Deutscher Bundestag Drucksache 18/2499 18. Wahlperiode 10.09.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2395 – Beteiligung von Versicherten an Bewertungsreserven 1. Sind die von Lebensversicherungsunternehmen in den Jahresdeklarationen für das Jahr 2014 festgelegten Sockel- bzw. Mindestbeteiligungen an Bewertungsreserven nach Kenntnis der Bundesregierung von einer Einschränkung der Beteiligung an den Bewertungsreserven gemäß § 56a Absatz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) betroffen? Die Sockel- bzw. Mindestbeteiligung beruht auf Zusagen der Versicherungsunternehmen gegenüber den Versicherungsnehmern. Dabei wird den Versicherungsnehmern zugesagt, dass die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an den Bewertungsreserven auf ein Mindest- oder Sockelniveau aufgestockt wird, falls sie gemäß den gesetzlichen Vorgaben unter diesem Niveau bleibt. Eine Einschränkung der Beteiligung an den Bewertungsreserven gemäß § 56a Absatz 3 VAG ändert die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an den Bewertungsreserven . Die Zusage der Versicherungsunternehmen zur Aufstockung dieser Beteiligung auf ein Sockel- oder Mindestniveau ist davon nicht betroffen. 2. Sind die von Lebensversicherungsunternehmen in den Jahresdeklarationen für das Jahr 2014 festgelegten Sockelbeteiligungen nach Auffassung der Bundesregierung eine Beteiligung an den Bewertungsreserven im Sinne des § 153 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG)? 3. Sind die von Lebensversicherungsunternehmen in den Jahresdeklarationen für das Jahr 2014 festgelegten Sockelbeteiligungen nach Auffassung der Bundesregierung eine Beteiligung an den so genannten Schlussüberschüssen und damit keine Beteiligung an den Bewertungsreserven im Sinne des Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. September 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. § 153 Absatz 1 VVG? Die Fragen 2 und 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Drucksache 18/2499 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Versicherungsnehmer erhalten die Beteiligung an den Bewertungsreserven, wie sie nach § 153 VVG vorgeschrieben ist. Die von den Unternehmen festgelegte Sockelbeteiligung ist nur dann relevant, wenn sich geringere Auszahlungsbeträge für die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an den Bewertungsreserven ergeben. In diesem Fall wird der Auszahlungsbetrag auf die Sockelbeteiligung aufgestockt; auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. 4. Haben Versicherungsunternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung und/oder der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in der Vergangenheit durch die Bildung von Sockelbeteiligungen eine Beteiligung an den Bewertungsreserven zu Lasten der Schlussüberschussbeteiligung vorgenommen? Falls ja, wie wird verhindert, dass durch eine Einschränkung der Beteiligung an den Bewertungsreserven nach § 56a Absatz 3 VAG nur die Sockelbeteiligung gemindert wird, ohne die Schlussüberschussbeteiligung wieder anzuheben, und so das Gesamtniveau der Überschussbeteiligung unter das Niveau fällt, das vor Einführung der Beteiligung an den Bewertungsreserven bestand? Die Versicherungsunternehmen legen die Überschussanteile unter Beachtung der vertraglichen Vereinbarungen fest (Deklaration). Die Höhe der deklarierten Überschussanteile ist von verschiedenen Faktoren abhängig, insbesondere von den erzielten Überschüssen, der erwarteten künftigen Entwicklung der Ertragslage und den zu erwarteten Auszahlungen für die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an den Bewertungsreserven. Das Risikomanagement spielt in diesem Kontext eine zentrale Rolle. Insbesondere kann sich bei einer Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen , zum Beispiel bei einem Rückgang der Kapitalmarktzinsen, das Gesamtniveau der Überschussbeteiligung ändern. 5. Unter welchen Voraussetzungen besteht für ein Versicherungsunternehmen die Möglichkeit, eine Jahresdeklaration nachträglich zu ändern? Die Versicherungsunternehmen sind an die Zusagen, die im Rahmen der Deklaration gegeben wurden, gebunden. Die Möglichkeit, eine Jahresdeklaration nachträglich zu ändern, besteht für die Versicherungsunternehmen nicht. 6. Hat ein Versicherungsunternehmen bei der Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven nach § 153 Absatz 1 VVG neben den direkt gehaltenen Vermögenswerten (z. B. Anleihen, Immobilien) auch die über einen Spezialfonds gehaltenen Vermögenswerte mit dem Verkehrswert einzubeziehen? Die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven nach § 153 Absatz 1 VVG bezieht sich auch auf die Bewertungsreserven der von den Versicherungsunternehmen gehaltenen Spezialfonds. Bei der Ermittlung der Bewertungsreserven der Spezialfonds werden die Zeitwerte der im Spezialfonds enthaltenen Vermögenswerte berücksichtigt. 7. Aus welchen Vorschriften ergab sich für die Aufsicht bzw. die Versicherungsunternehmen , dass die Verträge des Neubestandes bei der Überschussbeteiligung von Anfang an mit dem Altbestand gleichwertig zu behandeln waren, die Gesamtverzinsung für alle Verträge materiell einheitlich festzulegen war und eine Unterscheidung nach Neu- und Altbestand insoweit Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2499 nicht erfolgte (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu den Fragen 11 und 12 auf Bundestagsdrucksache 17/13055)? Steht dies nach Auffassung der Bundesregierung und/oder der BaFin nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass es sich bei den Verträgen des Neubestandes und des Altbestandes um unterschiedliche Produkte, Risikoprofile etc. handelt und die Regulierung des Altbestandes auf einem deutlich höheren Niveau lag, als das bei den Verträgen des Neubestandes der Fall ist? Der Grundgedanke, die Gesamtverzinsung für alle Verträge materiell einheitlich festzulegen, basiert auf dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 11 Absatz 2 des VAG. Der Neubestand sollte von Anfang an eine angemessene Überschussbeteiligung erhalten, um die Gleichbehandlung mit dem Altbestand zu gewährleisten. Es wäre nicht gerecht gewesen, wenn ein Vertrag, der im zweiten Halbjahr 1994 im Neubestand abgeschlossen wurde, eine geringere Verzinsung des Vertragsguthabens erhalten hätte als ein wenige Wochen zuvor im Altbestand begründetes Vertragsverhältnis. Dies sollte insbesondere vor dem Hintergrund gesehen werden , dass trotz der Trennung von Alt- und Neubestand keine separate, sondern eine einheitliche Kapitalanlage existiert. Eine angemessene Überschussbeteiligung für Neukunden entspricht dem traditionellen Generationenmodell zur Überschussbeteiligung, das dem Kollektivgedanken Rechnung trägt. Die stärkere Regulierung des Altbestands kann im Übrigen nicht bedeuten, dass das Schutzbedürfnis des Neubestands geringer ist. 8. Kann die Bundesregierung ihre Auffassung, dass die Versicherungsunternehmen im Fall, dass das Zinsniveau am Kapitalmarkt auch nach dem Jahr 2000 über 7 Prozent geblieben wäre, auch mit einer einheitlichen Überschussbeteiligung eine gleichwertige Ausstattung der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) in Alt- und Neubestand erreichen hätten können (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu den Fragen 8 und 9 auf Bundestagsdrucksache 17/13055), anhand einer konkreten Beispielsrechnung belegen, und, falls ja, diese dem Deutschen Bundestag zur Verfügung stellen? Wie verlaufen in einem fiktiven Beispiel mit zwei Kundengruppen A und N (A fängt im Jahr 1994 mit einer ungebundenen RfB in Höhe von 9,3 Mrd. Euro, sprich 3,4 Prozent der Deckungsrückstellung, an, während N zu diesem Zeitpunkt über 0 ungebundene RfB verfügt) die Zahlungsströme, die Gutschriften an Kunden und der Auf- und Abbau der ungebundenen RfB etc., sodass mit Ausscheiden des letzten Kunden von A die ungebundene RfB von A aufgebraucht und die ungebundene RfB von N aufgebaut ist und gleichzeitig beiden Kundengruppen dieselbe Verzinsung gewährt wird? Vereinfachte Beispielrechnungen sind angesichts der Komplexität der Mechanismen der Überschussbeteiligung und der starken Abhängigkeit von den notwendigen Annahmen, unter anderem zur Zusammensetzung der Versichertenbestände , zum Verhalten der Versicherungsnehmer und zum Neugeschäft, nicht möglich. Zur Erläuterung der Auffassung der Bundesregierung wird auf die Bundestagsdrucksache 17/13055 verwiesen. Gesamtherstellung: H. 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