Deutscher Bundestag Drucksache 18/2724 18. Wahlperiode 06.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Richard Pitterle, Klaus Ernst, Susanna Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2569 – Fortdauer der Abgeltungsteuer Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Abgeltungsteuer wurde zum 1. Januar 2009 eingeführt. Seitdem werden private Kapitalerträge im Regelfall mit einem pauschalen Satz in Höhe von 25 Prozent besteuert. Andere Einkunftsarten, wie z. B. Löhne und Gehälter, sind dagegen dem mit der Einkommenshöhe ansteigenden Steuersatz des Einkommensteuertarifs unterworfen. Die steuerliche Begünstigung von privaten Kapitalerträgen wurde vorrangig mit der Eindämmung der Steuerflucht begründet. Demnach sollte die Abgeltungsteuer zwar kurzfristig Mindereinnahmen, aber langfristig Mehreinnahmen bewirken. Diese Sichtweise manifestierte sich in dem vom damaligen Bundesminister der Finanzen, Peer Steinbrück, geäußerten Satz „Besser 25 Prozent auf X, statt 42 Prozent auf nix“ (vgl. z. B. Manager Magazin Online vom 25. Mai 2007: Unternehmensteuer – Bundestag beschließt Reform). Die langfristig erwarteten Mehreinnahmen sind bisher nicht eingetroffen . Stattdessen betrugen laut Kassenstatistik die tatsächlichen Mindereinnahmen in jedem Jahr ein Vielfaches der ursprünglich angenommenen. Letztere wurden im Gesetzentwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (Bundestagsdrucksache 16/4841) für Einkommensteuer und Kapitalertragsteuer zusammen mit 915 Mio. Euro (volle Jahreswirkung) beziffert. Demgegenüber lag laut Steuerschätzung vom Mai 2014 das kassenmäßige Steueraufkommen aus der pauschalen Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Veräußerungsgewinnen im Jahr 2013 um über 4 Mrd. Euro und damit rund 14 Prozent niedriger als das entsprechende Aufkommen im Jahr 2008. Derweil verliert die einstige Begründung zur Einführung der Abgeltungsteuer zunehmend an Grundlage. Zur Eindämmung von Steuerflucht schließen sich weltweit immer mehr wichtige Volkswirtschaften und Finanzzentren dem automatischen Informationsaustausch an (vgl. z. B. Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen vom 7. Mai 2014: Die Schweiz und Singapur haben ihre Bereitschaft erklärt, künftig am automatischen Informationsaustausch teilzunehmen ). Damit willigen sie ein, sich voraussichtlich ab dem Jahr 2017 über Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 2. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Anlagen und Kapitalerträge von ausländischen Anlegern wechselseitig zu informieren . Zusammen mit dem Ankauf von sogenannten Steuerdaten-CDs entfaltet die bevorstehende Einführung des automatischen Informationsaustausches bereits heute Wirkung. Das zeigen unter anderem die aktuellen Rekord- Drucksache 18/2724 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zahlen bei der Abgabe von strafbefreienden Selbstanzeigen in Steuersachen (vgl. z. B. dpa-Meldung vom 15. August 2014: Deutlicher Anstieg bei Selbstanzeigen von Steuerbetrügern), beim boomenden Bargeldschmuggel an den Grenzen zur Schweiz und zu Österreich (vgl. DER SPIEGEL, Nr. 19/2014 vom 5. Mai 2014: Bargeldschmuggel nimmt zu) sowie die Kündigungen von ungeklärten Konten mit Auslandsbezug durch Schweizer Banken (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. Juni 2014: Schweizer Banken setzen Steuersünder vor die Tür). Die Bundesregierung hält dennoch an der Abgeltungsteuer fest. Sie begründet dies damit, dass die konkrete Umsetzung des automatischen Informationsaustausches noch Jahre dauern würde (vgl. z. B. dpa-Meldung vom 22. Mai 2014: Merkel hält an pauschaler Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge fest). Bis dahin bedürfe es weiterhin der Abgeltungsteuer zur Sicherung von Steuereinnahmen (vgl. die Bundestagsrede des Bundesministers der Finanzen , Dr. Wolfgang Schäuble, vom 8. April 2014, Plenarprotokoll 18/28). Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage sind kassenmäßige Aufkommensgrößen aus der Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge und den nicht veranlagten Steuern vom Ertrag aufgeführt. Diese Kassenzahlen bilden nur einen Teilaspekt der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab, hier werden lediglich die im Rahmen des Quellensteuerabzugs vereinnahmten Steuern auf Kapitalerträge sowohl von einkommensteuerpflichtigen natürlichen Personen als auch von Kapitalgesellschaften erfasst. Da die Abgeltungswirkung der abgeführten Steuern nur einen Teil der erzielten Kapitalerträge betrifft, wird ein großer Teil der derart einbehaltenen Steuern bei der Veranlagung der Steuerpflichtigen auf deren Steuerschuld angerechnet. Die Entwicklung des Kassenaufkommens aus den vorgenannten Steuerarten wurde zudem in den Jahren ab 2009 wesentlich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise und deren die Bemessungsgrundlagen dieser Steuerarten mindernden Folgeerscheinungen geprägt und kann somit nicht allein auf die Einführung der Abgeltungsteuer zurückgeführt werden. 1. Welches Aufkommen hat sich aus der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen ab dem Jahr 2005 ergeben (bitte differenziert nach Jahren, Steuerarten, Steuergläubigern, mit der absoluten und relativen Veränderung zum Vorjahr sowie dem Anteil am gesamten Steueraufkommen angeben)? Die folgenden Berechnungsergebnisse wurden durch eine Mikrosimulation der einkommensteuerlichen Einzeldaten von Steuerpflichtigen aus der amtlichen Steuerstatistik ermittelt. Diese bilden die definitive Belastung der Steuerpflichtigen ab – im Gegensatz zu der auf dem Zuflussprinzip beruhenden Kassenstatistik . Die Berechnung des Einkommensteueraufkommens aus der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen im Zeitraum 2005 bis 2014 wurde wie folgt vorgenommen: Zunächst wurde der Anteil der Einkünfte aus Kapitalvermögen an den gesamten Einkünften ermittelt. Mit diesem Anteilssatz wurde aus den Einkommensteuerzahlungen eines Steuerpflichtigen die Belastung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen ermittelt und zu einem Gesamtergebnis für alle Steuerpflichtigen aggregiert (Spalte 1). Da seit der Einführung der Abgeltungsteuer 2009 über die Veranlagungsoption nach § 32d Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein Teil der Einkünfte aus Kapitalvermögen der tariflichen Einkommensteuer nach § 32a Absatz 1 EStG unterliegt, wurde das oben genannte Verfahren auch für die Jahre 2009 bis 2014 angewandt (siehe Spalte 1). Für diesen Zeitraum wird die Belastung mit dem Steuersatz von 25 Prozent aus dem gesonderten Steuertarif für Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2724 Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Absatz 1 EStG in Spalte 2 angegeben . Die gesamte Belastung der Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Solidaritätszuschlag wird in Spalte 3 angegeben, in Spalte 4 die gesamte Steuerbelastung der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Spalte 5 enthält den Anteilssatz der Steuerbelastung der Einkünfte aus Kapitalvermögen an der gesamten Einkommensteuerbelastung (einschließlich Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag). In den Spalten 6 und 7 sind die absoluten und relativen Veränderungen angegeben. Die Aufteilung auf die Steuergläubiger Bund, Länder und Gemeinden erfolgt bei der Einkommensteuer nach dem Prozentschlüssel 42,5:42,5:15, bei der Abgeltungsteuer auf Zinsen und Veräußerungserträge nach dem Prozentschlüssel 44:44:12 und bei der Abgeltungsteuer auf Dividenden nach dem Prozentschlüssel 50:50:0. Der Solidaritätszuschlag steht allein dem Bund zu. 2. Welche Veränderungen beim Aufkommen aus der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen hätten sich ab dem Jahr 2009 ergeben, wenn die Abgeltungsteuer nicht eingeführt worden wäre und stattdessen die Rechtslage von 2008 weiter gegolten hätte (bitte differenziert nach Jahren, Steuerarten, Steuergläubigern, mit der absoluten und relativen Veränderung zum Ist-Aufkommen angeben)? Die folgenden Berechnungsergebnisse wurden durch eine Mikrosimulation der einkommensteuerlichen Einzeldaten von Steuerpflichtigen aus der amtlichen Steuerstatistik ermittelt. Diese bilden die definitive Belastung der Steuerpflichtigen ab – im Gegensatz zu der auf dem Zuflussprinzip beruhenden Kassenstatistik . Die Berechnung der Veränderungen beim Aufkommen wurde wie folgt vorgenommen : Zunächst wurden die Steuermehreinnahmen durch eine generelle Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der tariflichen Einkommensteuer nach § 32a Absatz 1 EStG anstelle des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Absatz 1 EStG ermittelt (Spalte 1). Jahr Steuerbelastung der Einkünfte aus Kapitalvermögen Tarifliche Steuer nach § 32a Abs. 1 EStG Gesonderter Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG Solidaritätszuschlag Summe Anteil an der gesamten Einkommensteuer - belastung Änderung der Steuerbelastung zum Vorjahr absolut Änderung der Steuerbelastung zum Vorjahr relativ in Mio. € in Mio. € in Mio. € in Mio. € in Prozent in Mio. € in Prozent 1 2 3 4 5 6 7 2005 4 105 – 220 4 325 2,2 2006 4 645 – 250 4 895 2,3 570 13,2 2007 6 205 – 330 6 535 3,0 1 640 33,5 2008 8 130 – 430 8 560 3,7 2 025 31,0 2009 595 7 630 445 8 670 3,8 110 1,3 2010 380 6 505 375 7 260 3,2 –1 410 –16,3 2011 350 8 260 470 9 080 3,8 1 820 25,1 2012 375 9 075 515 9 965 3,9 885 9,7 2013 365 8 130 465 8 960 3,4 –1 005 –10,1 2014 360 7 690 440 8 490 3,1 –470 –5,2 Drucksache 18/2724 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Da nach der Rechtslage im Jahr 2008 ein Werbungskostenabzug zugelassen war, wurden die Steuermindereinnahmen ermittelt, die durch einen Werbungskostenabzug entstanden wären (Spalte 2). Die Saldierung der Steuermehreinnahmen aus Spalte 1 und der Steuermindereinnahmen aus Spalte 2 ergibt die Steuermehreinnahmen in der Spalte 3. In der Spalte 4 sind die Steuermindereinnahmen aus der hälftigen Besteuerung der Dividenden nach der Rechtslage im Jahr 2008 (Halbeinkünfteverfahren zur Vermeidung einer übermäßigen Besteuerung von Ausschüttungen, die bereits auf Körperschaftsebene vorbelastet wurden) wiedergegeben. Wie die Summe in Spalte 5 zeigt, hätte die Weiterführung der Rechtslage im Jahr 2008 in allen Jahren zu Steuermindereinnahmen geführt. In den weiteren Spalten sind die übrigen in der Frage genannten Maßzahlen enthalten. Die Bezifferungen haben sich auf die Besteuerung mit Einkommensteuer bezogen . Nicht berücksichtigt wurden weitere Änderungen der Rechtslage im Jahr 2008, insbesondere bei der Besteuerung von Körperschaften. 3. Welche Veränderungen beim Aufkommen aus der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen hätten sich ab dem Jahr 2009 ergeben, wenn diese, inklusive Veräußerungsgewinnen gemäß § 20 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes, dem progressiven Einkommensteuertarif nach § 32a des Einkommensteuergesetzes unterworfen worden wären (bitte differenziert nach Jahren, Steuerarten, Steuergläubigern, mit der absoluten und relativen Veränderung zum Ist-Aufkommen angeben)? Auf die Spalte 1 in der Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 4. In wie vielen Fällen wurde ab dem Jahr 2009 das Optionsrecht zur Regelbesteuerung gemäß § 32d Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Einkommensteuergesetzes angewandt, welches Aufkommen wurde dabei erzielt, in welcher Höhe wurden dabei Werbungskosten zum Abzug gebracht, in welcher Höhe wurden dabei Verluste verrechnet, und welches Aufkommen hätte sich er- Jahr Steuermehreinnahmen/Steuermindereinnahmen (–) Besteuerung mit tarif- licher Steuer nach § 32a Abs. 1 EStG (ESt und SolZ) Abzug von Werbungs- kosten (ESt und SolZ) Zwischensumme Hälftige Besteuerung der Dividenden (ESt und SolZ) Summe Anteil an der gesam- ten Einkommen - steuerbelastung Änderung der Steuerbelastung zum Vorjahr absolut relativ in Mio. € in Mio. € in Mio. € in Mio. € in Mio. € in Prozent in Mio. € in Prozent 1 2 3 4 5 6 7 8 2009 5 020 –955 4 065 –4 145 –80 0,0 2010 4 435 –910 3 525 –4 200 –675 0,3 –595 743,8 2011 5 795 –960 4 835 –5 985 –1 150 0,5 –475 70,4 2012 6 415 –990 5 425 –6 675 –1 250 0,5 –100 8,7 2013 5 675 –970 4 705 –5 685 –980 0,4 270 –21,6 2014 5 335 –965 4 370 –5 205 –835 0,3 145 –14,8 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2724 geben, wenn das Optionsrecht nicht zur Anwendung gekommen wäre (bitte differenziert nach Jahren und Steuerarten angeben)? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Bei wie vielen Steuerpflichtigen lagen seit dem Jahr 2009 laut Fortschreibung der Einkommensteuerstatistiken aus der Zeit vor der Einführung der Abgeltungsteuer die Einkünfte aus Kapitalvermögen über dem SparerPauschbetrag , und bei wie vielen dieser Steuerpflichtigen könnte die Veranlagung und eine Belastung mit dem persönlichen Steuersatz nach § 32d Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes zu einer Entlastung im Vergleich zur Abgeltungsteuer führen (bitte differenziert nach Jahren angeben)? 6. In wie vielen Fällen ab dem Jahr 2009 führte die Günstigerprüfung gemäß § 32d Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes zu einem günstigeren Ergebnis , und in welcher betragsmäßigen Höhe ergaben sich dadurch Steuerminderungen gegenüber der Besteuerung mit der Abgeltungsteuer (bitte differenziert nach Jahren sowie mit dem Anteil an der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen angeben)? Die Fragen 5 und 6 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Berechnungsergebnisse in der Tabelle wurden durch eine Mikrosimulation der einkommensteuerlichen Einzeldaten von Steuerpflichtigen aus der amtlichen Steuerstatistik ermittelt. Diese bilden die definitive Belastung der Steuerpflichtigen ab – im Gegensatz zu der auf dem Zuflussprinzip beruhenden Kassenstatistik . Die Spalte 1 enthält die Fallzahl der Steuerpflichtigen, die mit ihren Einkünften aus Kapitalvermögen den Sparer-Pauschbetrag überschreiten. Die Spalte 2 enthält die Fallzahl der Steuerpflichtigen, bei denen über die Veranlagungsoption nach § 32d Absatz 6 EStG ein Teil der Einkünfte aus Kapitalvermögen der tariflichen Einkommensteuer nach § 32a Absatz 1 EStG unterliegt. Die Spalte 3 enthält die Steuerminderungen gegenüber der Besteuerung mit dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Absatz 1 EStG. Jahr Steuerpflichtige über dem Sparer- Pauschbetrag Steuerpflichtige mit günstigerem Ergebnis bei Veranlagung Steuervorteil aus der Veranlagung in Tsd. in Tsd. in Mio. € 1 2 3 2009 5 060 2 380 1 625 2010 4 120 2 000 1 225 2011 4 025 1 930 1 125 2012 4 140 1 920 1 115 2013 4 195 1 935 1 115 2014 4 245 1 925 1 105 Drucksache 18/2724 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. In wie vielen Fällen ab dem Jahr 2009 führte die Inanspruchnahme des Wahlrechts zur Veranlagung gemäß § 32d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes zu Steuerminderungen, und in welcher betragsmäßigen Höhe ergaben sich dadurch Steuerminderungen (bitte differenziert nach Jahren sowie mit dem Anteil an der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen angeben)? Eine statistische Aufbereitung zu dieser Frage liegt nicht vor. 8. In welcher betragsmäßigen Höhe wurden ab dem Jahr 2009 Kapitalertragsteuer durch ausländische Steuerschuldner überwiesen (bitte nach Jahren differenziert und unter Angabe der Fallzahlen angeben)? Die Kapitalertragsteuer ist eine besondere Erhebungsform der Körperschaftund Einkommensteuer, die auf bestimmte Kapitalerträge anfällt. Im Rahmen der Kapitalertragsteuer führt nicht der Schuldner der Steuer, sondern ein Dritter – in der Regel die auszahlenden Stellen (z. B. Kreditinstitute) oder die Schuldner der Erträge (z. B. die Kapitalgesellschaften bei Gewinnausschüttungen oder Dividenden ) – die Steuerbeträge an die Finanzbehörden ab. Dementsprechend können durch ausländische Steuerschuldner keine Kapitalertragsteuerbeträge überwiesen werden. 9. In welcher betragsmäßigen Höhe wurden ab dem Jahr 2009 bei der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen ausländische Steuern steuermindernd berücksichtigt (bitte nach Jahren differenziert und unter Angabe der Fallzahlen angeben)? In der folgenden Tabelle ist die angerechnete ausländische Steuer in den bisher vorliegenden Statistikjahrgängen 2009 und 2010 ausgeführt (Quelle: Statistisches Bundesamt, Jährliche Einkommensteuerstatistik 2009 und 2010, unbeschränkt Steuerpflichtige). 10. In welcher betragsmäßigen Höhe wurden ab dem Jahr 2009 bei der Einkommensteuererklärung unversteuerte, im Ausland erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen veranlagt (bitte nach Jahren differenziert und unter Angabe der Fallzahlen angeben)? Statistische Angaben dazu liegen noch nicht vor, da in der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung eine Differenzierung nach inländischen und ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen erst ab dem Veranlagungszeitraum 2012 vorgesehen ist. 11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die betragsmäßige Höhe von im Ausland erzielten Einkünften aus Kapitalvermögen, die rechtswidrig nicht oder nicht in vollem Umfang offenbart wurden, ab dem Jahr 2009 und über das dadurch entgangene Steueraufkommen (bitte mit 2009 2010 Anzahl Steuerpflichtige Summe Anzahl Steuerpflichtige Summe in Mio. € in Mio. € 2 604 484 171 2 226 219 307 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2724 Begründung sowie differenziert nach Jahren und unter Angabe der Erkenntnisquellen angeben)? Die Erkenntnisse der Bundesregierung über die betragsmäßige Höhe von im Ausland ab 2009 erzielten Einkünften aus Kapitalvermögen, die rechtswidrig nicht oder nicht in vollem Umfang offenbart wurden, beschränken sich auf Angaben in Selbstanzeigen. Für die Jahre 2010 bis 2013 sind 61 896 Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Kapitaleinkünften im Ausland abgegeben worden . Die abgegebenen Selbstanzeigen haben bisher zu Mehrsteuern in Höhe von insgesamt 3,3 Mrd. Euro geführt. 12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die betragsmäßige Höhe der Rückführung oder Offenbarung von illegal ins Ausland gebrachten Kapitalvermögen seit dem Jahr 2009 (bitte mit Begründung und differenziert nach Jahren, Rückführung oder Offenbarung sowie unter Angabe der Erkenntnisquellen angeben)? Die Erkenntnisse der Bundesregierung beschränken sich auf Angaben in Selbstanzeigen . Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Umfang von Steuerflucht, Steuerhinterziehung sowie Verlagerung von Vermögen ins Ausland, der durch die Abgeltungsteuer verhindert wurde (bitte mit Begründung und Erkenntnisquellen angeben)? Angaben über den möglichen Umfang der durch die Abgeltungsteuer gegebenenfalls verhinderten Steuerhinterziehung oder Steuerflucht sowie Verlagerung von Vermögen ins Ausland sind aufgrund fehlender Daten nicht möglich. 14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Umfang von Steuerflucht , Steuerhinterziehung sowie die Verlagerung von Vermögen ins Ausland, der aktuell durch eine sofortige Abschaffung der Abgeltungsteuer bewirkt würde (bitte mit Begründung und Erkenntnisquellen angeben )? Die Bundesregierung hat hierzu keine Erkenntnisse. 15. Wie begründet die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Antworten zu den Fragen 11 bis 14 die Beibehaltung der Abgeltungsteuer und die damit verbundene, im Vergleich zu anderen Einkunftsarten ungleiche Behandlung von Einkünften aus Kapitalvermögen? Die bei Einführung der Abgeltungsteuer mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 angeführte Begründung gilt unverändert (Bundestagsdrucksache 16/4841). 16. Welchen Stellenwert räumt die Bundesregierung der Wahrung des Bankgeheimnisses durch die Abgeltungsteuer ein (bitte mit Begründung)? Der Gesetzgeber sah das Bankengeheimnis als einen der wesentlichen Pfeiler der Abgeltungsteuer an. Solange die Abgeltungsteuer beibehalten wird, ändert sich an dieser Aussage grundsätzlich nichts. Drucksache 18/2724 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Ab wann findet nach Einschätzung der Bundesregierung der grenzüberschreitende automatische Informationsaustausch zu Finanzkonten als verbindlicher internationaler Standard voraussichtlich, frühestens und spätestens statt (bitte mit Begründung)? Der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickelte Zeitplan für einen Standard zum automatischen Informationsaustausch zu Finanzkonten in steuerlichen Angelegenheiten sieht einen ersten Datenaustausch Ende 2017/Anfang 2018 vor. Die Bundesregierung wird hierzu Vorschläge zur Schaffung entsprechender nationaler Rechtsgrundlagen rechtzeitig unterbreiten. 18. Kann nach Ansicht der Bundesregierung die anonymisierte Abführung der Abgeltungsteuer im Inland auch nach der verbindlichen Umsetzung des grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausches im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen beibehalten werden, und welche Konsequenzen ergeben sich dadurch auf die Wahrung des Bankgeheimnisses im Inland (bitte mit Begründung)? Sofern die Besteuerung durch den Kapitalertragsteuerabzug abschließend erfolgt , kann die anonymisierte Abführung der Abgeltungsteuer im Inland auch nach der verbindlichen Umsetzung des grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausches im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen beibehalten werden. 19. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Abgeltungssteuer mit der Umsetzung des grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausches zu Finanzkonten als verbindlicher internationaler Standard ihre wesentliche Rechtfertigungsgrundlage verliert (bitte mit Begründung )? 20. Kann nach Ansicht der Bundesregierung die Abgeltungsteuer auch nach Umsetzung des grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausches zu Finanzkonten als verbindlicher internationaler Standard beibehalten werden, oder teilt sie die Ansicht, dass damit die Abgeltungsteuer hinfällig geworden ist (bitte mit Begründung)? 21. Wie viele Länder, und welche konkreten Volkswirtschaften müssen nach Ansicht der Bundesregierung den grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausch zu Finanzkonten umgesetzt haben, damit dieser die Sicherung von Steuereinnahmen im gleichen Umfang wie die Abgeltungsteuer gewährleistet, und ab welchem Zeitpunkt rechnet die Bundesregierung mit einer derartigen Umsetzung (bitte mit Begründung)? Die Fragen 19 bis 21 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung weist darauf hin, dass sich Fragen zur Änderung der Abgeltungsteuer erst stellen, wenn der grenzüberschreitende automatische Informationsaustausch auch tatsächlich wirksam umgesetzt wurde. Zudem gibt sie zu bedenken, dass es für das laufende Verfahren zur Einführung des Informationsaustausches nicht sachdienlich ist, einzelne Staaten oder Gebiete insoweit hervorzuheben . Maßgebend ist, dass mit dem automatischen Informationsaustausch die Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Steuerhinterziehung nachhaltig eingedämmt sind. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2724 22. Wie wirkt sich nach Ansicht der Bundesregierung die angekündigte und absehbare Einführung des grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausches zu Finanzkonten als verbindlicher internationaler Standard auf den Umfang von Steuerflucht, Steuerhinterziehung sowie Verlagerung von Vermögen ins Ausland aktuell aus (bitte mit Begründung)? Ziel der Bundesregierung ist es, Steuerhinterziehung nachhaltig zu bekämpfen. Hierzu hat sie bereits in der Vergangenheit Schritte unternommen. Der auf der OECD-Ebene entwickelte Standard zum automatischen Informationsaustausch zu Finanzkonten in steuerlichen Angelegenheiten geht im Wesentlichen auf die Initiative der G5-Staaten zurück. Die Bundesregierung sieht in der Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen Steuerhinterziehung und zur Wahrung der Integrität der jeweiligen Steuersysteme . Bei dieser Zusammenarbeit hat der automatische Informationsaustausch eine entscheidende Bedeutung. 23. Warum ist nach Ansicht der Bundesregierung die Beibehaltung der Abgeltungsteuer weiterhin zur Sicherung von Steuereinnahmen nötig, obwohl bereits, wie unter anderen der Boom bei strafbefreiender Selbstanzeige und Bargeldschmuggel sowie die veränderte Praxis der Schweizer Banken deutlich zeigen, illegal ins Ausland gebrachtes Kapitalvermögen massiv aufgedeckt und rückgeführt wird? Auf die Antwort zu den Fragen 19 bis 21 wird verwiesen. 24. Inwieweit ist es bei beschränkt Steuerpflichtigen zulässig, dass Kreditinstitute auf inländische Kapitalerträge Kapitalertragsteuer in Höhe des Sparer -Pauschbetrags an der Quelle nicht erheben (bitte mit Begründung und Darstellung der Rechtslage)? Freistellungsaufträge sind seit jeher nur bei unbeschränkt Steuerpflichtigen zulässig , zumal Zins- und Veräußerungserträge, die einem Steuerausländer über ein Kreditinstitut zufließen, grundsätzlich nicht im Inland steuerpflichtig sind. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333