007 der Yasuní-ITT-Initiative annahm und der Nationalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) präsentierte , signalisierten viele Länder Unterstützungsbereitschaft – darunter vor allem auch Deutschland. Im Jahr 2008 beschloss der Deutsche Bundestag fraktionsübergreifend (Bundestagsdrucksache 16/9758), in den von der UNO verwalteten Yasuní-Treuhandfonds einzuzahlen. Nach dem Regierungswechsel im Jahr 2009 zog der damalige Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, jedoch die Unterstützung für die Initiative zurück. Die Absage stärkte in erster Linie die ecuadorianische ÖlLobby und hatte eine verheerende Signalwirkung auf andere potenzielle Geberländer. Infolge des jahrelangen Drucks durch die deutsche Zivilgesellschaft und den Deutschen Bundestag startete das Bundesministerium für wirtschaftliche ZuDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 3. September 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. sammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Oktober 2012 ein bilaterales Sonderprogramm „zur Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung des Biosphärenreservats Yasuní“. Die Yasuní-ITT-Initiative wurde als solche weiterhin abgelehnt. Nachdem Rafael Correa diese im August 2013 schließlich auf- Drucksache 18/2490 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode kündigte, führten Verstimmungen im deutsch-ecuadorianischen Verhältnis zur vorzeitigen Beendigung des Sonderprogramms zum Schutz des Yasuní durch den ecuadorianischen Präsidenten. Dieser kündigte an, die 34,5 Mio. Euro, die Deutschland in das Schutzprogramm investiert hatte, vollständig zurückzuzahlen . In der Folgezeit entwickelte sich eine zivilgesellschaftliche Bewegung in Ecuador, die weiterhin für den Erhalt des Yasuní Nationalparks kämpft und die Entscheidung für die Ölbohrungen im Yasuní-ITT mittels eines nationalen Referendums rückgängig machen will. Landesweiten Meinungsumfragen zufolge sprachen sich auch nach dem Ende der Yasuní-ITT Initiative noch über 66 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gegen die Ölförderung im Yasuní-ITT aus. Mehr als 72 Prozent wollen darüber hinaus zu dieser Angelegenheit konsultiert werden (http://otra-educacion.blogspot.de/2014/04/ecuador-elproceso -de-los-yasunidos.html). Das Umweltbündnis YASunidos sammelte innerhalb der gesetzlich festgeschriebenen Frist von 180 Tagen (Artikel 23 Reglamento de Consultas Populares) rund 760 000 Unterschriften, um ein Referendum gesetzlich zu erzwingen. Die Verfassung sieht 0,5 Prozent der Unterschriften der Wahlbevölkerung als gültiges Quorum vor (Artikel 104 der Constitucion Politica del Ecuador von 2008). Allerdings erklärte der zuständige Nationale Wahlrat in einem umstrittenen Prüfungsverfahren über die Hälfte dieser Unterschriften für ungültig. Auf diese Weise gelang es der ecuadorianischen Regierung bisher, die Einberufung des Referendums zu umgehen . Sie verwehrt der Bevölkerung somit verfassungsrechtlich verbriefte Bürgerrechte. Am 22. Mai 2014 bescheinigte das ecuadorianische Umweltministerium dem staatlichen Erdölkonzern Petroamazonas schließlich eine sogenannte Umweltlizenz und erteilte die offizielle Erlaubnis für die Ölbohrungen im Yasuní-ITT. Seitdem können Infrastrukturarbeiten zum Aufbau von Ölförderanlagen legal stattfinden. Das erste Öl aus den ITT-Feldern soll ab dem Jahr 2016 gefördert werden. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung hat sich mit dem Vorschlag der Yasuní-ITT-Initiative intensiv auseinandergesetzt. Die einschlägigen Fragen und Bedenken wurden mit der ecuadorianischen Regierung ausführlich erörtert. Die Bundesregierung hat wiederholt bekräftigt, dass sie die umweltpolitischen Ziele der Initiative ausdrücklich teilt; sie jedoch nicht davon überzeugt war, dass die Yasuní-ITT-Initiative das richtige Instrument für den Klima- und Waldschutz in Ecuador darstellt und hat den Ansatz eines Ausgleichs für unterlassene Ölförderung abgelehnt. Die Bundesregierung hat von Anfang an darauf gesetzt, ein inhaltliches Schutzkonzept für die Biosphäre Yasuní als Ganzes zu vereinbaren, welches an messbare Erfolge bei Waldschutz, Schutz der Biodiversität und Stärkung der lokalen Akteure anknüpft. Das gelingt nicht über die Einzahlung in einen Treuhandfonds, sondern nur mit konkreten und sichtbaren Programmen mit und für die Menschen, die in der Region leben und Verantwortung tragen. Ansätze – auch solche mit Kompensationskomponenten – sind dort gerechtfertigt, wo sie positives Handeln honorieren und damit vermiedene Entwaldung im Sinne des REDD-Mechanismus messbar umsetzen. Unter dieser Maßgabe wurde bei den deutsch-ecuadorianischen Regierungsverhandlungen 2012 das gemeinsame Sonderprogramm zur nachhaltigen Nutzung des Biosphärenreservats Yasuní vereinbart, das auf beiden Seiten großen Zuspruch erfahren hat. Die ecuadorianische Regierung kündigte das Sonderprogramm im August 2013 einseitig auf. Die Bundesregierung hat die Aufkündigung des Programms mit Bedauern zur Kenntnis genommen und im Hinblick auf die gemeinsamen Ziele zu Waldschutz und Biodiversitätserhalt eine Weiterführung des Dialogs mit der ecuadorianischen Regierung angestrebt. Bei den entwicklungspolitischen Regierungskonsultationen im Februar 2014 wurde die Fortführung des Sonderprogramms entlang der vereinbarten Arbeits- linien vereinbart. Damit sind wichtige Impulse für die Fortsetzung der entwicklungs - und klimapolitischen Zusammenarbeit gesetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2490 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Ausmaß der geplanten Ölförderung sowie deren unmittelbaren als auch mittel- bis langfristigen ökologischen und ökonomischen Folgewirkungen (bitte nach betroffener Fläche, Ölfördervolumen und erwarteten Einflüssen auf die Umwelt auflisten )? 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den derzeitigen Stand der bereits stattfindenden Ölförderung im Yasuní-Gebiet? 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über bereits eingetretene negative Auswirkungen auf Flora und Fauna durch die bereits getätigten Ölbohrungen? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Die am 22. Mai 2014 vom zuständigen Umweltministerium erteilte Lizenz für die geplante Ölförderung im Förderblock ITT reiht sich in die Folge der in der Vergangenheit bereits erteilten Lizenzen und Konzessionen für Ölförderung innerhalb des Nationalparks Yasuní ein; z. B. begannen Ölbohrungen in Förderblock 16 innerhalb des Nationalparks Yasuní im Jahr 1985. Zum allgemeinen Diskussionsgegenstand wurde die Ölförderung im Nationalpark Yasuní erst im Zusammenhang mit der Yasuní-ITT-Initiative. Umstritten ist in diesem Kontext die nun geplante Ölförderung in Block 43 innerhalb des Blocks ITT. Dieser Schritt ist entscheidender Teil des durch den Grundsatzbeschluss vom Oktober 2013 eingeleiteten Genehmigungsverfahrens auf dem Weg zur Förderung des Öls. Die Lizenz erlaubt der staatlichen Erdölfirma Petroamazonas, mit dem Bau aller für die Erschließung notwendigen Arbeiten zu beginnen, einschließlich der Herstellung von Zugangsmöglichkeiten. Konkret bezieht sich die Genehmigung auf die Fördergebiete Tiputini und Tambococha. Tiputini liegt außerhalb des geschützten Parkbereichs. Die Förderung soll hier nach Kenntnissen der Bundesregierung Anfang 2016 beginnen. Tambococha liegt im geschützten Parkbereich. Nicht in die Genehmigung einbezogen ist der Bereich Ishpingo, der in der zum Schutz freiwillig isolierter indigenen Völker markierten „unantastbaren Zone“ im Süden des Blocks liegt und ca. 50 Prozent der im Block 43 vermuteten Ölvorräte enthält. Dass die Ölförderung durch die ecuadorianische Regierung weiter vorangetrieben wird, ist vor dem Hintergrund des Wirtschaftsmodells der Regierung, das zu einem erheblichen Teil auf Förderung und Export mineralischer Rohstoffe setzt, und der aus der Ölförderung resultierenden hohen Staatseinnahmen wenig überraschend . In der Vergangenheit hat die Ölförderung im Osten Ecuadors zu weitflächiger Abholzung des Regenwaldes und zur teilweisen Verseuchung des Grundwassers geführt. Auch im Zuge der laufenden Förderung wird die Umwelt u. a. durch Unfälle in Mitleidenschaft gezogen. Die Auswirkungen sind gravierend und auch für die Zukunft nicht auszuschließen. Vor diesem Hintergrund gilt für die Bundesregierung als Teil der internationalen Verantwortungsgemeinschaft, alle Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des Dialogs zu suchen, in denen ein wirkungsvoller Beitrag zu Umweltschutz, Walderhalt und Partizipation geleistet werden kann. Die langjährige Zusammenarbeit und das Sonderprogramm Biosphäre Yasuní bieten dafür weiterhin gute Grundlagen . 4. Welche Maßnahmen sind der Bundesregierung bekannt, die negativen Auswirkungen zu bekämpfen? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen. Es liegt in erster Linie in der Verantwortung der ecuadorianischen Regierung, Maßnahmen zur Ein- dämmung negativer Auswirkungen der Ölförderung zu ergreifen. Drucksache 18/2490 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Wie informiert sich die Bundesregierung über den Stand der aktuellen staatlichen Infrastrukturarbeiten zur Ölförderung im Yasuní-ITT? Mit welchen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren ist die Bundesregierung in Kontakt? 6. Wie informiert sich die Bundesregierung, ob und welche Maßnahmen in Ecuador ergriffen werden, um die in freiwilliger Isolation lebenden indigenen Völker und das sensible Ökosystem des Yasuní-Nationalparks vor den negativen Auswirkungen der geplanten Ölbohrungen zu schützen? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung informiert sich durch ihre laufenden Kontakte zur ecuadorianischen Regierung, zu Nichtregierungsorganisationen (NRO) sowie durch allgemein zugängliche Berichterstattung z. B. in der Presse. 7. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um angesichts der bevorstehenden Bohrungen im ITT-Gebiet, a) möglichen Menschenrechtsverletzungen an den indigenen, in freiwilliger Isolation lebenden Bevölkerungsgruppen vorzubeugen, b) die Zerstörung der Artenvielfalt und des Regenwalds zu verhindern? Die Bundesregierung leistet im Rahmen des Sonderprogramms Yasuní einen Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur nachhaltigen Entwicklung des Biosphärenreservats Yasuní mit Beteiligung der lokalen Akteure (indigene und nichtindigene Bevölkerung). Die mit der ecuadorianischen Regierung im Rahmen des Sonderprogramms vereinbarten Komponenten zielen auf die Förderung des Managements der Schutzgebiete im Biosphärenreservat, auf einen Beitrag zur Verringerung der Entwaldung und Walddegradierung sowie zur Stärkung des nationalen Systems zum Wald-Monitoring und unterstützen ferner das nationale Programm zu Waldschutz und UN-REDD (United Nations collaborative initiative on Reducing Emissions from Deforestation and forest Degradation). Eine weitere Komponente beabsichtigt, einen Beitrag zur Stärkung der beteiligten Institutionen und lokalen Akteure zu leisten, um sichtbar zur nachhaltigen Entwicklung des Biosphärenreservats Yasuní beizutragen. 8. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über das Scheitern der Unterschrifteninitiative für ein Referendum über die geplanten Ölbohrungen im Yasuní-Nationalpark und die für ungültig erklärten Unterschriften durch die ecuadorianische Wahlbehörde CNE (Consejo Nacional Electoral) und sind nach ihrer Kenntnis die von der Wahlbehörde angeführten Gründe, 60 Prozent der rund 750 000 Unterschriften für ungültig zu erklären, stichhaltig und durch die geltenden gesetzlichen Regelungen hinreichend gedeckt ? Mit dem Ziel, Erdölförderung im Yasuní-ITT-Block zu verhindern, sammelte das ecuadorianische Umweltbündnis YASunidos bis zum 12. April 2014 insgesamt fast 758 000 Unterschriften. Am 6. Mai 2014 teilte die ecuadorianische Wahlbehörde (CNE) mit, dass das notwendige Quorum von 584 000 gültigen Unterschriften (5 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung) nicht erreicht worden und damit das Referendum gescheitert sei. Die CNE hatte lediglich 359 761 der Unterschriften als gültig anerkannt. Der Ausgang des Referendums wird in Ecuador kontrovers diskutiert. Er verdeutlicht die komplexe Gemengelage , in dem sich die innerecuadorianische Diskussion über das auf Ressourcen- extraktion ausgerichtete Entwicklungsmodell bewegt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2490 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Schließung der Nichtregierungsorganisation Pachamama, die sich für die Rechte indigener Völker im Amazonas-Gebiet eingesetzt hat? Auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgte die Schließung nach Kenntnis der Bundesregierung, und erwartet sie weitere vergleichbare Sanktionen für regierungskritische Organisationen? 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Dekret 016, dass es Nichtregierungsorganisationen erschwert, sich in politische Themen – wie zum Beispiel den Schutz des Yasuní Nationalparks – einzumischen? Wie steht die Bundesregierung dazu, dass mit diesem Dekret Nichtregierungsorganisationen leicht aufgelöst werden können, wenn sie zu Themen arbeiten, die für die ecuadorianische Regierung unangenehm sind, wie zum Beispiel zur Überwachung der Rechte indigener Völker? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Die seit 1997 registrierte NRO Pachamama beschäftigte in Quito acht Mitarbeiter und setzte sich für den Schutz des Regenwaldes und der indigenen Völker ein. Nach Kenntnissen der Bundesregierung veranlasste die ecuadorianische Regierung die Schließung der Stiftung Pachamama aufgrund der Beteiligung einiger ihrer Mitglieder an einem angeblichen tätlichen Angriff am Rande einer Verhandlungsrunde zur Erdölförderung am 28. November 2013. Die Regierung bezog sich dabei auf das im Juni 2013 verabschiedete Präsidialdekret Nr. 16, das die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen umfassend regelt und u. a. besagt, dass Nichtregierungsorganisationen sich einzig ihrem Gründungszweck zu widmen und jeglicher politischer Aktivität, insbesondere der Störung der öffentlichen Ordnung zu enthalten hätten. Bei Zuwiderhandlungen sieht das Dekret explizit die Möglichkeit zur Auflösung der Organisation vor. Im Bestreben, die Rolle des Staates in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zu stärken, wird in Ecuador das zivilgesellschaftliche Engagement durch die geltende Gesetzgebung, darunter das Präsidialdekret Nr. 16, reglementiert. Mögliche Auswirkungen hieraus auf Partizipation und Teilhabe der Zivilgesellschaft an der politischen Willensbildung werden nach Kenntnissen der Bundesregierung in Ecuador kontrovers diskutiert. Unter dem Eindruck eingeschränkter Handlungsspielräume und befürchteter Sanktionsmaßnahmen auf Grundlage von Dekret Nr. 16 ist vor allem bei regierungskritischen Organisationen inzwischen eine Tendenz zu größerer Zurückhaltung und Selbstbeschränkung zu beobachten. Eine strikte Auslegung und Anwendung der für Nichtregierungsorganisationen geltenden gesetzlichen Regelungen kann für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden. 11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anwendung des Terrorismusgesetztes gegen Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten und allgemein über die Kriminalisierung von Umweltschützerinnen und Umweltschützer in Ecuador? Im Rahmen von Protestaktionen sozialer Gruppen gegen die Rohstoffpolitik der ecuadorianischen Regierung kam es in der Vergangenheit zur strafrechtlichen Verfolgung von Einzelpersonen, denen gewalttätige Ausschreitungen vorgeworfen wurden. Drucksache 18/2490 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die Auseinandersetzungen um die geplante Ölförderung im Yasuní-ITT vor Ort, und welche Schlussfolgerungen zieht sie hinsichtlich a) der Wahrung demokratischer Grund- und verfassungsmäßiger Partizipationsrechte , b) der Wahrung von Menschenrechten, c) der Rechte der indigenen Bevölkerung Ecuadors, d) der Gefährdung der Biodiversität und des Yasuní-Regenwaldes, e) des internationalen Klimaschutzes? Welche Schlüsse und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den möglichen Einschränkungen der Bürgerrechte durch die Ablehnung eines Referendums durch die ecuadorianische Regierung, und wird dies in den diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Ecuador Auswirkungen zeitigen? Falls ja, welche? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 13. In welchem Umfang und für welche Schwerpunkte stellt die Bundesregierung derzeit Mittel für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Ecuador zur Verfügung (bitte nach Jahr, Schwerpunkten, finanziellem Umfang und Projekten auflisten)? Zusage im Jahr 2011: Schwerpunkt Modernisierung des Staates, Dezentralisierung und Stärkung der autonomen dezentralisierten Regierungen 10 Mio. Euro Gemeindeentwicklung/BdE II (FZ) 795 297 Euro Aufstockung der laufenden Programms Programm Moderni- sierung und Dezentralisierung – PROMODE (TZ) 5 Mio. Euro Programm Stärkung von guter Regierungsführung (FZ) Schwerpunkt Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen (TZ) 1 275 451 Euro Aufstockung des laufenden Programm zum nachhaltigen Management natürlicher Ressourcen (TZ) 6,5 Mio. Euro Programm Biodiversität, Klimawandel und nachhaltige Ent- wicklung (TZ) 10 Mio. Euro Programm Waldschutz (Sociobosque) und REDD (FZ) Zusage im Jahr 2012: Schwerpunkt Modernisierung des Staates, Dezentralisierung und Stärkung der autonomen dezentralisierten Regierungen 300 000 Euro Aufstockung der laufenden Programms Programm Moderni- sierung und Dezentralisierung (TZ) Schwerpunkt Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen 300 000 Euro Programm zum nachhaltigen Management natürlicher Res- sourcen (TZ) 24,5 Mio. Euro Sonderprogramm Biosphärenreservat Yasuní (aus Mittel des Energie- und Klimafonds des BMUB und des BMZ) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2490 14. Wann finden die nächsten Regierungsverhandlungen über die weitere Entwicklungszusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ecuador statt? a) Wird die derzeitige Situation Auswirkungen auf diese Verhandlungen haben? b) In welchen Bereichen plant die Bundesregierung eine Intensivierung der Zusammenarbeit? c) In welchen Bereichen ist eine Beendigung der Zusammenarbeit möglich ? d) Werden bei den Verhandlungen Menschen- und Partizipationsrechte thematisiert? Die nächsten entwicklungspolitischen Regierungsverhandlungen sind für die zweite Jahreshälfte 2014 vorgesehen. Bei den Verhandlungen werden im Rahmen des politischen Dialogs auch die Achtung der Menschenrechte, Partizipation , Teilhabe und Mitbestimmung der lokalen Bevölkerung und der organisierten Zivilgesellschaft, ebenso wie die Perspektiven der Zusammenarbeit im Schwerpunkt Umwelt- und Ressourcenschutz thematisiert. Die Zusammenarbeit konzentriert sich weiterhin auf die mit der ecuadorianischen Regierung vereinbarten o. g. Schwerpunkte. Eine Beendigung der Zusammenarbeit wird derzeit in keinem Bereich diskutiert. 15. Wie kommt nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsetzung des Sonderprogramms „zur Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung des Biosphärenreservats Yasuní“ bislang voran, nachdem dieses nach Auseinandersetzung im Februar 2014 wieder aufgenommen wurde? a) In welcher Höhe stellt die Bundesregierung Mittel für das Sonderprogramm zur Verfügung (bitte nach Einzelplänen, Titeln und Jahren von 2012 bis 2015 auflisten. Für das Jahr 2014: nach derzeitigem Planungsstand, 2015: nach den dem Kabinettsentwurf für den Bundeshaushalt 2015 zugrunde liegenden Planungen)? b) Wie verläuft die Zusammenarbeit mit den ecuadorianischen Stellen bislang? c) Wie kommt die Bundesregierung darüber hinaus dem Auftrag des Deutschen Bundestages nach, sich explizit für den Erhalt des YasuníBiosphärenreservats einzusetzen (vgl. Bundestagsdrucksache 16/9758) bzw. welche konkreten Maßnahmen zum Erhalt des Biosphärenreservats unterstützt die Bundesregierung? d) In welchen Bereichen ist die deutsche Entwicklungszusammenarbeit über das Sonderprogramm hinaus in Ecuador aktiv? Für das Sonderprogramm Yasuní stellt die Bundesregierung insgesamt 34,5 Mio. Euro zur Verfügung. Davon stammen 24,5 Mio. Euro aus Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ (EKF) aus dem Jahr 2012, aufgeteilt auf 13,5 Mio. Euro (BMZ) und 11 Mio. Euro (BMUB). Weitere 10 Mio. Euro für die Aufstockung des FZ Programms Waldschutz (Socio Bosque) und REDD stammen aus der Verpflichtungsermächtigung (VE) des Jahres 2011 aus Einzelplan 23 des BMZ und werden zum Sonderprogramms Biosphäre Yasuní hinzugerechnet. Die Vereinbarung zur Fortsetzung des Sonderprogramms Yasuní bei den Regierungskonsultationen im Februar 2014 wurde von ecuadorianischer und deutscher Seite positiv bewertet, da in diesem Rahmen die gemeinsamen Ziele zu Waldschutz und Biodiversitätserhalt in Ecuador weiter verfolgt werden können. Im Rahmen des Sonderprogramms Yasuní setzt sich die Zusammenarbeit mit langjährigen und bewährten Partnern auf Sektorebene auf höchst professionel- Drucksache 18/2490 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lem Niveau fort. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfügt in Ecuador über eine hohe Reputation und die Bundesregierung wird von den ecuadorianischen Partnern als verlässlicher und wichtiger Partner mit hoher Fachexpertise in den einzelnen Schwerpunkten der Zusammenarbeit anerkannt. Auf dieser Basis hat die Durchführung des Sonderprogramms Yasuní bereits erfolgreich begonnen. Zu den Bereichen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 16. Wie arbeitet die Bundesregierung mit anderen Nationalregierungen und der Europäischen Union zusammen, um die friedlichen zivilgesellschaftlichen Bestrebungen zum Erhalt des Yasuní-Nationalparks zu stärken? Im Rahmen des Sonderprogramms Yasuní (sowie auch in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit insgesamt) sind Abstimmungen mit anderen Gebern und multilateralen Akteuren Teil des Auftrags der Bundesregierung. Im Rahmen des Sonderprogramms wird sichergestellt, dass eine sinnvolle Abstimmung mit den relevanten Gebern vor Ort erfolgt. 17. Wie steht die Bundesregierung aus heutiger Sicht zum Scheitern der Yasuní- ITT-Initiative? a) Wie schätzt die Bundesregierung heute die damalige Entscheidung des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung , Dirk Niebel, ein, keine konkreten Mittel für die Yasuní-Initiative bereit zu stellen? b) Ist die Bundesregierung heute weiterhin der Auffassung, dass ein Scheitern der Yasuní-Initiative zu begrüßen ist, um „ganz bewusst keinen Präzedenzfall [zu schaffen], der in immer neue Forderungen mündet, finanzielle Mittel zum Unterlassen von Umweltschädigungen bereitzustellen“ (Bundesminister Dirk Niebel, am 23. September 2011 in der taz.die tageszeitung www.taz.de/1/archiv/print-archiv/ printressorts/digi-artikel/?ressort=me&dig=2011%2F09%2F23%2Fa 0103&cHash=9c29e7055c)? c) Inwiefern sieht die Bundesregierung vor diesem Hintergrund eine besondere Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die nun bereits eingetretenen oder befürchteten ökologischen, demokratischen und menschenrechtlichen Auswirkungen der Ölförderung im YasuniITT ? Und falls sie dies bejaht, wie möchte die Bundesregierung dieser gerecht werden? Wie in der Vorbemerkung der Bundesregierung ausgeführt, hat die Bundesregierung stets betont, dass Ansätze, auch solche mit Kompensationskomponenten , dort gerechtfertigt sind, wo sie positives Handeln honorieren und damit vermiedene Entwaldung im Sinne des REDD-Mechanismus messbar umsetzen. Daher hat die Bundesregierung mit dem Sonderprogramm Yasuní von Anfang an darauf gesetzt, ein inhaltliches Schutzkonzept für das Biosphärenreservat als Ganzes zu vereinbaren, welches an messbare Erfolge bei Waldschutz, Schutz der Biodiversität und Stärkung der lokalen Akteure anknüpft. Die ecuadorianische Regierung erkennt an, dass der deutsche Beitrag zum Schutz der Biosphäre Yasuní im Rahmen des vereinbarten Sonderprogramms wirkungsvoll ist. Eine nochmalige Diskussion über das instrumentelle Vorgehen nach Beendigung der ITT-Initiative erübrigt sich. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2490 18. Wie steht die Bundesregierung zur Förderung weiterer Projekte zum Schutz der Artenvielfalt durch den Verzicht auf Rohstoffförderung, wie es beispielsweise im Virunga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo geplant ist? a) Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Ausbeutung fossiler Ressourcen in sensiblen und besonders schützenswerten Ökosystemen erfolgreich zu verhindern? b) Inwiefern trägt das Engagement der Bundesregierung dem wichtigen Klimaschutzbeitrag durch den Verzicht von Rohstoffförderungen an Orten hoher Biodiversität Rechnung? Die Bundesregierung steht zu ihren international eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz von Biodiversität und Walderhalt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333