Deutscher Bundestag Drucksache 18/270 18. Wahlperiode 07.01.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/173 – Vorschlag zur Einbindung militärischer Kapazitäten in die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union im Mittelmeer und zum Einsatz von NATO-Schiffen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach den Schiffsunglücken vor Lampedusa Anfang Oktober 2013 mit Hunderten Toten hatte auch die Europäische Union neue Maßnahmen eingeleitet. Auf Vorschlag Italiens wurde die Angelegenheit zunächst beim Treffen der EUInnenminister in Luxemburg erörtert (Ratsdokument 16394/13). Im Ergebnis richteten die Minister eine „Taskforce Mittelmeer“ ein, die von der Europäischen Kommission geführt wird. Ihr gehören neben den Mitgliedstaaten und weiteren Agenturen auch der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) an. Die „Task Force“ soll Vorschläge für das nächste Innenministertreffen am 5. Dezember 2013 machen, die dort zunächst beraten und zwei Wochen später auf dem EU-Gipfel eingebracht werden. Allerdings geht es dabei vor allem um kurzfristige Maßnahmen, die Migrationsbewegungen auf dem Mittelmeer zu kontrollieren und einzudämmen. Mit dem Ratsdokument 16394/13 hat der zivil-militärische Auswärtige Dienst ein Papier an die Delegationen der Mitgliedstaaten vorgelegt, das eine von der Europäischen Union geführte Militärmission im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) im Mittelmeer anregt. Dies war anscheinend am 24. Oktober 2013 von der italienischen Regierung gegenüber dem EAD vorgeschlagen worden. Italien hatte im Oktober 2013 selbst eine gemeinsame Operation von Marine, Luftwaffe und Küstenwache gestartet, um die Überfahrt von Flüchtlingen aus Libyen oder Tunesien zu verhindern. Laut dem EAD könnte die EU-Militäraktion von einer Kommandozentrale im britischen Northwood gesteuert werden, die auch die EU-Mission ATALANTA leitet. Möglich wäre aber auch die Aktivierung eines Hauptquartiers in Rom. So könnte auch die „Standing NATO Maritime Group 2“ eingebunden werden. Dabei handelt es sich um einen Flottenverband von sieben Kriegsschiffen, mit denen die NATO im Mittelmeer kurzfristig einsetzbare Kräfte vorhält. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 27. Dezember 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Der Militäreinsatz könnte laut dem EAD mit FRONTEX (Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der italienischen Operation „Mare Nostrum“ kooperieren. Dort setzt Italien nach Medienberichten bereits Drohnen ein Drucksache 18/270 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode (DefenseNews, 21. Oktober 2013). Der „Mehrwert“ einer militärischen EUOperation wird vom EAD vor allem mit besseren Aufklärungskapazitäten angegeben . Während die GSVP laut dem EAD nicht für Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Mitgliedstaaten der Europäischen Union zuständig sei, könne sie aber insbesondere dazu beitragen, deren irreguläre Einwanderung über das Mittelmeer zu verhindern. Das Militär soll demnach lokale Strukturen festigen und Überwachungskapazitäten erhöhen („CSDP should focus on supporting in the development of local capacities in order to fight against illicit trafficking by sea and in particular THB, but also human smuggling and illegal migration and an increase of surveillance and interception capabilities, with which capabilities to save persons in distress would increase as well“). Dass neue EU-Maßnahmen zur Aufrüstung der Grenzüberwachung zu noch riskanteren Überfahrten und mithin noch mehr Toten führen könnte, bestätigt der EAD sogar. Dies würde demnach vor allem zu noch mehr Schmuggel und „Menschenhandel“ führen. An Überwachungskapazitäten im Mittelmeer mangelt es aber nicht. Am 2. Dezember 2013 geht das neue Grenzüberwachungssystem EUROSUR in zunächst 18 Mitgliedstaaten in Betrieb. Bilder und Daten verschiedener Sensoren werden von „nationalen Koordinierungszentren“ an den Außengrenzen in Echtzeit übermittelt, FRONTEX in Warschau fungiert als Hauptquartier. Über das regionale Netzwerk „Seahorse“ zur Überwachung des Mittelmeers würde auch Libyen indirekt an EUROSUR beteiligt (Ratsdok. 15906/12). Die Kooperation mit Behörden nordafrikanischer Länder zur Flüchtlingsabwehr soll nun ausgebaut werden: Die Regierungen könnten nach dem Vorschlag des EAD ebenfalls militärische Kapazitäten für die vom EAD anvisierte EU-Operation zur Verfügung stellen. Ihr militärischer Charakter wird vom EAD sogar gelobt, um Tunesien, Ägypten und Libyen eine Teilnahme überhaupt zu ermöglichen. Denn die Länder hätten kaum grenzpolizeiliche Kapazitäten , die auf Hoher See eingebracht werden könnten. So könne die Operation sogar dazu dienen, entsprechende Fähigkeiten zu entwickeln. Mehrmals wird die EU-Mission EUBAM Libyen genannt, die jährlich 30 Mio. Euro für den Aufbau und die Ausbildung einer militärischen Gendarmerie und einer militärischen Küstenwache zur Grenzüberwachung investiert (euobserver.com, 18. November 2013). Die EU-Operation im Mittelmeer soll einen „günstigen Moment“ schaffen, derzeit geführte Gespräche zur Migrationskontrolle zum Abschluss zu bringen: Mit Marokko und der Türkei wird seit Jahren ein sogenanntes Rückübernahmeabkommen verhandelt, um Flüchtlinge ungehindert in die Länder zurückzuschieben , sofern sie über deren Grenzen in Mitgliedstaaten einreisten. Allerdings weigern sich die beiden Länder, da ihnen im Gegenzug Zugeständnisse seitens der Europäischen Union fehlen (www.heise.de, 27. Juni 2013). Nun schlägt der EAD weitere „finanzielle Unterstützung“ vor, die im Falle der Türkei an die Syrien-Politik gekoppelt werden müsste. Dies könnte sich demnach sogar positiv auf die EU-Beitrittsverhandlungen auswirken. Die Maßnahmen müssten sich laut dem EAD im Übrigen nicht auf das südliche Mittelmeer beschränken, sondern könnten etwa auf Jordanien ausgeweitet werden. Im EAD-Papier wird selbst darauf verwiesen, welch hohe politische Brisanz eine Militärmission im Bereich von Migration und Asyl im Mittelmeer haben könnte. Gewarnt wird vor einem „negativen medialen Effekt“, wenn etwa Zeitungen mit Überschriften wie „Festung Europa“ oder „Kriegsschiffe gegen Flüchtlinge“ aufmachen würden. In der Mitteilung verliert der EAD aber kein Wort darüber, wie zu verfahren wäre, wenn Schiffe auf offener See vom Militär aufgebracht würden. FRONTEX Italien und Griechenland übergeben Flüchtlinge den Behörden Libyens, Tunesiens oder der Türkei, ohne dass Anträge auf Asyl überhaupt geprüft werden. Für diese menschenrechtswidrige Praxis sind sie nicht nur von Menschenrechtsorganisationen heftig kritisiert worden (vgl. www.proasyl.de „Fatal Alliance: EU-Libya Cooperation on the prevention of illegal immigration“). Flüchtlingsorganisationen haben für diese Praxis den Terminus „Push back-Operationen“ geprägt. In der gegenwärtig diskutierten Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/270 „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Regelungen für die Überwachung der Seeaußengrenzen“ wird diese Politik des Zurückweisens (Ausschiffung) nach Ansicht der Fragesteller sogar festgeschrieben (Ratsdok. 15877/13). Es kann kaum erwartet werden, dass ein Militäreinsatz diese nach Auffassung der Fragesteller menschenrechtswidrige Praxis korrigieren könnte. Im Gegenteil steht zu befürchten, dass die EUMigrationspolitik nun weiter militarisiert wird – die zynische Antwort der Europäischen Union auf die emanzipatorischen Umbrüche in den Ländern südlich und östlich des Mittelmeers. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Den politischen Rahmen für die externe Migrationspolitik der Europäischen Union bildet der 2011 neugefasste EU-Gesamtansatz Migration und Mobilität (GAMM). Dieser stellt die Zusammenarbeit der EU mit den Herkunfts- und Transitstaaten von Migranten auf vier Pfeiler: die Förderung von regulärer Migration , die Eindämmung irregulärer Migration, den Ausbau des Flüchtlingsschutzes und die enge Verzahnung von Migration und Entwicklung. Die EUMitgliedstaaten ließen sich in ihrer politischen Antwort auf das tragische Schiffsunglück vor Lampedusa am 3. Oktober 2013 von diesem Rahmen leiten. Der Europäische Rat bekundete am 24./25. Oktober 2013 seine tiefe Trauer angesichts der tragischen Ereignisse von Lampedusa am 3. Oktober 2013, bei denen Hunderte von Menschen auf dramatische Weise im Mittelmeer ums Leben gekommen sind und die alle Europäer erschüttert haben. Ausgehend von dem dringenden Erfordernis der Vorbeugung und des Schutzes sowie geleitet von dem Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten sollen konsequente Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass Menschen auf See ihr Leben verlieren und sich solche menschlichen Tragödien wiederholen. Der Europäische Rat unterstrich, wie wichtig es sei, dass die eigentlichen Ursachen der Migrationsströme bekämpft werden, indem die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern – auch durch eine angemessene EU-Entwicklungsförderung und eine wirksame Rückführungspolitik – verstärkt wird. Er forderte zudem eine engere Zusammenarbeit mit einschlägigen internationalen Organisationen in den betreffenden Drittländern, insbesondere mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Nicht nur im Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten , sondern auch in den Herkunfts- und Transitländern soll der Kampf gegen Schleusung und Menschenhandel intensiviert werden. Ferner rief der Europäische Rat dazu auf, die Aktivitäten von FRONTEX im Mittelmeer und an den südöstlichen Grenzen der EU zu verstärken. Die rasche Einführung des neuen Europäischen Grenzüberwachungssystems EUROSUR durch die Mitgliedstaaten soll entscheidend dazu beitragen, dass Schiffe und illegale Einreisen entdeckt werden, was dazu beitrage, dass Menschenleben an den Außengrenzen der EU geschützt und gerettet werden. Der Europäische Rat ersuchte die „Task Force Mediterranean“, gemäß den Grundsätzen der Vorbeugung, des Schutzes und der Solidarität vorrangige Maßnahmen für eine wirksamere kurzfristige Nutzung der europäischen Strategien und Instrumente festzulegen. Drucksache 18/270 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie ist das Dokument „Migration Flows in the Southern Neighbourhood and their External Relations Perspective – Possible Avenues for Dialogue and Cooperation with Partner Countries, including Options for a CSDP Operation“ (Ratsdok. 16394/13) nach Kenntnis der Bundesregierung zustande gekommen? Vor dem Hintergrund der tragischen Ereignisse vor Lampedusa am 3. Oktober 2013 hat der Rat für Justiz und Inneres am 7./8. Oktober 2013 die Einrichtung der „Task Force Mediterranean“ (TFM) beschlossen. Die TFM sollte auf der Grundlage der bestehenden EU-Politiken und Instrumente identifizieren, welche praktischen Maßnahmen kurzfristig möglich sind, um der Flüchtlingsproblematik über das Mittelmeer zu begegnen. Zudem hat die italienische Regierung in einem Schreiben vom 24. Oktober 2013 an die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Lady Catherine Ashton, angeregt , Optionen für ein verstärktes Engagement der Europäischen Union auch im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität im Mittelmeerraum zu prüfen. 2. Wie kam die Einrichtung einer „Taskforce Mittelmeer“ nach Kenntnis der Bundesregierung zustande, wer hatte den Vorschlag eingebracht, welche Argumente wurden hierfür vorgetragen, und wie hat sich die Bundesregierung hierzu positioniert? Die Einrichtung der TFM kam auf Vorschlag Italiens bei der Tagung des Rates für Justiz und Inneres am 7./8. Oktober 2013 in Luxemburg wegen der tragischen Ereignisse vor Lampedusa und der verstärkten Flüchtlingsproblematik über das Mittelmeer zustande. Deutschland hat die Einrichtung der Task Force ausdrücklich unterstützt. 3. Mit welchen Abteilungen und welchen Aufgaben nehmen die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten, der Europäische Auswärtige Dienst und die EU-Agenturen nach Kenntnis der Bundesregierung an der „Task Force“ teil? An den Sitzungen der TFM nahmen die Europäische Kommission mit der Generaldirektion Inneres, der Europäische Auswärtige Dienst (EAD), die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX), das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), das Europäische Polizeiamt (Europol) sowie Vertreter aller Mitgliedstaaten teil. Eine Liste der Teilnehmer mit Angaben zu den jeweiligen Aufgaben liegt der Bundesregierung nicht vor. 4. Welche Vorschläge hat die „Task Force“ beim Innenministertreffen am 5. Dezember 2013 gemacht, inwiefern wurden diese kontrovers diskutiert, und wie hat sich die Bundesregierung hierzu positioniert? Die Europäische Kommission, die die TFM federführend leitete, hat als Ergebnis der Gespräche die Mitteilung über die Arbeit der Task Force vorgelegt (COM(2013) 869 final vom 4. Dezember 2013). Die Mitteilung sieht folgende Handlungsfelder vor: Maßnahmen in Zusammenarbeit mit Drittländern; Regionale Schutzprogramme, Neuansiedlung und verstärkte legale Möglichkeiten der Einreise nach Europa; Bekämpfung von Menschenhandel, Schleuserkriminalität und organisierter Kriminalität; verstärkte Grenzüberwachung, die für ein genau- eres Lagebild auf See sorgt und zum Schutz und zur Rettung der Leben von Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/270 Migranten im Mittelmeerraum beiträgt; Unterstützung von Mitgliedstaaten, die hohem Migrationsdruck ausgesetzt sind, und Solidarität mit ihnen. Nach Feststellung des Vorsitzes sahen die Mitgliedstaaten als Schwerpunkte die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, Neuansiedlungen, Regionale Schutzprogramme , Bekämpfung des Menschenschmuggels, FRONTEX-Einsätze, Solidarität und Lebensrettung. Deutschland wies auf die nötige Unterstützung von FRONTEX durch die Mitgliedstaaten hin und betonte die Notwendigkeit, das geltende EU-Recht wie z. B. die Rechtsakte des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vollständig umzusetzen. 5. Welche Verabredungen zur Arbeit der „Task Force“ wurden getroffen, und wie wird sich die Bundesregierung, auch über EU-Agenturen, darin einbringen ? Nach der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Arbeit der TFM wird geprüft, welche Ressourcen die beteiligten Akteure im Rahmen der bestehenden Haushalte für die aufgeführten Maßnahmen zur Verfügung stellen können. Die Bundesregierung wertet die Mitteilung derzeit aus. Die beschlossene Intensivierung und Verlängerung der maritimen FRONTEX-koordinierten „Joint Operations“ befindet sich bereits in der praktischen Umsetzung. Die Europäische Kommission wird dem Rat und dem Europäischen Parlament regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung der Mitteilung über die TFM Bericht erstatten. 6. Wann hat die Bundesregierung das Ratsdokument 16394/13 erhalten, in welchen Bundesbehörden wird es behandelt, und welche (auch vorläufigen) Bewertungen kann sie hierzu mitteilen? Das genannte Dokument liegt der Bundesregierung seit dem 19. November 2013 vor. Eine inhaltliche Abstimmung hierzu erfolgt zwischen dem Auswärtigem Amt, dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium der Verteidigung. Das Dokument wurde zudem in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen der Europäischen Union diskutiert. Es handelt sich um ein Optionenpapier. Bislang gibt es hierzu keine weitergehende Beschlussfassung im EU-Rahmen. Die Bundesregierung prüft die Optionen im Rahmen der vorhandenen EU-Instrumente und ihrer rechtlichen Grundlagen. a) Auf welche europarechtlichen Regelungen oder Vereinbarungen würde sich eine etwaige EU-Militäroperation stützen? Die Bundesregierung hat in den Beratungen auf europäischer Ebene deutlich gemacht, dass sie den zivilen Charakter des Grenzschutzes gewahrt sehen möchte. Auf die Antworten zu den Fragen 9 und 10 wird insoweit verwiesen. Rechtsgrundlage für die Errichtung einer EU-Militäroperation wären die Bestimmungen über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Vertrag über die Europäische Union (Artikel 42ff. EUV). b) Auf welche Weise trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass das Papier am 24. Oktober 2013 von der italienischen Regierung gegenüber dem EAD vorgeschlagen worden war? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Drucksache 18/270 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode c) Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Italien die Maßnahme mit seiner Operation „Mare Nostrum“ synchronisieren will? Über etwaige Planungen zur weiteren Zukunft der nationalen italienischen Operation „Mare Nostrum“ liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. d) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwieweit Italien hier bereits Drohnen einsetzt? Der Bundesregierung liegen darüber keine Informationen vor. 7. Welche Einrichtungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung gemeint, wenn der EAD von einer Kommandozentrale im britischen Northwood und im italienischen Rom spricht, von denen aus die Militäroperation im Mittelmeer gesteuert werden könnte? Die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Hellenische Republik und die Italienische Republik haben sich verpflichtet, der Europäischen Union bei Bedarf nationale Kommandostrukturen zur Verfügung zu stellen. Derzeit stellt Großbritannien das Operative Hauptquartier (OHQ) für die Operation Atalanta in Northwood. 8. Auf welche technische und organisatorische Weise wäre es nach Einschätzung der Bundesregierung möglich, auch die „Standing NATO Maritime Group 2“ in die Operation einzubinden? Zur Frage einer möglichen Errichtung einer EU-Operation gibt es bislang keine weitergehende Beschlussfassung im europäischen Rahmen. Über eine etwaige Einbindung der „Standing NATO Maritime Group 2“ oder dafür erforderliche technische oder organisatorische Maßnahmen liegen der Bundesregierung vor diesem Hintergrund keine Informationen vor. Erforderlich wäre eine im Konsens zu fassende Entscheidung des Nordatlantikrates. 9. Wie wäre dies nach Einschätzung der Bundesregierung politisch zu bewerten , da es um die Bekämpfung unerwünschter Migration mit militärischen Mitteln geht? Die Bundesregierung würde eine solche Einschätzung zu gegebener Zeit und auf Grundlage konkreter Vorschläge, der vorhandenen EU-Instrumente und ihrer Rechtsgrundlagen vornehmen. Die Bundesregierung hat in den Beratungen auf europäischer Ebene deutlich gemacht, dass sie den zivilen Charakter des Grenzschutzes gewahrt sehen möchte. 10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller (und auch des EAD), dass eine Aufrüstung der Grenzüberwachung zu noch riskanteren Überfahrten und mithin noch mehr Toten führen könnte (bitte begründen)? Diese Schlussfolgerung ist der Bundesregierung so nicht bekannt. Im Rahmen der Sitzungen der TFM wurde lediglich diskutiert, ob eine verstärkte Überwachung des Mittelmeeres und eine dadurch bedingte Erhöhung der Entdeckungsund Rettungswahrscheinlichkeit ggf. auch die Wirkung eines Pull-Faktors und damit eine steigende Zahl an Überfahrten erzeugen könnte. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten aus Sicht der Bundesregierung durch eine Intensivierung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/270 der Überwachungsmaßnahmen alle Möglichkeiten nutzen, das Risiko von Schiffsunglücken mit Flüchtlingen zu verringern. Unter dem Mandat von FRONTEX sollten allerdings ausschließlich Kräfte eingesetzt werden, die auch im jeweiligen Heimatstaat mit der Wahrnehmung ziviler, grenzpolizeilicher Aufgaben betraut sowie hierfür ausgebildet und auch ausgestattet sind. Der zivile Charakter des Grenzschutzes muss aufrechterhalten werden. Darüber hinausgehende Überwachungsmaßnahmen einzelner Mitgliedstaaten sollten in enger Abstimmung mit den FRONTEX-koordinierten Operationen erfolgen. Zur Bekämpfung der Ursachen der Migrations-/Flüchtlingsströme ist nach Ansicht der Bundesregierung unter präventiven Gesichtspunkten eine intensivierte und verbesserte Nutzung der bestehenden Instrumente bei der Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten erforderlich, insbesondere auch die Einrichtung Regionaler Schutzprogramme für Flüchtlinge. 11. Wie sollte nach Ansicht der Bundesregierung verfahren werden, wenn Schiffe oder Boote mit Flüchtlingen auf offener See vom Militär der EUMitgliedstaaten oder der NATO aufgebracht würden? a) Welche gesetzlichen Regelungen zur Behandlung der Flüchtlinge würden greifen? b) Inwiefern wäre es nach Einschätzung der Bundesregierung unter militärischem Kommando einer von der NATO oder Europäischen Union geführten Operation möglich, Flüchtlinge den Behörden Libyens, Tunesiens oder der Türkei zu übergeben, ohne dass diese zuvor europäisches Festland erreicht hätten, um dort etwaige Anträge auf Asyl stellen zu können? c) Wie könnten nach Ansicht der Bundesregierung „Push back-Operationen “ zur nach Auffassung der Fragesteller menschenrechtswidrigen Zurückweisung auf offener See ausgeschlossen werden? Die Fragen 11 bis 11c werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Soweit es sich bei Flüchtlingen um Schiffbrüchige in Lebensgefahr handelt, besteht eine in international verbindlichen Übereinkommen (u. a. Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, Internationales Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See) festgelegte Verpflichtung zur Rettung, der sich kein Schiffskapitän entziehen darf. Bei der weiteren Behandlung der Flüchtlinge/Schiffbrüchigen auf See sind die Vorgaben des einschlägigen Völkerrechts, insbesondere das anerkannte, aus Artikel 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) hergeleitete Non Refoulement-Prinzip, welches nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auch an Bord von Staats- oder Kriegsschiffen, deren Flaggenstaat Vertragspartei der EMRK ist, gilt, sowie der EU-Acquis beim Flüchtlingsrecht uneingeschränkt zu beachten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6a verwiesen. d) Wie hat sich die Bundesregierung hierzu in der gegenwärtigen Diskussion zur „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Regelungen für die Überwachung der Seeaußengrenzen “ (Ratsdok. 15877/13) positioniert? Die Bundesregierung unterstützt das Ziel, die Überwachung der Seeaußengrenzen sicherzustellen und hierfür einen verbindlichen Handlungsrahmen für die von FRONTEX koordinierte Zusammenarbeit der zuständigen Mitgliedstaaten festzulegen. Die in der Praxis mit diesen Einsätzen zur Überwachung der See- Drucksache 18/270 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode außengrenzen verbundenen Such- und Rettungssituationen müssen unter konsequenter Beachtung der Grund- und Menschenrechte und humanitärer Standards durchgeführt werden. Die Bundesregierung setzt sich insbesondere dafür ein, dass die Regelungen zu den präventiven Eingriffsbefugnissen durch einen ausdrücklichen Hinweis auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip sowie durch eine verbindliche Rechtsweggarantie ergänzt werden. e) Inwiefern ist die Bundesregierung mit den gegenwärtigen Einwänden der EU-Mittelmeeranrainer zu Änderungen der vorgeschlagenen Artikel 9 (Such- und Rettungssituationen) und Artikel 10 (Ausschiffung) der Verordnung (Ratsdok. 15877/13) einverstanden, bzw. welche gegenläufigen Vorschläge hat sie hierzu eingebracht? Der Beginn des Trilogs mit dem Europäischen Parlament auf Grundlage des am 10. Dezember 2013 durch den Ratsvorsitz vorgeschlagenen Kompromisstextes für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Regelungen für die Überwachung der Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union koordinierten operativen Zusammenarbeit wurde am 13. Dezember 2013 einstimmig durch alle Mitgliedstaaten im Ausschuss der Ständigen Vertreter befürwortet. Die Bundesregierung hat jedoch zu einzelnen Regelungen, u. a. zu den Artikeln 9 und 10 des Verordnungsvorschlags sowie zu drohenden Zuständigkeitsverlagerungen, weiterhin Bedenken. Sie hat bereits zuvor einen Formulierungsvorschlag u. a. zu Artikel 9 eingereicht, der die bestehenden Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zur Seenotrettung stärker in den Vordergrund stellt. 12. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern Trainings für die militärische libysche Küstenwache im Rahmen von EUBAM Libyen auch das Aufbringen von Flüchtlingsbooten beinhalten (Libya Herald, 21. November 2013)? EUBAM Libyen hat in Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden ein Beratungspapier erstellt, das zur Restrukturierung und Verbesserung der libyschen Kapazitäten zur Suche und Rettung von Flüchtlingen beitragen soll. Die Mission führt zudem Ausbildungsaktivitäten in diesem Bereich durch. a) Inwieweit war oder ist es möglich, im Rahmen der Zusammenarbeit in EUBAM auch Meldungen zu verifizieren, wonach die libysche Küstenwache oder Marine auf Flüchtlingsboote geschossen hat (www. maltatoday.com vom 12. Oktober 2013)? Gemäß den der Bundesregierung vorliegenden Informationen kann die Mission solche Meldungen nicht zuverlässig verifizieren. b) Wie werden derartige Vorfälle innerhalb von EUBAM thematisiert, um sie für die Zukunft auszuschließen? Die Ausbildung der Küstenwache durch EUBAM Libyen zielt auf eine Professionalisierung der Einsätze der Küstenwache ab. Zudem werden Menschenrechtsaspekte in die Ausbildung integriert. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/270 13. Wozu trainieren die eigentlich nur für die Grenzsicherung zuständigen, neuen militärischen „Border Guards“( Bundestagsdrucksache 17/14417) im Rahmen von EUBAM Libyen nach Kenntnis der Bundesregierung auch Techniken für Spezialtruppen, darunter etwa das Abseilen oder die „Rettung von Geiseln“ (Libya Herald, 8. November 2013)? Der Leiter der Mission EUBAM Libyen entscheidet gemeinsam mit den libyschen Behörden darüber, welche Ausbildungsaktivitäten EUBAM Libyen für welche libyschen Grenzschutzeinheiten durchführt. 14. Da die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage keine Kenntnis über die Einbindung Libyens in das regionale EU-Grenzüberwachungsnetzwerk „Seahorse Mediterranian“ im Mittelmeer zu haben vortrug und auch nichts über eine hiermit einhergehende, indirekte Einbindung in das Grenzüberwachungssystem EUROSUR wusste (Bundestagsdrucksache 17/14417), welche Schlussfolgerungen zieht sie mittlerweile aus entsprechenden Angaben im Ratsdokument 15906/12? a) Was ist der Bundesregierung über die weitere Einbindung von Libyen in das neue, regionale Überwachungsnetzwerk „Seahorse Mediterranian “ bekannt? b) Welche libyschen Lagezentren werden hierfür genutzt? c) Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Lagezentren an italienische Einrichtungen angebunden werden sollen, und wenn ja, welche Informationen hat sie darüber? d) Was ist der Bundesregierung (etwa über die Teilnahme an EUBAM) darüber bekannt, welchen Fortschritt die Installation eines satellitengestützten Überwachungssystems für die Land- und Seegrenzen Libyens genommen hat und wer das System errichtet (REUTERS DEUTSCHLAND , 27. November 2013)? Die Einbindung Libyens in vorhandene regionale Netzwerke gewährleistet und verbessert den Informationsaustausch und die operative Zusammenarbeit zwischen den an das Mittelmeer angrenzenden EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten und schafft damit Kapazitäten, die bestehenden Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Insbesondere kann aus Sicht der Bundesregierung so das Lagebewusstsein und die Reaktionsfähigkeit zum Zweck der Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung der irregulären Einwanderung und der grenzüberschreitenden Kriminalität verbessert werden sowie ein Beitrag zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung des Lebens von Migranten geleistet werden. Hinsichtlich der Fragen 14a bis 14d wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom 20. November 2013 der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/76, siehe insbesondere die Antworten zu den Fragen 30 ff., verwiesen. 15. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Aussage des EAD, wonach die GSVP zwar nicht für Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zuständig sei, aber insbesondere zur Verhinderung ihrer irregulären Migration auf dem Mittelmeer beitragen könne? Die Bundesregierung ist gemeinsam mit ihren europäischen Partnern und dem Europäischen Auswärtigen Dienst der Auffassung, dass die durch irreguläre Migration und die damit verbundenen kriminellen Schleuseraktivitäten entstehenden Risiken für Flüchtlinge im Mittelmeerraum so weit wie möglich be- grenzt werden sollten. Vorhandene EU-Instrumente sollten daher im Rahmen Drucksache 18/270 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ihrer Einsatzfähigkeit und rechtlichen Grundlagen auf ihre entsprechende Tauglichkeit geprüft werden. Die Bundesregierung hat in den Beratungen auf Europäischer Ebene deutlich gemacht, dass sie den zivilen Charakter des Grenzschutzes gewahrt sehen möchte. Auf die Antworten zu den Fragen 9 und 10 wird insoweit verwiesen. 16. Wie ist es nach Einschätzung der Bundesregierung gemeint, wenn der EAD davon spricht, dass eine Militäroperation lokale Strukturen festigen und Überwachungskapazitäten erhöhen könne („CSDP should focus on supporting in the development of local capacities in order to fight against illicit trafficking by sea and in particular THB, but also human smuggling and illegal migration and an increase of surveillance and interception capabilities, with which capabilities to save persons in distress would increase as well“)? Das Papier des Europäischen Auswärtigen Dienstes enthält Optionen zur Nutzung von Instrumenten der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU im Umgang mit dem Phänomen der irregulären Migration, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Bekämpfung von Menschenhandel. Dazu sollte nach Aussage des Europäischen Auswärtigen Dienstes Unterstützung beim Aufbau lokaler Kapazitäten im Bereich des Grenzschutzes sowie bei der Entwicklung von Fähigkeiten im Kampf gegen Menschenhandel und kriminelle Schleuseraktivitäten geleistet werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 17. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung (auch vorläufig) aus dem Vorschlag des EAD, die Kooperation mit Regierungen nordafrikanischer Länder zur Überwachung und Patrouille des Mittelmeers zu suchen? Die enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Herkunfts- und Transitstaaten spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der mit der irregulären Migration verbundenen Fragen. Die Bundesregierung ist gemeinsam mit ihren europäischen Partnern und dem Europäischen Auswärtigen Dienst der Auffassung , dass die durch irreguläre Migration und die damit verbundenen kriminellen Schleuseraktivitäten entstehenden Risiken für Flüchtlinge im Mittelmeerraum so weit wie möglich begrenzt werden sollten. a) Inwiefern befürwortet die Bundesregierung, wenn diese wie vom EAD vorgetragen, keine grenzpolizeilichen, sondern militärische Kapazitäten zur Verfügung stellen sollen, da diese im Vergleich zu zivilen Fähigkeiten besser entwickelt seien? b) Inwiefern könnte die vom EAD vorgeschlagene Operation nach Ansicht der Bundesregierung sogar dazu dienen, entsprechende Fähigkeiten überhaupt zu entwickeln? Der Europäische Auswärtige Dienst unterstreicht, dass bei der Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten ein umfassender Ansatz verfolgt werden sollte, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Die Bundesregierung teilt diese Auffassung. Politische Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Herkunftsund Transitstaaten ist der EU-Gesamtansatz für Migration und Mobilität. Dieser zielt nicht auf die Entwicklung militärischer Kapazitäten. Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/270 18. Auf welche Weise könnte die Operation der Europäischen Union im Mittelmeer nach Ansicht der Bundesregierung, wie vom EAD vorgetragen, dabei helfen, sonstige Abkommen mit Mittelmeeranrainern zum Abschluss zu bringen, darunter etwa Abschiebeabkommen mit Marokko und der Türkei? Die Ausführungen des EAD zu einer möglichen GSVP-Operation im Mittelmeer stehen in keinem Zusammenhang mit dem Rückübernahmeabkommen, das zwischen der EU und Marokko geplant ist beziehungsweise zwischen der EU und der Türkei am 16. Dezember 2013 unterzeichnet wurde. 19. Wie steht die Bundesregierung zum Vorschlag, entsprechende Maßnahmen müssten sich nicht auf das südliche Mittelmeer beschränken, sondern könnten etwa auf Jordanien ausgeweitet werden? Die EU verhandelt derzeit mit dem Haschemitischen Königreich Jordanien über den Abschluss einer Mobilitätspartnerschaft. Der Textvorschlag der EU für eine Gemeinsame Erklärung wurde kürzlich auf Ratsebene angenommen. Eine Mobilitätspartnerschaft würde mit einem Mandat zur Aushandlung eines Rückübernahmeabkommens zwischen der EU und Jordanien einhergehen. In der Bundesregierung ist die Frage nach einer deutschen Teilnahme an der geplanten Mobilitätspartnerschaft mit Jordanien noch nicht abschließend geklärt. 20. Was ist der Bundesregierung über den Zeit- bzw. Fahrplan zum Abschluss einer „Mobilitätspartnerschaft“ der Europäischen Union mit Tunesien bekannt , wie hat sie sich in entsprechende Verhandlungen eingebracht, und wie hat sie sich zu den Vorschlägen positioniert? Die EU und die Tunesische Republik haben im November in Tunis eine Einigung über den Abschluss einer Mobilitätspartnerschaft erzielt. Die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung wird voraussichtlich im Februar 2014 erfolgen . Im Anschluss wird man sich in einem Annex auf Projektvorschläge einigen. Die Bundesregierung hat sich von Anfang an konstruktiv und aktiv in die Verhandlungen eingebracht und eine Teilnahme Deutschlands in Aussicht gestellt. Tunesien ist nicht nur ein wichtiger politischer Partner, sondern auch ein bedeutendes Transitland für Migranten. 21. Welche Regelungen trifft der gegenwärtige Entwurf hinsichtlich einer Erleichterung von Abschiebungen, der Bevorzugung bestimmter Gruppen bei der Visavergabe, der besseren Überwachung und Kontrolle von Einund Ausreisen sowie der (verbesserten) Möglichkeit, in Tunesien Asyl zu beantragen oder zu erhalten? Ein wesentlicher Bestandteil von Mobilitätspartnerschaften ist ein Mandat zur Verhandlung von Visaerleichterungen, z. B. durch die Möglichkeit zur Erteilung von Visa für mehrfache Einreisen oder für längerfristige Aufenthalte und zur Gewährung einer Befreiung von den Antragsgebühren für bestimmte Personengruppen . Auf der Grundlage von vom Rat festzulegenden Richtlinien wird in der Regel ein Abkommen über Visaerleichterungen für bestimmte Personengruppen ausgehandelt. In Bezug auf Tunesien stehen verbesserte Einreisemöglichkeiten für tunesische Studierende, Hochschullehrer und Forscher zu Studien-, Ausbildungs- oder Arbeitszwecken in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU zur Diskussion. Diese Fragen werden Gegenstand separater Verhandlungen mit Tunesien über ein Visaerleichterungsabkommen sein. Drucksache 18/270 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Parallel zu den genannten Visaerleichterungen ist beabsichtigt, dass die EU und Tunesien eng im Bereich der Rückübernahme kooperieren. Dies betrifft die Umsetzung der zwischen Tunesien und den Mitgliedstaaten der EU bestehenden Verpflichtungen, insbesondere in Bezug auf die Identitätsfeststellung und die Ausstellung von Reisedokumenten für rückzuübernehmende Personen, sowie ein Mandat zur Aushandlung eines den einschlägigen EU-Standards entsprechenden Rückübernahmeabkommens zwischen der EU und Tunesien. Die Aushandlung dieses Abkommens soll parallel zum Abkommen über Visaerleichterungen aufgenommen und abgeschlossen werden. Ferner ist im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft eine Stärkung der Fähigkeiten der tunesischen Behörden im Bereich Grenzmanagement, Dokumentensicherheit und Korruptionsbekämpfung geplant, um irreguläre Migration weiter einzudämmen . Geplant ist zudem die Bekämpfung krimineller Vereinigungen, die in Schleusung, Menschenhandel und sonstige Arten der transnationalen Kriminalität verwickelt sind. Tunesien soll auch beim Umgang mit Opfern von Menschenhandel Unterstützung erfahren. Die EU beabsichtigt durch den Abschluss einer Mobilitätspartnerschaft ferner, die tunesischen staatlichen Stellen im Bereich Asyl und internationaler Schutz zu unterstützen. Dies betrifft unter anderem die Weiterentwicklung der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften Tunesiens im Einklang mit den internationalen Standards, insbesondere dem Genfer Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und dem zugehörigen Protokoll von 1967, und im Einklang mit der tunesischen Verfassung. Geplant sind ferner die Unterstützung Tunesiens bei der Schaffung nationaler Verwaltungskapazitäten für die Durchführung dieser Rechtsinstrumente und die Förderung der Zusammenarbeit der Verwaltungsstellen mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR). 22. Welche Zusagen werden der tunesischen Regierung im Gegenzug gemacht , und welche hatte diese im Verlauf der Verhandlungen erst durchsetzen müssen? Es wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. 23. Auf welche Art und Weise arbeiten Bundesbehörden mit der libyschen, ägyptischen und tunesischen Regierung im Rahmen bi- oder multilateraler Vereinbarungen in den Bereichen Justiz und Inneres gegenwärtig zusammen , und welche ihrer Behörden sind daran in welchen Projekten befasst? Im Rahmen der Transformationspartnerschaft mit Tunesien unterstützt Deutschland den tunesischen Bevölkerungs- und Katastrophenschutz durch zwei Pilotprojekte . Mit den beiden Projekten sollen die Ausbildung und die Ausstattung der tunesischen Zivilschutzbehörde ONPC (Office Nationale de la Protection Civile) dauerhaft gestärkt werden. Dabei handelt es sich um folgende Projekte: – „Schutz und Rettung von Menschenleben – Stärkung der tunesischen Feuer- wehrkräfte“, – „Einführung des Ehrenamts“. Die Bundesregierung beteiligt sich ferner aktuell mit einem Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei an der European Union Integrated Border Management Assistance Mission in Libya (EUBAM Libya). Diese plant für die Mission auf strategischer Ebene die Einführung und Implementierung eines integrierten Grenzschutzkonzepts. Darüber hinaus wird auf die regelmäßige Berichterstat- tung der Bundesregierung zur polizeilichen Aufbauhilfe, zuletzt auf die Antwort Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/270 der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 10. Dezember 2013 auf Bundestagsdrucksache 18/154, verwiesen. Im Rahmen der strafrechtlichen Rechtshilfe arbeitet die Bundesregierung mit den Regierungen der genannten Staaten zusammen. Grundlage dafür ist vorrangig das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Bilaterale Übereinkommen im Bereich der strafrechtlichen Rechtshilfe unterhält die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die genannten Staaten nur mit Tunesien (deutsch-tunesischer Vertrag vom 19. Juli 1966 über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen; BGBl. 1969 II S. 1157; 1970 II S. 127). Ob die Voraussetzungen für die Rechtshilfe im Einzelfall vorliegen, wird jeweils von der Bundesregierung geprüft. Daran beteiligt sind gemäß § 74 Absatz 1 Satz 1 IRG grundsätzlich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dessen nachgeordnete Behörde, das Bundesamt für Justiz, sowie das Auswärtige Amt und die Bundesministerien, deren Geschäftsbereich von der Rechtshilfe betroffen sind. 24. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung des EAD zur hohen politische Brisanz eine Militärmission im Bereich von Migration und Asyl im Mittelmeer? Es wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 25. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den vom EAD beschriebenen, möglichen „negativen medialen Effekt“, wenn etwa Zeitungen mit Überschriften wie „Festung Europa“ oder „Kriegsschiffe gegen Flüchtlinge“ aufmachen, und wie wird sie diesen Meldungen begegnen? Die Bundesregierung hat sich dafür eingesetzt, dass unter dem Mandat von FRONTEX ausschließlich Kräfte eingesetzt werden, die auch im jeweiligen Heimatstaat mit der Wahrnehmung ziviler, grenzpolizeilicher Grenzschutzaufgaben betraut sowie hierfür trainiert und auch ausgestattet sind. Der zivile Charakter des Grenzschutzes muss aufrechterhalten werden. Auf die Antwort zu Frage 15 wird insoweit verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333