Deutscher Bundestag Drucksache 18/2688 18. Wahlperiode 29.09.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2524 – Ausmaß der Schäden durch Alkali-Kieselsäure-Reaktion an Betonfahrbahndecken und Ingenieurbauwerken im Bundesfernstraßennetz Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bei Betonfahrbahndecken im Bundesfernstraßennetz zeigen sich seit etwa 15 Jahren zunehmend Schadmuster, die auf die innere Zerstörung des Betongefüges durch die so genannte Alkali-Kieselsäure-Reaktion zurückzuführen sind. Auch bei Ingenieurbauwerken sind entsprechende Schäden aufgetreten. Die chemische Reaktion, die letztendlich die Fahrbahndecke unbrauchbar macht und landläufig auch „Betonkrebs“ genannt wird, entsteht durch die Verwendung ungeeigneter Zuschlagstoffe. Schwerpunkte der genannten Schäden im Bundesfernstraßennetz finden sich (www.sueddeutsche.de vom 27. Juli 2014 „Wenn der Betonkrebs ausbricht“) in Sachsen (A 14), Sachsen-Anhalt (A 14, A 9) und Brandenburg (A 9, A 10). In jüngster Zeit hat sich das Problem weiter verschärft, so dass aufgrund der intensiven Bautätigkeit im ostdeutschen Autobahnnetz in den 90er-Jahren zu erwarten ist, dass in den kommenden Jahren weitere Streckenabschnitte vorzeitig durch eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion unbrauchbar werden und erhebliche Kosten für die Sanierung der Schäden entstehen. Die Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar – vormals Institut für Baustoffe – hat bereits im Jahr 1992 auf mögliche Risiken bei der Verwendung von Kies aus bestimmten Gruben hingewiesen und verfügte bereits damals über umfangreiches Datenmaterial über Eignung von Zuschlagstoffen für die Herstellung von Betonbauteilen (www.betontreiben.de). Daher muss davon ausgegangen werden, dass der Bund, die betreffenden Straßenbauverwaltungen der Länder und die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs - und -bau GmbH (DEGES) entweder die Informationen nicht beachtet Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 25. September 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. haben oder die falschen Schlüsse gezogen haben. Drucksache 18/2688 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Auf welchen Autobahnabschnitten mit neuer Fahrbahndecke (nach dem Jahr 1990 gefertigt) sind bisher Schäden durch eine Alkali-KieselsäureReaktion (AKR) aufgetreten (bitte einzeln benennen)? 2. Welche Streckenabschnitte des Bundesautobahnnetzes wurden bisher vorzeitig aufgrund von Schäden durch AKR saniert (bitte einzeln benennen) bzw. ersetzt? 3. Welche Investitionen mussten seit dem Jahr 1995 zur Behebung der genannten Schäden aufgebracht werden (bitte in Jahresscheiben angeben)? 4. Auf welchen Streckenabschnitten des Bundesautobahnnetzes bestehen aktuell Schäden durch AKR, und wie hoch sind die geschätzten Sanierungskosten (bitte einzeln aufführen)? 5. Auf welchen Abschnitten des Bundesautobahnnetzes sind nach Informationen der Bundesregierung, Schäden durch AKR in den kommenden Jahren zu erwarten, bzw. wo bestehen konkrete Verdachtsfälle? Die Fragen 1 bis 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach den Artikeln 90 und 85 des Grundgesetzes planen, bauen und unterhalten die Bundesländer im Rahmen der Auftragsverwaltung des Bundes die Bundesfernstraßen . Zu diesen Aufgaben gehören auch die Planung und Realisierung aller Erhaltungsmaßnahmen im Zuge von Bundesfernstraßen, wobei die Realisierung der Maßnahmen mit den durch den Bund pauschal zur Verfügung gestellten Mitteln erfolgt. Der Nachweis einer schädigenden Reaktion an Betonfahrbahndecken durch Alkali -Kieselsäure-Reaktionen (AKR) muss durch spezielle, zeitlich aufwändige Untersuchungen erbracht werden, da das charakteristische Schadensbild einer AKR auch durch andere Schädigungsprozesse verursacht werden kann. Des Weiteren ist zu beachten, dass im Rahmen der zur Beseitigung von AKR-Schäden notwendigen Maßnahmen auch häufig zweckmäßige weitere Erhaltungsarbeiten durchgeführt werden, die hinsichtlich der Aufwendungen nicht separat erfasst werden. Aus diesen Gründen können keine gesicherten Zahlen und Statistiken über die bundesweiten Längen oder Kosten für die Instandsetzung der allein durch AKR geschädigten Autobahnbereiche genannt werden. Der Bundesregierung liegen im Hinblick auf Sanierung von Schäden, die einzelne Länder als AKR-Schäden gemeldet haben, folgende, zum Teil aggregierte Angaben vor: – Gemäß Meldung des Landes Brandenburg waren in den Jahren 2005 bis 2013 insgesamt 40 km Bundesautobahnen wegen Schädigungen durch AKR mit Kosten von ca. 47 Mio. Euro instand zu setzen, wobei die Kosten auch Aufwendungen für sonstige Erhaltungsarbeiten umfassen. Gemäß Planung des Landes mit Stand 08/2013 sollen in den Jahren 2014 bis 2018 durch AKRgeschädigte Abschnitte der A 2, A 9, A 12, A 13, A 15 und A 115 in Brandenburg saniert werden. – Sachsen-Anhalt hat mit dem Erhaltungsprogramm Bundesfernstraßen 2013– 2017 gemeldet, dass Maßnahmen im Zuge der A 9 auf einer Länge von rund 58 km Richtungsfahrbahn mit Kosten von rund 75,2 Mio. Euro aufgrund von AKR in den Jahren 2013 bis 2017 durchgeführt worden bzw. vorgesehen sind. Im Zuge der A 14 sind entsprechende Maßnahmen auf einer Länge von rund 61 km Richtungsfahrbahn mit Kosten von rund 33 Mio. Euro durchgeführt worden bzw. vorgesehen. Im Zuge der A 38 sind Maßnahmen auf einer Länge von rund 20 km Richtungsfahrbahn mit Kosten von rund 15 Mio. Euro realisiert bzw. eingeplant. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2688 – Nordrhein-Westfalen hat die Erneuerung der A 44 aufgrund von Schäden durch AKR im Bereich westlich von Soest bis östlich von Werl auf einer Länge von rund 5 km mit Kosten von 10,2 Mio. Euro und einer Baudurchführung ab April 2015 zur Aufnahme in den Straßenbauplan angemeldet. – Darüber hinaus sind in Hessen 66 km Richtungsfahrbahn mit Schäden durch AKR gemeldet worden, wobei im Jahr 2013 die letzten Abschnitte instandgesetzt wurden. Der im Freistaat Sachsen gutachterlich bestätigte Schaden auf der A 14 Richtungsfahrbahn Magdeburg zwischen den Anschlussstellen Mutzschen und Leisnig wurde im Jahr 2011 instandgesetzt. Für die letztgenannte 9,5 km Richtungsfahrbahn lange Maßnahme wurden nach Angaben des Landes Sachsen einschließlich weiterer Erhaltungsmaßnahmen, wie z. B. Sanierung der Entwässerung, Erneuerung der Rampen der AS Leisnig, Ersatzneubau dreier Bauwerke, Erneuerung der Ausstattung, insgesamt rund 14,4 Mio. Euro aufgewendet. 6. Hält die Bundesregierung die Maßnahmen, die mit den Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau (ARS Nr. 15/2005 und Nr. 12/2006) ergriffen wurden, für ausreichend, um dem Problem durch AKR künftig wirksam vorzubeugen ? Die Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau (ARS Nr. 15/2005 und Nr. 12/ 2006) wurden mittlerweile aufgehoben und auf der Grundlage neuer Erkenntnisse durch das ARS Nr. 4/2013 des damaligen Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) ersetzt. Nach jetzigem Kenntnisstand sollten damit zukünftig AKR-Schäden an Fahrbahndecken aus Beton auszuschließen sein. Zusätzlich hat das damalige BMVBS für die Beurteilung und Instandsetzung bereits durch AKR geschädigter Fahrbahnen in Abhängigkeit vom Grad der Schädigung die mit den Länder gemeinsam erarbeiteten „Empfehlungen für die Schadensdiagnose und die Bauliche Erhaltung von AKR-geschädigten Fahrbahndecken aus Beton“ im Februar 2009 mit Rundschreiben den Ländern mit der Bitte um Anwendung zur Verfügung gestellt und mit Rundschreiben vom 30. April 2012 aktualisiert. 7. In welchem Umfang hätte die Verarbeitung von risikobehaftetem Beton an den jeweiligen Autobahnabschnitten vermieden werden können, wenn bei der DEGES und in den Behörden bzw. Straßenbauverwaltungen der Länder die Erkenntnisse des Instituts für Baustoffe bzw. der Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar beachtet und die empfohlenen strengeren Parameter nicht erst im Jahr 2005, sondern frühzeitig umgesetzt worden wären? Neuere Erkenntnisse der Materialforschungs- und Prüfanstalt Weimar (vorm. Institut für Baustoffe Weimar) wurden im Jahr 1996 in der Überarbeitung der Alkali-Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton verankert. Allerdings führten später festgestellte Schäden durch Verwendung von Festgesteinen (hier: Quarzporphyr, zum damaligen Zeitpunkt als unkritisch eingestuft, daher keine Veranlassung zum Ausschluss), die so nicht erwartet werden konnten, zu ergänzenden Regelungen. Einen vermeidbaren Schadensumfang einzuschätzen, hätte insoweit nur spekulativen Charakter. Drucksache 18/2688 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wie beurteilt die Bundesregierung die Erfahrungen, die mit der Versiegelung der von betroffenen Streckenabschnitte gemacht wurden? Konnte auf diese Weise eine signifikante Verlängerung der Nutzungsdauer erreicht werden? Wenn ja, über welchen Zeitraum? 9. Welche Arten der Versiegelung haben sich als wirksam erwiesen und sollen auch künftig zur Verlangsamung der chemischen Reaktion angewendet werden? 10. Auf welchen Streckenabschnitten wurde eine Versiegelung vorgenommen , bzw. ist dies geplant? 11. Hält die Bundesregierung die Versiegelung der Betonfahrbahndecken auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse für ein wirtschaftliches Verfahren ? Die Fragen 8 bis bis 11 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Applizieren von Versiegelungen auf einer durch AKR geschädigten Betonfahrbahn wurde auf einer hierfür eingerichteten Erprobungsstrecke auf der A 14 in Sachsen-Anhalt auf einer Länge von ca. 14 km Richtungsfahrbahn untersucht. Positiv bewertet wurden Hydrophobierungen mit „Oberflächenschutzsystem Typ A“ und Leinölfirnis, da eine Verlängerung der Nutzungsdauer der geschädigten Betonfahrbahn um fünf bis sieben Jahre erreicht werden konnte. Die dort gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sind in die vorgenannten, den Ländern vom damaligen BMVBS zur Verfügung gestellten und zur Anwendung empfohlenen „Empfehlungen für die Schadensdiagnose und die Bauliche Erhaltung von AKR-geschädigten Fahrbahndecken aus Beton“ mit eingeflossen. Hinsichtlich der Frage 10 wird auf die Zuständigkeit der Auftragsverwaltungen gemäß der Antwort zu Frage 2 verwiesen. 12. Welche Schäden durch AKR sind der Bundesregierung an Ingenieurbauwerken im Bundesfernstraßennetz bekannt? 13. An welchen Ingenieurbauwerken im Bundesfernstraßennetz besteht aufgrund AKR-Schäden Instandsetzungs- bzw. Sanierungsbedarf (bitte Bauwerke und Streckenabschnitte benennen)? 14. In welchen Fällen mussten Ingenieurbauwerke im Bundesfernstraßennetz wegen AKR-Schäden bisher saniert bzw. ersetzt werden, und welche Kosten sind dadurch bisher entstanden? 15. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Sanierungsbedarf durch AKRSchäden an Ingenieurbauwerken im Bundesfernstraßennetz derzeit ein? Die Fragen 12 bis 15 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Belastbare Informationen hierzu liegen der Bundesregierung nicht vor. Der Bundesregierung sind nur die in der als Anlage beigefügten Tabelle enthaltenen Einzelfälle bei älteren Brückenbauwerken bekannt. Für eine umfassende Beantwortung der Fragen wäre eine arbeits- und zeitaufwändige Länderabfrage erforderlich , die in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht durchgeführt werden kann. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2688 Sofern die aktuellen Regelwerke – dies sind Normen, Richtlinien, Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und deren Ergänzungen – durch die Straßenbauverwaltungen der Länder beachtet werden, sind AKR-Schäden an Ingenieurbauwerken im Bundesfernstraßennetz nicht zu erwarten. Drucksache 18/2688 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2688 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333