Deutscher Bundestag Drucksache 18/2774 18. Wahlperiode 07.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Agnieszka Brugger, Tom Koenigs, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2566 – Deutsche Beteiligung an von den Vereinten Nationen geführten Friedensmissionen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung haben sich in den zurückliegenden Wochen für ein verstärktes Engagement Deutschlands im Rahmen der Vereinten Nationen (VN) ausgesprochen. Der Bundesminister des Auswärtigen , Dr. Frank-Walter Steinmeier, sagte Ende Januar 2014 vor Vertreterinnen und Vertretern der VN anlässlich der konstituierenden Sitzung des Scientific Advisory Board des Generalsekretärs der VN: „Unser Engagement in und für die Vereinten Nationen ist und bleibt Kernbestand deutscher Außenpolitik. […] Ich bin der Überzeugung: Deutschland muss sich auch in Zukunft nicht nur finanziell, sondern auch vor Ort und personell engagieren.“ Die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, hat während ihres Antrittsbesuches in den USA im Juni 2014 den VN ein stärkeres Engagement der Bundeswehr bei Friedensmissionen in Aussicht gestellt. Dem stellvertretenden VN-Generalsekretär Jan Eliasson signalisierte sie, dass dies vor allem für technologische Fähigkeiten und Führungspositionen gelte (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 17. Juni 2014). Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD heißt es mit Blick auf die Vereinten Nationen u. a.: „Zur Erfüllung ihrer friedenswahrenden Aufgaben benötigen die Vereinten Nationen eine angemessene Ausstattung für ihre Friedensmissionen (Peacekeeping ) und der politischen Missionen der Weltorganisation, damit effektive multilaterale Friedenspolitik betrieben werden kann.“ Deutschland verpflichtete sich im Jahr 1998 verbindlich, an VN-Einsätzen mitzuwirken und im Bedarfsfall benötigte deutsche Soldatinnen und Soldaten im Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 2. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Rahmen des Stand-By Arrangement Systems der Vereinten Nationen (UNSAS) zur Verfügung zu stellen. Aktuell befinden sich 3 618 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in Auslandseinsätzen (Stand: 4. September 2014 – Bericht 34/14 des Bundesministeriums der Verteidigung über die Lage in den Drucksache 18/2774 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Einsatzgebieten der Bundeswehr), davon allerdings nur mit 168 Soldatinnen und Soldaten und sieben Militärexpertinnen und Militärexperten, sowie 19 Polizistinnen und Polizisten in VN-geführten Friedensmissionen (Stand: 30. Juni 2014 – www.un.org/en/peacekeeping/resources/statistics/contributors.shtml). 1. Welchen Beitrag plant die Bundesregierung zu leisten, um die im Koalitionsantrag angekündigte „angemessene Ausstattung“ der VN „zur Erfüllung ihrer friedenswahrenden Aufgaben“ zu gewährleisten (bitte detailliert nach derzeitigen und zusätzlich geplanten Beiträgen jeweils mit Planungsstand aufschlüsseln)? Die Bundesregierung trägt derzeit als viertgrößter Beitragszahler zum Haushalt für Friedensmissionen der VN maßgeblich zu deren Finanzierung bei. Der deutsche Beitragssatz im VN-Haushalt beträgt derzeit 7,141 Prozent. Dies entspricht für das Haushaltsjahr 2014/2015 der VN ca. 510 Mio. Dollar für friedenserhaltende Maßnahmen (eine genaue Aufstellung nach Missionen erfolgt in der nachfolgenden Tabelle). Deutschland beteiligt sich zudem aktiv mit militärischem Personal sowie Polizei in VN-Friedensmissionen. Derzeit befinden sich ca. 175 Soldatinnen und Soldaten sowie ca. 20 Polizistinnen und Polizisten in VN-geführten Missionen. Deutschland unterstützt zudem den VN-internen Prozess zur Verbesserung der Ausstattung der Kontingente der Friedensmissionen (vor allem im Bereich des Sanitätswesens und der Nutzung moderner Technologien) und begrüßt die verstärkten Überprüfungen in den Friedensmissionen durch Inspekteure des VNSekretariats . Darüber hinaus engagiert sich die Bundesregierung auch im Bereich des zivilen Krisenmanagements. Diese Maßnahmen ergänzen und unterfüttern die militärische Beteiligung an internationalen Friedensmissionen, im Sinne des Aktionsplans der Bundesregierung „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung “. Deutschland ist beispielsweise aktiv am Aufbau und der Verbesserung der Zivilpolizei in den Palästinensischen Gebieten beteiligt und engagiert sich in Ostafrika beim Aufbau von Polizeibehörden. Darüber hinaus fördert die Bundesregierung Trainingskurse am Kofi Annan International Peacekeeping Training Center (KAIPTC) in Accra, Ghana und der École de Maintien de la Paix (EMP) in Bamako, Mali zur Vorbereitung westafrikanischer Polizeikräfte auf den Einsatz in internationalen VN-Friedensmissionen. Die Vermittlung unseres Verständnisses von Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte ist dabei immer integraler Bestandteil der Ausbildung. Die Bundesregierung plant, ihre finanzielle und personelle Unterstützung für die VN auch weiterhin in gleicher Weise aufrecht zu erhalten. Soweit die Unterstützung den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes beinhaltet, ist die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages erforderlich. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2774 2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass alle VN-Mitglieder mit Unterzeichnung der VN-Charta grundsätzlich zur Unterstützung von VN-Missionen verpflichtet sind, wie dies u. a. in Artikel 2 der Charta der Vereinten Nationen festgelegt ist? Die Charta der VN ruft die Mitgliedstaaten zur grundsätzlichen Unterstützung auf, wobei für personelle Beiträge im Bereich der VN-Friedensmissionen das Prinzip der Freiwilligkeit gilt. Die VN-Missionen selbst sind in der VN-Charta nicht genannt, sondern haben sich erst später als Instrument zur Friedenssicherung und -konsolidierung herausgebildet. a) Wie bewerten nach Kenntnis der Bundesregierung die Hauptpersonalsteller von VN-Missionen die vergleichsweise geringen personellen Beiträge Deutschlands (und anderer europäischer Staaten) zu VN-Missionen ? Der VN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat mehrfach (zuletzt bei seinem Deutschlandbesuch im Februar 2014) ebenso wie der stellvertretende VN-Generalsekretär Jan Eliasson gegenüber der Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen und dem Bundesminister des Auswärtigen Dr. FrankWalter Steinmeier bei ihren Besuchen in New York im Juni und September 2014 ausdrücklich die wichtigen Beiträge Deutschlands für die VN anerkannt. Dabei hat der VN-Generalsekretär große Wertschätzung, nicht nur für Deutschlands finanzielle Beiträge unterstrichen, sondern auch für das personelle Engagement, einschließlich der militärischen Ausstattung für die VN. FEM Resolutionen der VN-GV Gesamtsumme Deutscher Pflichtbeitrag UNDOF (Golanhöhen) A/RES/68/260 B 69.114.400,00$ 4.935.459,31$ UNIFIL (Libanon) A/RES/68/292 549.322.600,00$ 39.227.126,87$ MINURSO (Westsahara) A/RES/68/296 58.126.500,00$ 4.150.813,37$ UNFICYP (Zypern) A/RES/68/286 62.531.500,00$ 4.465.374,42$ UNMIK (Kosovo) A/RES/68/290 46.325.400,00$ 3.308.096,82$ MONUSCO (DR Kongo) A/RES/68/287 1.506.067.900,00$ 107.548.308,74$ UNOCI (Cote d'Ivoire) A/RES/68/285 532.091.100,00$ 37.996.625,45$ UNMIL (Liberia) A/RES/68/291 460.613.200,00$ 32.892.388,62$ MINUSTAH (Haiti) A/RES/68/289 539.109.400,00$ 38.497.802,26$ UNAMID (Darfur) geschätzt * A/RES/68/297 1.279.308.400,00$ 91.355.412,84$ AMISOM/UNSOA (Somalia) A/RES/68/298 528.207.800,00$ 37.719.319,00$ UNISFA (Abyei) A/RES/68/258 B 343.815.800,00$ 24.551.886,28$ UNMISS (Südsudan) geschätzt * A/RES/68/293 1.161.786.800,00$ 82.963.195,39$ MINUSMA (Mali) A/RES/68/259 B 895.534.000,00$ 63.950.082,94$ MINUSCA (Zentralafr. Republik) geschätzt * A/RES/68/299 625.952.800,00$ 44.699.289,49$ Stand 22.09.2014 8.657.907.600,00$ 509.611.809,37$ Gesamthaushalt Friedenserhaltende Maßnahmen 01.07.2014-30.06.2015 * Geschätzt, da Haushaltsverhandlungen hierzu noch nicht abgeschlossen, Entscheidung im Dezember 2014. Drucksache 18/2774 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wird der erhebliche deutsche Finanzbeitrag (derzeit 7,1 Prozent des jährlichen Budgets der VN für friedenserhaltende Missionen) als ausreichendes Äquivalent angesehen? Es wird auf die Antwort zu Frage 2a verwiesen. c) Welche Vorteile hätten ein stärkeres deutsches Engagement bei der VNFriedenssicherung für die globale kollektive Sicherheit für deutsche und europäische Sicherheitsinteressen? Für die Bundesregierung ist das Engagement in den VN ein elementarer Bestandteil ihrer Außen- und Sicherheitspolitik. Die VN sind die einzige internationale Organisation mit universeller Mitgliedschaft, die auf einem völkerrechtlichen Vertrag beruht und durch den Sicherheitsrat für alle Mitgliedstaaten bindende Beschlüsse fassen kann. Nicht nur bei der Bedrohung von Frieden und Sicherheit, sondern auch bei der Bewältigung humanitärer Katastrophen spielen die VN eine entscheidende Rolle. Entsprechend wird die Bundesregierung die VN auch weiterhin unterstützen und – wo immer möglich – stärken. d) Was sind die Gründe für die vergleichsweise geringen personellen deutschen Beiträge zur VN-Friedenssicherung? Jeder Mitgliedstaat ist aufgerufen, die VN nach den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bestmöglich zu unterstützen. VN-Missionen bedürfen finanzieller Ausstattung, Personal (Militär, Polizei, zivile Experten), aber auch Schlüsselfähigkeiten (Lufttransport, Schiffe etc.). Deutschland stellt – anders als die großen Truppensteller u. a. aus Asien – im Regelfall keine quantitativ großen Personalbeiträge, sondern leistet eher, neben der hohen finanziellen Unterstützung , qualitativ hochwertige Beiträge, die andere Mitgliedstaaten häufig nicht leisten können. Dazu gehören z. B. maritime Kapazitäten vor der Küste des Libanon oder die Lufttransportkapazitäten in der Aufbauphase der Mission MINUSMA in Mali. Zudem stellt Deutschland qualifiziertes Personal für die Leitungsstäbe, als Militärbeobachter oder für die militärische/polizeiliche Ausbildung . 3. Welches Personal in welchem Umfang hat Deutschland aktuell im Rahmen des UNSAS für etwaige Anfragen durch die VN gemeldet (bitte nach gemeldeter Fähigkeit, Dienstgrad, möglichem Einsatzbereich, möglicher Einsatzdauer aufschlüsseln)? Wie hoch ist hinsichtlich des gemeldeten Personals jeweils der Anteil an Frauen? Die Anzeige deutscher Beiträge im Rahmen des UNSAS bezieht sich im Kern auf Fähigkeiten, nicht auf individuelles Personal. Die angezeigten Fähigkeiten betreffen Lufttransport, Landtransport, medizinische Unterstützung, Pionierunterstützung , Kommunikation, Schutzkräfte, Marinekräfte (Seeüberwachung, Minensuche /Minenjagd, Aufklärung), Militärbeobachter (bis zu 20), Militärpolizei/ Feldjäger (bis zu 25), Personalunterstützung für Stabsaufgaben sowie u. a. zivile Minenräumer. Es wird zudem auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 4. Plant die Bundesregierung die Bereitstellung von zivilem und polizeilichem Personal für VN-Friedensmissionen zu erhöhen, und wenn ja, in welchem Umfang (bitte jeweils einzeln nach gemeldeter Fähigkeit, möglichem Ein- satzbereich und möglicher Einsatzdauer aufschlüsseln)? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2774 Wenn nein, wie lässt sich dies mit der im Koalitionsvertrag geäußerten Absicht , die „rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen für den Einsatz von Polizistinnen und Polizisten in Friedensmissionen [zu] verbessern“, vereinbaren? Der Einsatz von zivilem und polizeilichem Personal richtet sich nach dem Bedarf der VN und, hinsichtlich des Einsatzes von Polizistinnen und Polizisten, u. a. auch nach deren Verfügbarkeit. Der Bedarf – auch hinsichtlich einer etwaigen Erhöhung des Unterstützungsumfangs – wird in jedem Einzelfall seitens des Bundes und der Länder geprüft. Es gibt derzeit keine konkrete Anfrage der VN an Deutschland, und es bestehen auch keine konkreten Planungen, zusätzliche Polizistinnen oder Polizisten in VN-Friedensmissionen zu entsenden. Die Bundesregierung arbeitet an der Umsetzung des Auftrags aus dem Koalitionsvertrag . Hierzu finden Ressortabstimmungen sowie Gespräche des Bundes mit den Ländern statt. Eine Unvereinbarkeit zwischen der hier wiedergegeben Position und dem Koalitionsvertrag besteht nicht. 5. Welche Ausrüstung und welches Material hat Deutschland in welchem Umfang und für welchen Einsatzzeitraum im Rahmen von UNSAS für Anfragen seitens der VN gemeldet (bitte detailliert aufzeigen)? Die Anzeige deutscher Beiträge im Rahmen des UNSAS bezieht sich im Kern auf Fähigkeiten. Ausrüstung und Material sind gegenüber den VN nicht spezifiziert worden. 6. Wie lauten die genauen Bestimmungen des am 24. Juli 1998 geschlossenen Memorandum of Understanding (MoU) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den VN zur Meldung von Truppenkontingenten, Material und Ausrüstung im Rahmen von UNSAS, und ist es seitdem zu einer Anpassung des MoU gekommen? Wenn ja, wann, mit welchem Inhalt, und warum? Wie lauten die genauen Bestimmungen der getroffenen Zusatzvereinbarung zum UNSAS vom 1. November 2000, und welche militärischen Beiträge in welchem Umfang wurden hier im Einzelnen festgehalten? Bei dem am 24. Juli 1998 geschlossenen MoU zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den VN handelt es sich um eine Standardvereinbarung zwischen den VN und den jeweiligen Mitgliedstaaten. Diese stellt zunächst lediglich die grundsätzliche Bereitschaft fest, Ressourcen für VN-Friedensmissionen zur Verfügung zu stellen. Ob und wann die angezeigten Kapazitäten tatsächlich zum Einsatz kommen, obliegt (nach § 3 des MoU) der nationalen Entscheidung des betroffenen Mitgliedstaates. Die grundsätzlich für die VN bereitgestellten Ressourcen werden in einem Anhang zum MoU aufgelistet. Im Jahr 1998 wurden zunächst zivile Kapazitäten gemeldet; in der Zusatzvereinbarung vom Jahr 2000 wurde die Liste durch militärische Kapazitäten ergänzt. Die zivilen Kapazitäten umfassen: zwei Stress Intervention Teams à vier Personen für jeweils acht Tage; zwei Minenräumexperten-Teams à fünf Personen für jeweils 28 Tage sowie ein Team medizinischer Erstausstatter à zehn Personen für 35 Tage. Das MoU vom 1. November 2000 folgt den hier beschriebenen Grundsätzen. Das MoU benennt militärische Beiträge, die die Bundesregierung den VN für den Einsatz in VN-Friedensmissionen unter den vereinbarten Voraussetzungen zur Verfügung stellen wird. Der Vereinbarung entsprechend bleibt die endgültige Entscheidung zur Entsendung deutscher Beiträge eine nationale Entscheidung. Drucksache 18/2774 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im Rahmen des MoU wurden Umfänge vereinbart für Militärbeobachter (bis zu 20 Personen) und Feldjäger/Militärpolizei (bis zu 25 Personen). Darüber hinaus wurden keine Umfänge, sondern Kapazitäten (Fähigkeiten) militärischer Beiträge vereinbart. Dies betrifft die Fähigkeiten Lufttransport, Landtransport, Medizinische Unterstützung, Pionierunterstützung, Kommunikation, Schutzkräfte, Marinefähigkeiten (Seeraumüberwachung, Minensuche/Minenjagd, Luftaufklärung ) und personelle Unterstützung für Stabsaufgaben. 7. Inwiefern hält die Bundesregierung die im Rahmen von UNSAS gemeldeten Einsatzkräfte sowohl quantitativ als auch mit Blick auf die gemeldeten Fähigkeiten für ausreichend, und plant die Bundesregierung, diesen Kräfteansatz anzuheben? Die Anzeige deutscher Beiträge im Rahmen von UNSAS erfolgte im Jahr 2000. Die Bundesregierung prüft, ob die angezeigten Beiträge mit Blick auf die mit der Neuausrichtung der Bundeswehr einhergehenden veränderten strukturellen Gegebenheiten anzupassen sind. a) Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. b) Wenn nein, wie lässt sich dieses mit den Ankündigungen vereinbaren, VN-Friedensmissionen stärker unterstützen zu wollen? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 8. Inwiefern hält es die Bundesregierung für problematisch, dass mit Blick auf die Entsendung von Truppenkontingenten für geplante VN-Missionen nach wie vor das Prinzip der Freiwilligkeit der Mitgliedstaaten gilt, auch wenn diese über UNSAS Personal sowie Ausrüstung und Material für die VN als verfügbar gemeldet haben, und inwiefern setzt sich die Bundesregierung in diesem Zusammenhang für eine Reform des UNSAS ein? Über die Entsendung von Truppenkontingenten in VN-Missionen entscheiden die Mitgliedstaaten der VN in nationaler Souveränität. Trotz der grundsätzlich im Rahmen des UNSAS angezeigten Bereitschaft zur Bereitstellung von Ressourcen bedarf auch deren tatsächliche Verfügbarmachung einer gesonderten Entscheidung auf Ebene des jeweiligen VN-Mitgliedstaates. Eine Reform des UNSAS wird von der Bundesregierung derzeit nicht verfolgt. 9. Welche konkreten Vorschläge zur größeren Handlungsfähigkeit der VN bei der Planung, Ausgestaltung und Durchführung von VN-Friedensmissionen hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2006 innerhalb des Special Committee on Peacekeeping Operations (C34) der VN-Generalversammlung gemacht? Deutschland hat sich, in enger Abstimmung mit den EU-Partnern, für effektive Friedensmissionen eingesetzt, damit diese ihre oft breit gefächerten Mandate bestmöglich umsetzen können. Deutschland hat dabei immer ein besonderes Augenmerk auf den Schutz der Zivilbevölkerung, insbesondere von Frauen und Kindern, in bewaffneten Konflikten gelegt sowie die Berücksichtigung einer Genderperspektive in Friedensmissionen gefordert. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2774 10. Wie schnell sind über UNSAS gemeldetes Personal sowie Ausrüstung und Material für eine potentielle VN-geführte Mission verlegbar und de facto verfügbar, und inwiefern hält die Bundesregierung diese Zeiten für angemessen ? Welche Probleme hat es hier in der Vergangenheit gegeben (bitte für jede Mission einzeln aufschlüsseln)? Bei der Umsetzung der im Rahmen des UNSAS angezeigten Fähigkeiten sind die gegenüber den VN benannten Reaktionszeiten maßgeblich. Im Einzelnen: Lufttransport Reaktionszeit: 30 Tage Landtransport 30 Tage Medizinische Unterstützung 30 Tage Pionierunterstützung 30 Tage Kommunikation 30 Tage Schutzkräfte 30 Tage Marinekräfte 30 Tage Militärbeobachter 30 Tage Militärpolizei/Feldjäger 15 Tage Personalunterstützung für Stabsaufgaben 15 Tage Es gab nach Aktenlage zwei Anfragen der VN an Deutschland mit Bezug auf die im Rahmen des UNSAS angezeigten Fähigkeiten. – Eine Anfrage nach Hubschrauberkräften (2002). – Eine Anfrage nach Transporteinheit und Hubschrauberkräften (2007). In beiden Fällen hat Deutschland die angefragten Fähigkeiten aufgrund der Bindung in anderen Einsätzen, insbesondere Afghanistan, nicht zur Verfügung stellen können. 11. Wie viele Anfragen haben die VN seit dem Jahr 2006 an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet, in denen es um die Unterstützung mit Personal (zivil, polizeilich und militärisch), Material oder Ausrüstung für VN-geführte Missionen ging (bitte nach Jahr, Mission, Gegenstand und Umfang der Anfrage aufschlüsseln)? a) In welchen Fällen hat die Bundesregierung einer Anfrage der VN auf Unterstützung nicht oder nicht in vollem Umfang entsprochen, und warum (bitte jeweils einzeln aufschlüsseln)? b) Wurden sämtliche Anfragen an die Bundesregierung im Rahmen von UNSAS gestellt, oder wurde und wird zusätzlich auf andere Möglichkeiten zurückgegriffen, um Personal, Material und sonstige Ressourcen seitens der VN bei der Bundesrepublik Deutschland anzufragen? Wenn ja, welche sind das? Die Antwort zu den Fragen 11, 11a und 11b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Internationales ziviles Personal rekrutiert das Sekretariat der VN unmittelbar über die bei den VN bestehenden Personallisten. Bei zusätzlichen konkreten An- fragen, die unmittelbar an Deutschland gerichtet werden, wird geprüft, ob das Drucksache 18/2774 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) geeignete Kandidaten benennen kann, die dem Sekretariat der VN vorgeschlagen werden können. Die Generierung von Polizei- und Militärkräften sowie Material für Friedensmissionen der VN erfolgt auf unterschiedliche Weise und in der Regel nicht über UNSAS. Ausgangspunkt sind Resolutionen des VN-Sicherheitsrats, mit denen die jeweilige Mission eingerichtet wird. Sie enthalten üblicherweise einen generellen Aufruf an die Mitgliedstaaten, sich mit Personal und Material zu beteiligen . Daneben gibt es formelle Einzelanfragen der VN zu Polizei- und Militärkräften sowie Material für bestehende Missionen, die meist an mehrere Mitgliedstaaten , darunter ggf. auch Deutschland gerichtet werden. Das Sekretariat der VN richtet meist informelle Vorabanfragen an Mitgliedstaaten, um zu prüfen , ob die gewünschten Kapazitäten grundsätzlich zur Verfügung stehen. Den VN ist in der Regel allgemein bekannt, über welche Fähigkeiten, für die Bedarf in VN-Friedensmissionen besteht, die VN-Mitgliedstaaten grundsätzlich verfügen . Deutschland hat die Anfragen zur Fortsetzung der Beteiligung an den Missionen UNAMID, UNMISS, UNIFIL, MINUSMA (mandatspflichtig) sowie UNAMA, UNMIL, MINURSO (nicht mandatspflichtig) positiv beantwortet. Zwei kurzfristigen Einzelpersonalanfragen für die Mission in der Demokratischen Republik Kongo MONUSCO wurde nicht entsprochen, da hierfür ein Bundestagsmandat erforderlich gewesen wäre. 12. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung auf der Ebene der Europäischen Union für den Aufbau einer Standby-Truppe ein, die im Bedarfsfall für Friedensmissionen der VN militärische Kräfte sowie Ausrüstung und Material zur Verfügung stellen könnte? a) Hat es hierzu bereits Gespräche zwischen der Europäischen Union (EU), ihren Mitgliedstaaten und den VN gegeben, und wenn ja, wann, und mit welchen Ergebnissen? b) Wäre es aus Sicht der Bundesregierung vertretbar, militärisches Personal im Rahmen einer EU-Standby-Truppe dem Kommando einer VN-Friedensmission zu unterstellen, und wenn ja, unter welchen Bedingungen ? Wenn nein, warum nicht? c) Gibt es ähnliche Überlegungen für die zivile und polizeiliche Personalbereitstellung ? aa) Wenn ja, welche? bb) Wenn nein, warum nicht? Die Antworten zu den Fragen 12, 12a bis 12c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Zusammenarbeit der EU und den VN im Krisenmanagement basiert in erster Linie auf Komplementarität und der konkreten Zusammenarbeit in Krisengebieten , wie etwa in Mali zwischen den Missionen der Gemeinsamen Sicherheitsund Verteidigungspolitik der EU (GSVP) EUTM Mali und EUCAP Sahel Mali und der VN-Mission MINUSMA oder in der Zentralafrikanischen Republik, wo die militärische EU-Überbrückungsmission EUFOR RCA den Aufwuchs der VN-Mission MINUSCA unterstützt. Auf Arbeitsebene findet zwischen den VN- und EU-Krisenmanagementstrukturen ein nahezu täglicher Austausch zur Zusammenarbeit in einer Reihe von Krisengebieten statt. Mit dem EU-VN Steering Committee existiert ein Gremium, das sich regelmäßig auf hoher Beamtenebene trifft, um die EU-VN Zusammenarbeit zu stärken und die Unterstützung der friedenserhaltenden Maßnahmen der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2774 VN durch Instrumente der GSVP weiter auszubauen. Dieses Ziel wird von der Bundesregierung aktiv unterstützt. Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik wird in den nächsten Monaten zudem Verhandlungen mit den VN für einen Rahmenvertrag für die Zusammenarbeit im Krisenmanagement eröffnen. Ziel dieses Rahmenvertrages ist es, die konkrete Zusammenarbeit strukturell und vor Ort weiter zu stärken. Die konkreten Inhalte des Rahmenvertrages werden Gegenstand dieser Verhandlungen sein. Eine eigens für diesen Zweck eingerichtete StandbyTruppe der EU für VN-Friedensmissionen wird derzeit nicht diskutiert. Der Einsatz bereits existierender Krisenmanagementinstrumente der EU, wie etwa der schnellen Eingreiftruppen (EU Battlegroups), ist im Rahmen von VN-Operationen grundsätzlich möglich und bedürfte im konkreten Fall einer entsprechenden politischen Entscheidung. Militärische GSVP-Missionen werden stets im Rahmen von Resolutionen des VN-Sicherheitsrates tätig, eine direkte Unterstellung unter ein VN-Kommando erfolgt dabei nicht. Die Zusammenarbeit ziviler und polizeilicher GSVP-Missionen mit den VN erfolgt im selben Rahmen wie die der militärischen Missionen. 13. Welche Stellen der Bundesregierung sind im Falle einer Anfrage seitens der VN bei der Entscheidung über die Bereitstellung von Personal, Material oder Ausrüstung beteiligt, und wie viel Zeit benötigt die Bundesregierung für die Beantwortung einer Anfrage der VN? Einzelanfragen des Sekretariats der VN werden von der Ständigen Vertretung New York an das Auswärtige Amt weitergeleitet, das diese mit dem Bundesministerium der Verteidigung oder dem Bundesministerium des Innern prüft. Die Beantwortung erfolgt in der Regel innerhalb von maximal 14 Tagen. 14. Stellt das Gesetz über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz ) nach Auffassung der Bundesregierung eine Beeinträchtigung für die effektive deutsche Beteiligung an VN-geführten Friedensmissionen dar? a) Wenn ja, inwiefern (bitte detailliert darstellen)? b) Wenn ja, wurden vergangene oder laufende Missionen bereits durch die Mechanismen der Parlamentsbeteiligung beeinträchtigt, und wenn ja, inwiefern (bitte konkret nach Mission und jeweilig aufgetretenen Problemen aufschlüsseln)? Die Antwort zu den Fragen 14, 14a und 14b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Deutsche Bundestag hat bisher allen Beschlussvorschlägen der Bundesregierung zur Beteiligung bzw. Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an mandatierungspflichtigen VN-geführten Missionen zugestimmt. Einzelanfragen des Sekretariats der VN nach zusätzlicher Bereitstellung von Personal und Material kann die Bundesregierung dann entsprechen, wenn sie von einem bestehenden Mandat gedeckt sind. Falls die zusätzliche Bereitstellung von Personal und Material ein gesondertes Bundestagsmandat erfordern würde, wird von Fall zu Fall geprüft, ob eine Bundestagsbefassung und -entscheidung angemessen und verhältnismäßig ist, um solchen Anfragen des Sekretariats der VN entsprechen zu können. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz hat sich bislang grundsätzlich bewährt. Die Bundesregierung begrüßt, dass der Deutsche Bun- Drucksache 18/2774 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode destag eine Kommission eingesetzt hat, um zu prüfen, wie auch mit Blick auf die Zusammenarbeit mit den VN die Parlamentsrechte gesichert werden können. 15. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um – unter uneingeschränkter Wahrung der Parlamentsbeteiligung – die effektive deutsche Beteiligung an VN-geführten Friedensmissionen zu gewährleisten? Sofern eine entsprechende politische Entscheidung getroffen wird, ist eine effektive deutsche Beteiligung an VN-geführten Friedensmissionen auf der Grundlage der aktuellen Entscheidungsverfahren und rechtlichen Vorgaben gewährleistet . Die Bundesregierung prüft im Rahmen der regulären Verlängerungen der Bundestagsmandate für die Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an VN-geführten Missionen, ob diese ggf. dem Bedarf der Mission angepasst oder flexibilisiert werden sollten. Auch bei zukünftigen neuen Bundestagsmandaten ist das Ziel der Bundesregierung eine bedarfsgerechte und zugleich hinreichend flexible Formulierung. 16. Welche militärischen und zivilen Fähigkeiten sowie welches Material und welche Ausrüstung werden nach Kenntnis der Bundesregierung seitens der VN derzeit besonders benötigt und angefragt? Nach Kenntnis der Bundesregierung besteht in den Friedensmissionen der VN besonderer Bedarf bei sog. Schlüsselfähigkeiten, etwa in den Bereichen Logistik , Kommunikation, Aufklärung, Transport, Bau kritischer Infrastruktur/Pionierfähigkeiten und Bereitstellung von Anfangsbefähigungen. a) Inwieweit ist das notwendige Personal der Bundeswehr hinreichend für VN-Einsätze ausgebildet? Das in VN-Einsätze entsandte Personal der Bundeswehr wird gut vorbereitet und ausgebildet. Dazu tragen die am VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr und an der Führungsakademie der Bundeswehr durchgeführten VN-Ausbildungen maßgeblich bei. b) Welche spezifischen Fähigkeiten benötigen Bundeswehrangehörige, Polizistinnen bzw. Polizisten und Zivilexpertinnen bzw. Zivilexperten für VN-Missionen? Personal, das in VN-Missionen entsandt wird, sollte mit den besonderen Rahmenbedingungen der VN-Friedenssicherung vertraut sein. Dazu zählen die Kenntnis des jeweiligen Mandates, die Sensibilisierung für die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen, ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit, die Fähigkeit zum Handeln unter unerwarteten Bedingungen und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit im multinationalen Kontext. Deutsche Polizeivollzugsbeamte (PVB) werden im Rahmen der Mandate der VN in Friedensmissionen tätig. Die Hauptaufgaben der zivil-polizeilichen Komponente in VN Missionen liegen in der Förderung und dem Schutz von Menschenrechten sowie dem Wiederaufbau des staatlichen Sicherheitssektors. Der Schwerpunkt der Aufgaben der PVB liegt im Monitoring, in der Beratung und dem Training der Polizisten des Gastlandes. Hierzu bringen die PVB insbesondere die spezifischen Fähigkeiten, die sie in den Heimatbehörden erworben haben im Einsatzland unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen des Gastlandes ein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2774 c) Inwiefern verfügt die Bundeswehr über Material und Ausrüstung, die für laufende und etwaige geplante VN-Missionen von besonderem Interesse sind? Die Bundeswehr verfügt über Material und Ausrüstung, die für das gesamte potenzielle Einsatzspektrum geeignet sind. 17. Welche Kapazitäten in welchem Umfang und mit welcher Durchhaltefähigkeit könnte die Bundeswehr derzeit jeweils in den Bereichen Landund Lufttransport, sanitätsdienstliche Unterstützung, Fernmelde- und anteilige Sicherungselemente, Pionierfähigkeiten, Marinekomponenten zur Aufklärung, Überwachung und Minenabwehr, Militärbeobachter, Feldjäger sowie Personal zur Unterstützung von Stabsarbeit auf Anfrage der VN zur Verfügung stellen, und inwiefern wäre hier jeweils ausreichend einsatzbereites Material und einsatzbereite Ausrüstung verfügbar (bitte aufschlüsseln)? Die Bundeswehr verfügt grundsätzlich über die im Rahmen des UNSAS angezeigten Fähigkeiten. Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. Darüber hinaus bereitzustellende Fähigkeiten für VN-Missionen unterliegen einer Prüfung im Einzelfall. Zu berücksichtigen ist dabei jeweils die Bindung von Personal und Material in anderen, bereits stattfindenden Einsätzen. 18. Wie viele Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie sonstiges deutsches ziviles Personal wurden seit dem Jahr 2006 im VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg auf einen Einsatz im Rahmen von VN-geführten Missionen vorbereitet (bitte nach Jahr, Zugehörigkeit zu Streitkräften, Polizei oder sonstiger ziviler Einrichtung aufschlüsseln)? Aus technischen Gründen können für den Zeitraum zwischen 2006 und 2009 keine belastbaren Zahlen mehr ermittelt werden. Die verwendeten Angaben sind Annäherungswerte aufgrund der noch vorhandenen Datenbestände. Insgesamt ist eine nahezu gleichbleibende Anzahl an Teilnehmern über die Jahre des Betrachtungszeitraumes (2006 bis 2014) zu verzeichnen. Es werden keine deutschen PVB für ihren Einsatz in VN-Friedensmissionen in Hammelburg vorbereitet. Militärisches Personal als Military Observer und Military Liaison Officer insgesamt 618 deutsche und ca. 270 internationale Teilnehmer Polizei im Zusammenwirken mit Bundespolizeiakademie Lübeck und Hochschule der Polizei BW, Landesamt für Aus- und Fortbildung, NRW Ausbildung integriert für VNund EU-Missionen (keine unmittelbare Vorbereitung auf VN-Missionen) Ziviles Personal Im Zusammenwirken mit ZIF insgesamt 860 (Ausbildung integriert für VN-/EU-/OSZE-Missionen) Drucksache 18/2774 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Welche Lehrgänge, Schulungen und sonstigen Vorbereitungen werden jeweils für militärisches, polizeiliches und sonstiges ziviles Personal in welchem zeitlichen Umfang durchgeführt? Deutsche PVB, die für einen Friedenseinsatz vorgesehen sind, durchlaufen obligatorisch sowohl ein zweiwöchiges Basisseminar, als auch ein Vorbereitungsseminar für das konkrete Einsatzgebiet, in das sie entsandt werden sollen. Beim Vorbereitungsseminar variiert die Dauer je nach Einsatzgebiet zwischen fünf Tagen bis hin zu vier Wochen. Nach Abschluss des Einsatzes ist die Teilnahme an einem Nachbereitungsseminar (fünf Tage) ebenfalls obligatorisch. Darüber hinaus können die PVB weitere Trainings wahrnehmen, die zu einer intensiveren Vorbereitung auf den Einsatz in Friedensmissionen beitragen (z. B. „Mentoring and Advising“, „Women, Peace and Security“). Diese sind jedoch nicht obligatorisch. Das Curriculum des Basisseminars wurde durch die VN standardisiert und die in Deutschland durchgeführten Seminare, die nach den vorgegebenen VN-Standards durchgeführt werden sind durch die VN zertifiziert. Durch das VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr werden nachstehende Lehrgänge, Schulungen und sonstige Vorbereitungen für Einsätze im Rahmen von VN, EU, OSZE und NATO durchgeführt. Für die Ausbildung kann hier keine eindeutige Trennung zwischen VN-Einsätzen und anderen Einsätzen durchgeführt werden. Die Spezifika der Organisationen (VN, EU, OSZE, NATO) werden jeweils in der Ausbildung berücksichtigt. VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr: Lehrgänge/Schulungen/Ausbildung zur Einsatzvorbereitung Teilnehmer/Zielgruppe Thematik Häufigkeit Anmerkungen/Details/Dauer Militärisches Personal (bis zu 8 000 Teilnehmer im Jahr) Military Experts On Mission – Military Observers (MEoMMilObs ) 3× im Jahr (davon 1× nur deutsche Teilnehmer, 2× internationale Teilnehmer) 1× 6 Wochen (nur deutsche Teilnehmer; Anteil UN Military Observer Course im Ausland); 2× 9 Wochen – Modul Grundlagen (mit Ein- satzführungskommando); nur deutsche Teilnehmer – Modul Ergänzende Sanitätsausbildung ; nur deutsche Teilnehmer – Modul Erweiterte Sanitätsausbildung ; nur deutsche Teilnehmer – Modul Englisch für MEoM; nur deutsche Teilnehmer – Modul UN Military Observer Course; deutsche und internationale Teilnehmer Military Experts on Mission – Partnering, Mentoring and Advising (MEoM-PMA) 4× im Jahr (davon 1× internationale Teilnehmer) – Modul A (2Wochen in Englisch ) – Modul B (3 Wochen mit ressortübergreifendem Anteil mit ZIF und Bundespolizei und militärfachlichem Anteil ) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2774 Englisch für Multinationale Stäbe bis zu 3× im Jahr zwei Wochen Englisch für Patrouillenführer bis zu 4× im Jahr zwei Wochen mit Unterstützung US-Army Ausbildung „Train the Trainer for Peace Support Operations“ bis zu 3× im Jahr – Ausbildungsunterstützung für NATO Partner Nationen – Ausbildungsunterstützung für UN Department of Peacekeeping Operations – Ausbildungsunterstützung deutsche-binationale Vereinbarungen (z. B. Georgien, Mongolei, Äthiopien) Ausbildung der Ausbilder EAKK1 bis zu 4× im Jahr 2 Wochen (entfällt ab 2015) Auffrischungsausbildung EAKK bis zu 6× im Jahr 2 Wochen zur Aufrechterhaltung der Einsatzbefähigung für Stabs-/Unterstützungspersonal (entfällt ab 2015) Systembetreuer mobile Überwachungstechnik (Feldlagerschutz) bis zu 2× im Jahr 2 Wochen Systembetreuer Rundumbeobachtungsanlage (Feldlagerschutz) bis zu 2× im Jahr 2 Wochen Systembetreuer Bodensensorüberwachung (Feldlagerschutz) bis zu 2× im Jahr 1 Woche Systembetreuer Schützendetektionsanlagen (Feldlagerschutz) bis zu 2× im Jahr 1 Woche Leichenhygienische Maßnahmen 3× im Jahr 1 Woche mit Unterstützung Theo-Remmertz-Akademie Münnerstadt Fortbildung für MEoM – Militärische Unterstützung Sicherheitssektorreform (SSR) bis zu 2× im Jahr 1 Woche Fortbildung für MEoM – Militärische Unterstützung „Disarmament, Demobilization , Reintegration (DDR)“ bis zu 2× im Jahr 1 Woche Fortbildung für MEoM – Protection of Civilians (POC) bis zu 2× im Jahr 1 Woche Teilnehmer/Zielgruppe Thematik Häufigkeit Anmerkungen/Details/Dauer 1 Einsatzvorbereitende Ausbildung im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Drucksache 18/2774 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Teilnehmer/Zielgruppe Thematik Häufigkeit Anmerkungen/Details/Dauer Militärisches und ziviles Personal (Kooperationsausbildungen ) in Summe bis zu 30 Soldaten bei Gesamtumfang 160 im Jahr Women, Peace and Security bis zu 4× im Jahr 1 Woche in Zusammenarbeit mit ZIF und Landespolizeiakademie Baden Württemberg Mentoring bis zu 4× im Jahr 1 Woche in Zusammenarbeit mit ZIF und Bundespolizeiakademie (BPolAk) Lübeck Polizei Bis zu 250 Polizisten im Jahr EUPOL AFG German Police Project Team (GPPT) bis zu 8× im Jahr 1 Woche als Abschluss der Ausbildung der BPolAk Lübeck (+ 2 Wochen) Zivilpersonal Bis zu 650 Teilnehmer im Jahr Safety and Security für Journalisten bis zu 6× im Jahr 1 Woche in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse Safety and Security für Personal der GIZ bis zu 4× im Jahr 1 Woche Safety and Security für Personal des ZIF bis zu 4× im Jahr 1 Woche Safety and Security für Personal NGOs bis zu 5× im Jahr 1 Woche für NGOs (World Vision, Diakonie, Robert Bosch Stiftung, Mercator) Safety and Security für Personal unterstützender Firmen der Bundeswehr bis zu 2× im Jahr 1 Woche für Personal Thales, Airbus Defence Industries, Mobilitätszentrum Bundeswehr etc. (Personal, das im Rahmen der Bundeswehr-Einsätze z. B. Instandsetzung im Ausland aktiv ist) Hostile Environment Awareness Training (HEAT) EU bis zu 10× im Jahr 1 Woche für Personal des diplomatischen Dienstes der EU EEAS Brüssel Hostile Environment Awareness Training (HEAT) OSCE bis zu 1× im Jahr 1 Woche für Personal der OSZE Wien Hostile Environment Awareness Training (HEAT) OPCW bis zu 4× im Jahr 1 Woche für Personal der OPCW2 Den Haag Ausbildungsunterstützung für (GICHD) Geneva International Centre for Humanitarian Demining bis zu 2× im Jahr 2 Wochen für Multiplikatoren (Train the Trainer) 2 Organization for the Prohibition of Chemical Weapons. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/2774 b) Wie häufig erfolgt eine Auffrischung der Ausbildungsinhalte? Erfahrungen aus der permanenten Einsatzauswertung werden anlassbezogen in Aktualisierungen der Ausbildungsinhalte einbezogen. Darüber hinaus werden die Ausbildungsinhalte regelmäßig zweimal pro Jahr auf Aktualität untersucht und ggf. angepasst. Die Ausbildungsinhalte aller Trainings werden regelmäßig auf Relevanz und Aktualität evaluiert und entsprechend aktualisiert und angepasst. c) Wann, und in welchem Umfang erfolgt ggf. eine Einsatznachbereitung durch das VN-Ausbildungszentrum oder sonstige Stellen der Bundeswehr ? Am VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr erfolgt derzeit keine Einsatznachbereitung . Für Military Experts on Mission im Rahmen der VN führt das Einsatzführungskommando der Bundeswehr entsprechende Seminare durch. Für Personal im Rahmen weiterer Kontingente werden Nachbereitungsseminare durch die jeweiligen Leitkommandos/Leitverbände durchgeführt. 19. Welche Kriterien sind seit dem Jahr 2006 für die Entscheidung der Entsendung von Soldatinnen und Soldaten sowie Polizistinnen und Polizisten und sonstigem zivilen Personal in VN-geführte Missionen ausschlaggebend ? Ob die Bundesregierung die Beteiligung an einer VN-Mission anstrebt, wird auf politischer Ebene entschieden und durch das Kabinett beschlossen. Grundlegend hierfür ist die Frage, ob Deutschland über Fähigkeiten verfügt, die die Mission für eine erfolgreiche Umsetzung ihres Mandats benötigt, und ob eine Beteiligung sich sinnvoll in das gesamtpolitische Engagement Deutschlands in dem Einsatzland und der Region einpasst. Soweit es sich um einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes handelt, ist außerdem die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages erforderlich. Voraussetzung für den Einsatz von deutschen Polizeivollzugsbeamten in VN Friedenseinsätzen ist ein erreichbares und nachvollziehbares Ziel mit klarer Missionsstrategie und umsetzbaren Maßnahmen, insbesondere jedoch der Einsatz in einem sicheren Umfeld, eine zivile Befehlsstruktur sowie das Prinzip der Freiwilligkeit. 20. Bei welchen VN-geführten Missionen erwägt die Bundesregierung, entweder zusätzlich personelle und materielle Kapazitäten einzubringen oder überhaupt eine Beteiligung zu realisieren, und wie wird dies im Einzelnen begründet? Derzeit gibt es keine Überlegungen der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag eine Beteiligung an VN-geführten Missionen zur Entscheidung vorzuschlagen , bei denen Deutschland bisher nicht engagiert ist. Sollten sich die VN mit einer konkreten Anfrage an die Bundesrepublik Deutschland wenden, wird diese entsprechend geprüft werden. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. a) So die Bundesregierung ihr bisheriges Engagement im Rahmen laufender VN-geführter Missionen für ausreichend hält, wie stimmt dies dann mit den Äußerungen u. a. der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, überein, die in einem Interview mit der Deutschen Welle sagte: „Und ja, wir würden gerne der Bitte der Ver- Drucksache 18/2774 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode einten Nationen nachkommen und stärker in Führungspositionen reingehen , also eine Friedensmission in Afrika leiten.“ (Vgl. Deutsche Welle, Interview vom 20. Juni 2014)? Die Bundesregierung prüft regelmäßig Möglichkeiten der Beteiligung an internationalen Friedenseinsätzen auf der Grundlage eines von den VN artikulierten Bedarfs. Dies beinhaltet auch die potentielle Beteiligung an VN-Missionen einschließlich der Übernahme von Führungsverantwortung b) Aus welchen Gründen sprach sich die Bundesministerin der Verteidigung für ein stärkeres deutsches Engagement im Rahmen von VNgeführten Missionen in Afrika aus, welche sicherheitspolitischen Begründungen liegen dieser Aussage zugrunde, und welche Relevanz hat dies für ein etwaiges Engagement für VN-Missionen jenseits des afrikanischen Kontinents? Beteiligungen an VN-geführten Missionen erfolgen auf der Grundlage von Entscheidungen im Einzelfall. Bei der Frage, an welchen VN-geführten Missionen sich Deutschland beteiligen soll, ist für die Bundesregierung auch die Beurteilung der sicherheitspolitischen Lage maßgeblich. Die meisten der VN-geführten Missionen befinden sich derzeit in Afrika. Frieden, Sicherheit und Entwicklung in Afrika sind auch für die Stabilität Europas von Bedeutung. Das Engagement der Bundesregierung in Friedensmissionen außerhalb Afrikas bleibt ebenfalls wichtig. c) Welche konkreten Maßnahmen wurden unternommen oder werden geplant , um diese Ankündigungen umzusetzen (bitte einzeln aufschlüsseln )? Die deutsche Beteiligung an den VN-geführten Missionen in Afrika wird kontinuierlich überprüft und bei Bedarf angepasst. In Afrika beteiligt sich Deutschland derzeit an den VN-Missionen UNMISS (Südsudan), UNAMID (Darfur, Sudan), UNMIL (Liberia), MINUSMA (Mali) und an MINURSO (Westsahara). d) Auf welche konkrete Mission oder Region in Afrika bezog sich die Bundesministerin der Verteidigung mit dieser Ankündigung? Die Bundesministerin der Verteidigung hat eine generelle Prüfung angekündigt, wie die Bundesrepublik Deutschland zukünftig einer Bitte der VN nach einem Engagement an Friedensmissionen noch besser nachkommen kann. 21. Welchen Stand hat nach Kenntnis der Bundesregierung das Vorhaben der VN, ein schnell verlegbares Missionshauptquartier (RDMHQ) aufzubauen ? Der Bundesregierung sind keine aktuellen Vorhaben der VN zum Aufbau eines schnell verlegbaren Missionshauptquartiers (RDMHQ) bekannt. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 21c verwiesen. a) Wie gestaltet sich nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die geforderte Zielgröße mit Blick auf ein ziviles und militärisches Personal? Es wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/2774 b) In welcher Form beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland an der finanziellen und personellen Ausstattung des RDMHQ? Es wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. c) Welche Pläne verfolgen die VN nach Kenntnis der Bundesregierung mit Blick auf die Einsatzbereitschaft des RDMHQ, welche Position vertritt die Bundesregierung diesbezüglich, und welche Anstrengungen unternimmt sie entsprechend? Die Einrichtung eines Nukleus-RDMHQ wurde im Wesentlichen zwischen 1997 und 2000 in den VN verfolgt. Neben der Identifizierung von VN-Personal für einen temporären Einsatz im RDMHQ zum Aufbau einer neuen Mission sollte auch Personal der Mitgliedstaaten im Vorfeld ausgewählt und gemeldet werden. Im geringen Umfang waren Dienstposten vorgesehen, die jedoch innerhalb der VN-Organisation nicht gewonnen werden konnten. Im Rahmen von UNSAS wurde die Idee in anderer Form weiterverfolgt. Derzeit können aus dem VN-Sekretariat bis zu 15 Offiziere für die Aufbauphase einer Mission vorübergehend in ein neues Force Headquarters abgestellt werden. d) Wie steht die Bundesregierung zu der Idee, den VN unter Beachtung der Parlamentsbeteiligung eine eigene ständige Truppe zu unterstellen ? Diese Frage stellt sich für die Bundesregierung nicht, da keine entsprechenden Vorschläge vorliegen. e) Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den VN unter Beachtung der Parlamentsbeteiligung eine eigene ständige Truppe zu unterstellen (bitte begründen)? Für den Fall, dass entsprechende Konzepte auf Seiten der VN entwickelt werden sollten, wäre durch die Bundesregierung zu prüfen, ob unter Beachtung der Parlamentsbeteiligung eine Form der Kräftegenerierung analog dem im Rahmen von EU (EU Battle Groups) oder NATO (NATO Response Force) praktizierten Verfahren möglich ist. Dabei wäre zu berücksichtigen, dass die für Einsätze verfügbaren militärischen Ressourcen jeweils nur einmal verfügbar sind und nicht mehrfach assigniert werden können. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333