Deutscher Bundestag Drucksache 18/2761 18. Wahlperiode 08.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2570 – Aktueller Stand der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung für Automatenspiele beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Vorschlag der Bundesregierung zur Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung wurde am 20. Juni 2014 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bei der Europäischen Kommission zur Notifizierung eingereicht. Mit einer Umsetzung in Deutschland ist daher zum Ende dieses Jahres zu rechnen. Dabei existiert eine Reihe von offenen Fragen, die durch die Bundesregierung beantwortet werden müssen. 1. Wie verhält sich die Bundesregierung zur vom damaligen Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rössler (FDP), angekündigten Übergangsfrist zur Umsetzung der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung von bis zu fünf Jahren nach deren Inkrafttreten? Übergangsfristen müssen Herstellern und Aufstellern von Spielgeräten aus verfassungsrechtlichen oder technischen Gründen eingeräumt werden. Aus diesem Grund sind sowohl in dem Entwurf der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung als auch in den Maßgaben des Bundesrates vom 5. Juli 2013 Übergangsfristen vorgesehen. Die Bundesregierung beabsichtigt, den Maßgabebeschluss des Bundesrates formell und inhaltlich zu übernehmen. 2. Wie verhält sich die Bundesregierung zu den Ergebnissen einer Erhebung der Fachstelle für Suchtprävention Berlin (Ausschussdrucksache 17(14)247(2)), die ergeben hat, dass Jugendliche unter 18 Jahren in der Gastronomie unkontrollierten Zugang zu Geldspielgeräten haben? Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 6. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass sich Kinder und Jugendliche nach § 6 Absatz 1 des Jugendschutzgesetzes nicht in Spielhallen aufhalten dürfen und ihnen das Spielen an Geldspielgeräten auch in Gaststätten verboten ist. Für die Drucksache 18/2761 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Einhaltung dieser Verbote ist der Betreiber der Spielhalle bzw. der Gastwirt verantwortlich . Im Rahmen der Aufklärungs- und Informationsarbeit führt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bundesweite Projekte und Kampagnen zum Zweck einer effektiven Einhaltung des Jugendschutzgesetzes durch. Speziell zur gezielten Präventionsarbeit im Rahmen des Glücksspiels in gastronomischen Betrieben wurde gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz die Initiative „Glücksspiel: Nix für Jugendliche“ gestartet. 3. Wäre die Bundesregierung zu Änderungen an der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung bereit, um den Anschein zu vermeiden, dass in irgendeiner Weise ein Zusammenhang zwischen den vom Automatenhersteller Gauselmann an FDP-Tochterunternehmen geflossenen 2,5 Mio. Euro (ARD-Bericht am 10. September 2012) und der im Jahr 2013 durch den damaligen FDP-Bundeswirtschaftsminister vorgelegten Sechsten Verordnung besteht? Die Bundesregierung beabsichtigt, zur Verbesserung des Spieler- und Jugendschutzes die Maßgaben des Bundesrates vom 5. Juli 2013 zu übernehmen. 4. Wie verhält sich die Bundesregierung dazu, dass nach Aussage von Prof. Dr. Michael Adams in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses vom 14. März 2012 jeder zweite Euro der Einnahmen der Automatenindustrie von Spielsüchtigen stammt (Ausschussdrucksache 17(14)247(6))? Ziel der Bundesregierung ist es, den Jugend- und Spielerschutz zu verbessern und das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern. Diesem Ziel dienen die in der Novellierung der Spielverordnung vorgeschlagenen Maßnahmen. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien werden vonseiten der Bundesregierung nicht bewertet. 5. Wie verhält sich die Bundesregierung dazu, dass nach Recherchen von Prof. Dr. Michael Adams und Dr. Ingo Fiedler von der Universität Hamburg die Krankenkassenkosten von pathologischen Spielern bei 530 Mio. Euro pro Jahr (2014) liegen (Ausschussdrucksache 17(14)247(6))? Die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien werden von Seiten der Bundesregierung nicht bewertet. Es ist davon auszugehen, dass ein besserer Spielerschutz auch zu einer Verringerung der Kosten bei den Krankenkassen führen könnte. 6. Wie verhält sich die Bundesregierung zur Forderung nach einem Verbot von Automaten außerhalb von Spielbanken (Modell Norwegen) oder einem Sperrsystem mit Spielerkarte (Modell Norwegen)? Ein Verbot von Spielgeräten außerhalb von Spielbanken zieht die Bundesregierung nicht in Erwägung. Ein zentral organisiertes Sperrsystem mit einer spielübergreifenden Spielerkarte, wie es z. B. in Norwegen existiert, stellt einen föderal aufgebauten Staat mit unterschiedlichen Kompetenzen von Bund und Ländern für das Glücksspiel vor große Herausforderungen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2761 7. Wie verhält sich die Bundesregierung zur Forderung nach einer höheren Besteuerung für das Automatenspiel? Das Automatenspiel wird dem vollen Umsatzsteuersatz unterworfen, eine Steuerbefreiung wird insoweit nicht gewährt. Forderungen nach einer höheren Besteuerung des Automatenspiels sind der Bundesregierung nicht bekannt. 8. Wie sicher hält die Bundesregierung die aktuellen Geldspielautomaten vor Manipulationen? Die geltende Spielverordnung schreibt in § 13 Absatz 1 Nummer 9 vor, dass Spielgeräte gegen Veränderungen gesichert gebaut sein müssen. Nähere Vorgaben enthält die technische Richtlinie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt , die im Zulassungsverfahren Anwendung findet. Weitere Verbesserungen des Manipulationsschutzes sieht der Entwurf der Sechsten Änderungsverordnung vor. 9. Ist nach Meinung der Bundesregierung die Einordnung des gewerblichen Glücksspiels ins Gewerberecht (und damit kommunaler Aufsicht) noch gerechtfertigt , nachdem diese Spielform als Glücksspiel innerhalb des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages anerkannt worden ist? Mit der Föderalismusreform 2006 ist das Recht der Spielhallen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen, der Bund ist noch zuständig für die Regelung der Aufstellererlaubnis und die Anforderungen an Spielgeräte. Als Folge der Kompetenzübertragung wurden im Glücksspieländerungsstaatsvertrag Regelungen über Spielhallen getroffen, die durch Spielhallengesetze der Länder ergänzt wurden. Für den Vollzug dieser Regelungen sind in den Ländern vielfach die örtlichen Behörden, u. a. die Gewerbebehörden zuständig. Daher bietet aus der Sicht der Bundesregierung der Glücksspieländerungsstaatsvertrag keinen Anlass, die Einordnung des gewerblichen Spiels zu überdenken. 10. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen das Automatenspiel zum Zwecke der Geldwäsche benutzt wurde? Der Bundesregierung sind keine Ermittlungsverfahren bekannt, die aus Anlass eines eventuellen Missbrauchs des Automatenspiels zum Zwecke der Geldwäsche eingeleitet wurden. 11. Wie verhält sich die Bundesregierung dazu, dass nach einem Bericht der Internetseite www.automatenmarkt.de vom 25. April 2014 bei einem Meinungsaustausch zwischen dem Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft e. V. (BDWi), der Arbeitsgruppe Wirtschaft der Fraktion der CDU/ CSU und dem Justiziar des Bundesverbandes Automatenunternehmer e. V., Stephan Burger, die Anwesenden die Auffassung vertraten, „dass das Zertifizierungskonzept ein gangbarer Weg sei, um das Image der Branche nachhaltig zu verbessern“ (Quelle: www.automatenmarkt.de/Artikel.28.0.html? &tx_ttnews%5Btt_news%5D=14443&cHash=91972082587d9719c908a3 74e72e9682, 14. August 2014)? Berichte über Gespräche eines Verbandes kommentiert die Bundesregierung nicht. Zertifizierungen als freiwillige Maßnahme einzelner Branchen können die Einhaltung rechtlicher Vorgaben grundsätzlich fördern. Drucksache 18/2761 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Warum wird in der vorliegenden Verordnung keine konkrete Auszahlungsquote für Geldgewinnspielgeräte festgelegt, sondern nur eine indirekte Quote durch Festlegung des zu verbleibenden Kasseninhaltes ohne konkrete Zeitraumdefinierung? Eine Auszahlungsquote, also ein festgelegtes Verhältnis zwischen den erzielten Gewinnen und den Einsätzen, ist nach Ansicht der Bundesregierung weniger geeignet für den Spielerschutz als der in der Spielverordnung vorgegebene durchschnittliche Verlust pro Stunde, also der verbleibende Kasseninhalt. Für die Begrenzung von Verlusten und Gewinnen und damit den Spielerschutz sind primär entscheidend die in der Spielverordnung vorgegebenen Grenzen des Spieleinsatzes sowie der Gewinne und Verluste. 13. Inwiefern ist eine Evaluierung der Auswirkungen der Änderungen der Spielverordnung bis zum 30. Juni 2017 vor dem Hintergrund sinnvoll, dass die Glücksspielautomatenindustrie die „alten“ Geldgewinnspielgeräte bis zum 1. September 2017 weiterführen darf und erst ab diesem Zeitpunkt alle Geräte auf Grundlage der neuen Verordnung funktionieren müssen? Die Vorgabe, die geänderte Spielverordnung bis zum 30. Juni 2017 zu evaluieren , ist Teil des Maßgabebeschlusses des Bundesrates vom 5. Juli 2013, den die Bundesregierung formell und inhaltlich zu übernehmen beabsichtigt. 14. Geht die Bundesregierung davon aus, dass bis zum 1. September 2017 die bisherigen Geldgewinnspielgeräte freiwillig von den Glückspielautomatenherstellern ausgetauscht werden (bitte begründen)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass spätestens zum Ablauf der Übergangsfrist die Geldspielgeräte, die nicht den verschärften Anforderungen des Entwurfs der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung entsprechen , von den dafür verantwortlichen Aufstellern abgebaut werden. 15. Warum wird den Herstellern zur Überprüfung der Manipulationssicherheit ihrer bisherigen Geldgewinnspielgeräte eine Übergangszeit von sechs Monaten nach Inkrafttreten der neuen Verordnung eingeräumt? Die Übergangszeit von sechs Monaten zielt nicht ab auf die Hersteller, sondern auf die Einschaltung von zusätzlichen Prüfstellen. Diese Übergangszeit wird benötigt , um ausreichend Zeit für die Gewinnung von Sicherheitsprüfstellen durch die Hersteller sowie für die Ausarbeitung der Regularien und die technische Abstimmung zwischen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und den Sicherheitsprüfstellen zu haben. 16. Inwiefern soll eine personenungebundene Spielerkarte, welche 15 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung eingeführt werden soll, Abhängige und riskant Spielende schützen und Missbrauch vorbeugen? Die Mehrfachbespielung von Geldspielgeräten stellt aus der Sicht des Spielerschutzes ein hohes Risiko dar. Mit der personenungebundenen Spielerkarte kann künftig nur ein Spielgerät betrieben werden, jeder Spieler erhält nur eine Karte. Damit wird das gleichzeitige Bespielen mehrerer Geldspielgeräte verhindert. Zudem ist die Ausgabe der Karte Anlass für eine Alterskontrolle, so dass die Spielerkarte auch einen Beitrag leistet zur Verbesserung des Jugendschutzes. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333