Deutscher Bundestag Drucksache 18/2705 18. Wahlperiode 02.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2502 – Afrikanische Schweinepest Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine hochansteckende, virale Erkrankung von Wild- und Hausschweinen. Sie verläuft seuchenhaft und fordert große Verluste in den betroffenen Tierbeständen. Für Menschen besteht keine Infektionsgefahr. Der Erreger stammt ursprünglich aus Afrika und wird dort von der Gattung der Lederzecken auf afrikanische Warzenschweine übertragen . Wie bei Naturherdinfektionen charakteristisch, zeigen Warzenschweine keine klinischen Symptome. Der Erreger gilt als besonders stabil und wird über direkten Tierkontakt, infizierte Nahrungsmittel oder infiziertes Material (beispielsweise Transportfahrzeuge) übertragen. Es handelt sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche. Im Jahr 1957 kam es in Portugal erstmalig zu einem Ausbruch außerhalb Afrikas . Seit dem Jahr 2007 treten Fälle in Russland und Weißrussland auf. Mittlerweile breitet sich das Virus nicht nur, wie zunächst vermutet, in nordwestlicher Richtung, sondern auch in südlicher Richtung aus. So wurde der Erreger in Wildschweinen im Iran nachgewiesen. In den osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Lettland, Litauen und Polen wurden seit Jahresanfang 80 Fälle von Afrikanischer Schweinepest festgestellt, meldete das Friedrich-Löffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI) Anfang August 2014. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit soll 350 km/Jahr betragen (www.topagrar.com, 24. März 2014). Der in Russland nachgewiesene Virusstamm verursacht schwerste Allgemeinerkrankungen mit zum Teil unspezifischen Symptomen, wie Fieber und Apathie . Die Sterblichkeit ist hoch. Innerhalb kürzester Zeit (ca. zehn Tage) können ganze Bestände versterben. Nach Einschätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stellt die Afrikanische Schweinepest mittlerweile ein globales Problem dar. Bis heute kommt es zu immer neuen Ausbrüchen, wobei die Schwere des Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 30. September 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Krankheitsverlaufes weiter zunimmt. Primäre Ausbrüche der Seuche konnten häufig mit der Verfütterung von Speiseabfällen in Verbindung gebracht werden . Der Erreger kann über mehrere hundert Tage in tierischen Produkten, z. B. Schinken, infektiös bleiben. Drucksache 18/2705 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vor allem über Handels- und Personenverkehr mit direktem oder indirektem Kontakt zu infizierten Beständen einschließlich mitgebrachter Lebensmittel kann der Erreger nach Deutschland gelangen. Wanderndes Schwarzwild aus den betroffenen Regionen Nordosteuropas stellen ein zusätzliches Einschleppungsrisiko dar, insbesondere angesichts der historisch hohen Schwarzwildbestände in vielen Regionen Deutschlands. Erregerhaltige Lebensmittelreste, die von Reisenden auf Rastplätzen oder unterwegs auf den stark frequentierten Einfallstraßen aus dem osteuropäischem Gebiet (vor allem auf der A 2) entsorgt werden, bedeuten ein besonderes Risiko, wenn Wildschweine z. B. nachts die Abfallkörbe als Nahrungsquelle nutzen. Mehrsprachige Warnschilder, die auf diese Gefahr hinweisen, fehlen in der Regel. Derzeit besteht laut dem FLI für Deutschland ein moderates Risiko für die Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest. Sollte die Tierseuche jedoch in Deutschland auftreten, könnte dies verheerende Auswirkungen auf die deutsche Schweinewirtschaft haben. Unter anderem aufgrund des fehlenden Impfstoffes würden die volks- und betriebswirtschaftlichen Schäden vermutlich wesentlich höher sein, als bei der Europäischen Schweinepest. 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die territoriale Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Osteuropa in den vergangenen 20 Jahren? Im Juni 2007 wurde die ASP erstmals in Georgien festgestellt. Am 4. Dezember 2007 meldete die Russische Föderation einen Eintrag des ASP-Virus nach Tschetschenien durch zwei infizierte Wildschweine an die Internationale Organisation für Tiergesundheit (OIE). Im Juni 2008 kam es dann zur Einschleppung des ASP-Virus in Hausschweinebestände in Nordossetien. Seitdem breitete sich die ASP sowohl bei Wildschweinen als auch bei Hausschweinen in der Nordkaukasus -Region im Süden der Russischen Föderation aus. Am 30. Juli 2012 meldete die Ukraine die ersten ASP-Fälle an das OIE. Zuvor gab es in den 70erJahren des letzten Jahrhunderts Fälle von ASP auf der Krim im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Seit dem ersten ASP-Nachweis bei Wildschweinen in Litauen am 24. Januar 2014 ist ASP auch erstmals in Polen (17. Februar 2014) und Lettland (26. Juni 2014), jeweils in Grenznähe zu Belarus sowie Estland (8. September 2014) festgestellt worden. Der Fall in Estland wurde in einem Gebiet grenznah zu Lettland festgestellt, das wegen eigener ASP-Fälle bereits durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht reglementiert worden war. In der Folge meldeten die vier Mitgliedstaaten weitere ASP-Nachweise sowohl bei Haus- als auch bei Wildschweinen . 2. Wie arbeitet die Bundesregierung oder arbeiten die Bundesbehörden auf politischer, administrativer und wissenschaftlicher Ebene mit den für die ASP zuständigen Partnern in Polen und anderen osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittstaaten zusammen? Die Bundesregierung arbeitet auf allen infrage kommenden Ebenen mit den für die ASP zuständigen Partnern in Polen und anderen osteuropäischen Mitgliedstaaten und Drittländern zusammen. Auf politischer Ebene besteht ein regelmäßiger Informationsaustausch in Sitzungen beispielsweise des Agrarrates oder aber auch auf bi- oder trilateraler Ebene. Die Zusammenarbeit auf administrativer Ebene erfolgt insbesondere durch regelmäßige Sitzungen des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel unter Vorsitz der Europäischen Kommission, sowie in den regelmäßigen Sitzungen der Leiter der Veterinärdienste (CVO) unter Vorsitz der jeweiligen Präsidentschaft. Experten Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2705 des Friedrich-Loeffler-Institutes, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI), waren bisher im Rahmen des von der Europäischen Kommission eingesetzten „Community Veterinary Emergency Teams“ an allen Inspektionen in den von ASP betroffenen osteuropäischen Mitgliedstaaten beteiligt. Zusätzlich führt das FLI eine gemeinsame Studie mit Lettland zur epidemiologischen Ausbreitung der ASP durch. Darüber hinaus bestehen enge Kooperationen mit Wissenschaftlern des State Research Institution National Research Institute for Veterinary Virology and Microbiology of Russia innerhalb eines Projektes, das mit Mitteln der Europäischen Union (EU) finanziert wird. Eine Kooperation mit Wissenschaftlern aus Belarus wird derzeit initiiert. 3. Gibt es eine Zusammenarbeit mit der Republik Österreich in dieser Frage? Wie wird das Risiko einer Einschleppung an Flughäfen minimiert? Im Hinblick auf die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der Republik Österreich wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Die Einfuhr und das Mitführen von Lebensmitteln tierischer Herkunft aus der Russischen Föderation, Belarus und der Ukraine sind nach den geltenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften verboten. Die Bundesfinanzdirektion Südost im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Finanzen hat zeitnah nach Bekanntwerden der Ausbrüche der ASP in den eingangs genannten Staaten die Zollverwaltung angewiesen, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Veterinärbehörden der Länder auf die Einhaltung dieses Verbots besonders zu achten. Im Hinblick auf die von der Bundesregierung ergriffenen Initiativen zur Aufklärung , insbesondere von Reisenden, wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 4. Welche Bundesforschungseinrichtungen beschäftigen sich in welchem finanziellen und personellen Umfang bzw. mit welchen inhaltlichen Zielstellungen mit der ASP? Das FLI beschäftigt sich im Rahmen seines im Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen vom 22. Mai 2013 (Tiergesundheitsgesetz) verankerten Auftrages sowie von zusätzlich eingeworbenen Drittmittelprojekten mit der Erforschung und Bekämpfung der ASP. Besondere Aufmerksamkeit gelten z. B. der molekularen und zellbiologischen Grundlagenforschung, der Invitro -Testung von antiviralen Mitteln, der Diagnostik und Pathogenese der ASP, der Impfstoffentwicklung, den epidemiologischen Studien, der Anfertigung von Risikobewertungen, der Bereitstellung von Informationen einschließlich von Kartenmaterial sowie der Aufklärung von Tierärzten, Jägern und Landwirten. Darüber hinaus wird die am FLI für die EU betriebene Datenbank zur Überwachung der Klassischen Schweinepest bei Wildschweinen so ausgeweitet, dass auch Daten zur ASP aufgenommen und ausgewertet werden können. 5. Welche weiteren Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigen sich in welchem Umfang nach Kenntnis der Bundesregierung mit der ASP? Nach Kenntnis der Bundesregierung beschäftigen sich keine weiteren Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland mit der ASP, da die erforderlichen Sicherheitsbedingungen nur am FLI erfüllt werden. Drucksache 18/2705 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Welche internationalen Forschungseinrichtungen beschäftigen sich nach Kenntnis der Bundesregierung mit der ASP, und wie wird deren Forschung finanziert? Nach dem einschlägigen Gemeinschaftsrecht ist CISA-INIA (Valdeolmos, Spanien ) als EU-Referenzlabor benannt. Darüber hinaus besitzt fast jeder Mitgliedstaat ein nationales Referenzlabor, das sich in unterschiedlichem Umfang auch an der Forschung beteiligt. ASP-Referenzlabore der OIE existieren in Madrid (Spanien), Pirbright (Großbritannien) und Onderstepoort (Südafrika) sowie der FAO in Valdeolmos und Onderstepoort. Die Bundesregierung hat keine Kenntnisse zur Finanzierung der Forschung an diesen Laboren. In Europa befassen sich die Partner des Verbundes „Targeted research effort on African swine fever“ (ASFORCE) unter Koordinierung der Universidade de Lisboa (ULisboa) mit Fragestellungen zur ASP. Dieser Verbund wird aus Mitteln des siebten Rahmenprogramms der EU gefördert (siehe Antwort zu Frage 7). Darüber hinaus ist eine Vielzahl von interdisziplinären Forschungseinrichtungen beteiligt an internationalen Projekten wie „Global African Swine Fever Research Alliance“ (GARA), RAPIDA-FIELD („Rapid Field Diagnostics and Screening in Veterinary Medicine“) (siehe jeweils Antwort zu Frage 7) sowie der Global Platform for African Swine Fever and other important Diseases of Swine. 7. Wie beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland an diesen Forschungsprojekten ? Die Bundesrepublik Deutschland ist mit dem FLI an den folgenden internationalen Forschungsprojekten und Initiativen beteiligt: ● Global African Swine Fever Research Alliance (GARA) GARA ist ein Forschungsnetzwerk ohne eigene Finanzmittel, das Forschungskooperationen zur Schaffung von wissenschaftlichen Grundlagen und Werkzeuge zur Prävention, Bekämpfung und, wo möglich, zur Eradikation der ASF fördert. Ähnliche Ziele verfolgt die bei der FAO angesiedelten „Global Platform for African Swine Fever and other important Diseases of Swine“. ● Targeted research effort on African swine fever (ASFORCE) Mit modernsten Methoden soll sowohl nach einem Impfstoff als auch nach alternativen bzw. begleitenden Bekämpfungsstrategien gesucht werden. Dabei arbeitet das FLI mit insgesamt 18 Partnern aus Spanien, Portugal, Russland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Bulgarien und der Schweiz zusammen. Das Projekt ist in fünf Themen unterteilt: Entwicklung von kosteneffizienten Überwachungs - und Bekämpfungsstrategien für unterschiedliche Szenarien mit und ohne Beteiligung von Vektoren, Risikoanalysen unter Einbeziehung der möglichen Beteiligung des Europäischen Schwarzwilds und möglicher Zeckenvektoren , Impfstoffentwicklung sowie Fortbildungsmaßnahmen für alle Entscheidungsträger . Am FLI werden dabei insbesondere folgende Aufgaben übernommen: Koordination der Datensammlung zur Struktur der Schweinehaltung in schweinedichten Gebieten Zentraleuropas und in Gebieten mit traditioneller Schweinehaltung (insbesondere in Südosteuropa), molekulare Epidemiologie des aktuellen Ausbruchsgeschehens in der Russischen Föderation in Kooperation mit den dortigen Wissenschaftlern, Untersuchungen zu Biomarkern, die es gestatten, Kontakte zwischen Haus- und Wildschweinen zu belegen, sowie die Schutzwirkung von Antigenen im Rahmen der Impfstoffentwicklung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2705 ● Rapid Field Diagnostics and Screening in Veterinary Medicine (RAPIDAFIELD ) Ziel dieses Projekts ist es, unter Beteiligung des FLI verschiedene Schnelltests als im Feld taugliche „Vorort-Tests“ zu entwickeln, zu validieren und schlussendlich der Marktreife zuzuführen. 8. Wie schätzt die Bundesregierung die internationale Vernetzung und Kooperation in der Forschung und Entwicklung hinsichtlich eines grenzübergreifenden Vorgehens zur Eindämmung der Ausbreitung der ASP ein, welche Defizite sieht sie, und welche Initiativen will sie wann dazu ergreifen ? Die Bundesregierung schätzt die internationale Vernetzung und Kooperation in der Forschung und Entwicklung hinsichtlich eines grenzübergreifenden Vorgehens zur Eindämmung der Ausbreitung der ASP als gut ein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 9. Welchen Beitrag leistet die Bundesrepublik Deutschland in der Global African Swine Fever Research Alliance (GARA)? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Stand der Impfstoffentwicklungen bzw. -forschungen gegen das ASP-Virus? Welche deutschen Einrichtungen sind damit mit welchen finanziellen und personellen Ressourcen befasst? Aufgrund der hohen Komplexität des ASP-Virus ist mittelfristig nicht mit einem verfügbaren Impfstoff zu rechnen. Das Virus verfügt über zahlreiche Mechanismen , dem Immunsystem seiner Wirte zu entgehen, was die Entwicklung eines Impfstoffes mit konventionellen Methoden erheblich erschwert. Weltweit arbeiten verschiedene Forschergruppen an der Entwicklung von Impfstoffen und antiviralen Substanzen. Im Hinblick auf die Befassung deutscher Einrichtungen an der Impfstoffentwicklung wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 11. Ist mittelfristig mit einem praxisreifen, breit einsetzbaren Impfstoff gegen das ASP-Virus zu rechnen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. Drucksache 18/2705 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Welche Rolle spielen nach Ansicht der Bundesregierung bei der Verbreitung von ASP a) Wildschweine, b) Hausschweine, c) der Mensch? Es wird auf die vom FLI angefertigte „Qualitative Risikobewertung zur Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland aus Osteuropa vom 2. April 2014“ www.fli.bund.de/fileadmin/dam_uploads/Publikationen/ Risikobewertungen/ASP-Risikobewertung20140402-2.pdf verwiesen. 13. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung am effektivsten, um die Ausbreitung der ASP zu verhindern bzw. zu erschweren? Wie arbeitet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang mit den osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittstaaten zusammen? Aus Sicht der Bundesregierung ist die Anwendung der einschlägigen tierseuchenrechtlichen Gemeinschaftsvorschriften in den jetzt von ASP betroffenen Mitgliedstaaten effektiv. Eine Zusammenarbeit mit benachbarten, betroffenen Drittländern wäre gleichfalls zielführend. Zudem leisten vorbeugende Maßnahmen in der Schweinehaltung, z. B. Anwendung von Biosicherheitsmaßnahmen, sowie einer Aufklärung der betroffenen Personen- und Wirtschaftskreise einen wichtigen Beitrag. Weiterhin erachtet die Bundesregierung eine differentialdiagnostische Abklärung von Krankheiten unter Einbeziehung der ASP-Virus als wesentlich. Um das Risiko eines Eintrags des ASP-Virus nach Deutschland zu minimieren, sind auch hier vorbeugende Maßnahmen initiiert worden. Insbesondere der Aufklärung von Reisenden oder Fernfahrern über Speisereste, die an Tankstellen, Raststätten oder Autobahnparkplätzen hinterlassen und die dann von Wildschweinen aufgenommen werden können, misst die Bundesregierung eine hohe Bedeutung bei. In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat daher das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Plakatierung eines entsprechenden Textes in deutscher, russischer, polnischer und rumänischer Sprache an Tankstellen, Raststätten und Autobahnparkplätzen initiiert. Touristikverbände sowie Jagdverbände wurden gebeten, Reisende bzw. Jägerinnen und Jäger, die beabsichtigen, die von der ASP betroffenen Gebiete im Baltikum zu bereisen und dann nach Deutschland zurückkehren, auf die Gefahr der Einschleppung der ASP durch Lebensmittel tierischen Ursprungs hinzuweisen, verbunden mit der Bitte, aus diesem Grund keine derartigen Lebensmittel nach Deutschland mitzubringen. Jagdverbände wurden insbesondere darauf hingewiesen , dass ein Mitführen von Fleisch von Wildschweinen aus den von ASP betroffenen Gebieten in den jeweiligen Mitgliedstaaten nicht zulässig ist; zudem sollten Hygienemaßnahmen strikt eingehalten werden. Das Mitführen von Lebensmitteln tierischer Herkunft aus der Russischen Föderation und Belarus sowie der Ukraine ist unionsrechtlich verboten. Zudem wurden die landwirtschaftlichen Verbände gebeten, Saisonarbeitskräfte, die vorzugsweise aus östlichen Ländern kommen und bei ihren Verbandsmitgliedern arbeiten, auf die ordnungsgemäße Entsorgung von mitgebrachten Lebensmitteln hinzuweisen. Die auf den Internetseiten des BMEL und des FLI eingestellten Informationen zu ASP werden regelmäßig aktualisiert. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2705 Die Verbände der Transporteure von Tieren und Fleisch wurden auf die strikte Einhaltung der Reinigung und Desinfektion der Fahrzeuge vor Eintreffen in die EU hingewiesen. Im Hinblick auf die Frage der Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Mitgliedstaaten und Drittländern wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Positionen und Aktivitäten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, beispielsweise die Niederlande, Dänemark oder Frankreich, zu Frage 11? Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des Zusammenhangs der Schwarzwilddichte und der Ausbreitungsdynamik der ASP, und welche konkreten Studien hat sie selbst zu dieser Problematik initiiert (bitte Zielstellung sowie finanzielle und personelle Aufwendungen angeben )? Die Bundesregierung verfügt über keine gesicherten Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Schwarzwilddichte und der Ausbreitungsdynamik der ASP. Das FLI steht in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden in Lettland, um die dortige ASP-Situation unter Berücksichtigung der dortigen Schwarzwilddichte zu untersuchen. Darüber hinaus hat sich das FLI in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung mit der Modellierung der ASP im Schwarzwild befasst. Eine gemeinsame Publikation mit dem Thema „Analysis of spatio-temporal patterns of African swine fever cases in Russian wild boar does not reveal an endemic situation“ wurde kürzlich zum Druck angenommen. Das FLI hat für diese Studien insbesondere die infektionsbiologischen Daten geliefert (siehe auch Publikationen Gabriel et al., 2012 und Blome et al., 2013). 16. Welche jagdlichen Anforderungen oder Einschränkungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in einem ASP-positiven Gebiet notwendig (beispielsweise Jagdruhe oder stärkere Bejagung von Schwarzwild), und welche wurden von wem bereits veranlasst? Wenn keine veranlasst wurden, warum nicht? Grundsätzlich sollten Jagdschemata nicht abrupt geändert werden, da die Bejagung nach Einschätzung der Bundesregierung nicht substantiell zur Reduzierung der Wildschweinepopulation beitragen wird. Im Ausbruchsfall ist die Einhaltung einer Jagdruhe sinnvoll, um die Versprengung von Tieren zu vermeiden . Der Einsatz von Drückjagden sollte in einem Ausbruchsgebiet zunächst verboten werden. Ebenfalls sollte die Winterfütterung von Wildschweinen verboten werden, um eine Reduktion der Populationsdichte zu erreichen. Intensive Bejagung führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Versprengung von Rotten und damit zur Verschleppung der Tierseuche. Die Überwachung und Untersuchung von Fallwild hat sich in Osteuropa als effizienteste Methode der ASP-Seuchenüberwachung herausgestellt. Sie sollte konsequent etabliert bzw. beibehalten werden. Für die Überwachung in Deutschland hat das FLI ein vereinfachtes Verfahren zur Probennahme entwickelt und auf seiner Internetseite veröffentlicht. Drucksache 18/2705 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP durch Jägerinnen und Jäger sowie Wildbret aus Osteuropa ein, und welche konkreten Maßnahmen sollten dagegen ergriffen werden bzw. wurden ergriffen ? Es wird auf die vom FLI angefertigte Risikobewertung sowie auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 18. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP über Lebensmittelreste, die aus Osteuropa stammen und in Deutschland von Reisenden (beispielsweise Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeitern, Geschäftsreisenden , Touristinnen und Touristen) entsorgt werden, ein, und welche Maßnahmen sollten dagegen ergriffen werden bzw. wurden ergriffen ? Es wird auf die vom FLI angefertigte Risikobewertung sowie auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 19. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP über Grünfutterimporte aus Osteuropa ein, und welche Maßnahmen sollten dagegen ergriffen werden bzw. wurden ergriffen? Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse über den Grünfutterimport aus Osteuropa vor, so dass eine Abschätzung des Risikos nicht möglich ist. 20. Wie schätzt die Bundesregierung das Einschleppungsrisiko der ASP durch Tiertransportfahrzeuge ein (beispielsweise durch Schweinetransportfahrzeuge aus den betroffenen Ländern, die in Deutschland Schweine haltende Betriebe anfahren, um Tiere abzuholen), und welche Maßnahmen sollten dagegen ergriffen werden bzw. wurden ergriffen? Wie wird eine wirksame Kontrolle und Desinfektion sichergestellt, und wie wird verhindert, dass nicht allein durch den mitgeführten und entsorgten Reiseproviant das ASP-Virus in deutsche Schweinehaltungen und deutsche Wildschweinpopulationen verbracht wird? Die Bundesregierung stimmt mit der Einschätzung der Europäische Kommission und den anderen Mitgliedstaaten überein, dass der Halter bzw. Fahrer eines Kraftfahrzeuges, mit dem lebende Tiere transportiert worden sind, aus der Russischen Föderation und Belarus am Eintrittsort in die EU eine ordnungsgemäße Reinigung und Desinfektion des Fahrzeuges nachweisen muss; eine diesbezügliche gemeinschaftsrechtliche Regelung wurde getroffen. Für Kraftfahrzeuge, die aus von ASP betroffenen Mitgliedstaaten stammen und Schweinehaltungen in Deutschland anfahren wollen, gelten die einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen. Die hier vorgeschriebene Reinigung und Desinfektion von Tiertransportfahrzeugen wird von der jeweils nach Landesrecht zuständige Behörde überprüft und kann im Falle etwaiger Nichteinhaltung geahndet werden. Im Hinblick auf mitgeführten und entsorgten Reiseproviant wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2705 21. Welche Folgen hätte nach Einschätzung der Bundesregierung ein Ausbruch der ASP in der Bundesrepublik Deutschland, speziell bei besonders hohen regionalen Schweinedichten (Cloppenburg, Vechta etc.) oder besonders großen Schweinebeständen (z. B. in Tellin, Mecklenburg-Vorpommern)? Auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion von Haus- oder Wildschweinen mit dem ASP-Virus der Höhe nach nicht bestimmt werden kann, wären die Konsequenzen ähnlich derjenigen beim Auftreten der Klassischen Schweinepest . Die Folgen wären schwerwiegend, da besonders in Gebieten mit hoher Schweinedichte bzw. in besonders großen Schweinebeständen Schweine großräumig getötet und unschädlich beseitigt werden müssten und insbesondere durch die Einrichtung von Restriktionszonen erhebliche wirtschaftliche Folgen zu erwarten wären. 22. Welche konkreten Maßnahmen müssten nach Kenntnis der Bundesregierung durch wen bei einem ASP-Verdachtsfall a) in einem Hausschweinebestand und b) in einem Wildschweinebestand ergriffen werden? In einem ASP-Verdachtsfall kämen die einschlägigen Vorgaben des Tiergesundheitsgesetzes und die Maßnahmen der Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und die Afrikanische Schweinepest (Schweinepest-Verordnung) vom 29. September 2011 zur Anwendung. Im Falle eines ASP-Verdachtsfalls in einem Hausschweinebestand wäre beispielsweise die Sperre des Betriebes sowie Tötung und unschädliche Beseitigung aller Schweine des Verdachtsbetriebes durch die zuständige Behörde anzuordnen ; der betroffene Tierhalter hätte beispielsweise bis zur Bekanntgabe der genannten behördlichen Anordnung sämtliche Schweine des Betriebes abzusondern und sicherzustellen, dass Schweine weder in den noch aus dem Betrieb verbracht werden. Im Falle eines ASP-Verdachtsfalls bei einem Wildschwein (Anmerkung: sofern ein „Wildschweinebestand“ gemeint ist, wären o. g. Regelungen anzuwenden) hätte die zuständige Behörde beispielsweise eine serologische oder virologische Untersuchung des erlegten oder verendeten Wildschweines anzuordnen und einen gefährdeten Bezirk um die Abschuss- oder Fundstelle festzulegen. 23. Wie könnten landwirtschaftliche Betriebe, die in solchen Sperrgebieten liegen und damit direkt oder indirekt betroffen sind, durch die Bundesregierung unterstützt werden? Für direkt betroffene Betriebe sind Leistungen aus den Tierseuchenkassen vorgesehen für den Fall, dass Schweine auf Anordnung der zuständigen Behörde getötet und unschädlich beseitigt werden. Darüber hinaus gehende Leistungen sieht das Tiergesundheitsrecht nicht vor. Für indirekt betroffene Betriebe in Sperrgebieten können die Mitgliedstaaten außergewöhnliche Marktstützungsmaßnahmen gemäß Artikel 220 der Verordnung 1308/2013 über die gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche (EU) Nr. Erzeugnisse beantragen. So können beispielsweise Beihilfen für Tiere, die in einem Sperrgebiet von Vermarktungsbeschränkungen betroffen sind, als Entschädigung an die Erzeuger gezahlt werden. Die Maßnahmen werden zu 50 Prozent von der EU und zu 50 Prozent vom betroffenen Mitgliedstaat finan- ziert. Drucksache 18/2705 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Derzeit wird dies zum Beispiel in den betroffenen Gebieten der Mitgliedstaaten nach den Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 324/2014 und Nr. 428/2014 mit Sondermaßnahmen zur Stützung des Schweinefleischmarktes in Litauen und Polen praktiziert. 24. Inwieweit ist die Entsorgung bzw. unschädliche Beseitigung von Tierkörpern nach der Keulung in einem ASP-positiven Gebiet gesichert, ohne das Risiko einer Verschleppung durch Transportfahrzeuge einzugehen? In Deutschland sind in der Vergangenheit verschiedentlich Tierseuchen aufgetreten , die von hochkontagiösen Erregern versursacht worden sind (Klassische Schweinepest, Geflügelpest oder auch zurückgehend in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts Maul- und Klauenseuche). In all diesen Fällen wurden die empfänglichen Tiere der betroffenen Betriebe getötet und unschädlich beseitigt ohne dass es zu Seuchenverschleppungen durch Fahrzeuge von Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte (früher „Tierkörperbeseitigung“) gekommen ist. Unabhängig davon, dass ASP in Deutschland bisher noch nicht aufgetreten ist, ist gleichwohl davon auszugehen, dass auch im ASP-Ereignisfall die anfallenden tierischen Nebenprodukte ordnungsgemäß beseitigt werden, so dass eine Verschleppung des Erregers ausgeschlossen wird. 25. Reichen nach Einschätzung der Bundesregierung die dafür notwendigen Kapazitäten der Tierkörperbeseitigungsanlagen aus, und sind die Keulungstrupps sowie Tierärztinnen und Tierärzte darauf entsprechend vorbereitet (finanzielle, fachliche und rechtliche Situation)? Nach Einschätzung der Bundesregierung reichen die für eine ordnungsgemäße Beseitigung der anfallenden tierischen Nebenprodukte vorhandenen Kapazitäten der Verarbeitungsbetriebe für tierische Nebenprodukte aus. Die Durchführung von Maßnahmen zur Vorbereitung von Tierärztinnen und Tierärzte sowie Hilfspersonal bei einem Tierseuchenausbruch liegt in der Zuständigkeit der Länder. Nach Kenntnis der Bundesregierung reichen die Vorsorgemaßnahmen aus. 26. Wie ist grundsätzlich die rechtliche Stellung der praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzte, die zur Seuchenbekämpfung verpflichtet werden? Wurden hier die entsprechenden Vorarbeiten geleistet (wie es nach dem letzten KSP-Geschehen angekündigt wurde)? Ist der praktizierende Tierarzt rechtlich wie ein Amtstierarzt abgesichert, wenn er in einem amtlichen Aufrag tätig ist, oder muss sich der praktizierende Tierarzt selbst absichern? Wer kommt für die dadurch entstehenden Kosten auf? Nach § 24 Absatz 2 des Tiergesundheitsgesetzes kann die zuständige Behörde, soweit es zur Durchführung ihrer in § 24 Absatz 1 des Tiergesundheitsgesetzes verankerten Aufgaben erforderlich ist, außerhalb der zuständigen Behörde tätigen Tierärzten Aufgaben übertragen oder diese zur Mitwirkung heranziehen. Nähere Einzelheiten der Heranziehung werden in landesrechtlichen Vorschriften geregelt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2705 27. Gibt es einen Notfallplan der Bundesregierung zur Bekämpfung der ASP, welche Vorgespräche haben dazu mit den Bundesländern stattgefunden, und wurden bereits konkrete Vereinbarungen getroffen? Die Bundesregierung hat mit den für das Veterinärwesen zuständigen Obersten Behörden der Länder einen Notfallplan entwickelt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333