Deutscher Bundestag Drucksache 18/2600 18. Wahlperiode 23.09.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2474 – Spionagetätigkeit des Bundesnachrichtendienstes gegenüber den NATO-Partnern Türkei und Albanien sowie den US-Außenministern Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach über einem Jahr intensiver Diskussion über die Ausspähaktionen der NSA erhärtet sich der Verdacht, dass auch die deutschen Nachrichtendienste aktives Ausspähen verbündeter Staaten betreiben. Aktuellen Informationen von „DER SPIEGEL“ zufolge hat der Bundesnachrichtendienst (BND) die NATOStaaten Türkei und Albanien überwacht – vermutlich jahrelang und bis heute (vgl. SPIEGEL ONLINE vom 23. August 2014). Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) berichtete, dass Regierungskreise das Vorgehen des BND zumindest gegenüber der Türkei bestätigt hätten. Man verstoße damit aber nicht gegen das Diktum der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, dass Ausspähen unter Freunden nicht gehe. Begründet würde die Ausspähung damit, dass die Bundesregierung „in den vergangenen Jahren nie behauptet [habe], dass eine solche Haltung für alle Nato-Staaten gilt“ (FAS vom 17. August 2014). Außerdem sei die Türkei nicht mit den Vereinigten Staaten oder europäischen Partnern wie Frankreich und Großbritannien vergleichbar. Ferner habe, was in der Türkei geschehe, nach Angaben der Regierungskreise unmittelbare Bedeutung für die innere Sicherheit Deutschlands. Die NATO-Partner Türkei und Albanien seien im derzeit noch aktuellen Auftragsprofil der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 geführt und damit offizielles Aufklärungsziel des deutschen Auslandsgeheimdienstes. „SPIEGEL ONLINE“ und „FAS“ zufolge gehören beide Staaten zu den „Kernländern“ der Beobachtung durch den BND. Gegen diese Länder dürften nachrichtendienstliche Mittel wie etwa Abhörmaßnahmen eingesetzt werden. Andere Länder würden im Auftragsprofil der Bundesregierung als „Monitoring-Staaten“ geführt, über die nur offen verfügbare Informationen gesammelt werden dürften. Während Albanien nach SPIEGEL-Informationen schon vor seinem Beitritt zur NATO auf die Zielliste des BND genommen wurde, werde die Türkei bereits seit 1976 vom BND Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 19. September 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. ausgespäht (vgl. hierzu u. a. SPIEGEL ONLINE vom 23. August 2014 und ZEIT ONLINE vom 23. August 2014). Der BND soll außerdem auch Gespräche des US-Außenministers John Kerry und dessen Vorgängerin Hillary Clinton aufgezeichnet haben. Die über Satelliten Drucksache 18/2600 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode geführten Telefonate seien als „Beifang“ im Überwachungsnetz gelandet. Erst im Nachhinein habe man bemerkt, dass im Rahmen anderer Operationen, bei denen Terrorverdächtige im Mittleren Osten im Fokus der Abhöraktion standen – quasi aus Versehen – auch die vertraulichen Telefonate der amerikanischen Amtsträger mitgeschnitten worden seien (www.spiegel.de/spiegel/vorab/bndfuehrt -nato-partner-tuerkei-als-aufklaerungsziel-a-986466.html). Dieser sogenannte Beifang, eigentlich zwangsläufiges Ergebnis einer vollständigen Kommunikationserfassung und insofern nicht ganz zufällig, scheint nach Medienberichten ein bekanntes Phänomen zu sein (tagesschau.de am 16. August 2014). Bis zum Sommer 2013 soll solcher „Beifang“ systematisch ausgewertet und dann gelöscht worden sein. Jetzt heißt es, dass „im Sommer 2013 […] das Kanzleramt diese Praxis jedoch gestoppt und eine Anweisung erlassen [habe], nach der abgehörte Telefonate oder Mails von befreundeten Politikern ungelesen vernichtet werden müssen“. Die jetzigen Informationen stammen aller Wahrscheinlichkeit nach aus den 218 Unterlagen, die der im Juli 2014 festgenommene mutmaßliche BND-Spion an die USA übergeben haben soll. Bei einem der geheimen Dokumente, das der CIA übermittelt wurde, handelt es sich demnach um das besagte „Auftragsprofil “, das die Aufklärungsschwerpunkte des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND beinhaltet. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der Bundesregierung ist eine umfassende Beantwortung der Fragen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, da hier das Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung das Informationsinteresse des Deutschen Bundestages überwiegt. Die in den Fragen 1 bis 4, 9 und 10 sowie 13 und 14 erbetenen Informationen unterliegen dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Bundesregierung artikuliert ihren Informationsbedarf an den Bundesnachrichtendienst (BND) im Wege eines „Auftragsprofils der Bundesregierung“ (APB), das die Informationsinteressen der Bundesregierung, abgestimmt zwischen den Ressorts (Bundeskanzleramt – BKAmt –, Auswärtiges Amt – AA –, Bundesministerium des Innern – BMI –, Bundesministerium der Verteidigung – BMVg – und Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – BMWi –), festhält . Dem APB geht ein umfangreicher Abstimmungsprozess voraus, in die aktuelle außen- und sicherheitspolitische Erkenntnisse und Bewertungen einfließen . Ein Bekanntwerden der Auftragsinhalte und der vorangegangenen Abstimmungsprozesse würde dazu führen, dass Dritte mittelbar Einfluss auf die künftige Auftragsgestaltung der Bundesregierung gegenüber dem BND haben würden, was einem „Mitregieren Dritter“ gleich käme. Auch eine nachträgliche Offenlegung dieses Auftragsprofils für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum kann nach Abwägung mit dem Informationsrecht des Deutschen Bundestages nicht erfolgen. Denn eine unbeeinflusste Entscheidung über Fortschreibung oder Veränderung des APB ist nur möglich, wenn die bisherige Entscheidung und ihre jeweiligen Umstände nicht öffentlich diskutiert werden. Andernfalls würde bekannt, welche außen- und sicherheitspolitischen Erwägungen zu einem bestimmten Zeitpunkt die Einschätzung der Bundesregierung bestimmt haben. Eine öffentliche Diskussion dieser Einschätzung würde zukünftig die unbefangene und freimütige Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte, die zu einer solchen sensiblen Entscheidung führen, in Teilen unmöglich machen. Zudem bestünde die Gefahr einer gezielten Beeinflussung dieser Beauftragung von außen. Die Abstimmung der Ressorts stellt sicher, dass die Interessen der Bundesregierung gegenüber dem BND eingesetzt werden. Eine umfassende Beantwortung der Fragen 1 bis 4, 9 und 10 sowie 13 und 14 ist auch deshalb nicht möglich, weil die Fragen auf geheimhaltungsbedürftige In- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2600 formationen gerichtet sind, deren Bekanntwerden das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden kann (Staatswohl). Die Vertraulichkeit des Auftrags an den BND ist entscheidend für den Schutz der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. Würden die Aufklärungsinteressen der Bundesregierung sowie die Hintergründe dieser Aufklärungsinteressen gegenüber anderen Staaten öffentlich bekannt, wäre dies geeignet, die deutsche Außenpolitik nachhaltig zu beschädigen. Ungeachtet dessen, dass Staaten und auch Nachrichtendienste auf vielfältigen Themenfeldern miteinander kooperieren, ist die Bundesregierung auf eine vertraulichen Behandlung ihrer Aufträge an den BND zur Aufklärung außen- und sicherheitspolitischer Sachverhalte angewiesen. Andernfalls muss davon ausgegangen werden, dass die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit vielen Staaten in erheblicher Weise beschädigt oder eingeschränkt werden könnte. Zudem könnten sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure aus der Beantwortung der Fragen Rückschlüsse sowohl auf die Erkenntnis- als auch die Bedarfslage des BND hinsichtlich außen- und sicherheitspolitischer Informationen zu einem bestimmten Zeitpunkt, sowie spezifische Vorgehensweisen und Fähigkeiten des BND gewinnen. Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag des BND – die Sammlung und Auswertung von Informationen über das Ausland , die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind (§ 1 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst – BNDG) – nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung von auslandsbezogenen Informationen ist für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und für die Aufgabenerfüllung des BND jedoch unerlässlich. Sofern solche Informationen entfallen oder wesentlich zurückgehen sollten, würden empfindliche Informationslücken auch im Hinblick auf die Sicherheitslage der Bundesrepublik Deutschland drohen. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages kommt mit Blick auf die o. g. Gefahr einer Vorwirkung auf zukünftige Entscheidungen der Bundesregierung nicht in Betracht. Zudem führt eine Vergrößerung des Kreises der Wissensträger und die Gefahr eines öffentlichen Bekanntwerdens der erbetenen Informationen hier zu einem erheblichen potentiellen Schaden für die außenpolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland und für die Aufgabenerfüllung des BND. Die Beantwortung der Fragen würde die Fähigkeiten und Arbeitsweisen des BND so detailliert beschreiben müssen, dass eine Bekanntgabe auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern ihrem evidenten Schutzbedürfnis nicht Rechnung tragen kann. Bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Information wäre kein Ersatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich. Eine Beantwortung der parlamentarischen Fragen nach Inhalt, Motivation und Hintergrund der Aufklärungsinteressen der Bundesregierung bzw. ihrer Ausführung durch den BND (Fragen 1 bis 4, 9 und 10 sowie 13 und 14) kann nach Abwägung des Informationsinteresses des Parlaments und dem Interesse der Bundesregierung an einer Schutzbedürftigkeit der Informationen daher nicht erfolgen . Die angefragten Sachverhalte sind von grundsätzlicher Bedeutung. Ein Bekanntwerden würde das Wohl des Bundes und den Schutz der auswärtigen Beziehungen aus den oben genannten Gründen nachhaltig gefährden und beschädigen . Insofern muss das Informationsinteresse des Parlaments hier gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen. Drucksache 18/2600 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Seit wann hat die Bundesregierung Kenntnis von den Ausspähaktionen des Bundesnachrichtendienstes gegenüber dem NATO-Partner Albanien? 2. Seit wann hat die Bundesregierung Kenntnis von den Ausspähaktionen des Bundesnachrichtendienstes gegenüber dem NATO-Partner Türkei? 3. Welche NATO-Partner bzw. welche Kommunikationswege in NATO-Mitgliedstaaten werden bzw. wurden seit Mitgliedschaft der BRD in der NATO durch den BND überwacht (bitte Zeitraum, Ausspähziel, überwachte Kommunikationswege angeben)? Die Beantwortung der Fragen 1 bis 3 ist der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Wann, auf welcher Grundlage und mit welchem Inhalt wurde jeweils ein entsprechender Auftrag an den BND durch das Kanzleramt erteilt? Grundlage des Arbeitens des BND ist das BNDG. Gemäß § 1 Absatz 2 BNDG sammelt der BND Informationen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind und wertet diese aus. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 5. Welche Behörden und Bundesministerien sind in welcher Funktion an der Erstellung eines Aufgabenprofils für den BND beteiligt, und wie lange hat ein solches in der Regel Gültigkeit? An der Erstellung des APB sind die Ressorts AA, BMI, BMVg, BMWi und BKAmt beteiligt. Der BND nimmt in beratender Funktion teil. Das jeweilige APB behält bis zur Erstellung eines neuen APB seine Gültigkeit. 6. Werden die Aufgabenprofile in der Folgezeit evaluiert und angepasst und wenn ja, in welchen zeitlichen Abständen und auf Grundlage welcher Informationen und Entscheidungsprozesse? Außen- und sicherheitspolitische Lageveränderungen führen in regelmäßigen Abständen zu einer Evaluierung und ggf. auch Anpassung des APB. 7. Aus welchem Jahr stammt das derzeitige Aufgabenprofil und welche Anlässe haben im Einzelnen zur Änderung seines Vorläufers geführt? Das derzeit gültige APB wurde zuletzt 2011 aktualisiert und stammt von 2009. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 8. In welcher Form wird eine neue Bundesregierung über das jeweils geltende Aufgabenprofil informiert? Nach abgestimmter Erstellung wird das APB an die mitwirkenden Ressorts verteilt und liegt dort vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2600 9. Welche Länder werden neben der Türkei und Albanien in dem besagten BND-Auftragsprofil als Spionageziel definiert? 10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass im Auftragsprofil des BND einige Staaten als „Monitoring-Staaten“ und andere als „Kernländer“ kategorisiert werden? Die Beantwortung der Fragen 9 und 10 ist der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 11. Anhand welcher Kriterien erfolgt im Aufgabenprofil des BND die jeweilige Kategorisierung, und welche Maßnahmen zur Informationsgewinnung resultieren aus der jeweiligen Zuordnung bzw. welche sonstigen Folgen resultieren aus einer Zuordnung zu einer solchen Kategorie (bitte der jeweiligen Kategorie zuordnen)? Außen- und sicherheitspolitische Lageveränderungen führen zu Evaluierungen des APB und der Priorisierung von Aufgabenstellungen. Hieran orientiert sich anschließend der Ressourcenansatz des BND. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 12. Wie erklärt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der aktuellen Veröffentlichungen zum Aufgabenprofil des BND ihre Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 18/1086, dass keine förmliche Kategorisierung ausländischer Nachrichtendienste und damit der jeweiligen Staaten anhand bestimmter Kriterien erfolgt, und hält sie an dieser Antwort weiterhin fest? Die Bundesregierung hält an ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1086, fest. 13. Welche Umstände und Tatsachen rechtfertigen die Aufnahme der Türkei als Überwachungsziel in das Aufgabenprofil des BND gegenüber anderen europäischen und nichteuropäischen Staaten? 14. Welche Umstände und Tatsachen rechtfertigen die Aufnahme Albaniens als Überwachungsziel in das Aufgabenprofil des BND gegenüber anderen europäischen und nichteuropäischen Staaten? Die Beantwortung der Fragen 13 und 14 ist der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 15. Ist es zutreffend, dass durch den BND Kommunikationsdaten des USAußenministers John Kerry und dessen Vorgängerin Hillary Clinton erhoben und verarbeitet wurden, und wann hat die Bundesregierung hierüber jeweils Kenntnis erlangt? Im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags sammelt der BND Informationen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind und wertet diese aus (§ 1 Absatz 2 BNDG). Dabei kann technisch nicht durchweg ausgeschlossen werden, dass in eine diesbezüglich erfasste Kommunikation auch Repräsentanten anderer Staaten geraten, die selbst nicht Zielperson der Daten- Drucksache 18/2600 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode erhebung sind. Sofern es zu einer derartigen Erfassung kommt, werden diese Telekommunikationsverkehre unmittelbar gelöscht. Von der in Frage stehenden Kommunikation hat die Bundesregierung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Spionageverdachts Kenntnis erlangt. 16. Welche Umstände und Tatsachen rechtfertigen die Einordnung, dass diese abgehörten Kommunikationsdaten zufällig bzw. nicht gezielt erhoben wurden? Die in Frage stehende Kommunikation wurde nicht gezielt erhoben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 17. Inwieweit treffen Berichte der Medien zu, das Kanzleramt habe veranlasst , abgehörte Telefonate oder Mails von befreundeten Politikern ungelesen zu vernichten? Wann, durch wen und in welcher Form erfolgte diese Anweisung aus welchem Anlass? Die in Frage stehende Medienberichterstattung trifft zu. 18. Wie viele weitere Kommunikationsdaten und -vorgänge wurden durch den BND darüber hinaus seit 2001 zufällig erhoben (bitte einzeln Jahr, Anzahl und Erhebungsort angeben)? Nichtrelevante Telekommunikationsverkehre werden grundsätzlich gelöscht. Eine statistische Auswertung der Erfassung im Sinne der Anfrage wird sowohl mangels fachlicher Erfordernisse als auch einer entsprechenden Auswertungspflicht im BND nicht durchgeführt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 19. Wurden die seit 2001 von „zufälliger“ durch den BND erfolgter Erhebung, Speicherung und Verarbeitung der Daten Betroffenen über dieselbe informiert , und wenn ja, wann, wie und durch wen? Nein. Auf die Antwort zu Frage 18 wird verwiesen. 20. Wurden ausländische Nachrichtendienste, mit denen der BND zusammenarbeitet und kooperiert, über zufällig erhobene Kommunikationsdaten informiert und ihnen diese Daten zur Verfügung gestellt (bitte einzeln Jahr, Art und Umfang der erhobenen Daten, an welchen Nachrichtendienst weitergeleitet und auf welcher rechtlichen Grundlage angeben)? Nein. Auf die Antwort zu Frage 18 wird verwiesen. 21. Wann, durch wen und unter wessen Beteiligung und Aufsicht wurden die zufällig vom BND erhobenen Kommunikationsdaten gelöscht (bitte einzeln den Zeitpunkt der Datenerhebung, Zeitpunkt der Löschung, beteiligte und beaufsichtigende Behörde angeben)? Auf die Antworten zu den Fragen 15 und 18 wird verwiesen. Die Löschung er- folgt durch den BND. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2600 22. Inwieweit treffen Medienberichte zu, das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) sei über einen Teil der aktuellen Vorwürfe bereits im Juli 2014 unterrichtet worden? Wann genau erfolgte die Unterrichtung, und welche konkreten Inhalte wurden den Mitgliedern des Gremiums übermittelt? Im Juli/August 2014 sind Mitglieder aller Fraktionen im Parlamentarischen Kontrollgremium zum in Frage stehenden Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten des BND unterrichtet worden. 23. Welche Formen und welche Praxis der Kooperation haben deutsche Nachrichtendienste mit denen der Türkei? Die Beantwortung dieser Frage ist der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, da die Frage auf geheimhaltungsbedürftige Informationen gerichtet ist, deren Bekanntwerden das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden kann (Staatswohl). Die Vertraulichkeit der Art und des Umfangs der Zusammenarbeit des BND mit ausländischen Nachrichtendiensten ist entscheidend für den Schutz der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. Würden Informationen hierüber öffentlich bekannt, würde eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in erheblicher Weise beschädigt oder eingeschränkt . Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag des BND – die Sammlung und Auswertung von Informationen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind § 1 Absatz 2 BNDG) – nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung von auslandsbezogenen Informationen ist für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und für die Aufgabenerfüllung des BND jedoch unerlässlich . Sofern solche Informationen entfallen oder wesentlich zurückgehen sollten , würden empfindliche Informationslücken auch im Hinblick auf die Sicherheitslage der Bundesrepublik Deutschland drohen. 24. Welche Formen und welche Praxis der Kooperation haben deutsche Nachrichtendienste mit denen Albaniens? Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen. 25. Inwiefern befindet sich der BND im Austausch mit welchen Partnerbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der USA oder Großbritanniens hinsichtlich jeweils erlangter relevanter Erkenntnisse über die Türkei? Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen. 26. Inwiefern befindet sich der BND im Austausch mit welchen Partnerbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der USA oder Großbritanniens hinsichtlich jeweils erlangter relevanter Erkenntnisse über Albanien? Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen. Drucksache 18/2600 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 27. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über private Firmen, die im Auftrag des oder in Kooperation mit dem BND seit dem Jahr 2001 nachrichtendienstlich tätig sind und ggf. an den Überwachungsaktivitäten in der Türkei beteiligt sind? Die Bundesregierung hat keine Kenntnisse im Sinne der Fragestellung. 28. Um welche 150 Staaten und weitere 46 Regionen handelt es sich, in und aus denen der BND ausweislich der Gründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2014 (BVerwG 6 A. 1.13) den Telekommunikationsverkehr überwacht, und auf welche tatsächlichen Umstände stützen sich jeweils diese Maßnahmen des BND? Im Rahmen des genannten Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 6 A. 1.13) wurde dem Gericht durch den BND ein Dokument vorgelegt , welches als Anlage Bestandteil von Anträgen des BND nach § 5 G10-Gesetz ist. In dieser Anlage werden verschiedene Staaten/Gebiete aufgelistet. Die Liste beschreibt lediglich Gebiete, durch die nachrichtendienstlich relevante Telekommunikationsverkehre laufen können. Die Erwähnung bestimmter Staaten in diesem Dokument bedeutet nicht, dass diese Aufklärungsziel des BND sind. Die Auflistung trägt vielmehr den Vorgaben des § 10 Absatz 4 G10-Gesetz Rechnung. 29. Welche 218 Dokumente sind dem Parlamentarischen Kontrollgremium vorgelegt worden (bitte Titel und jeweiligen Verschlusssachengrad nennen)? Seit dem 18. August 2014 liegen Dokumente, die im Rahmen eines bei der Generalbundesanwaltschaft anhängigen Ermittlungsverfahrens gegen einen Beschuldigten bekannt wurden, den Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Einsichtnahme vor. Weitergehende Auskünfte können nicht erteilt werden. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter den berechtigten Geheimhaltungsinteressen zurück. Die Frage bezieht sich auf Dokumente , die in einem vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof geführten Ermittlungsverfahren sichergestellt wurden. Im Falle deren Beantwortung würden Ermittlungserkenntnisse offengelegt, wodurch der Untersuchungszweck gefährdet wäre. Das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und hat damit ebenfalls Verfassungsrang (vgl. dazu BVerfGE 51, 324 [343 f.]). Gesamtherstellung: H. 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