Deutscher Bundestag Drucksache 18/2691 18. Wahlperiode 29.09.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Caren Lay, Karin Binder, Roland Claus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2527 – Zwei Jahre Erfahrung mit dem novellierten Verbraucherinformationsgesetz und seine Wirkung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 1. September 2012 ist das novellierte Verbraucherinformationsgesetz (VIG) in Kraft getreten. Es soll Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglichen , von den Behörden Informationen über die Kontrollergebnisse in Restaurants , in Geschäften und bei Lebensmittelherstellern wie Bäckern und Fleischern sowie über Bedarfsgegenstände (z. B. Spielzeug, Kleidung, Elektrogeräte , Kosmetika) und über technische Verbraucherprodukte (z. B. Haushaltsgeräte , Möbel und Handwerkerartikel) abzufragen. Ein Auskunftsrecht direkt gegenüber Unternehmen oder zu Verbraucherdienstleistungen aus den Bereichen Energie, Telekommunikation oder Finanzmärkten sieht das Gesetz bis heute nicht vor. Ziel der Gesetzesnovelle war, die Informationsrechte der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken, ein „Mehr“ an Informationen für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, die Auskunftserteilung zu beschleunigen und die Defizite des im Jahr 2008 in Kraft getretenen Ursprungsgesetzes (siehe Evaluationsbericht der Bundesregierung zum VIG, Bundestagsdrucksache 17/1800) zu beseitigen. Sie sollte außerdem die Transparenz erhöhen . Ob es gelungen ist, das VIG zu einem zukunftweisenden Verbraucherinformationsrecht weiterzuentwickeln, ist fraglich. Der im Dezember 2013 durch die Verbraucherorganisation foodwatch vorgestellte Praxistest in den drei größten deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Niedersachsen fiel ernüchternd aus (www.foodwatch.org/de/informieren/aktuelle-nachrichten/ neuer-foodwatch-report-ueberwachung-versagt/): Nur fünf von 54 gestellten Anträgen wurden vollständig, kostenfrei und fristgerecht beantwortet. 85 verschiedene Landkreise und Landesbehörden waren mit ihnen befasst. 24 Anträge musste foodwatch wegen zu hoher Kosten zurücknehmen. Etwa 174 000 Euro hätte der gemeinnützige Verbraucherschutzverband für alle 54 Anträge bezahDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 24. September 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. len müssen, wenn sie vollständig weiterverfolgt worden wären. Die Unternehmen werden fast immer angehört, obwohl dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. In vielen Fällen haben Restaurantbetreiber gegen die Veröffentlichung geklagt – und vor Gericht Recht bekommen. Drucksache 18/2691 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auch die Veröffentlichung von Ergebnissen der amtlichen Lebensmittelkontrollen im Internet (so genannter Hygiene-Smiley) wurde gerichtlich gestoppt. Am 17. März 2014 entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 14 L 410.13) und am 28. Mai 2014 das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Az. OVG 5 S 21.14), dass die Rechtsgrundlage des VIG für eine proaktive Veröffentlichung unzureichend sei und die Umsatzeinbußen des klagenden Lebensmittelunternehmens höher bewertet werden müssten. Damit scheint sich die Beurteilung des Gesetzes durch Experten, Verbraucherverbände und der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag (Bundestagsdrucksache 17/8023) zu bestätigen, dass es sich bei diesem Gesetzesvorhaben von Anfang an um reine Symbolpolitik handelte. Das Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf umfassende Informationen spielte in der Rede der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel beim Deutschen Verbrauchertag am 3. Juni 2013 keine Rolle. Eine Kontrolle des VIG durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) wurde von den Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP in der 17. Wahlperiode abgelehnt . Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern wurden von diesem daher wegen fehlender Zuständigkeit abgewiesen. Zwar hatte das damalige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz seit dem 1. September 2012 die Homepage www.vig-wirkt.de geschaltet. Angesichts der negativen Erfahrungen bestehen jedoch Zweifel, ob das Verbraucherinformationsrecht tatsächlich wirkt. 1. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf umfassende, kostenfreie, verständliche und proaktive Information durch die Behörden zu? Mit welchen Maßnahmen will sie dies in den nächsten zwei Jahren um- und durchsetzen? Die Sicherstellung einer wirksamen Verbraucherinformation und sachgerechten Markttransparenz unter angemessener Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen Dritter und sonstiger Belange ist ein besonderes Anliegen der Bundesregierung . Eine herausgehobene Bedeutung kommt dabei einer kontinuierlichen Überprüfung verbraucherinformatorischer Regelungen und deren etwa erforderlichen Anpassung an sich ändernde Marktverhältnisse und Informationsnachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher zu (vgl. bereits Vorbemerkung der Bundesregierung auf die Antwort der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13. August 2009, Bundestagsdrucksache 16/13890). Dazu wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Das Gesetz zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformation hat den Zugang der Verbraucherinnen und Verbraucher zu behördlichen Informationen zum Beispiel durch Verzicht auf schriftliche Antragstellung, effizientere Ausgestaltung der Regelungen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder Straffung des Anhörungsverfahrens nochmals entscheidend vereinfacht und den Anwendungsbereich auf technische Verbraucherprodukte im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes erweitert. Einfachere Anfragen mit einem Verwaltungsaufwand bis zu 250 Euro, beziehungsweise alle Anfragen zu Rechtsverstößen mit einem Verwaltungsaufwand bis zu 1 000 Euro werden bundesweit einheitlich kostenfrei beantwortet. Über diese Freigrenzen hinaus gilt auch bei Anfragen nach dem VIG das Prinzip der Kostendeckung, das heißt unabhängig vom wirtschaftlichen Wert, den eine Auskunft zum Beispiel für Medien hat, muss – lediglich – der tatsächlich entstandene Verwaltungsaufwand ausgeglichen werden. Dies gilt insbesondere bei sogenannten Globalanfragen, die für die zuständigen Behörden mit einem außergewöhnlichen Verwaltungsaufwand verbunden sind. Der 4. Tätigkeitsbericht der Bundesbeauftragen für den Datenschutz und die In- formationsfreiheit vom 6. Mai 2014 spricht daher auch ausdrücklich davon, dass die Novellierung des VIG den Zugang zu Verbraucherinformationen „wesent- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2691 lich erleichtert“ habe bzw. dass das VIG „sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht deutliche Verbesserungen erfahren“ habe. Im Übrigen soll entsprechend einem Auftrag aus dem aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD § 40 Absatz 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), der die Behörden verpflichtet, die Öffentlichkeit über bestimmte lebensmittelrechtliche Verstöße zu informieren, im Rahmen des nächsten Gesetzes zur Änderung des LFGB angepasst werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der insbesondere die zu § 40 Absatz 1a LFGB bislang ergangene Rechtsprechung sowie einen Beschluss des Bundesrates aufgreift, befindet sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung. 2. In welcher Art, durch welche Institutionen oder Experten und in welchem Umfang hat die Bundesregierung die wissenschaftliche Begleitung des VIG seit dessen Novellierung fortgeführt? 3. Wird die Bundesregierung das VIG in der 18. Wahlperiode erneut evaluieren ? Falls nein, wo und wie erhält sie ihre Erkenntnisse über die Wirkung des Gesetzes in der Praxis? Falls ja, wann und in welcher Form soll dies erfolgen? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Entsprechend zweier gleichgerichteter Evaluationsaufträge des Deutschen Bundestages und des Bundesrates ist das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) zwei Jahre nach seinem Inkrafttreten unter Berücksichtigung der praktischen Anwendungserfahrungen auf wissenschaftlicher Grundlage mit drei umfangreichen Studien untersucht worden. Die Bundesregierung hat einen ausführlichen Bericht über die Ergebnisse der Evaluation des VIG vorgelegt (vgl. Bundestagsdrucksache 17/1800 vom 14. Mai 2010). Des Weiteren ist Verbraucherinnen und Verbrauchern und den sonstigen interessierten Kreisen in einem öffentlichen Konsultationsprozess ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ergebnissen der Evaluation des VIG gegeben worden. In Anbetracht der anlässlich der erstmaligen Einführung eines eigenständigen Verbraucherinformationsgesetzes auf Bundesebene in Auftrag gegebenen umfangreichen Evaluation und Diskussion dieses Gesetzes haben beide gesetzgebenden Körperschaften, der Deutsche Bundestag und der Bundesrat, bei den Beratungen über den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformation es nunmehr nicht für notwendig erachtet, für die laufende Durchführung des novellierten VIG weitere Evaluationen vorzusehen. Die Bundesregierung wird auch in der 18. Wahlperiode die Anwendung und Rechtsentwicklung beim VIG beobachten. Eine nochmalige förmliche Evaluation durch externe Institutionen oder Experten oder eine weitere wissenschaftliche Begleitung des VIG ist gegenwärtig nicht geplant. 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Wirkung des novellierten VIG und des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) bei Verbraucheranfragen, und welche Entwicklung stellt sie seit dem 1. September 2012 fest? a) Wie viele Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Verbraucherverbände haben seit dem 1. September 2012 bis Ende August 2014 einen Antrag auf Information gegenüber den Behörden der Bundesregierung unter Berufung auf das VIG gestellt (bitte auflisten nach Behörden, Grund der Nachfrage, Kosten und Zeitrahmen der Beantwortung, posi- Drucksache 18/2691 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tiver oder negativer Informationsherausgabe, Klagen von Unternehmen gegen die Informationsherausgabe, Rückzug des Antrages wegen zu hoher Kosten)? b) Wie viele Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Verbraucherverbände haben seit dem 1. September 2012 bis Ende August 2014 einen Antrag auf Information gegenüber den Behörden der Bundesregierung unter Berufung auf das IFG gestellt (bitte auflisten nach Behörden, Grund der Nachfrage, Kosten und Zeitrahmen der Beantwortung, positiver oder negativer Information, Klagen von Unternehmen gegen die Informationsherausgabe, Rückzug des Antrages wegen zu hoher Kosten )? c) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu Informationsanträgen nach dem VIG und dem IFG durch Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Verbraucherverbände aus den Bundesländern für die Zeit vom 1. September 2012 bis Ende August 2014 vor (bitte nach Bundesländern , Behörden, Grund der Nachfrage, Kosten und Zeitrahmen der Beantwortung, positiver oder negativer Information, Klagen von Unternehmen gegen die Informationsherausgabe, Rückzug des Antrages wegen zu hoher Kosten auflisten)? Nach der umfangreichen Datenerhebung im Zuge der Evaluation des VIG wird eine fortlaufende systematische und zentrale statistische Erfassung und Auswertung von Anträgen nach dem VIG seitens des Bundes bei den zuständigen Behörden nicht durchgeführt. Im Übrigen ist die Bundesregierung der Überzeugung , dass die Rechtfertigung und der Erfolg von Informationszugangsgesetzen nicht allein von ihrer quantitativen Inanspruchnahme durch die Bürgerinnen und Bürger abhängig ist (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP vom 18. August 2008, Bundestagsdrucksache 16/ 10132). Bezüglich Informationen zum IFG wird auf die allgemein zugänglichen Veröffentlichungen auf der Internetseite des Bundesministeriums des Innern (BMI) verwiesen, wobei sich aus den statistischen Erhebungen zum IFG keine Informationen zu den Antragsinhalten ergeben (www.bmi.bund.de/DE/Themen/ Moderne-Verwaltung/Open-Government/Informationsfreiheitsgesetz/ informationsfreiheits-gesetz node.html). 5. Wie erfolgt die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit den Bundesländern bei der Ausführung des VIG, und wie kontrolliert die Bundesregierung die Anwendung des Gesetzes gemäß Artikel 84 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes (GG)? Das VIG wird von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Die Bundesregierung geht dabei grundsätzlich davon aus, dass die zuständigen Behörden aufgrund der dort vorhandenen sachlichen und personellen Kompetenzen zu einer sachgerechten, unbürokratischen und bürgerfreundlichen Handhabung des VIG in der Lage sind und das zur Verfügung stehende rechtliche Instrumentarium im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher entschlossen und rechtlich korrekt nutzen. Die Abstimmung der Bundesregierung mit den Ländern erfolgt auch beim VIG im Rahmen der institutionalisierten Bund-Länder-Gremien im Bereich des Verbraucherschutzes. Die zuständige Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) hat im April 2012 die von der Bundesregierung angebotene Fortführung eines eigenständigen Erfahrungsaustauschkreises zum VIG zur Vermeidung von Doppelstrukturen zunächst zurückgestellt. Die Einrichtung eines solchen eigenständigen Gremiums ist bislang nicht aufgegriffen beziehungsweise nicht für erforderlich gehalten worden. Im Übrigen liegen der Bundesregierung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2691 über die vorstehend genannte übliche Koordination mit den Ländern bei der Durchführung von Bundesgesetzen hinaus keine Erkenntnisse vor, die beim VIG Anlass zu rechtsaufsichtlichen Maßnahmen nach Artikel 84 Absatz 3 des Grundgesetzes geben beziehungsweise die dort vorgesehene Entsendung eines Beauftragten zu den obersten Landesbehörden rechtfertigen würden. 6. Welche Stellung haben nach Kenntnis der Bundesregierung das VIG und das IFG für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf umfassende, kostenfreie, verständliche und proaktive Information? Nach Kenntnis der Bundesregierung kommen dem VIG und dem IFG, die primär den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu behördlichen Informationen regeln , innerhalb der vielfältigen staatlichen Instrumentarien zur Verbraucherinformation eine wichtige Stellung zu. Die Informationsmöglichkeiten nach VIG und IFG ergänzen insoweit andere den Verbraucherinnen und Verbrauchern zur Verfügung stehende Informationsquellen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang beispielhaft auf kennzeichnungsrechtliche Vorschriften, Regelungen über Gütesiegel und standardisierte Verbraucherinformationen oder Bestimmungen zur aktiven Veröffentlichungstätigkeit von Behörden, wie zum Beispiel § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches. 7. Welche Gründe sind der Bundesregierung bekannt, warum das VIG und das IFG durch Verbraucherinnen und Verbraucher ggf. vergleichsweise wenig genutzt werden? Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte für eine vermeintliche vergleichsweise geringe Nutzung von VIG und IFG durch die Verbraucherinnen und Verbraucher vor. 8. Wie viele Verbraucherbeschwerden sind bei dem bzw. der BfDI seit dem 1. September 2012 bis Ende August 2014 eingegangen, in der sich Verbraucherinnen und Verbraucher über fehlende, mangelhafte, abgelehnte oder zu teure Informationen durch Behörden beschwerten? Welche Bundesbehörden und Themenbereiche waren hiervon in besonderem Maße betroffen? Welchen Problemen sahen sich Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber ? Wie viele Beschwerden und Anfragen mussten aufgrund fehlender Zuständigkeit abgelehnt werden? Nach Angaben der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit liegt für den genannten Zeitraum (1. September 2012 bis Ende August 2014) keine entsprechende Statistik vor. Allgemeine statistische Angaben zu den Eingaben für die Jahre 2012 und 2013 sind im Tätigkeitsbericht 2012–2013 (4. Tätigkeitsbericht der BfDI) veröffentlicht. Übersichten zu den Inhalten der Eingaben werden bei der BfDI nicht geführt; eine statistische Erfassung erfolgt insoweit nicht. Drucksache 18/2691 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Wird die Bundesregierung das VIG zu einem umfassenden Informationsrecht zu allen verbraucherrelevanten Fragen weiterentwickeln, dass somit auch Finanz-, Telekommunikations- und Energiedienstleistungen vom Informationsanspruch erfasst werden (bitte begründen)? Die Bundesregierung sieht in Verbesserungen der Verbraucherinformation einen verbraucherpolitischen Schwerpunkt für die 18. Legislaturperiode. Inwieweit weitere Verbesserungen beispielsweise durch gestalterische Anforderungen an Verbraucherinformationen oder erweiterte Zugangsmöglichkeiten zu Informationen , die aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher von besonderer Relevanz für ihr Marktverhalten sind, erreicht werden können, bedarf einer angemessenen vertieften Prüfung. 10. Wird die Bundesregierung der BfDI die Ombudsfunktion für das VIG übertragen (bitte begründen)? Der Gesetzgeber hat bei der letzten Novellierung des VIG von der Übertragung einer Ombudsfunktion auf den seinerzeitigen Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit abgesehen. Überlegungen, eine solche Übertragung vorzunehmen, bestehen derzeit nicht und können bei einer künftigen Änderung des VIG gegebenenfalls erneut in die Prüfung einbezogen werden . 11. Welche Defizite sieht die Bundesregierung bei der Rechtsauslegung und -anwendung des VIG und des IFG? 12. Welche Schlussfolgerungen für die Rechtsetzung wird die Bundesregierung aus a) den Praxistests u. a. von foodwatch vom Dezember 2013 und b) den Berliner Gerichtsentscheidungen zur Veröffentlichung von Ergebnissen der amtlichen Lebensmittelkontrollen im Internet sowie c) dem 4. Tätigkeitsbericht der BfDI zur Informationsfreiheit für die Jahre 2012 und 2013 ziehen? 13. Welche der Verbesserungsvorschläge der BfDI zum IFG im 4. Tätigkeitsbericht sowie von foodwatch zum VIG im Praxistest wird die Bundesregierung gesetzgeberisch aufgreifen? Die Fragen 11, 12 und 13 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Durch das novellierte VIG sind nach Ansicht der Bundesregierung unter Abwägung der schutzwürdigen Belange aller Beteiligten die gesetzlichen Voraussetzungen für einen wirksamen Zugang der Verbraucherinnen und Verbraucher zu den vom Anwendungsbereich erfassten behördlichen Informationen geschaffen worden. Die Bundesregierung wird die Anwendung des VIG auch weiterhin sorgfältig beobachten und Verbesserungsmöglichkeiten prüfen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Das IFG ist Gegenstand umfangreicher wissenschaftlicher Kommentierung und Rechtsprechung aller Instanzen sowie von Stellungnahmen der BfDI. Gefestigte Rechtsprechung wird bei der Anwendung konsequent berücksichtigt. Defizite sind insoweit nicht erkennbar. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2691 14. Wird die Bundesregierung das gesamte Informationsfreiheitsrecht auf den Prüfstand stellen und ein einheitliches sowie praxistaugliches Informationsfreiheitsgesetz , welches die Verbraucherinformationsrechte, Bürgerinformationsrechte und Umweltinformationsrechte umfasst, in dieser Wahlperiode erarbeiten (bitte begründen)? Überlegungen, ob und welche Vorschläge nach der erfolgten Evaluierung des IFG aufgegriffen werden, sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 15. Wie hat sich die proaktive Informationsherausgabe zu Verbraucherfragen seit dem 1. September 2012 in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt? Welche Projekte sind der Bundesregierung diesbezüglich bekannt, und welche dieser Projekte laufen erfolgreich und welche weniger erfolgreich? 16. Wie kann sich die Bundesregierung eine deutschlandweit einheitliche und bessere proaktive – also die unaufgeforderte und selbstverständliche – Veröffentlichung durch die Behörden in Deutschland vorstellen? Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Praxis von Behörden, amtliche Informationen auf Internetseiten privater Anbieter, wie beispielsweise Facebook oder Twitter, bereitzustellen ? Will die Bundesregierung dagegen gegebenenfalls vorgehen? Die Fragen 15 und 16 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Im Jahr 2012 wurde die Vorschrift des § 40 Absatz 1a in das LFGB eingefügt. Danach muss die Öffentlichkeit unabhängig vom Vorliegen einer Gesundheitsgefahr von Amts wegen über bestimmte Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften informiert werden. Hiervon sind insbesondere Grenzwertüberschreitungen sowie nicht nur unerhebliche oder wiederholte Hygieneverstöße, die die Verhängung eines Bußgelds von mindestens 350 Euro erwarten lassen, erfasst. Nachdem die Länder im September 2012 mit dem Vollzug der Regelung begonnen hatten, haben einige der betroffenen Lebensmittelunternehmer gegen die Veröffentlichung der ihnen zur Last gelegten Verstöße einstweiligen Rechtsschutz bei den Verwaltungsgerichten beantragt. In mehreren Ländern sind obergerichtliche Beschlüsse ergangen, mit denen es den zuständigen Behörden vorläufig untersagt wurde, Veröffentlichungen nach § 40 Absatz 1a LFGB vorzunehmen . Verschiedene Länder haben daraufhin den Vollzug der Regelung vorläufig ausgesetzt, mit der Folge, dass dieser zwischenzeitlich im gesamten Bundesgebiet zum Erliegen gekommen ist. Die Bundesregierung überarbeitet gegenwärtig die Vorschrift, um ein Wiederaufgreifen des Vollzugs durch die Länder zu erreichen. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der die zu § 40 Absatz 1a LFGB ergangene Rechtsprechung sowie einen Beschluss des Bundesrates aufgreift , befindet sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung (vgl. Antwort zu Frage 1). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333