Deutscher Bundestag Drucksache 18/2685 18. Wahlperiode 29.09.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Agnieszka Brugger, Dr. Tobias Lindner, Doris Wagner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2243 – Planungen des Bundesministeriums der Verteidigung zum Einsatz waffenfähiger bzw. bewaffneter Drohnen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In einer aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am 2. Juli 2014 präsentierte die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, ihre Pläne hinsichtlich der Ausstattung der Bundeswehr mit waffenfähigen Drohnen, die im Bedarfsfall bewaffnet werden sollen. Dies hatte sie zuvor in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ dargestellt. Gleichzeitig verwies die Bundesministerin der Verteidigung darauf, dass sich zurzeit kein Szenario abzeichne , welches den Einsatz einer bewaffneten Drohne notwendig machen würde. Während sich die Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen damit grundsätzlich positioniert hat, bleibt eine Vielzahl von Fragen offen, die sich aus ihren Einlassungen u. a. vor dem Deutschen Bundestag ergeben. 1. Welche konkreten Einsatzszenarien machen aus Sicht der Bundesregierung die Verfügbarkeit von waffenfähigen Drohnen, die im Bedarfsfall bewaffnet werden können, für die deutschen Streitkräfte erforderlich, jenseits des von der Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen in ihrer Rede angeführten Beispiels bezüglich des Abzugs der Bundeswehr aus dem Regionalen Wiederaufbauteam (Provincial Reconstruction Team – PRT) Kunduz? Die in der Bundeswehr benötigten Fähigkeiten leiten sich aus dem Auftrag und den Aufgaben der Bundeswehr nach den Verteidigungspolitischen Richtlinien, Leitlinien zur Neuausrichtung der Bundeswehr und Konzeption der Bundeswehr ab. Unmanned Aerial Systems können unter Beachtung des geltenden nationalen und internationalen Rechts grundsätzlich in allen Einsatzszenarien eingesetzt werden. Sie tragen durch ihre hohe Verfügbarkeit und lange Stehzeit zu einer deutlichen Verbesserung des Schutzes und der taktischen ReaktionsfähigDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 15. September 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. keit von Soldaten, unter strikter Einhaltung der jeweils gültigen Einsatzregeln sowie des Völker- und Verfassungsrechtes, in einer Vielzahl von möglichen Einsätzen bei. Drucksache 18/2685 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Nach Ende des Einsatzes im Rahmen ISAF verbleibt derzeit kein konkreter durch den Deutschen Bundestag mandatierter Einsatz für bewaffnete Luftfahrzeuge . a) Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass ähnliche Einsätze wie der ISAF-Einsatz (ISAF – International Security Assistance Force) die wahrscheinlichen Einsatzszenarien der Bundeswehr in den nächsten Jahren darstellen werden? Wenn ja, auf welcher Grundlage kommt sie zu dieser Einschätzung? Internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung bleibt gemäß der Konzeption der Bundeswehr, abgeleitet aus den Verteidigungspolitischen Richtlinien , auf absehbare Zeit die wahrscheinlichere Aufgabe. Die Anforderungen, die sich aus dieser Aufgabe ergeben, reichen von ständiger Vorsorge über präventives Handeln bei krisenhaften Entwicklungen, zeitlich begrenzte Anfangsoperationen auch in schneller Reaktion mit hoher Intensität bis hin zu lang andauernden stabilisierenden Einsätzen im Rahmen der Sicherheitsvor- und Krisennachsorge. b) Welche sicherheitspolitische Begründung liegt der Erwägung der Bundesministerin der Verteidigung zugrunde, Drohnen, die im Bedarfsfall bewaffnet werden können, zu beschaffen? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 2. Welche Argumente sprechen aus Sicht des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) für eine Beschaffung und welche Argumente für eine Leasinglösung von waffenfähigen Drohnen, die im Bedarfsfall bewaffnet werden können, und inwiefern ist ein Leasingmodell für solche Drohnen rechtlich und praktisch durchführbar? Eine Entscheidung zwischen Leasing und Kauf ist aus Sicht der Bundesregierung in erster Linie eine Frage der Wirtschaftlichkeit in Abhängigkeit der geplanten Laufzeit der Lösung. Je nach Ausprägung des Leasingmodells (z. B. komplette technisch-logistische Betreuung durch die Industrie) könnte eine Leasinglösung Vorteile bieten, wenn das „Unmanned Aerial System“ im Rahmen der Nutzung seitens der Bundeswehr nicht vollständig – einschließlich der logistischen Prozesse innerhalb der Standard-Anwendungs-Software-Produkt -Familien – integriert werden muss. Bei einem Leasingmodell besteht ggf. je nach dessen Ausprägung eine Abhängigkeit von zivilem Unterstützungspersonal . 3. Hat sich das BMVg bereits entschieden, inwiefern es eine Leasing- oder Beschaffungslösung geben soll, und wenn ja, wann, und mit welchem Ergebnis ? a) Wenn ja, welche Angebote werden dazu für die angestrebte Lösung in den nächsten Monaten eingeholt und geprüft (bitte Hersteller und Modell angeben)? Nein. b) Wenn nein, warum nicht, und wann ist eine Entscheidung in dieser Frage geplant? Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen zu unbemannten Luftfahrzeugen der MALE (Medium-Altitude Long-Endurance) Klasse ist in Vorbereitung. Auf- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2685 grund der technischen und prozessualen Komplexität ist ein genauer Entscheidungszeitpunkt noch nicht bestimmbar. 4. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung für und was gegen die Beschaffung der US-amerikanischen Drohne Predator, und welche Schlussfolgerungen bzw. Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Möglichkeit, dass die USA auch im Falle eines Kaufvertrages ggf. keinen vollständigen Zugriff bzw. Einblick in die Black Box dieses Fluggerätes gewähren würden ? Die Prüfung Predator-basierter Lösungsmöglichkeiten dauert noch an. Vor- und Nachteile können insofern noch nicht abschließend dargestellt werden. 5. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung für und was gegen den Kauf der israelischen Drohne Heron TP, und welche Rolle spielt dabei die Frage der Zulassung dieses Fluggerätes? Die Prüfung des Systems HERON TP dauert noch an. Vor- und Nachteile können insofern noch nicht dargestellt werden. 6. Welche deutschen und europäischen Rüstungsunternehmen kommen aus Sicht der Bundesregierung für einen Entwicklungsauftrag einer europäischen Drohne in Betracht? Beabsichtigt die Bundesregierung den Auftrag auszuschreiben? Mehrere europäische Rüstungsunternehmen (u. a. Airbus D&S, BAE Systems, Dassault) verfügen bereits über Prototypen von unbemannten Systemen und kämen somit als potenzielle Auftragnehmer grundsätzlich in Frage. Über eine Beauftragung ist derzeit noch nicht entschieden, da noch keine Entscheidung zu einer europäischen Entwicklungslösung getroffen wurde. 7. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung vor diesem Hintergrund aus der gescheiterten Entwicklung des Euro Hawks unter Beteiligung des deutschen Unternehmens AIRBUS (damals EADS), bei der Steuergelder in Höhe von einer 0,5 Mrd. Euro ausgegeben worden sind (Bundestagsdrucksache 17/14650), ohne dass bisher ein funktionsfähiges Gerät übergeben wurde? Gewonnene Erfahrungen aus dem Vorhaben „System zur Signalerfassenden Luftgestützten Weiträumigen Überwachung und Aufklärung“ werden grundsätzlich bei neuen Vorhaben berücksichtigt. 8. Welchen zeitlichen Vorlauf hinsichtlich a) des Leasings/der Beschaffung der Plattform inklusive Bodenstationen, b) der umfassenden Einführung des Systems in die Bundeswehr, c) der Ausbildung und des Beübens des Systems durch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hält das BMVg für notwendig, um eine neu in die Bundeswehr einzuführende Drohne – ob mit oder ohne Bewaffnung – im Falle eines Auslandseinsatzes , bei dem die Bundesregierung deren Einsatz anstrebt, verfügbar zu haben und ohne zeitlichen Verlust einsetzen zu können (bitte für beide Fälle gesondert darlegen)? Drucksache 18/2685 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zu Frage 8a: Sollte das neu einzuführende RPAS (Remotely Piloted Aircraft Systems) noch nicht in die Bundeswehr eingeführt sein, so ist der Beschaffungs-/Leasing-Prozess bis zur Herstellung der Einsatzreife zu berücksichtigen. Für den operationellen Einsatz eines RPAS ist grundsätzlich (unabhängig ob Beschaffung oder Leasing) eine luftfahrtrechtliche Zulassung des RPAS erforderlich, so dass der Prozess durch den hierfür erforderlichen Zeitaufwand maßgeblich bestimmt wird. Zu den Fragen 8b und 8c: Die Ausbildungsdauer von Personal, das die Verfügbarkeit eines neu in die Bundeswehr einzuführenden, ferngesteuerten Luftfahrzeugs verzugslos sicherstellt, ist direkt abhängig vom Grad der Komplexität aller zum Betrieb des ausgewählten Systems notwendigen Komponenten. Da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Auswahlentscheidung zu einem neu in die Bundeswehr einzuführenden ferngesteuerten Luftfahrzeugs gibt, fehlt derzeit noch die verlässliche Grundlage zur Bestimmung der benötigten Ausbildungszeit. Daher kann heute keine belastbare Aussage zu deren Dauer und Umfang getroffen werden. Diese Feststellung gilt gleichermaßen für eine Auslegung des ferngesteuerten Luftfahrzeugs ohne oder mit Bewaffnung. Letzteres führt sicherlich zur Notwendigkeit der Integration einer waffenspezifischen Zusatzausbildung in den Ausbildungsgang, deren Dauer wiederum von der heute nicht bekannten Spezifikation der Bewaffnung und deren nicht bekannten Integration in das Gesamtsystem abhängt. Eine Betrachtung der Zeiträume und des Aufwandes zum „Beüben des Systems“ folgt der gleichen Bewertung; auch hier sind Abschätzungen erst nach einer Auswahlentscheidung, frühestens nach Vorlage von gesicherten, detaillierten Angaben zum neuen System, bzw. der Systembewaffnung, möglich. 9. Ab wann und wo genau plant das BMVg entsprechend, eine bewaffnete Drohne in die Bundeswehr einzuführen und für Ausbildung und Übungen bereitzustellen? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus u. a. für die Frage der Zulassung , und welche Maßnahmen will die Bundesregierung diesbezüglich ergreifen ? Eine Entscheidung über die Einführung eines bewaffneten RPAS ist aktuell nicht in Vorbereitung. 10. Inwiefern kann in einem etwaigen Auslandseinsatz, der grundsätzlich aus Sicht des BMVg den Einsatz einer bewaffneten Drohne notwendig machen würde, mit dem derzeit verfügbaren Gerät der Bundeswehr der Schutz der Soldatinnen und Soldaten gewährleistet werden? a) Wäre aus Sicht des BMVg eine Entsendung deutscher Soldatinnen und Soldaten in einen solchen Einsatz ohne die Verfügbarkeit bewaffneter Drohnen unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der eigenen Kräfte vertretbar? Wenn nein, warum nicht, und wenn ja, welche Notwendigkeit besteht dann, auf bewaffnete unbemannte Plattformen zurückgreifen zu müssen ? Die notwendigen Schutzmaßnahmen für Soldaten werden vor Mandatierung ei- nes konkreten Einsatzes der Bundeswehr beurteilt und hängen vom konkreten Auftrag und von der konkreten Bedrohung ab. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2685 b) Wurde nach Ansicht der Bundesregierung vor dem Hintergrund des Verweises auf die Einsatzrealität in Afghanistan als Begründung für die Notwendigkeit bewaffneter Drohnen in der Nachbetrachtung der Schutz der Soldatinnen und Soldaten in den letzten Jahren während des ISAF-Einsatzes nur unzureichend gewährleistet? Aus Sicht der Bundesregierung war der Schutz der Soldatinnen und Soldaten während des Einsatzes auf höchst möglichem Niveau unter anderem durch Abstützung auf Partner gewährleistet. Das Schutzniveau für deutsche Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan wurde kontinuierlich verbessert. Diese Entwicklung ist auch zukünftig zu befördern. Im Bezug auf die Einsatzrealität in Afghanistan ist der Faktor Schutz deutscher Soldatinnen und Soldaten nicht isoliert zu betrachten. 11. Wer in der Hierarchie der Bundeswehr, in Sicherheitsbehörden und/oder der Bundesregierung soll nach den Planungen der Bundesregierung im konkreten Fall den Befehl zum Waffeneinsatz von bewaffneten Drohnen gegen Menschen, Fahrzeuge und Einrichtungen geben? a) Auf welcher Informationsgrundlage soll dies geschehen? b) Von wo aus – Deutschland, dem Einsatzland oder einem Drittland – sollen solche Einsätze geleitet, durchgeführt und kontrolliert werden? Die Hierarchieebene für den Einsatz von Waffensystemen durch die Bundeswehr oder andere Sicherheitsbehörden wird für den jeweiligen Einsatz im Rahmen der geltenden Einsatzregeln festgelegt. Die jeweils auf der Grundlage und in Übereinstimmung mit der nationalen und internationalen Rechtsordnung zu erlassenden Einsatzregeln bestimmen darüber hinaus die Voraussetzungen für den Einsatz militärischer Gewalt. Über den Ort der Führung und Überwachung des jeweiligen Einsatzes wird abhängig von den vorherrschenden Rahmenbedingungen im Einzelfall entschieden. 12. Wie soll im Falle eines Leasings einer solchen Plattform die Verfügbarkeit der Bewaffnung in Form von Munition gewährleistet werden? Soll Munition für den etwaigen Einsatz ebenfalls geleast oder aber beschafft werden? Eine Entscheidung über die Einführung von Munition für ein bewaffnungsfähiges RPAS ist aktuell nicht in Vorbereitung. 13. Inwiefern trifft es nach Auffassung der Bundesregierung zu, dass der Deutsche Bundestag die konkrete Ausgestaltung eines Mandates zur Entsendung bewaffneter Streitkräfte der Bundeswehr in einen Auslandseinsatz festlegt und nicht die Bundesregierung, wie dies die Bundesministerin der Verteidigung im Rahmen der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am 2. Juli 2014 zum Thema „Beschaffungsprogramm von Drohnen für die Bundeswehr“ im Deutschen Bundestag mit den Worten versah: „… und es sind wir hier im Haus, die festlegen, wie ein Mandat aussieht, wie ein Einsatz aussieht …“? a) Inwieweit steht die Aussage der Bundesministerin der Verteidigung im Widerspruch insbesondere zu § 3 Absatz 1 sowie Absatz 3 des Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz )? Drucksache 18/2685 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wie soll die praktische Ausgestaltung die Vorschläge der Bundesministerin der Verteidigung betreffend, aussehen, und wird es zu einer Änderung der bisherigen Praxis kommen? Wenn ja, wann, und wie soll die rechtliche Grundlage dahin gehend geändert werden? Die zitierte Äußerung der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, aus der Aktuellen Stunde vom 2. Juli 2014 im Deutschen Bundestag reflektiert den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass jeder militärische Einsatz auf einer demokratisch legitimierten politischen Entscheidung im Einklang mit nationalem und internationalem Recht beruhen muss und der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes der Zustimmung des Deutschen Bundestages bedarf. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit vom „Entscheidungsverbund von Parlament und Regierung“ gesprochen. Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen die Regelungen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes wie auch die tatsächliche Ausgestaltung der Verfahren bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen. Ein Widerspruch der zitierten Äußerung zu den Vorgaben des Parlamentsbeteiligungsgesetzes ist daher in keiner Weise gegeben. 14. Inwieweit wäre für die Bundesregierung ein etwaiger Einsatz bewaffneter unbemannter Plattformen im Sinne eines Einsatzes von geringer Intensität und Tragweite entsprechend § 4 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes denkbar, und wenn ja, wie wird diese Einschätzung begründet? Wenn nein, warum nicht? Einsätze von geringer Intensität und Dauer, für die das vereinfachte Zustimmungsverfahren in Betracht kommt, sind in § 4 Absatz 2 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes definiert. § 4 Absatz 3 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes stellt hierfür einige Regelbeispiele auf. Ob ein derartiger Einsatz vorliegt, kann nur im konkreten Einzelfall in erster Linie anhand dieser Kriterien bewertet werden. Weder die Definition noch die Regelbeispiele knüpfen unmittelbar an bestimmten Waffensystemen oder spezifischen militärischen Fähigkeiten an. 15. Wird der Einsatz von waffenfähigen und bewaffneten unbemannten Plattformen durch die Bundeswehr nach Ansicht der Bundesregierung Auswirkungen auf Taktiken, Strategien und Doktrin der Bundeswehr haben? Wenn ja, wird sich dies nach Ansicht der Bundesregierung auf die ethischen Leitprinzipien der Bundeswehr, wie z. B. der Inneren Führung, erstrecken ? Aufgrund des derzeitigen Standes der Planungen bezüglich der möglichen Beschaffung von waffenfähigen unbemannten Plattformen ist der Umfang der Weiterentwicklung im Bereich Taktiken, Strategien und Doktrin bisher nicht absehbar. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2685 16. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr der Verbreitung der Technologie unbemannter Plattformen auch an nichtstaatliche Akteure, wie z. B. Hamas oder Hisbollah, vor dem Hintergrund des Schutzes der eigenen Soldatinnen und Soldaten? Einige nichtstaatliche Akteure sind bereits heute im Besitz von unbemannten Plattformen, beispielsweise durch umgebaute ferngelenkte Flugzeugmodelle. Sie stellen eine zunehmende mögliche Bedrohung für eigene Soldatinnen und Soldaten dar. 17. Wie bewertet die Bundesregierung die Risiken durch Fehlprogrammierung, Systemstörungen und Defekte beim Einsatz unbewaffneter und bewaffneter unbemannter Systeme vor dem Hintergrund, dass allein die USA seit dem Jahr 2001 418 Drohnenabstürzen zu verzeichnen haben, darunter eine bewaffnete Drohne des Typs Reaper, welche über Afghanistan außer Kontrolle geriet und von US-Kampfjets abgeschossen werden musste (vgl. The Washington Post vom 20. Juni 2014)? Die angesprochenen Risiken sollen durch die anzuwendenden Zulassungsvorschriften bewertet und minimiert werden. Die Kriterien für die Erteilung einer luftfahrtrechtlichen Zulassung gelten gleichermaßen für bemannte wie unbemannte Fliegende Systeme. 18. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr vor dem Hintergrund der durch den Iran „entführten“ amerikanischen Drohne RQ-170 (vgl. ZEIT ONLINE vom 4. Dezember 2012) ein, dass Cyberattacken und das Hacken von unbemannten Plattformen durch gegnerische Kräfte erfolgen, und welche Maßnahmen werden ergriffen, um ein solches Risiko zu minimieren? Für jedes System der Bundeswehr mit IT-Anteilen wird ein IT-Sicherheitskonzept erstellt und gepflegt. Darin werden Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit , Verfügbarkeit und Integrität der verarbeiteten Daten festgelegt. Dies schließt Vorkehrungen gegen das Eindringen in die Kommunikation zwischen Bodenstation und Luftfahrzeug ein. 19. Wie definiert die Bundesregierung den von der Bundesministerin der Verteidigung verwendeten Begriff „autonome Killerdrohne“ genau, welche konkreten Bemühungen zu deren internationaler Ächtung hat sie bereits unternommen, und welche will sie darüber hinaus in Angriff nehmen? a) Anhand welcher Kriterien klassifiziert die Bundesregierung unbemannte Systeme als „autonom“, da es bereits jetzt schon Modelle gibt, die bestimmte Funktionen beispielsweise bei der Zielauswahl oder bei der Landung selbstständig durchführen können? b) Welchen Grad an Autonomie sowohl bemannter als auch unbemannter Plattformen hält die Bundesregierung für vertretbar, um diese ggf. der Bundeswehr zum Einsatz zur Verfügung zu stellen? Es geht hier um vollautomatisierte Waffensysteme, die dem Menschen die Entscheidung über den Waffeneinsatz entziehen. Im Mai 2014 hat im Rahmen der Vereinten Nationen (VN) unter breiter Beteiligung von Wissenschaftlern und Nichtregierungsorganisationen ein erstes informelles Expertentreffen der Signatarstaaten des VN-Waffenübereinkommens zu ethischen, technischen, rechtlichen und militärischen Aspekten von letalen autonomen Waffensystemen stattgefunden. Der Zweck des VN-Waffenübereinkommens ist es, den Einsatz bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßi- Drucksache 18/2685 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ges Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, zu beschränken oder gegebenenfalls zu verbieten. Das Übereinkommen ist deshalb aus Sicht der Bundesregierung das geeignete Forum für die Diskussion über letale autonome Waffensysteme. Die Bundesregierung beteiligt sich aktiv daran, einen breiten internationalen Konsens über die damit verbundenen Fragen herbeizuführen und den ggf. notwendigen spezifischen Regelungsbedarf zu bestimmen. Für die Bundesregierung ist dabei maßgeblich, dass die Entscheidung über einen Waffeneinsatz gegen Personen nicht dem Menschen entzogen und die Einhaltung des humanitären Völkerrechtes gewährleistet wird. Die Koalitionsparteien haben deshalb im Koalitionsvertrag vereinbart, sich für die Ächtung solcher Waffensysteme einzusetzen, die dies nicht gewährleisten. Für die Bundeswehr kommen nur Waffensysteme in Betracht, die den Anforderungen des humanitären Völkerrechts entsprechen. 20. Welchen rüstungskontroll- und rüstungsexportpolitischen Regelungsbedarf sieht die Bundesregierung in Bezug auf bewaffnete unbemannte Systeme, und welche Initiativen hat sie in dieser Hinsicht unternommen bzw. sind geplant ? Bewaffnete unbemannte Systeme unterliegen bereits heute den gesetzlichen Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes und des Außenwirtschaftsrechts. Im Falle einer Ausfuhr gelten zudem die strengen politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000. Daher sieht die Bundesregierung derzeit keinen weiteren rüstungsexportpolitischen Regelungsbedarf. Auf internationaler Ebene sind diese Systeme in den wichtigsten Rüstungskontrollregimen bereits erfasst und unterliegen den dort genannten Obergrenzen. Die Bundesregierung hat sich zuletzt erfolgreich dafür eingesetzt, dass bewaffnete unbemannte Waffensysteme in die Meldungen zum VN-Waffenregister mit aufgenommen werden. Die Bundesregierung setzt sich weiter mit Nachdruck für den Ausbau und die Modernisierung konventioneller Rüstungskontrolle ein und beteiligt sich aktiv an der laufenden Diskussion in den VN und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Hinsichtlich LAWS wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 21. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Studie „Living Under Drones“ der Stanford Law School und der NYU School of Law die psychologische Wirkung des Einsatzes bewaffneter Drohnen in nichtinternationalen bewaffneten Konflikten, und ergibt sich eventuell ein zusätzlicher Mobilisierungseffekt innerhalb der Bevölkerung, sich einer terroristischen Organisation anzuschließen bzw. einer zunehmenden Radikalisierung des Gegners? Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/1382 – Drohnen im Einsatzspektrum der Bundeswehr – mitgeteilt, verfügt die Bundesregierung über keinen Zugang zu den von Drohneneinsätzen betroffenen Stammesgebieten (FATA – Federally Administered Tribal Areas) in Pakistan. Zugangsberechtigungen (sogenannte NonObjection Certificates) werden von den pakistanischen Behörden unter Berufung auf Sicherheitserwägungen nicht erteilt. Eine eigene Einschätzung sozialer oder psychologischer Auswirkungen des Drohneneinsatzes kann die Bundesregierung deshalb nicht vornehmen. Sie steht jedoch in Kontakt mit Personen, die mit der Lage in den FATA vertraut sind und nimmt Augenzeugenberichte und Publikationen wie etwa den erwähnten Bericht der Stanford Law School zur Kenntnis. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2685 22. Wie soll nach Ansicht der Bundesregierung sichergestellt werden, dass in Zukunft bewaffnete Kampfdrohnen, die der Bundeswehr sowie möglicherweise anderen deutschen Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehen, nicht gegen Menschen oder andere Ziele in Ländern und Gebieten eingesetzt werden, die außerhalb bewaffneter Konflikte liegen, etwa mit der Begründung des Kampfes gegen den „internationalen Terrorismus“? Der Einsatz bewaffneter RPAS durch die Bundeswehr oder andere deutsche Sicherheitsbehörden würde – wie der Einsatz jeden exekutiven Wirkmittels – immer auf der Grundlage und in Übereinstimmung mit der nationalen und internationalen Rechtsordnung erfolgen. Die Bundeswehr und alle deutschen Sicherheitsbehörden verfügen über entsprechend ausgebildetes Personal und geeignete Verfahren, um dieses sicherzustellen. 23. Wie lauten die Fragen, die die Bundesregierung laut Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Dr. Maria Böhmer (vgl. Fragestunde im Parlament am 2. Juli 2014), der amerikanischen Regierung zu einer „möglichen Beteiligung des AFRICOM und dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein“ an den tödlichen Drohneneinsätzen der US-Regierung übermittelt hat? Das Auswärtige Amt fragte nach einer möglichen Beteiligung von AFRICOM, dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein sowie von durch die US-Regierung beauftragten Vertragsunternehmen an Einsätzen unbemannter Flugzeuge. a) Liegt die Antwort der US-amerikanischen Regierung bereits vor, und wenn ja, welchen Inhalt hatte sie? b) Wenn nein, wann ist damit zu rechnen? Eine Beantwortung des Fragenkatalogs steht noch aus. Die Bundesregierung steht in dieser Frage in engem Kontakt mit der US-Regierung und erinnert fortgesetzt eindringlich an die ausstehende Beantwortung des Fragenkatalogs. c) Hat die Bundesregierung im Zuge dessen der amerikanischen Regierung ihre Rechtsauffassung mitgeteilt, dass „die Bundesregierung extralegale völkerrechtswidrige Tötungen kategorisch ablehnt“ (vgl. Aussagen der Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen in der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am 2. Juli 2014)? Die Bundesregierung steht mit der US-Regierung zu völkerrechtlichen Fragen in einem kontinuierlichen Dialog. d) Sollte sich herausstellen, dass die Beteiligung des AFRICOM und dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein an den tödlichen Drohneneinsätzen der US-Regierung zutrifft, wie gedenkt die Bundesregierung mit dieser Information umzugehen? Die Bundesregierung äußert sich nicht zu hypothetischen Fragestellungen. 24. Welche Erkenntnisse (nicht nur eigene) liegen der Bundesregierung über die Beteiligung des AFRICOM und dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein an den tödlichen Drohneneinsätzen der US-Regierung vor? Die Bundesregierung steht zur Klärung der Fragen um Einsätze bewaffneter unbemannter Flugzeuge der US-Streitkräfte in einem vertraulichen Dialog mit der US-amerikanischen Regierung. Die US-amerikanische Regierung hat der Drucksache 18/2685 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundesregierung versichert, dass Einsätze bewaffneter unbemannter Flugzeuge der US-Streitkräfte nicht aus Deutschland befehligt oder geflogen werden. 25. Warum hat die Bundesregierung erst jetzt Schritte unternommen, obwohl es seit dem Jahr 2013 (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 30. Mai 2013) Hinweise auf eine Beteiligung des AFRICOM und dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein gibt? Vor dem Hintergrund der Medienberichte über Aktivitäten von AFRICOM hat die Bundesregierung unmittelbar Schritte zur Klärung der Fragen um Einsätze bewaffneter unbemannter Flugzeuge der US-Streitkräfte unternommen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 auf Bundestagsdrucksache 17/14401 verwiesen. In dieser wird ausgesagt, dass der Bundesregierung von dem US-amerikanischen Außenminister zugesichert wurde, dass jedwedes Handeln der Vereinigten Staaten, auch von deutschem Staatsgebiet aus, streng nach den Regeln des geltenden Rechts erfolge. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333