Deutscher Bundestag Drucksache 18/2551 18. Wahlperiode 17.09.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2440 – Aktueller Stand über die Beteiligung Deutschlands am Katastrophenschutzverfahren der Europäischen Union Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem 1. Januar 2014 ist mit dem Beschluss Nr. 1313/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über ein Katastrophenschutzverfahren der Union eine neue Rechtsgrundlage zur gemeinschaftlichen Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Katastrophenschutz in Kraft getreten. Die Ausgestaltung des gemeinsamen Katastrophenschutzverfahrens war aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Vorstellungen und Anforderungen im Katastrophenschutz ein komplexer Prozess. Eine Zusammenarbeit auf EU-Ebene ist allerdings insofern sinnvoll, als Katastrophenfälle nicht vor nationalen Grenzen Halt machen. Ein effektiver Katastrophenschutz kann jedoch nicht allein zentral gesteuert werden, da es insbesondere dezentrale Einsatzstrukturen sind, die im Notfall zügig und flexibel auf Bedrohungen reagieren können. Durch diese Kleine Anfrage möchten die Fragesteller erfahren , wie der aktuelle Stand der Umsetzung des gemeinsamen Katastrophenschutzverfahrens der Union im Bereich der gemeinsamen Bedrohungsszenarien , im Anwendungsbereich und in den Bereichen der spezifischen Ziele, der Präventionsmaßnahmen und des Trainings durch Deutschland ist. Hierbei spielt auch eine Rolle, inwiefern der demografische Wandel bei der zukünftigen Ausgestaltung des Katastrophenschutzes durch Deutschland und auf EUEbene mitbedacht und welche Bedeutung hierbei dem Ehrenamt beigemessen wird. Ferner ist es zur Beurteilung der Instrumente wichtig zu erfahren, wie oft das neue Verfahren durch Deutschland in konkreten Katastrophenfällen Anwendung fand, etwa in Form von Inanspruchnahme des Emergency Response Coordination Centre (ERCC) der EU, das am 15. Mai 2013 eröffnet wurde und Hilfsmaßnahmen im Katastrophenschutz zwischen den Mitgliedstaaten koordiniert . Wichtig ist es auch zu erfahren, ob durch Reibungsverluste zwischen lokaler und europäischer Ebene eine Verringerung der operativen Kapazitäten droht. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 12. September 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/2551 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Stand des Aufbaus der Europäischen Notfallbewältigungskapazität (sowohl den Stand zum Beitrag Deutschlands als auch den EU-weiten Stand)? Die „Europäische Notfallbewältigungskapazität“ gemäß Artikel 11 des seit 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Katastrophenschutzverfahrens der Union (im Folgenden: „EU-Katastrophenschutzverfahren“) befindet sich noch im Aufbau. Da die Erarbeitung der erforderlichen Durchführungsbestimmungen im Regelungs - und Verwaltungsausschuss für das EU-Katastrophenschutzverfahren noch nicht abgeschlossen ist, haben bisher weder Deutschland noch andere Mitgliedstaaten Ressourcen für die Europäische Notfallkapazität gemeldet. Derzeit stützt sich die EU-Zusammenarbeit im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens auf die Module und Experten, die die Mitgliedstaaten zum Vorläuferinstrument – dem EU-Gemeinschaftsverfahren für den Katstrophenschutz – gemeldet haben, sowie sonstige Kapazitäten der Mitgliedstaaten, die auf Anfrage des bei der Europäischen Kommission eingerichteten Zentrums für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre – ERCC) zur Verfügung gestellt werden können. Diese umfassen folgende Module: MUSAR Medium Urban Search and Rescue (Bergungsmodul mit mittelschweren Gerätschaften) HUSAR Heavy Urban Search and Rescue (Bergungsmodul mit schweren Gerätschaften) WP Water Purification (Trinkwasseraufbereitungsmodul) HCP High Capacity Pumping (Hochleistungspumpenmodul) FFFH Aerial Forest Firefighting Module using Helicopters (Waldbrandbekämpfungsmodul mit Hubschraubern) FFFP Aerial Forest Firefighting Module using Airplanes (Waldbrandbekämpfungsmodul mit Flugzeugen) AMP Advanced Medical Post (Erweiterter medizinischer Posten) AMPS Advanced Medical Post with Surgery (Erweiterter medizinischer Posten mit OP) FHOS Field Hospital (Feld-Krankenhaus) MEVAC Medical Aerial Evacuation of Disaster Victims (Medizinische Evakuierung über Luftweg) ETS Emergency Temporary Shelter (Notfallunterkunft) CBRNDET Chemical, Biological, Radiological and Nuclear Detection (Modul zur Detektion chem., biolog., radiolog. o. nuklearer Stoffe) USARCBRN Search and Rescue in CBRN conditions (Bergungsgruppe für Einsatz unter CBRN-Bedingungen) GFFF Ground Forest Fire Fighting (Bodengebundenes Waldbrandbekämpfungsmodul) GFFFV Ground Forest Fire Fighting using Vehicles (Bodengebundenes Waldbrandbekämpfungsmodul mit Fahrzeugen) FC Flood Containment (Modul zur Wassergefahrenbekämpfung) FRMB Flood Rescue Module using Boats (Modul zur Wasserrettung mit Booten) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2551 Deutschland hat folgende Module des Technischen Hilfswerks (THW) an die EU gemeldet: Darüber hinaus sind Experten des THW für EU-Expertenteams (EUCPT) sowie Technical Assistance and Support Teams – TAST (Teams zur technischen Unterstützung von EUCPT) an die EU gemeldet, die nicht Module im eigentlichen Sinne sind. 2. Welchen Anteil trägt Deutschland gegenwärtig am freiwilligen Pool von Bewältigungskapazitäten im Rahmen der Notfallbewältigungskapazität, und wie sehen zukünftige Planungen aus? Deutschland hat bislang keine Ressourcen als Beitrag für den freiwilligen Pool gemeldet, da dessen Konzeption noch nicht abgeschlossen ist (vgl. Antwort zu Frage 1). Mögliche Ressourcen des THW, deren Meldung zum freiwilligen Ressourcenpool geprüft wird, umfassen USAR- und HCP-Module, TAST sowie Experten für europäische Expertenteams. Darüber hinaus sind derzeit in Zusammenarbeit mit den Ländern Vorbereitungen im Gange, um die Analytische Task Force (ATF) zur Detektion und Analyse von chemischen und radiologischen Schadstoffen für den internationalen Einsatz als EU-Katastrophenschutzmodul zu ertüchtigen. 3. Welche Katastrophenschutzeinsatzmodule werden unter Führung Deutschlands entwickelt? Deutschland hat sich aktiv in die Entwicklung der EU-Module eingebracht. Das betrifft insbesondere die Module, die durch das THW an die EU gemeldet worden sind. Das THW hat maßgeblich bei der Moduldefinition und der Ausgestaltung vor allem der Module USAR, WP, HCP, ETS und FC sowie der TAST mitgearbeitet . 4. An welchen Entwicklungen von Katastrophenschutzeinsatzmodulen unter Führung anderer EU-Mitgliedstaaten beteiligt sich Deutschland? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. Wie ist die Zusammenarbeit mit den Partnerländern konkret ausgestaltet (Einsatz finanzieller Mittel, Häufigkeit gemeinsamer Treffen, institutioneller Rahmen etc.)? Neben der Beteiligung deutscher Experten, insbesondere des THW, in den jeweiligen Arbeitsgruppen der EU wurden die Module insbesondere im Rahmen MUSAR Medium Urban Search and Rescue (Bergungsmodul mit mittelschweren Gerätschaften) HUSAR Heavy Urban Search and Rescue (Bergungsmodul mit schweren Gerätschaften) WP Water Purification (Trinkwasseraufbereitungsmodul) HCP High Capacity Pumping (Hochleistungspumpenmodul) ETS Emergency Temporary Shelter (Notfallunterkunft) von EU-Projekten entwickelt. Dabei war das THW sowohl Konsortialpartner Drucksache 18/2551 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode (vgl. Antwort zu Frage 3) als auch Teilnehmer bei Projekttreffen anderer. EUProjekte erfolgen im Wesentlichen im Rahmen einer Vollfinanzierung, so dass keine zusätzlichen Kosten für die Projektnehmer entstehen. 6. In welchen Abständen kommt es dabei zu gemeinsamen Übungen und Ausbildungen mit anderen Mitgliedstaaten, um die Interoperabilität zu gewährleisten (bitte nach Ländern, Anzahl der teilnehmenden Katastrophenschutzhelfer , Art der Übung und Häufigkeit der Übung auflisten)? Stabsrahmen- und Feldübungen finden durchschnittlich alle zwei bis drei Monate statt. Das THW entsendet ehrenamtliche Einsatzkräfte als Teilnehmer, ist aber auch maßgeblich an der Durchführung dieser Übungen beteiligt. Übersicht: Land Übungsart Datum THW Teilnehmer/ Anwesende Häufigkeit der Übung Belgien Stabsrahmenübung 01.02.– 05.02.2014 1 TAST-Expertin als Teilnehmer , 2 Ehrenamtliche und 3 Hauptamtliche zur Durchführung in der Übungssteuerung Einmalige Übung Deutschland Stabsrahmenübung 30.05.– 04.06.2014 5 Hauptamtliche in der Übungssteuerung zur Durchführung Einmalige Übung Frankreich Feldübung November 2014 (genaues Datum steht nicht fest) Genaue Personenzahl steht noch nicht fest. Das THW wird in der Übungssteuerung vertreten sein Einmalige Übung Griechenland Feldübung 01.06.– 04.06.2014 2 TAST-Experten als Übungsteilnehmer Einmalige Übung Kroatien Stabsrahmenübung 05.04.– 08.04.2014 1 Ehrenamtlicher und 2 Hauptamtliche in der Übungssteuerung Einmalige Übung Kroatien Feldübung 20.03.– 23.03.2014 2 TAST-Experten als Übungsteilnehmer; 2 Hauptamtliche und 1 Ehrenamtlicher in der Übungssteuerung Einmalige Übung Luxemburg Feldübung 26.09.– 29.09.2014 1 TAST-Experte und 1 EUCPT-Experte als Übungsteilnehmer 6 Hauptamtliche in der Übungssteuerung Einmalige Übung Montenegro Feldübung 21.10.– 24.10.2014 Mindestens 4 THW Ehrenamtliche /Hauptamtliche Einmalige Übung Slowenien Stabsrahmenübung 28.11.– 03.12.2014 Genaue Teilnehmer stehen noch nicht fest. Das THW wird in der Übungssteuerung vertreten sein Einmalige Übung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2551 Darüber hinaus werden von der EU regelmäßig Übungen mit CBRN-Bezug veranstaltet (i. d. R. einmal pro Jahr). Eine Teilnahme der Analytischen Task Force (ATF) richtet sich dabei nach der Verfügbarkeit von Einsatzkräften an den Standorten der ATF und der Mittelverfügbarkeit. Die ATF hat in den Jahren 2007, 2008 und 2013 an solchen Übungen teilgenommen . Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über etwaige Kapazitätslücken im Rahmen der Europäischen Notfallbewältigungskapazität? Die Bundesregierung verfügt über keine derartigen Erkenntnisse. 8. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit ein, dass gemeinsame Notfallbewältigungskapazitäten ungenutzt bleiben könnten, weil die endgültige Entscheidung über die Entsendung von den Mitgliedstaaten getroffen wird, in denen die betreffende Bewältigungskapazität registriert ist? Die Bundesregierung hält das Recht zur endgültigen Entscheidung eines Mitgliedstaates über den Einsatz der von ihm zum freiwilligen Pool gemeldeten Kapazitäten für unverzichtbar. Da ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 11 Absatz 7 des EU-Katastrophenschutzverfahrens den Einsatz der gemeldeten Ressourcen im Einzelfall nur verweigern darf, wenn er durch Notfälle im eigenen Land, höhere Gewalt oder – in Ausnahmefällen – sonstige ernste Gründe daran gehindert wird, schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit, dass zum freiwilligen Pool gemeldeten Kapazitäten ungenutzt bleiben könnten, als gering ein. 9. Wie plant die Bundesregierung, eine angemessene Sensibilisierung der Öffentlichkeit angesichts des ehrenamtlichen Systems des Katastrophenschutzes in Deutschland für die Einsätze im Rahmen der Europäischen Notfallbewältigungskapazität herzustellen? Die für eine Entsendung im EU-Katastrophenschutzverfahren vorgesehenen ehrenamtlichen Einsatzkräfte werden im Rahmen der jeweiligen EU-Lehrgänge auf ihren Einsatz vorbereitet. Darüber hinaus werden in nationalen Ausbildungen , u. a. des THW und der Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz, Kenntnisse zum EU-Katastrophenschutzverfahren vermittelt. Die Einsatzkräfte des THW werden umfassend auf den Auslandseinsatz vorbereitet, und die Führungskräfte erhalten eine zusätzliche Ausbildung im EU-Verfahren. 10. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Unterstützung der EU zur Koordination und Zusammenlegung von angemessenen Transportmitteln im Katastrophenfall? Nach Auffassung der Bundesregierung hat sich die Unterstützung der EU insbesondere bei der Koordinierung von Lufttransporten bewährt. Drucksache 18/2551 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Wie schätzt die Bundesregierung die Tatsache ein, dass im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens auch die Nutzung militärischer Mittel nicht ausgeschlossen wird? In Übereinstimmung mit Erwägungsgrund 19 des EU-Katastrophenschutzverfahrens ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Einsatz militärischer Mittel unter ziviler Führung als letztes Mittel (wenn im Einzelfall zivile Einsatzmittel zur Bewältigung einer Katastrophe nicht ausreichen) einen Beitrag zur Katastrophenbewältigung darstellen kann. 12. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass der Einsatz militärischer Mittel im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens nicht zu Lasten des zivilen Katastrophenschutzes geschieht (z. B. finanzielle Ausstattung des Technischen Hilfswerks, Kofinanzierung der Feuerwehren)? Die Nutzung vorhandener und im Einzelfall verfügbarer militärischer Kapazitäten als „letztes Mittel“ (vgl. Antwort zu Frage 11) geschieht nicht zu Lasten des zivilen Katastrophenschutzes. Da im militärischen Bereich keine zusätzlichen Ressourcen für den zivilen Katastrophenschutz geschaffen oder bereitgehalten werden, entstehen keine Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung des THW, der Feuerwehren oder anderer Hilfsorganisationen. 13. Plant die Bundesregierung eine von der EU finanzierte Begutachtung und Bewertung der Risikomanagementfähigkeit Deutschlands durch einen anderen EU-Mitgliedstaat (Peer Review) (bitte mit Begründung)? Konkrete Planungen der Bundesregierung dazu gibt es derzeit nicht. Peer Reviews werden grundsätzlich als geeignetes Instrument zur Verbesserung nationaler Verfahren angesehen. Eine konkrete Prüfung der Teilnahme Deutschlands an Peer Reviews, sei es als Teilnehmer bei der Begutachtung anderer Mitgliedstaaten oder zur Begutachtung und Bewertung der Risikomanagementfähigkeit in Deutschland, kann erst bei einer entsprechenden Projektausschreibung durch die Europäische Kommission erfolgen. Eine solche liegt noch nicht vor. 14. Wie oft wurde nach Kenntnis der Bundesregierung das am 15. Mai 2013 eingerichtete Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre – ERCC) von Mitgliedstaaten zur Katastrophenschutzhilfe angerufen (bitte nach Art des Hilfegesuchs und Mitgliedstaaten auflisten)? Nach Kenntnis der Bundesregierung gab es seit Einrichtung des ERCC folgende Hilfeleistungsersuchen von Mitgliedstaaten: 2013: Portugal/August 2013: Hilfeleistungsersuchen Löschflugzeuge Bulgarien/Oktober 2013: Hilfeleistungsersuchen Material (z. B. Betten, Decken, Bettwäsche) 2014: Slowenien/Februar 2014: Hilfeleistungsersuchen Stromerzeuger Norwegen/Februar 2014: Höhlentaucher Kroatien/Juni 2014: Material (Schädlingsbekämpfung nach Hochwasser) Schweden/August 2014: Löschflugzeuge Griechenland/August 2014: Löschflugzeuge Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2551 15. Wie oft hat Deutschland im Rahmen eines Hilfegesuchs eines Mitgliedstaates an das ERCC Unterstützung für Katastrophenfälle gegeben (bitte nach Art des Hilfegesuchs und Mitgliedstaaten auflisten)? 2013: keine Hilfeleistungsangebote 2014: Slowenien/Februar 2014: mobile Stromerzeuger 16. Wie oft hat Deutschland das ERCC zur Katastrophenschutzhilfe angerufen (bitte nach Art des Hilfegesuchs auflisten)? Deutschland hat das ERCC bisher nicht zur Katastrophenschutzhilfe angerufen. 17. Hatte die Bundesregierung das ERCC zur Katastrophenschutzhilfe beim Elbe-Hochwasser von Mai bis Juni 2013 angerufen (bitte mit Begründung )? Die Bundesregierung hat das ERCC beim Elbe-Hochwasser von Mai bis Juni 2013 nicht angerufen, da nationale Kapazitäten zur Bewältigung im Wesentlichen ausreichten. Lediglich Sandsäcke wurden benötigt. Diese konnten im Rahmen bilateraler Hilfeleistungsabkommen von Nachbarstaaten schnell und in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt werden. Eine Abfrage bei zusätzlichen , weiter entfernten EU-Mitgliedstaaten über das ERCC hätte keinen Mehrwert dargestellt. 18. Wie sah die Hilfe des ERCC und anderer Mitgliedstaaten in Bezug auf Frage 17 gegebenenfalls aus? Bilateral wurden Deutschland rund 1,6 Millionen Sandsäcke von den Nachbarstaaten Belgien, Dänemark, Luxemburg und den Niederlanden zur Verfügung gestellt. 19. In welchem Verfahren ermittelt Deutschland seine nationalen Experten zur Bereitstellung der von der Europäischen Kommission geschaffenen Expertenteams im Sinne des Artikels 8 Buchstabe d des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU? Die Experten werden von den Bundesländern und den entsprechenden Dienststellen des Bundes nach den benötigten und vorhandenen Expertisen ausgesucht und nach entsprechender Schulung gegenüber der Kommission benannt. 20. Um welche Art von durch die Mitgliedstaaten zu treffenden Vorsorgemaßnahmen handelt es sich nach Meinung der Bundesregierung, um die Unterstützung durch einen Gastgeberstaat im Katastrophenschutzfall zu ermöglichen? Die Unterstützung durch den Gastgeberstaat besteht vor allem in der Organisation der internationalen Hilfeleistung im eigenen Land (z. B. Sichtung und Verteilung der Hilfsangebote, Festlegung des „point of entry“ für den Grenzüber- tritt, Unterstützung bei Zoll- und Einreiseformalitäten, Einrichtung einer Operationszentrale , Registrierung, Lageeinweisung, Beförderung oder Begleitung Drucksache 18/2551 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zum Einsatzort, Koordinierung der Tätigkeiten am Einsatzort, Ausreiseformalitäten ) sowie der Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen (Verantwortung für das Handeln ausländischer Einsatzkräfte, Haftung für Personenschäden der Einsatzkräfte und Dritter, Standards der Arbeitssicherheit, Anforderungen an medizinisches Assistenzpersonal sowie Beachtung von Berufsbeschränkungen, ausländerrechtlichen Bestimmungen, zollrechtlichen Bestimmungen). Bezüglich der Einzelheiten hat die Bundesregierung zusammen mit den Ländern die Rahmenempfehlung „Incoming Assistance (Inanspruchnahme und Organisation internationaler Hilfeleistung für Deutschland)“ erarbeitet (seit 2012 in Kraft). 21. Wie sieht die Umsetzung von Artikel 10 Absatz 1 (Planung der Maßnahmen ) des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU konkret aus (Art der Treffen, Häufigkeit, Szenarienauflistung von Katastrophenfällen)? Die Zusammenarbeit bei der Planung von Maßnahmen zur Katastrophenbewältigung im Rahmen des Unionsverfahrens erfolgt im zugehörigen Regelungsund Verwaltungsausschuss. Dieser kann zur Behandlung spezieller Themen Expertengruppen einrichten, die nach Bedarf zusammentreten. Die in Artikel 10 Absatz 1 genannten Themen waren seit Inkrafttreten des neuen EU-Katastrophenschutzverfahrens weder Gegenstand von Tagungen des Regelungs- und Verwaltungsausschusses, noch wurden entsprechende Expertengruppen eingerichtet . Vorrangig für die Umsetzung des EU-Katastrophenschutzverfahrens ist zunächst die Verabschiedung der Durchführungsbestimmungen (vgl. Antwort zu Frage 1). 22. Welchen Kenntnisstand hat die Bundesregierung über die Einrichtung eines Ausbildungsprogramms für ein Katastrophenschutz- und Notfallmanagementpersonal , und wie oft wurden hierbei deutsche Experten zur Weiterbildung und zum Austausch mit anderen EU-Katastrophenschutzexperten entsannt? Das EU-Ausbildungsprogramm besteht aus folgenden Kursen, die von Ausbildungseinrichtungen der Mitgliedstaaten im Auftrag der EU-Kommission auf der Basis von Ausschreibungen durchgeführt werden: – Community Mechanism Induction Course – CMI (Vorbereitender Kurs zur Einführung in das EU-Katastrophenschutzverfahren) – Technical Experts Course – TEC (Einführungskurs für Technische Experten) – Operational Management Course – OPM (zweiter Basiskurs mit Schwerpunkt auf Drittlandseinsätzen) – Operational Management Course Refresher – OPMR (OPM-Wiederholungs- und Vertiefungskurs) – Security Course (SEC) (Sicherheitskurs) – Information Management Course (IMC) (Informationsmanagementkurs) – International Coordination Course (ICC) (Spezialkurs für internationale Koordinierung) – Assessment Mission Course – AMC (Erkundungseinsatzkurs) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2551 – High Level Coordination Course – HLC (Erweiterter Koordinierungskurs) – High Level Coordination Course Refresher – HLCR (HLC-Wiederholungs- und Vertiefungskurs) – Head of Team Course (EU-HOT) (Kurs für Leiter von EU-Teams) – Staff Management Course – SMC (Personalmanagementkurs) – Modules Basics Course – MBC (Modulgrundlagenkurs) Das THW führt im derzeitigen Ausbildungszyklus folgende Kurse als Veranstalter oder Co-Veranstalter durch: OPM (in Deutschland und Dänemark oder Irland), OPMR (in Deutschland), AMC (in Bulgarien und Zypern), ICC (in Deutschland), IMC (in Deutschland oder Dänemark), SEC (in Deutschland oder Dänemark). Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz (BBK) ist im derzeitigen Ausbildungszyklus Veranstalter oder Co-Veranstalter folgender Kurse: HLC (in Deutschland und den Niederlanden), HOT (in Österreich), HLCR (in Polen). Allein vom THW haben bisher mehr als 200 Einsatzkräfte an EU-Kursen teilgenommen . Weitere Teilnehmer wurden vom BBK (mehr als 30), Bundesministerien und anderen Bundesbehörden sowie von den Ländern entsandt. 23. Welche Bedeutung wird dem demografischen Wandel bei der deutschen Bewertung der Vorsorgemaßnahmen, Planung von Katastrophenschutzmaßnahmen und Ausbildung von Katastrophenschutzpersonal im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Europäischen Union beigemessen, und was folgt daraus konkret? Der demographische Wandel hat aus Sicht der Bundesregierung primär Auswirkungen auf nationaler Ebene (zu entsprechenden Maßnahmen siehe Antwort zu Frage 25). Bei der Bereitstellung von Personal für das EU-Katastrophenschutzverfahren gibt es keine durch den demographischen Wandel bedingten Schwierigkeiten. 24. Welche Bedeutung wird dem Ehrenamt bei der deutschen Bewertung der Vorsorgemaßnahmen, Planung von Katastrophenschutzmaßnahmen und Ausbildung von Katastrophenschutzpersonal im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Europäischen Union beigemessen, und was folgt daraus konkret? Die Beteiligung am Katastrophenschutzverfahren der Union erfolgt auf freiwilliger Basis und in erster Linie mit den in den Mitgliedstaaten für eigene Zwecke vorgehaltenen Ressourcen. Soweit hier ehrenamtliche Einsatzkräfte in diesem Rahmen zum Einsatz kommen sollen, bedarf es einer entsprechenden Vorbereitung, insbesondere durch entsprechende Ausbildung (vgl. hierzu die Antwort zu Frage 9). Drucksache 18/2551 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 25. Ist der Bundesregierung bekannt, dass es regional zunehmend bereits zu wenig ehrenamtlich in Katastrophenschutzorganisationen Tätige gibt, um vor Ort im Katastrophenfall auch in Zukunft schnell und wirksam Hilfe zu leisten, und falls ja, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung konkret dagegen? Die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft und Einsatzfähigkeit des Katastrophenschutzes ist Aufgabe der für den Katastrophenschutz zuständigen Länder. Der Bund stützt sich zur Erfüllung seines Zivilschutzauftrages (Schutz der Bevölkerung im Spannungs- und Verteidigungsfall) auf die vorhandenen Katastrophenschutzstrukturen der Länder und hat vor diesem Hintergrund einen Auftrag zur Förderung des Ehrenamtes als Grundlage des Zivil- und Katastrophenschutzes . Vor diesem Hintergrund hat der Bund (BBK) ein umfassendes Forschungsvorhaben zur nachhaltigen Sicherstellung der ehrenamtlichen Hilfeleistungsstruktur im Bevölkerungsschutz initiiert und für die Projektbegleitung eine Länderoffene Arbeitsgruppe „Auswirkungen des Demografischen Wandels auf den Bevölkerungsschutz“, bestehend aus Vertretern der Länder, der im Zivilund Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen und den Kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens wurden der Länderoffenen Arbeitsgruppe im August 2014 vorgelegt. Die Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus dem Forschungsprojekt wird derzeit im Benehmen mit den Ländern, den im Zivil- und Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen sowie den Kommunalen Spitzenverbänden geprüft. 26. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung oder führt sie zur Verbesserung des inklusiven Katastrophenschutzes aus, um Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund stärker an Organisationen des Katastrophenschutzes zu binden (Aufklärungskampagnen, Modellprojekte)? Bestandteil des in der Antwort zu Frage 25 angesprochenen, umfassenden Forschungsvorhabens „Auswirkungen des Demografischen Wandels auf den Bevölkerungsschutz“ war auch die Frage nach der Einbindung bisher unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppen, wie z. B. Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund . Die Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus dem Forschungsprojekt wird derzeit im Benehmen mit den Ländern, den im Zivilund Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen sowie den Kommunalen Spitzenverbänden geprüft. 27. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit ein, dass die Einführung neuer Koordinationsmechanismen und -strukturen sowie technischer Lösungen zur Interoperabilität gerade unter Maßgabe der Kosteneffizienz nicht zwangsläufig zu einer schnelleren, umfassenderen und effizienteren Hilfe führt, sondern auch die Gefahr einer effektiven Verringerung der operativen zugunsten der administrativen Kapazitäten und Reibungsverluste zwischen den substaatlichen, nationalstaatlichen und europäischen Koordinationszentren birgt? Die Bundesregierung setzt sich auf EU-Ebene regelmäßig dafür ein, Parallelbzw . Doppelstrukturen zu vermeiden und technische Lösungen zur Interoperabilität so zu konzipieren, dass Beeinträchtigungen nationaler Abläufe vermieden werden. Im neuen EU-Katastrophenschutzverfahren sind keine zusätzlichen Koordinationsmechanismen vorgesehen. Der Bundesregierung ist nicht bekannt , dass technische Lösungen zur Interoperabilität bisher zu einer Verringe- rung der operativen zugunsten der administrativen Kapazitäten und Reibungsverlusten zwischen den substaatlichen, nationalstaatlichen und europäischen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2551 Koordinationszentren geführt hätten. Eine entsprechende Gefahr schätzt die Bundesregierung gering ein. 28. Zu wie vielen Unionsverfahren im Rahmen der konsularischen Hilfe für Unionsbürger bei Katastrophenfällen in Drittländern kam es nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten des Beschlusses über ein Katastrophenschutzverfahren der Union am 1. Januar 2014 (bitte nach Anzahl, Drittstaaten und Hilfegesuchen auflisten)? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist es seit dem 1. Januar 2014 nicht zu einer Aktivierung des EU-Katastrophenschutzverfahrens zur konsularischen Unterstützung gekommen. 29. Kam es nach Kenntnis der Bundesregierung bei der konsularischen Hilfe für Unionsbürger zu praktischen Problemen, und wie lassen diese sich nach Meinung der Bundesregierung künftig vermeiden? Es wird auf die Antwort zu Frage 28 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333