Deutscher Bundestag Drucksache 18/2791 18. Wahlperiode 09.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2556 – Ursachen der anhaltenden Investitionsschwäche in Europa und Lösungsoptionen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zahlreiche Forschungsarbeiten verweisen auf eine seit Jahren andauernde und anhaltende Investitionsschwäche in Deutschland und Europa. Zuletzt empfahl der Internationale Währungsfonds (IWF) Deutschland eine deutliche Erhöhung öffentlicher und privater Investitionen (IWF, www.imf.org/external/pubs/ft/ scr/2014/cr14217.pdf). Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e. V. (DIW) wies insbesondere auf mangelnde private Investitionen in der gesamten Eurozone hin (DIW, www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c. 469255.de/diw_econ_bull_2014-07.pdf). Diese seien im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone seit dem Jahr 2008 kumulativ um 4 Prozent gesunken. Die öffentlichen Netto-Investitionen, die in Deutschland schon seit Jahren negativ sind und das Staatsvermögen aufzehren, liegen seit dem Jahr 2013 auch für die Eurozone insgesamt unter der Nulllinie. Gleichzeitig ist die Staatsschuldenquote der Eurostaaten seit dem Jahr 2008 von durchschnittlich knapp 70 Prozent auf mittlerweile 94 Prozent gestiegen und konnte durch die Krisenpolitik der Europäischen Union (EU) nicht gesenkt werden. Laut der jüngsten Wirtschaftsdaten (www.spiegel.de vom 14. August 2014 „Nullwachstum“) stagniert die EU bei 0 Prozent Wachstum. Die Wirtschaft Deutschlands, Zyperns und Rumäniens schrumpfte im zweiten Quartal 2014 im Vergleich zum vorherigen Quartal, Frankreich stagniert und Italien rutscht in die Rezession. Die Industrieproduktion im Euroraum sank zwischen Mai und Juni 2014 um 0,3 Prozent, Spanien, Portugal und Griechenland verzeichnen einen Preisverfall und die Arbeitslosigkeit liegt in den Euroländern im Schnitt bei knapp 12 Prozent, in Griechenland und Spanien weiterhin bei über 25 Prozent. Die jüngsten, positiven Wachstumszahlen aus Spanien und die Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 7. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. rückläufige Arbeitslosenquote in einigen Programmländern lassen auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation hoffen, auch wenn nicht klar ist, ob es sich hierbei um eine stabile und nachhaltige Entwicklung handelt. Die Arbeitslosenzahlen bleiben auf einem erschreckend hohen Niveau und die Drucksache 18/2791 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode schwierige Situation in den Ländern kriegen die Menschen mit aller Härte zu spüren. Bisherige Maßnahmen, um der Investitionsschwäche in Europa entgegenzutreten , scheinen nicht wirkungsvoll genug gewesen zu sein, wobei die Gründe hierfür noch nicht gänzlich erfasst sind: Im Juni 2012 beschloss der Europäische Rat den sogenannten Pakt für Wachstum und Beschäftigung (siehe Ratsbeschluss vom 28./29. Juni, www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/ pressdata/en/ec/131388.pdf). Dieser umfasste u. a. eine Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Höhe von 10 Mrd. Euro. Dies sollte die Kreditvergabekapazität der EIB um 60 Mrd. Euro steigern und 180 Mrd. Euro zusätzliche Investitionen generieren. Bislang wurden planmäßig 9,16 Mrd. Euro Eigenkapital eingezahlt, wobei deren volle Hebelwirkung noch nicht ausgeschöpft wurde. Zusätzlich sah der Pakt vor, 55 Mrd. Euro der EU-Strukturfonds , die im mehrjährigen Finanzrahmen bereits vorgesehen, aber noch keinen konkreten Projekten zugeordnet waren, umzuleiten und zur Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einzusetzen. Auch wurden Mittel für das Instrument der „Projektanleihen “ bereitgestellt, deren Wirksamkeit im Rahmen einer zweijährigen Pilotphase getestet wurde. Angesichts der seit dem Ratsbeschluss gesunkenen Investitionen im Euroraum bleibt zu klären, welchen Beitrag die Instrumente des Paktes für Wachstum und Beschäftigung zur Investitionstätigkeit leisten konnten, welche Lehren man daraus ziehen kann und ob andere weitreichendere Maßnahmen notwendig sind, um die Investitionstätigkeit in Europa zu stärken. Lösungsvorschläge liegen vor: sie reichen von der Vervollständigung des europäischen Binnenmarkts für Dienstleistungen, über die Verbesserung der Wettbewerbsinstrumente , bis hin zur steuerlichen Förderung von Innovationen. Auch die Idee eines privaten Investitionsfonds innerhalb der EIB zur Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen stellen Forscher in den Raum. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der Euroraum hat in den vergangenen Jahren eine Staatsschuldenkrise erlebt, die in einigen Ländern mit tiefen Finanz- und Wirtschaftskrisen einherging. Die Krise hat umfassenden Reformbedarf in vielen Mitgliedstaaten offengelegt und war durch einen starken Einbruch des Vertrauens in die Schuldentragfähigkeit und die wirtschaftlichen Zukunftsperspektiven einiger Euro-Staaten gekennzeichnet . Die Doppelstrategie aus wachstumsfreundlicher Konsolidierung und Strukturreformen zur Überwindung der Krise hat eine wichtige Grundlage dafür gelegt, dass betroffene Euro-Länder wieder Vertrauen zurückgewinnen konnten. Die Eurozone und ihre Mitgliedstaaten stehen jedoch weiterhin vor großen Herausforderungen . Es gilt, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsperspektiven des Währungsraums und seiner Mitgliedstaaten nachhaltig zu stärken und gleichzeitig die erfolgreiche Konsolidierungspolitik fortzusetzen, um die Staatsschulden abzusenken. Investitionen spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, da sie die Wachstumsperspektiven einer Volkswirtschaft maßgeblich beeinflussen. Die Stärkung der in den vergangenen Jahren im Euroraum rückläufigen Investitionen – insbesondere durch die Umsetzung von notwendigen Strukturreformen – ist daher ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Stabilisierung des Euroraumes. Berücksichtigt werden muss allerdings auch, dass der Rückgang der Investitionen auch Teil eines notwendigen Anpassungsprozesses nicht nachhaltiger Entwicklungen – etwa von Marktübertreibungen im Immobilienbereich – in einigen Ländern ist. Im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind bereits eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, um sicherzustellen, dass KMU mit soliden Geschäftsmodellen für rentable Investitionsprojekte ausreichend Finanzierung erhalten. Über weitere mögliche Maßnahmen zur Investi- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2791 tionsstärkung findet aktuell in Europa eine intensive Debatte statt. Dabei gilt es, das übergeordnete Ziel der Stärkung des Wachstumspotenzials im Auge zu behalten . Zur Stärkung der Wachstumskräfte sind neben der Entwicklung des Kapitalstocks vor allem Strukturreformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Erhöhung der Beschäftigung notwendig. Deshalb gilt es, länderspezifisch Wachstumshemmnisse zu identifizieren und diejenigen Maßnahmen zu ergreifen , die am besten dazu geeignet sind, das Wachstumspotenzial nachhaltig zu steigern. Dies kann sowohl Strukturreformen an den Arbeits- und Gütermärkten als auch den Abbau unnötiger Bürokratie zur Förderung des Investitionsklimas oder die wachstumsfreundliche Ausrichtung der Steuersysteme umfassen . Nur mit einem umfassenden Ansatz kann die Eurozone ihre Wachstumskräfte dauerhaft stärken. Anhaltende Investitionsschwäche in Deutschland und der Eurozone 1. Sieht auch die Bundesregierung die von Prof. Marcel Fratzscher, Ph. D., (DIW) und anderen Forschungsinstituten benannte Gefahr einer langfristigen Stagnation in Europa mit hoher Arbeitslosigkeit (DIW, Pressemitteilung vom 2. Juli 2014, „Mit Wachstum aus der Krise: DIW Berlin schlägt europäischen Investitionsfonds vor“, oder auch Bruegel Policy Brief, April 2013, „Europe’s growth problem (and what to do about it)“)? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, welche Maßnahmen erachtet die Bundesregierung für notwendig , um dieser Gefahr entgegen zu treten? Die Europäische Union hat mit ihrer Doppelstrategie aus wachstumsfreundlicher Konsolidierung in Verbindung mit Strukturreformen wichtige Fortschritte bei der Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise erzielt (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung). Allerdings zeigen aktuelle Wirtschaftsdaten eine heterogene, zum Teil nur schwache wirtschaftliche Erholung, insbesondere im Euro-Währungsgebiet. Demnach bestehen gegenwärtig Abwärtsrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung, auch aufgrund geopolitischer Faktoren. Die mittel- und langfristige wirtschaftliche Entwicklung wird wesentlich davon abhängen, wie die weiterhin bestehenden Herausforderungen angegangen werden (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung). Aus Sicht der Bundesregierung rückt – nach der Überwindung der akuten Krise – nun die mittelfristige Wachstumsstrategie in den Fokus. Deren Kern muss sein, an der Stärkung des Vertrauens durch eine solide Haushaltspolitik sowie der Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumspotenzial durch Strukturreformen und bessere Rahmenbedingungen für Investitionen festzuhalten. So kann das Investitionsklima im Euroraum verbessert und die private Investitionstätigkeit gestärkt werden. 2. Teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerungen des DIW, dass ein wichtiger Beitrag für mehr Wachstum in der gesamten Eurozone eine größere Investitionstätigkeit in der Eurozone wäre (DIW, Pressemitteilung vom 2. Juli 2014, „Mit Wachstum aus der Krise: DIW Berlin schlägt europäischen Investitionsfonds vor“)? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, in welchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und welchen Bereichen erachtet die Bundesregierung mehr staatliche bzw. öffentliche Investitionen für notwendig? Die Investitionen in der Eurozone insgesamt sind in den letzten Jahren zurück- gegangen, wenn auch deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen . Deshalb sind Maßnahmen, die die Investitionstätigkeit stärken, wichtig Drucksache 18/2791 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode für die langfristigen Wachstumsperspektiven in der Eurozone. Daher setzt sich die Bundesregierung für eine Verbesserung des Umfelds für Investitionen in der Eurozone ein und ist hierzu im engen Kontakt mit den europäischen Partnern. Da die Herausforderungen jeweils von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sind, sollte es dabei um länder- und sektorspezifische Maßnahmen gehen. Der Fokus liegt dabei bei den privaten Investitionen, die den Großteil der Investitionstätigkeit ausmachen. Diese haben unter der krisenbedingten Unsicherheit der vergangenen Jahre gelitten. Ihr Rückgang ist jedoch auch auf die notwendige Korrektur von Übertreibungen etwa im Immobilienbereich in einigen Ländern zurückzuführen. Die Schaffung eines stabilen und wettbewerbsfähigen Umfelds für private Investitionen durch die notwendigen Strukturreformen und die glaubwürdige Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sind daher weiterhin die zentralen Elemente der Wachstumsstrategie der Eurozone. In Europa besteht unter anderem im Bereich der Verkehrs- und Energieinfrastruktur oder auch beim Ausbau schneller Kommunikationsnetze Investitionsbedarf , während auch vor dem Hintergrund niedriger Zinsen enorme Kapitalströme nach Anlagemöglichkeiten suchen. Es bleibt deshalb ständige Aufgabe, die Rahmenbedingungen daraufhin zu überprüfen, wie private Investitionen in diesen Bereichen gestärkt werden können. Vor dem Hintergrund der hohen öffentlichen Schuldenstände sind die Spielräume für öffentliche Ausgaben begrenzt. Es liegt dabei in der Verantwortung des jeweiligen Mitgliedstaats, durch die richtige Schwerpunktsetzung angemessene öffentliche Investitionen zu gewährleisten und eine adäquate Infrastruktur bereit zu stellen. 3. Teilt die Bundesregierung die Ansichten von Dr. Ferdinand Fichtner (DIW), dass die mangelnde Investitionstätigkeit in der Eurozone das Wachstum der Produktionsmöglichkeiten um 0,2 Prozentpunkte pro Jahr dämpft (DIW, Pressemitteilung vom 2. Juli 2014, „Mit Wachstum aus der Krise: DIW Berlin schlägt europäischen Investitionsfonds vor“)? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die Bundesregierung teilt die Einschätzung, dass die Höhe der Investitionen das Produktionspotenzial mitbestimmt. Eigene quantitative Schätzungen zur Eurozone insgesamt führt die Bundesregierung nicht regelmäßig durch. Aus Sicht der Bundesregierung müssen – vor dem Hintergrund der krisenbedingt stark angestiegenen öffentlichen Defizite und Schuldenstände – zusätzliche Investitionen allerdings wesentlich im Privatsektor generiert werden, um das Vertrauen in die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und die Stabilität nicht zu gefährden. Wichtigste Grundlage hierfür sind Strukturreformen, die das Investitionsklima im Euroraum verbessern und damit Anreize für private Investitionen schaffen. Notwendige Reformen in den jeweiligen Mitgliedstaaten werden im Rahmen der Länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Semesters identifiziert . Die EU-Finanzminister haben bei ihrem informellen Treffen in Mailand hierzu vereinbart, dass Vorschläge zur Weiterentwicklung der Länderspezifischen Empfehlungen, insbesondere mit Blick auf die Umsetzung von Strukturreformen , erarbeitet werden. 4. Teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerungen des DIW, dass zur Überwindung der seit 1999 anhaltenden Investitionsschwäche der EU, Instru- mente der Wettbewerbspolitik verbessert und stärker eingesetzt werden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2791 sollten sowie die Steuerpolitik investitionsfreundlicher gestaltet werden sollte? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen im Rahmen dieser Instrumente hat die Bundesregierung in ihr Arbeitsprogramm übernommen? Funktionierender Wettbewerb ist eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung in unserer Volkswirtschaft. Wettbewerb fördert Innovationen , eine optimale Allokation von Ressourcen und begrenzt wirtschaftliche Macht. Es ist eine Daueraufgabe der Politik, Wettbewerb zu gewährleisten und zu sichern. Der Studie ist insoweit im Ergebnis zuzustimmen, als sie die Notwendigkeit eines effektiven Wettbewerbsrechts bestätigt; Deutschlands Wettbewerbssystem wird im Allgemeinen als sehr gut bewertet. Allerdings wertet die Studie nur Daten von 1996 bis 2005 aus. Dadurch werden ganz wesentliche Änderungen des Wettbewerbsrechts nicht oder nur vermindert berücksichtigt. Insbesondere mit der Siebten (2005) und Achten (2013) Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen hat die Bundesregierung fortlaufend sichergestellt , dass in Deutschland ein zeitgemäßes Kartellrecht gilt. Deutschland verfügt über ein – auch international – wettbewerbsfähiges Steuersystem . Die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen sind günstig. Stabile und verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen schaffen Planungssicherheit und sichern die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. 5. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der anhaltenden Investitionsschwäche in Deutschland und in der Eurozone insgesamt und der geringen Inflationsrate im Euroraum bzw. den deflationären Tendenzen in Spanien? Welche finanz- und wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Die Inflationsrate eines Landes wird unter anderem durch die gesamtwirtschaftliche Aktivität im Inland bestimmt. Insofern ist davon auszugehen, dass auch das Volumen der Investitionen einen Effekt auf die Inflationsrate hat. Die Übertragungseffekte der wirtschaftlichen Aktivität eines Landes (etwa durch eine Erhöhung der Staatsausgaben) auf die Volkswirtschaften anderer Länder innerhalb der Eurozone sollten allerdings nicht überschätzt werden, wie eine Vielzahl von Studien zeigt (vgl. bspw. IWF Working Paper No. 13/210 „Trade Linkages, Balance Sheets, and Spillovers: The Germany-Central European Supply Chain“). Zu beachten ist außerdem, dass die niedrigen Inflationsraten, die gegenwärtig in vielen Mitgliedstaaten der Eurozone zu beobachten sind, auch auf die moderate Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln und Energie zurückzuführen und Ausdruck notwendiger Anpassungsprozesse zur Wiedergewinnung von verlorengegangener Wettbewerbsfähigkeit sind. Eine moderate Lohnentwicklung unterhalb des Produktivitätszuwachses, die in einigen Mitgliedstaaten notwendig ist, um den seit Gründung der Währungsunion bestehenden Trend steigender Lohnstückkosten umzukehren, hat temporär dämpfende Wirkungen auf das Preisniveau . 6. Was sind die Gründe dafür, dass sich die Bundesregierung für die Erreichung einer Investitionsquote über dem OECD-Durchschnitt (OECD – Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) keine zeitliche Vorgabe gegeben zu hat, obwohl sie laut der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke. (Bundestagsdrucksache 18/1435) dieses Ziel für erstrebenswert hält, die deutschen Investitionsquoten der Drucksache 18/2791 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode vergangenen Jahre als zu niedrig bezeichnet hat und die Finanzierungskonditionen zum derzeitigen Zeitpunkt außergewöhnlich günstig sind? Die Festlegung einer konkreten zeitlichen Vorgabe zur Erreichung des Zieles einer gesamtwirtschaftlichen Investitionsquote oberhalb des OECD-Durchschnitts erscheint nicht adäquat, da die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote nicht nur von den Investitionen, sondern auch von der Entwicklung der weiteren Verwendungsaggregate des Bruttoinlandsproduktes (die gemeinsam mit den Investitionen den Nenner des Quotienten bilden) beeinflusst wird (siehe Bundestagsdrucksache 18/1435, S. 12 bis 13). Die Bundesregierung strebt eine nachhaltige Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Investitionstätigkeit an. 7. Welche zusätzlichen Wachstumseffekte bzw. Investitionsimpulse über welchen Zeitraum erwartet die Bundesregierung durch die über die laufende Legislaturperiode getätigten a) Mehrinvestitionen in die Verkehrsinfrastruktur von 5 Mrd. Euro innerhalb dieser Legislaturperiode, b) der jährlichen finanziellen Entlastung der Kommunen, c) der Entlastung von Ländern und Gemeinden um 6 Mrd. Euro innerhalb dieser Legislaturperiode (Jahreswirtschaftsbericht 2014)? Die Bundesregierung hat zusätzliche Mittel für die genannten Maßnahmen im Zeitraum 2014 bis 2017 in Höhe von etwa 14 Mrd. Euro beschlossen. Die Bundesregierung erwartet aufgrund der Komplementarität der genannten Maßnahmen positive Wirkungen auf die privaten Investitionen. Die Höhe und zeitliche Verteilung der zusätzlichen Wachstumseffekte bzw. Investitionsimpulse ist jedoch nicht präzise quantitativ abschätzbar. In welchem Verhältnis öffentliche und private Investitionen empirisch zueinander stehen, war vielfach Gegenstand von Untersuchungen. Dabei kommen die Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen, wobei in der Mehrheit ein komplementäres Verhältnis zwischen beiden Größen festgestellt wird (siehe z. B. Forschungsbericht von ifo-Dresden im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie – BMWi – (ifo-Institut (2013): „Öffentliche Infrastrukturinvestitionen : Entwicklung, Bestimmungsfaktoren und Wachstumswirkungen“)). Der Bund entlastet Länder und Kommunen in vielfältiger Weise und eröffnet ihnen so Spielräume für zusätzliche Investitionen. Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beträgt die gesamte Entlastung im Zeitraum 2012 bis 2017 rund 30 Mrd. Euro. Die im Koalitionsvertrag festgelegte Unterstützung von Ländern und Kommunen durch den Bund bei der Finanzierung von Kinderkrippen, Kitas, Schulen und Hochschulen beträgt weitere 6 Mrd. Euro. Darüber hinaus entlastet der Bund die Kommunen in den Jahren 2015 bis 2017 um 1 Mrd. Euro jährlich. Inwieweit die Länder Entlastungen durch den Bund für Investitionen nutzen, liegt in deren eigener Verantwortung. 8. Wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahmen vor dem Hintergrund der Berechnungen der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung “, nach denen eine jährliche Unterfinanzierung der laufenden Erhaltung und nachholenden Sanierung der Verkehrsinfrastruktur in Bund, Ländern und Kommunen in der Summe von 7,2 Mrd. Euro (Unterfinanzierung auf Bundesebene von jährlich 3,2 Mrd. Euro für Bundesfernstraßen, Schienenwege sowie Wasserstraßen, auf Landesebene eine Unterfinanzierung von 750 Mio. Euro für Landesstraßen sowie auf kommunaler Ebene ein Defizit von 3,25 Mrd. Euro für Kreis- und Gemeindestraßen sowie für Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2791 den öffentlichen Personenverkehr, Bericht der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“) besteht? In der laufenden Legislaturperiode werden – wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD als prioritäre Maßnahme, die von der Verpflichtung einer Gegenfinanzierung ausgenommen ist, festgelegt – die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur im Bundeshaushalt um insgesamt 5 Mrd. Euro angehoben. Ab dem Jahr 2018 sind zusätzliche jährliche Investitionen in Höhe von 1,8 Mrd. Euro vorgesehen. Der Finanzplan des Bundes für die Jahre 2014 bis 2018 sieht also zusammen genommen zusätzliche Verkehrsinvestitionen in Höhe von 6,8 Mrd. Euro vor. Darüber hinaus wurde eine Ausweitung der Nutzerfinanzierung vereinbart. Verstärkte Nutzerfinanzierung ist insbesondere im Verkehrsbereich eine Möglichkeit, die zur Verfügung stehenden Investitionsmittel zu erhöhen . Für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-Bundesprogramm wird eine verlässliche Anschlussfinanzierung für die Zeit nach 2019 angestrebt und die Entflechtungsmittel wurden bereits bis einschließlich 2019 fortgeschrieben. Insgesamt leistet der Bund damit einen bedeutenden Beitrag zu einer Anhebung von Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und schafft Spielräume für neue Investitionen. 9. Wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahmen unter der Maßgabe, dass der Prozentsatz des BIP für Bildungsausgaben insbesondere im Primar - und Sekundarbereich gesteigert werden müsste, um Deutschlands wirtschaftliche Solidität auch für künftige Generationen zu erhalten (OECD)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die vom Bund vorgenommenen Entlastungen der Länder und Kommunen auch zu weiteren Investitionen der Länder in Bildung, insbesondere für Hochschulen, führen werden. 10. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den zusätzlichen Finanzierungsbedarf ein, um die (Verkehrs-)Infrastruktur auf dem jetzigen Stand zu erhalten , angesichts dessen, dass sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/1435) schreibt, die „zusätzlichen Investitionen in die verkehrliche Infrastruktur wirken weiterem Substanzverzehr entgegen“? Die Bundesregierung wird den Erhaltungsbedarf für die Bundesverkehrswege im Rahmen der (noch laufenden) Bundesverkehrswegeplanung 2015 festlegen. 11. Teilt die Bundesregierung die Berechnungen des IWF wonach Deutschland 14 Mrd. Euro mehr pro Jahr für Investitionen ausgeben könnte und sollte, und plant sie entsprechende Maßnahmen, bzw. in welcher Größenordnung sieht die Bundesregierung Nachholbedarf (Handelsblatt, www. handelsblatt. com/politik/konjunktur/nachrichten/wachstumschancen-iwffordert -mehr-deutsche-investitionen/10231930.html)? Die Bundesregierung sieht in der Stärkung der Investitionen in Deutschland eine zentrale wirtschaftspolitische Aufgabe. Der Bund verstärkt seine Anstrengungen in diesem Bereich. Die Investitionsausgaben steigen im Finanzplanzeitraum insgesamt leicht an. Allein die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur steigen von 10,8 Mrd. Euro im Jahr 2015 bis auf 11,9 Mrd. Euro zum Ende der Legislaturperiode an. Maßgeblich tragen dazu die im Koalitionsvertrag beschlossenen zusätzlichen Mittel in Höhe von Drucksache 18/2791 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5 Mrd. Euro bei. Überdies stärkt der Bund durch seine umfangreichen Entlastungsmaßnahmen von Kommunen und Ländern in den Bereichen Krippen , Kitas, Schulen und Hochschulen sowie Städtebau deren originäre Investitionskraft (vgl. auch die Antwort zu Frage 7). 12. Welche möglichen politischen Versäumnisse führten nach Ansicht der Bundesregierung dazu, dass die Nettoinvestitionsquote in die Infrastruktur seit dem Jahr 2003 negativ ist (Statistisches Bundesamt, Stand August 2013)? Vorübergehend negative Nettoinvestitionen lassen keinen unmittelbaren Schluss auf die Qualität der bestehenden Infrastruktur zu. Im internationalen Vergleich verfügt Deutschland über eine leistungsfähige Infrastruktur. Die vergleichsweise niedrigen Nettoinvestitionsquoten der Vergangenheit lassen sich zum Teil auf hohe Abschreibungen zurückführen. Diese sind eine Konsequenz der – in Folge der Wiedervereinigung – getätigten hohen Infrastrukturinvestitionen vor allem in Ostdeutschland. 13. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus der Tiefenanalyse der Europäischen Kommission für die unternehmerische Investitionsschwäche in Deutschland gezogen (bitte nach Art der Investition aufschlüsseln ), und welche konkreten Pläne hat sie zur Steigerung der unternehmerischen Investitionen in Deutschland (nach Wirtschaftsbereichen aufschlüsseln)? Die Bundesregierung hat im Nationalen Reformprogramm ausführlich zu der Tiefenanalyse der Europäischen Kommission Stellung genommen. Eine gesonderte Auswertung nach Investitionsarten hat sie dabei nicht vorgenommen. Vielmehr strebt sie eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Investitionen an. Aufgabe der Expertenkommission „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ ist es, konkrete Vorschläge hierfür zu erarbeiten. 14. In welchen Bereichen besteht nach Auffassung der Bundesregierung besonderer Handlungsbedarf hinsichtlich der Investitionsförderung, und seit wann liegen der Bundesregierung diese Erkenntnisse vor (nach Wirtschaftsbereichen aufschlüsseln)? Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur sichert die europäische und globale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte hat hier große Erfolge aufzuweisen, insbesondere bei der weitgehenden Vollendung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Deutschland verfügt derzeit über ein anerkannt dichtes und exzellentes Verkehrswegenetz, das zu erhalten und fortzuentwickeln eine zentrale Aufgabe der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik ist. Die Bundesregierung hat den fortbestehenden Aufgaben für die Verkehrsinfrastruktur mit ihren aktuellen Beschlüssen zur Haushalts- und Finanzplanung Rechnung getragen (vgl. Antwort zu Frage 11). Im Bereich der privaten Investitionen wird die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für Investoren verbessern, um junge, wachstumsstarke Unternehmen vor allem im High-Tech-Bereich zu unterstützen. Mit dem Hightech Gründerfonds steht ein gutes Instrument für die Frühphasenfinanzierung zur Verfügung, das auskömmlich fortgesetzt werden soll. Bereits jetzt sind die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau. Die Bundesregierung plant dennoch, die rechtlichen und steuer- rechtlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital weiter zu entwickeln und Deutschland als Fondsstandort attraktiver zu machen. Dazu hat das Bundeska- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2791 binett am 24. September 2014 beschlossen, den INVEST-Zuschuss für Wagniskapital steuerfrei zu stellen. Die Steuerfreistellung ist im Entwurf des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften enthalten (§ 3 Nummer 71 EStG-E). Auch neue Finanzierungsformen wie Crowdfunding („Schwarmfinanzierung“) brauchen einen verlässlichen Rechtsrahmen. Darüber hinaus erfolgt eine Unterstützung der Deutschen Börse darin, wieder mehr junge Wachstumsunternehmen in Deutschland an die Börse zu bringen. 15. Wie viel (in Mrd. Euro) mussten deutsche Unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren an Investitionen im Ausland durch Verluste abschreiben? Der Bundesregierung liegen keine Daten darüber vor, wie hoch die Verluste deutscher Unternehmen auf ihre Investitionen im Ausland in den vergangenen zehn Jahren waren. 16. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Wirtschaftsdaten für Deutschland und die EU insgesamt (siehe Vorbemerkung der Fragesteller), und welche Maßnahmen erwägt sie, sollte sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern? Die Konjunkturindikatoren zeichnen heute ein weniger freundliches Bild als beispielsweise noch im Frühjahr dieses Jahres. Gleichwohl besteht nach Einschätzung der Bundesregierung sowohl in Deutschland als auch im Euroraum insgesamt nach wie vor eine positive konjunkturelle Grundtendenz. Zur weiteren Stärkung der Wachstumskräfte setzt sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene dafür ein, an der Strategie aus wachstumsfreundlicher Haushaltskonsolidierung und besseren Rahmenbedingungen für Investitionen in Verbindung mit Strukturreformen festzuhalten. 17. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Schätzungen der Kapazitätsauslastungen durch die Europäische Kommission (http://epp. eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/product_details/dataset? p_ product_code=EI_BSIN_Q_R2), die zeigen, dass die Auslastungen in fast allen Ländern der Eurozone unter dem langfristigen Mittel liegen? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Erholung des Auslastungsgrads eine Voraussetzung für neue unternehmerische Investitionen wäre? Die angegebene Datenquelle bezieht sich lediglich auf die Kapazitätsauslastung in der Industrie. Ein umfassenderes Maß für die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung sind die Schätzungen der Europäischen Kommission zur gesamtwirtschaftlichen Produktionslücke. Die Europäische Kommission schätzt in ihrer Frühjahrsprognose vom Mai 2014, dass die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten im Jahr 2013 in den EU-28 bzw. der Eurozone mit einer Produktionslücke von 3,1 Prozent bzw. 3,3 Prozent des Produktionspotenzials noch deutlich unterausgelastet waren. Auf Basis der Frühjahrsprognose geht die Europäische Kommission jedoch davon aus, dass sich diese Produktionslücke in den kommenden Jahren langsam schließt und im Jahr 2015 nur noch 1,5 Prozent bzw. 1,8 Prozent des Produktionspotenzials betragen wird. Im Zuge dieser sich allmählich schließenden Produktionslücke rechnet die Europäische Kommission auch wieder mit einer deutlichen Steigerung der Investitionsquoten in Europa. Die Bundesregie- rung teilt diese Einschätzung. Drucksache 18/2791 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den ebenfalls von der Europäischen Kommission durchgeführten Unternehmensbefragungen (vgl. u. a. Europäische Kommission vom 14. November 2013 „2013 SMEsʼ Acces to Finance survey“), die zeigen, dass der Haupthinderungsgrund für Investitionen aus Sicht der Unternehmen in allen Ländern eine zu geringe Nachfrage ist? Durch welche Maßnahmen glaubt die Bundesregierung die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in der Eurozone steigern zu können? Nach einer Umfrage vom November 2013 ist die Nachfrage aktuell tendenziell ein stimulierender Faktor für Investitionen („European Commission investment survey“). In erster Linie sind die Mitgliedstaaten gefordert, günstige Bedingungen für Investitionen zu schaffen. Hinsichtlich geplanter Maßnahmen zur Steigerung von Investitionen wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. Zudem setzt sich die Bundesregierung gemeinsam mit ihren europäischen Partnern dafür ein, die Rahmenbedingungen für Wachstum und Investitionen im Euroraum weiter zu verbessern. 19. Wie sieht der genaue Zeitplan für die Arbeit der neu von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ aus, bis wann rechnet die Bundesregierung mit konkreten Ergebnissen, und wie verbindlich wird sie diese Ergebnisse noch in dieser Legislatur umsetzen? Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel hat am 28. August 2014 eine Expertenkommission aus Unternehmens- und Gewerkschaftsvertretern , Verbandsspitzen und Wissenschaft einberufen. Aufgabe der Expertenkommission ist die Entwicklung von Konzepten für die Finanzierung des Erhalts und Ausbaus der öffentlichen Infrastruktur, insbesondere durch die Mobilisierung von privatem Kapital sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Investitionen. Die Expertenkommission wird ihre Beratungen im vierten Quartal 2014 und ersten Quartal 2015 fortsetzen. Nach derzeitiger Planung wird die Kommission anschließend einen Bericht über mögliche Maßnahmen zur Stärkung der Investitionen in Deutschland vorlegen. Die wirtschaftspolitische Geeignetheit und Umsetzbarkeit dieser Empfehlungen wird von der Bundesregierung geprüft werden. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt und ein europäisches Investitionsprogramm 20. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen einer in den Krisenländern vorgenommenen Kürzung öffentlicher Ausgaben, einem Sinken der öffentlichen wie privaten Investitionen und ihre Folgen auf Wachstum und Beschäftigung? Die Entscheidung darüber, wie eine notwendige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte erbracht wird, d. h. welche Einnahmen erhöht und welche Ausgaben gesenkt werden, obliegt grundsätzlich den Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung spricht sich stets für eine „wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung “ aus, die insbesondere bei denjenigen Ausgabenkategorien Einsparungen vornimmt, die wenig oder sogar negativ zum Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft beitragen. In vielen Mitgliedstaaten der Eurozone bestehen Effizienzreserven, die durch Stärkung der „Qualität der öffentlichen Finanzen“ gehoben werden können, bei- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2791 spielsweise durch eine wachstumsfreundliche Umschichtung von Ausgaben oder eine Erhöhung der Effizienz von Steuersystemen. Es ist davon auszugehen, dass die Rückkehr des Vertrauens in die Eurozone, welche auch auf die durchgeführten Konsolidierungsmaßnahmen zurückzuführen war und mit deutlichen Rückgängen der Risikoaufschläge einherging, die privaten Investitionen gestützt hat. Zudem wurden auch die öffentlichen Haushalte durch die niedrigen Zinsen deutlich entlastet. 21. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi (Tagesanzeiger vom 25. August 2014 „Die drei Pfeile des Mario Draghi“), dass die Sparpolitik der Regierungen in der Eurozone gelockert werden müsse und besonders die starken Länder eine ausgabenfreundlichere Fiskalpolitik betreiben müssten? Die Bundesregierung teilt die Einschätzungen des Präsidenten der EZB, Mario Draghi, die er bei seiner Rede in Jackson Hole am 22. August 2014 geäußert hat (darauf bezieht sich der zitierte Artikel aus dem „Tagesanzeiger“), insbesondere insofern, dass Strukturreformen bspw. auf den Arbeitsmärkten eine notwendige Voraussetzung für die Stärkung des langfristigen Wachstums darstellen und dass eine Nicht-Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes verhängnisvoll wäre. Daneben hat EZB-Präsident Mario Draghi in seiner Rede eine Reihe von allgemeinen Aussagen zur Finanzpolitik getroffen, u. a. zur Qualität der öffentlichen Finanzen. Dabei hat er sich aber nicht zur Fiskalpolitik einzelner Länder geäußert. Darüber hinaus belegen Studien (z. B. des IWF), dass von einem fiskalischen Impuls in den „starken Ländern“ des Euroraums nur geringe Übertragungseffekte auf andere Mitgliedstaaten zu erwarten wären (vgl. Antwort zu Frage 5). Zudem ist gegenwärtig die Gefahr eines Vertrauensverlustes in die Eurozone insgesamt noch nicht vollständig gebannt. Ein derartiger Vertrauensverlust – verursacht z. B. durch einen Wiederanstieg der öffentlichen Verschuldung auf ein nicht nachhaltiges Niveau durch kreditfinanzierte Fiskalpolitik – könnte mit Kapitalabflüssen einhergehen, die die Refinanzierungssituation von Staaten und Unternehmen deutlich erschweren und das Wachstum stark belasten würden. 22. Hält die Bundesregierung bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage eine Situation für denkbar, in der eine drohende Deflation in Europa nur noch durch eine expansive Fiskalpolitik abgewendet werden kann? Hat die Bundesregierung Vorkehrungen für eine solche Situation getroffen ? Das Risiko eines dauerhaft sinkenden Preisniveaus, welches auch mit einer entsprechenden Anpassung der langfristigen Inflationserwartung einhergeht, ist derzeit für die Eurozone als Ganzes gering, da viele der zugrundeliegenden Ursachen für die aktuell niedrige (aber positive) Inflationsrate in der Eurozone temporärer Natur sind (bspw. die moderate Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln und Energie sowie die notwendigen Anpassungsprozesse zur Wiedergewinnung von Wettbewerbsfähigkeit in der Euro-Peripherie). Vielmehr wird – in Einklang mit den führenden nationalen und internationalen Institutionen sowie der EZB – mittelfristig ein moderater Anstieg der Inflationsrate im Euroraum erwartet . Drucksache 18/2791 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Zu welcher Erkenntnis ist die Bundesregierung in der Debatte des IWF um den Multiplikatoreffekt gekommen, wonach die wachstumshemmenden Effekte der Sparmaßnahmen in einzelnen Ländern des Euroraums größer waren, als ursprünglich prognostiziert, und welche politischen Schlussfolgerungen hat sie daraus abgeleitet? Die Debatte um den sogenannten Multiplikator-Effekt fiskalischer Konsolidierungen ist nicht abgeschlossen. Langfristig sind die Effekte aus Konsolidierungen in der Regel positiv, insbesondere für Volkswirtschaften mit hoher Verschuldung . Dies zeigen beispielsweise Studien von EZB und Europäischer Kommission . Andere Studien zeigen, dass kurzfristig negative konjunkturelle Effekte einer raschen Konsolidierung nicht ausgeschlossen werden können. Entscheidend ist aber auch die Qualität der Konsolidierung. Mit steigender Glaubwürdigkeit einer Konsolidierung werden im Allgemeinen auch kurzfristig negative konjunkturelle Effekte einer Haushaltskonsolidierung geringer (siehe auch BMF Monatsbericht vom Februar 2013). Deswegen hält die Bundesregierung die Fortsetzung eines wachstumsfreundlichen Konsolidierungskurses gepaart mit tiefgreifenden Strukturreformen für richtig. 24. Welche Faktoren bedingen nach Erkenntnissen der Bundesregierung neben Anpassungsprozessen im Immobiliensektor in einigen Euroländern (siehe Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 18/1435) die rückläufige Investitionsquote in der Eurozone , und welche Rolle spielt hierbei die niedrige Inflationsquote in der Eurozone bzw. spielen deflationäre Tendenzen in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union? Die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote wird von einer Vielzahl von strukturellen und konjunkturellen Faktoren, die auch länderspezifisch variieren können , und deren Zusammenspiel bestimmt, so dass hier keine abschließende Aussage getroffen werden kann. Dafür dass die gegenwärtig niedrige Inflationsrate verantwortlich für die rückläufige Investitionsquote ist, liegen der Bunderegierung keine Anhaltspunkte vor. Auch die Tatsache, dass die Investitionstätigkeit bereits im Jahr 2012 – bei deutlich höheren Inflationsraten – rückläufig war, deutet eher darauf hin, dass hier keine Kausalität vorliegt. 25. Durch welche Programme und in welcher Größenordnung (in Mrd. Euro) wären nach Erkenntnissen der Bundesregierung zusätzliche Investitionen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakt möglich? 26. Wurde nach Einschätzung der Bundesregierung die Flexibilität des Stabilitäts - und Wachstumspakts bisher vollständig ausgeschöpft, und wenn nein, warum nicht? 27. Sind die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorhandenen Spielräume nach Ermessen der Bundesregierung ausreichend, um mehr Investitionen zu ermöglichen , und wenn nicht, wie könnten weitere Spielräume geschaffen werden? 28. Unterstützt die Bundesregierung die Pläne Jean-Claude Junckers („Ein neuer Start für Europa: Meine Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel“ vom 15. Juli 2014 auf www.europa.eu), die Flexibilitätsmargen des Stabilitätspakts in Zukunft stärker ausnutzen zu wollen, um mehr Investitionen in Europa zu ermöglichen, und wenn ja, in welcher Hinsicht erachtet die Bundesregierung dieses für sinnvoll? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2791 31. Wäre ein Investitionsprogramm dieser Größenordnung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts möglich? Die Fragen 25 bis 28 und Frage 31 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist darauf ausgerichtet, dass die Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung gemäß Artikel 126 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, übermäßige öffentliche Defizite zu vermeiden, nachkommen. Die Europäische Kommission überwacht die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des öffentlichen Schuldenstands. Es obliegt der Europäischen Kommission, die Vorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspaktes auszulegen und anzuwenden. Eine explizite Flexibilität bei Investitionen sieht der Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht vor. Entscheidungen über die Höhe und Art von Investitionsausgaben in den öffentlichen Haushalten fallen in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten. Der Europäische Rat hat mehrfach die Mitgliedstaaten darin bestärkt, in ihren Budgets dem Aspekt der „Wachstumsfreundlichkeit“ stärkere Aufmerksamkeit zu schenken, gleichzeitig jedoch die Haushaltskonsolidierung beizubehalten. Der Europäische Rat vom 26./27. Juni 2014 hat zudem betont, dass „Strukturreformen , die das Wachstum steigern und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verbessern, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden [sollte], durch eine geeignete Bewertung der fiskalischen Maßnahmen und Strukturreformen unter optimaler Nutzung der in den geltenden Regeln des Stabilitäts - und Wachstumspakts enthaltenen Flexibilität.“ Die Bundesregierung unterstützt nach wie vor diese Ausrichtung. Die Stärkung von Investitionen in den nationalen Budgets unterliegt einer Abwägungsentscheidung , die jeder Mitgliedstaat im Rahmen seiner durch den Stabilitäts - und Wachstumspakt gesetzten quantitativen Budgetziele selbst vornehmen muss. 29. Unterstützt die Bundesregierung die Pläne Jean-Claude Junckers („Ein neuer Start für Europa: Meine Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel“ vom 15. Juli 2014 auf www.europa.eu), ein Investitionsprogramm in Höhe von 300 Mrd. Euro ins Leben zu rufen, um damit zur Reindustrialisierung Europas und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beizutragen, und hält die Bundesregierung das Programmvolumen für angemessen? 30. Handelt es sich bei diesem Investitionsprogramm nach Erkenntnissen der Bundesregierung um ein eigenständiges neues Programm mit zusätzlichen finanziellen Mitteln oder lediglich aus der Umwidmung bereits beschlossener Budgets, und wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung so ein Programm finanziert werden? 32. Besteht nach Einschätzung der Bundesregierung die Möglichkeit, mehr Investitionen in Europa in einer ähnlichen Größenordnung auch ohne Einrichtung eines solchen Programms zu gewährleisten, und wenn ja, welche (bislang nicht ausgeschöpften) Möglichkeiten stünden nach Auffassung der Bundesregierung hierfür zur Verfügung? Die Fragen 29, 30 und 32 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der designierte Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, hat im Rahmen seiner Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und demokrati- schen Wandel angekündigt, innerhalb der ersten drei Monate seiner Amtszeit im Drucksache 18/2791 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Kontext der Überprüfung der EU-2020-Strategie ein ehrgeiziges Paket für Beschäftigung , Wachstum und Investitionen zu präsentieren. Zur konkreten Ausgestaltung des Pakets sowie der Zusammensetzung des genannten Betrags von 300 Mrd. Euro in den kommenden drei Jahren, der durch öffentliche und private Investitionen erreicht werden soll, hat sich der Präsident der Europäischen Kommission noch nicht festgelegt. Eine umfassende Bewertung durch die Bundesregierung kann erst auf Grundlage konkreter Vorschläge erfolgen. Das Ziel des Kommissionspräsidenten, die Investitionstätigkeit in Europa zu stärken, wird von der Bundesregierung geteilt (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung). Die Bundesregierung teilt die vom designierten Kommissionspräsidenten JeanClaude Juncker dargelegte Auffassung, dass EU-Haushalt und Mittel der Europäischen Investitionsbank einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Investitionen liefern können. Mit dem neuen Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2014 bis 2020 wurde der EU-Haushalt stärker auf die Bereiche Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet. Insbesondere die Mittel für Forschung und Technologie wurden erhöht, im Vergleich zum vorherigen Finanzrahmen um 37 Prozent. Zudem stehen in den nächsten drei Jahren im Rahmen der Strukturund Kohäsionsfonds, des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und des Europäischen Meeres- und Fischereifonds knapp 200 Mrd. Euro zur Verfügung. Die Programme des neuen Mehrjährigen Finanzrahmens laufen in diesem Jahr erst an. Belastbare Aussagen über deren Ausschöpfung können daher bisher nicht getroffen werden. Für Ende des Jahres 2016 ist jedoch eine Überprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens vorgesehen. Auch haben die Finanzminister die Kommission und die Europäische Investitionsbank bei ihrem informellen Treffen am 12. und 13. September 2014 in Mailand gebeten, konkrete Projekte für Investitionen zu identifizieren, in Verbindung mit der Evaluierung von Vorschlägen zur Weiterentwicklung bisheriger Ansätze. 33. Wie viel der Mittel für die Regional- und Kohäsionspolitik aus dem verfügbaren Budget von 2014 bis 2020 wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (nach Mitgliedstaat und Fonds EFRE/ESF/CF aufschlüsseln) bereits abgerufen? Abrufe der im Finanzrahmen 2014 bis 2020 für die EU-Kohäsionspolitik zur Verfügung stehenden Mittel sind nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht erfolgt. Die für die Durchführung der EU-Kohäsionspolitik erforderlichen operationellen Programme werden derzeit von den Mitgliedstaaten bzw. Regionen erstellt und von der Europäischen Kommission geprüft und anschließend genehmigt . Insbesondere die Benennung der Verwaltungs- und der Bescheinigungsbehörden durch die Europäischen Kommission ist Voraussetzung dafür, dass Zahlungsanträge gestellt werden können. 34. Welchen Anteil haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Mittel aus der Regional- und Kohäsionspolitik am Gesamtanteil öffentlicher Investitionen (nach Mitgliedstaat und Fonds EFRE/ESF/CR aufschlüsseln)? Dieser Anteil variiert in den verschiedenen Mitgliedstaaten erheblich. Berechnungen für alle Mitgliedstaaten der EU stellt die Bundesregierung nicht selbst an. Sie ist dazu auf Angaben der Europäischen Kommission angewiesen. Aktuelle Daten der Europäischen Kommission ergeben sich aus dem 6. Bericht zur wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Kohäsion in Europa vom 23. Juli 2014. Folgendes Schaubild gibt einen Überblick zum Anteil der Mittel aus den Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/2791 Europäischen Strukturfonds (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung – EFRE –, Europäischer Sozialfonds – ESF – und Kohäsionsfonds inklusive nationaler Kofinanzierung) an den öffentlichen Investitionen in den Mitgliedstaaten im Zeitraum 2011 bis 2013: 35. In welchen Wirtschaftssektoren in Europa erachtet die Bundesregierung mehr öffentliche Investitionen für notwendig und sinnvoll? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 36. Welche finanziellen Mittel (in Mrd. Euro) wurden seit dem Jahr 2010 insgesamt von der EU für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bereitgestellt , und wieviel wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von welchen Mitgliedstaaten, und für welche konkreten Projekte bisher abgerufen ? Falls die Mittel nicht in vollem Umfang abgerufen wurden, worin sieht die Bundesregierung die Gründe hierfür? Zur Stärkung der Jugendbeschäftigung in Europa stehen den Mitgliedstaaten verschiedene Finanzinstrumente auf EU-Ebene zur Verfügung. Bei den finanziellen Mitteln aus europäischen Strukturfonds ist stets der Mehrjährige Finanzrahmen für die Zuweisungen und Ausgaben relevant. Da das Jahr 2010 mitten in der Förderperiode 2007 bis 2013 liegt, ist eine exakte Darstellung der bereitgestellten Mittel ab diesem Jahr nicht möglich. Für Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sind die finanziellen Mittel aus der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen und aus umgewidmeten Strukturfondsmitteln vorgesehen. Zudem können Mittel aus dem ESF für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit genutzt werden. 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Sl ov ak ia Li th ua ni a Hu ng ar y Bu lg ar ia La tv ia Po rt ug al Es to ni a Cz ec h Re pu bl ic Po la nd M al ta Ro m an ia Sl ov en ia Gr ee ce Sp ai n EU 2 7 Ita ly Cy pr us Ge rm an y Fi nl an d Fr an ce U ni te d Ki ng do m Be lg iu m Sw ed en Au st ria Ire la nd N et he rla nd s De nm ar k Lu xe m bo ur g Average 2011-2013Durchschnitt 2011-2013 a) Im Rahmen der Erstellung der Operationellen Programme für den ESF in der Förderperiode 2007 bis 2013 haben die einzelnen Mitgliedstaaten zu Beginn Drucksache 18/2791 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Förderperiode ihre individuellen Förderschwerpunkte (z. B. Jugendarbeitslosigkeit ) gemäß ihren regionalen Bedürfnissen festgelegt. Um Informationen über die Verteilung der ESF-Mittel z. B. für Jugendliche zu erhalten, müsste jedes einzelne Operationelle Programm der Mitgliedstaaten ausgewertet werden. Derartige Auswertungen liegen der Bundesregierung nicht vor. Ebenso besitzt die Bundesregierung keine Kenntnisse darüber, für welche konkreten Projekte die Mitgliedsstaaten Mittel aus dem ESF verwenden. Der Europäischen Kommission obliegt die Prüfung der Operationellen Programme und Genehmigung der Mittel. b) Für Maßnahmen aus der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen stehen insgesamt 6 Mrd. Euro (in Preisen 2011) bzw. 6,422 Mrd. Euro (in laufenden Preisen) zur Verfügung. Das Budget stammt zur Hälfte aus einer besonderen Mittelallokation „Beschäftigungsinitiative für junge Menschen“ und zur anderen Hälfte aus der ESF-Mittelallokation von Mitgliedstaaten mit förderungsberechtigten Regionen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, neben dem Mindestbetrag auch weitere ESF-Mittel für Maßnahmen im Rahmen der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen einzusetzen. Die besondere Mittelallokation für die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen in Höhe von insgesamt 3 Mrd. Euro (in Preisen 2011) bzw. 3,211 Mrd. Euro (in laufenden Preisen) verteilt sich wie folgt auf Mitgliedstaaten mit Regionen, in denen die Jugendarbeitslosigkeit mehr als 25 Prozent beträgt: Mitgliedstaat Förderfähige Regionen im Rahmen der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen Besondere Mittelzuweisung zugunsten der Jungendbeschäftigungsinitiative (in Mio. Euro, in Preisen 2011) Besondere Mittelzuweisung zugunsten der Jungendbeschäftigungsinitiative (in Mio. Euro, in laufenden Preisen) Österreich Nein – Belgien Ja 39,64 42,44 Bulgarien Ja 51,56 55,19 Kroatien Ja 61,82 66,18 Zypern Ja 10,81 11,57 Tschechische Republik Ja 12,71 13,60 Dänemark Nein – – Estland Nein – – Finnland Nein – – Frankreich Ja 289,76 310,16 Deutschland Nein – – Griechenland Ja 160,24 171,52 Ungarn Ja 46,49 49,77 Irland Ja 63,66 68,14 Italien Ja 530,18 567,51 Lettland Ja 27,1 29,01 Litauen Ja 29,69 31,78 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/2791 Mit der Einbindung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen in die Strukturen der ESF-Förderung unterliegt die Auszahlung von Mitteln aus der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen den umfassenden Regularien des ESF der Förderperiode 2014 bis 2020. Voraussetzung für einen Mittelabfluss ist ein von der Europäischen Kommission genehmigtes Operationelles Programm, das entweder nur aus Maßnahmen der Jugendbeschäftigungsinitiative (sog. YEI-OP) besteht oder auch die ESF-Maßnahmen enthält (ESF-OP). Ein Abfluss von Mitteln aus der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen erfolgt in Form von Vorschusszahlungen und durch Erstattungen . Inzwischen haben alle 20 berechtigten Mitgliedstaaten ihre Operationellen Programme zum Erhalt von Mitteln aus der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen eingereicht. Bisher wurden die Programme von Italien, Frankreich und Litauen von der Europäischen Kommission genehmigt, die Auszahlung einer ersten Tranche in Höhe von 1 Prozent an Frankreich und Italien ist erfolgt. Alle anderen Programme befinden sich derzeit noch in der Prüfung durch die Kommission. Laut der Europäischen Kommission sind insgesamt 34 OPs eingereicht worden. 27 von ihnen würden voraussichtlich noch im Jahr 2014 bewilligt. Dies entspräche 85 Prozent der Gesamtmittel des YEI. c) Den Mitgliedstaaten stehen darüber hinaus finanzielle Mittel aus umgewidmeten Strukturfondsmitteln der Förderperiode 2007 bis 2013 in Höhe von 21 Mrd. Euro zur Verfügung. Diese Mittel stellen von den Mitgliedstaaten nicht abgerufene Gelder aus der vergangenen Förderperiode dar und wurden eigens für die Förderung von Jugendbeschäftigung umgewidmet. Über die bisherige Verausgabung der Mittel liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Luxemburg Nein – – Malta Nein – – Polen Ja 235,83 252,44 Portugal Ja 150,2 160,77 Rumänien Ja 99,02 105,99 Slowakei Ja 67,43 72,17 Slowenien Ja 8,61 9,21 Spanien Ja 881,44 943,5 Schweden Ja 41,26 44,16 Niederlande Nein – – Vereinigtes Königreich Ja 192,54 206,1 Insgesamt 3 000,000 3 211,000 Mitgliedstaat Förderfähige Regionen im Rahmen der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen Besondere Mittelzuweisung zugunsten der Jungendbeschäftigungsinitiative (in Mio. Euro, in Preisen 2011) Besondere Mittelzuweisung zugunsten der Jungendbeschäftigungsinitiative (in Mio. Euro, in laufenden Preisen) Drucksache 18/2791 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Kreditnachfrage und -angebot 37. Betrachtet die Bundesregierung die weiterhin rückläufige Kreditnachfrage in der Eurozone, insbesondere in Frankreich, Italien und Spanien, sowie die stagnierende Kreditnachfrage Deutschlands als Problem, das staatliche Maßnahmen erfordert, oder als notwendigen Konsolidierungsprozess (DIW, „Schwache Preisentwicklung und Deflationsgefahr im Euroraum: Grenzen der konventionellen Geldpolitik“)? 38. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass die Kreditvergabestandards für KMU in Spanien, Italien, Frankreich und in der Eurozone insgesamt zwischen Anfang 2012 und Ende 2013 kontinuierlich verschärft wurden (DIW, „Schwache Preisentwicklung und Deflationsgefahr im Euroraum: Grenzen der konventionellen Geldpolitik“)? 39. Was sind nach Einschätzung der Bundesregierung die Gründe dafür, dass die Kreditzinsen für nichtfinanzielle Unternehmen in den Krisenländern trotz der Zinspolitik der EZB seit dem Jahr 2011 konstant zwischen 3,5 Prozent und 4 Prozent pendeln und damit deutlich über dem Niveau des Euroraums insgesamt und dem der Nichtkrisenländer liegen, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Zinsdivergenzen (DIW, „Schwache Preisentwicklung und Deflationsgefahr im Euroraum: Grenzen der konventionellen Geldpolitik“)? 40. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Anzahl der sogenannten Notleidenden Kredite in Zypern, Griechenland, Irland, Italien, Spanien und Portugal, deren Rückzahlung ungewiss ist, welche Risiken sieht sie damit verknüpft, und inwieweit beeinflusst dieses Problem die Kreditvergabe in den betroffenen Ländern? Die Fragen 37 bis 40 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach dem aktuellen Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen des Bank Lending Survey vom Juli 2014 war die euroraumweite Nachfrage nach Krediten über wichtige Kategorien (Unternehmen, Wohnungsbaukredite und Konsumentenkredite) nach Angaben der in die Umfrage einbezogenen Banken im zweiten Quartal 2014 steigend.1 Zudem haben sich die euroraumweiten Kreditvergabestandards im gleichen Zeitraum gelockert. Die aktuell positiven Umfragewerte und die gelockerten Kreditvergabestandards schlagen sich allerdings ebenso wie tendenziell sinkende Zinsen für Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen noch nicht in einer euroraumweiten Erhöhung der Kreditbestände nieder. Basierend auf der aggregierten Bilanz der monetären Finanzinstitute im Euro-Währungsgebiet (ohne Eurosystem) hat sich das euroraumweite Kreditvolumen gegenüber Ansässigen im Euro-Währungsgebiet im Juli 2014 verglichen zum März 2014 tendenziell leicht rückläufig entwickelt . Dies resultiert zum einen aus Wirkungsverzögerungen und zum anderen aus den in einzelnen Ländern immer noch hohen Kreditrisiken. Es kommt hinzu, dass in Ländern, bei denen im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise enorme Schulden aufgebaut worden sind, immer noch notwendige Konsolidierungsprozesse ablaufen. Wie erwähnt wurden die Kreditvergabestandards zuletzt gelockert. Die strengen Kreditvergabestandards 2012 und 2013 im Euroraum waren vor allem der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung geschuldet. Divergierende Kreditzinsen waren teilweise ein Spiegelbild der unterschiedlichen staatlichen Bonität. Zuletzt sind allerdings die Renditen von Staatsanleihen – auch als Folge der er- 1 https://www.ecb.europa.eu/stats/pdf/blssurvey_201407.pdf?da48b686a17b77a3521c30083610656f. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/2791 folgreichen Krisenbekämpfung – deutlich zurückgegangen. Parallel sind auch die Refinanzierungskosten der Banken gesunken. Die verbleibenden Zinsdivergenzen im gemeinsamen Währungsraum dürften daher Unterschiede im jeweiligen makroökonomischen Umfeld ebenso wie strukturelle Besonderheiten in den jeweiligen Bankensektoren reflektieren. Dabei kann es sich um wirtschaftliche Risikofaktoren wie etwa der Verschuldungsquote und schwachen Wachstumsaussichten sowie auf Seiten der Banken um notwendige Bilanzanpassungen handeln. In Bankbilanzen ist beispielsweise der hohe Bestand an notleidenden Krediten problematisch, wenn er zusammen mit einer eher geringen Eigenkapitalquote und einer schlechten Profitabilität auftritt. Übermäßige notleidende Kredite belasten das Eigenkapital und verringern die Risikobereitschaft seitens der Banken. Damit belasten sie auch grundsätzlich das Kreditangebot; wenn dies auf eine steigende Kreditnachfrage trifft, kann es zu Kreditversorgungsengpässen kommen. Die Lösung des Problems notleidender Kredite erfordert vor allem Transparenz und ausreichend Kapital, damit Verluste anerkannt und Risiken abgestoßen bzw. verkauft werden. Mit der laufenden Bilanzprüfung und dem Stresstest will die EZB als künftiger Aufseher diesen Prozess aktiv vorantreiben und beschleunigen. Die wichtigsten Maßnahmen gegen Kreditengpässe ist die Stabilisierung der Erwartungen bezüglich der wirtschaftlichen Perspektive. Das erfordert vor allem eine stetige, glaubwürdige Fortsetzung des Reformkurses und die Umsetzung notwendiger Strukturreformen. Mittelfristig kann zudem die Abhängigkeit von Banken reduziert werden, indem alternative Finanzierungsmöglichkeiten über den Kapitalmarkt geschaffen werden. Hierzu zählen z. B. Überlegungen, den Verbriefungsmarkt in Europa durch Schaffung hoher Qualitätsstandards zu stärken. Das kurzfristig größte Hindernis für die Finanzierung von KMU in Peripherieländern bleibt allerdings weiterhin das erhöhte Risiko der Kreditnehmer, d. h. der Unternehmen. Da zugleich KMU für Wachstum und Beschäftigung eine hohe Bedeutung haben, hat die Bundesregierung einigen Ländern eine Unterstützung bei der Finanzierung des Mittelstandes in Form von KfW-Globaldarlehen , die von der Bundesregierung mit Garantien unterlegt sind zugesagt. Bisher wurden entsprechende Maßnahmen mit Spanien, Irland und Griechenland durchgeführt. Im Einzelnen: ● Spanien: Im Sommer 2013 ist ein Globaldarlehen von der KfW an die spani- sche Förderbank ICO („Instituto de Crédito Oficial“) in Höhe von 800 Mio. Euro zur Unterstützung der Kreditfinanzierung des Mittelstandes in Spanien ausgereicht worden. Das Globaldarlehen ist mittlerweile in voller Höhe von den durchleitenden Geschäftsbanken an KMU vergeben worden. Für Eigenkapitalinstrumente hat die KfW an ICO Ende 2013 ein zweites Globaldarlehen in Höhe von 200 Mio. Euro vergeben. ● Irland: Irland hat ein Förderinstrument aufgebaut, das durchgeleitete Kredite an KMUs ausreichen soll. Hierfür stellt die KfW ein Globaldarlehen in Höhe von 150 Mio. Euro zur Verfügung. ● Griechenland: Im Mai 2014 wurde die „IFG – Greek SME Finance S.A.“ in Luxemburg gegründet. Die Gesellschaft soll Liquidität zur Finanzierung griechischer KMU zur Verfügung stellen. Sie wird durch eine Finanzierung Griechenlands und der KfW über je bis zu 100 Mio. Euro gespeist. Die Aufnahme der Fördertätigkeit soll ab Herbst 2014 erfolgen. Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank 41. Kredite in welcher Höhe wurden von der EIB bislang durch die Kapital- erhöhung um 9,16 Mrd. Euro bereitgestellt, bzw. konnte der angedachte Hebel von 6 : 1 auf das zusätzlich eingezahlte Kapital realisiert werden? Drucksache 18/2791 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die EIB hat in Folge der Kapitalerhöhung in Höhe von 10 Mrd. Euro im Jahr 2013 Kredite in Höhe von knapp 71 Mrd. Euro bereitgestellt. Das entspricht einem Anstieg von knapp 20 Mrd. Euro im Vergleich zu 2012. Die Bundesregierung rechnet für 2014 mit einem Ergebnis in ähnlicher Höhe. Im Hinblick auf das in Folge der Kapitalerhöhung auf drei Jahre (2013 bis 2015) angelegte erhöhte Ausleihvolumen von ca. 60 Mrd. Euro bewegt sich das Geschäft der EIB damit innerhalb des beabsichtigten Ergebnisses. 42. Welcher Anteil der im Ausgangsszenario durch die Kapitalerhöhung anvisierten Investitionen im Gesamtwert von 180 Mrd. Euro konnte bislang durch die Kapitalerhöhung in Höhe von 9,16 Mrd. Euro realisiert werden? 43. Falls der volle mögliche Hebel auf das zusätzliche Kapital in Höhe von 9,16 Mrd. Euro noch nicht realisiert wurde und/oder Investitionen in geringerer Höhe als die anvisierten 180 Mrd. Euro realisiert wurden, worin sieht die Bundesregierung die Gründe dafür? Die Fragen 42 und 43 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die EIB hat im Jahr 2013 Kreditverträge in Höhe von knapp 71 Mrd. Euro unterzeichnet und sich infolgedessen an Projektkosten von insgesamt 275 Mrd. Euro beteiligt. Die Hebelwirkung liegt somit höher als erwartet. Für 2014 erwartet die EIB ähnliche Ergebnisse. 44. Gibt es signifikante Unterschiede bezüglich der Anteile der durch die zusätzlichen Mittel bereitgestellten Kredite zwischen Programmländern bzw. Staaten, die sich im Verfahren übermäßiger Defizite befinden und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union? Falls ja, worin sieht die Bundesregierung die Gründe für die Unterschiede ? Signifikante Unterschiede bezüglich der Anteile der durch die zusätzlichen Mittel bereitgestellten Kredite zwischen Programmländern bzw. Staaten, die sich im Verfahren übermäßiger Defizite befinden und anderen Mitgliedstaaten sind nicht festzustellen. Spanien und Italien sind mit 14,9 Prozent bzw. 14,5 Prozent diejenigen Mitgliedstaaten, in denen sich die EIB im Jahr 2013 mit ihrem Jahresfördervolumen am stärksten engagiert hat. Hierauf folgen Frankreich mit 10,9 Prozent, Deutschland mit 10,4 Prozent, das Vereinigte Königreich mit 8,1 Prozent sowie Polen mit 7,9 Prozent. Zur Wahrung der Portfolioqualität und des AAA-Ratings der Bank fördert die EIB bei der Umsetzung der im Zuge des Pakts für Wachstum und Beschäftigung bereitgestellten Mittel auch weiterhin Projekte in AAA-Ländern. Die Kapitalerhöhung hat es der EIB ermöglicht, ihr Geschäft in Programmländern bzw. Staaten, die sich im Verfahren übermäßiger Defizite befinden, aufrechtzuerhalten und teilweise sogar auszubauen. Im Jahr 2013 konnte die EIB z. B. in Griechenland Kreditvereinbarungen in Höhe von 1,465 Mrd. Euro eingehen (2012: 550 Mio. Euro), in Portugal in Höhe von 950 Mio. Euro (2012: 870 Mio. Euro) oder in Spanien in Höhe von 10,616 Mrd. Euro (2012: 8,083 Mrd. Euro). Gleichzeitig hat die EIB aber auch in nahezu allen anderen EU-Mitgliedstaaten ihr Ausleihvolumen erhöhen können. Ähnliche Ergebnisse erwartet die Bank im Jahr 2014. Umleitung der Mittel in Strukturfonds 45. In welcher Höhe wurden die für den Zweck der Förderung von KMU und der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit in den EU-Strukturfonds umgeleite- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/2791 ten Mittel in Höhe von 55 Mrd. Euro von welchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgerufen? Falls die Mittel nicht in voller Höhe abgerufen wurde, welche Gründe waren nach Einschätzung der Bundesregierung hierfür ausschlaggebend? Der Pakt für Wachstum und Beschäftigung sieht die Möglichkeit für Mitgliedstaaten zur Umwidmung noch nicht gebundener EU-Strukturfondsmittel vor. Der Einsatz von Strukturfondsmitteln in Höhe von 55 Mrd. Euro bezog sich dabei auf wachstumssteigernde Maßnahmen bis zum Ende der Förderperiode. Für Umschichtungen von Strukturfondsmitteln muss ein Mitgliedstaat einen Programmänderungsantrag bei der Europäischen Kommission stellen. Andere Mitgliedstaaten haben dabei keinen Einfluss auf die nationalen Förderprogramme und auch keinen direkten Einblick in die konkrete Projektdurchführung . Im Strategiebericht 2013 zur Umsetzung der Programme 2007 bis 2013 führt die Europäische Kommission aus, dass zwischen dem Jahr 2007 und Ende des Jahres 2012 ca. 36 Mrd. Euro von einem thematischen Bereich zu einem anderen umgeleitet worden sind, um die drängendsten Herausforderungen zu unterstützen und bestimmte Interventionen zu stärken (darunter Förderung der KMU und Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit). Insbesondere die acht Mitgliedstaaten mit der höchsten Jugendarbeitslosigkeit hat die Europäische Kommission mit so genannten Aktionsteams bei der Reprogrammierung von Mitteln unterstützt. Die Kommission hat dem Europäischen Rat am 14./15. März 2013 über den Stand der Arbeiten dieser „Aktionsteams “ berichtet. Demnach wurden bis Anfang 2013 EU-Mittel in Höhe von 16 Mrd. Euro für Projekte zur Jugendbeschäftigung umgewidmet oder beschleunigt ausgezahlt, wovon nach Schätzungen der Kommission etwa 780 000 junge Menschen und 55 000 klein- und mittelständische Unternehmen profitieren sollen. Einzelheiten zu den in diesem Zusammenhang umgeleiteten Mitteln ergeben sich aus folgender Übersicht: Drucksache 18/2791 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Für weitere Einzelheiten zu erfolgten Umwidmungen von EU-Strukturfondsmitteln mit konkreten Beispielen zu Maßnahmen in den betroffenen Mitgliedstaat im Zusammenhang mit dem Pakt für Wachstum und Beschäftigung wird auf den Sachstandsbericht der Europäischen Kommission zu den „Aktionsteams gegen Jugendarbeitslosigkeit“ für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates am 14./ 15. März 2013 verwiesen. Hinweis: Die Umsetzung des Pakts für Wachstum und Beschäftigung kann für die Maßnahmen im Bereich der EU-Strukturpolitik noch nicht abschließend bewertet werden. Die Förderperiode der Jahre 2007 bis 2013 ist aufgrund der noch laufenden Mittelbindungsfristen (bis Ende des Jahres 2015 bzw. zum Teil Ende des Jahres 2016) noch nicht abgeschlossen. Als weitere Maßnahme wurde bereits im Jahr 2011 und erneut im Jahr 2013 die nationale Kofinanzierung für Krisenstaaten in der Förderperiode der Jahre 2007 bis 2013 erleichtert (Absenkung um zehn Prozentpunkte für einzelne Mitgliedstaaten ), um einen schnelleren Abfluss von Fördermitteln zu ermöglichen. 46. Welcher Anteil der durch die Fonds ausgezahlten Mittel entfiel nach Kenntnis der Bundesregierung auf die Förderung von KMU, welcher Anteil auf die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und ggf. welcher Anteil auf andere Zwecke? Falls Mittel für andere Zwecke zur Verfügung gestellt wurden, für welche, und in welcher Höhe? Siehe Antwort zu Frage 45. Projektbonds 47. Wie wurden die vorgesehenen Mittel für die Pilotphase der Projektbonds in Höhe von 230 Mio. Euro abgerufen? In welche Projekte und in welchen Ländern wurden Projektbonds eingesetzt ? In der Pilotphase (7. November 2012 bis 31. Dezember 2016) wird der Europäischen Investitionsbank als Partner der Europäischen Kommission bei der Entwicklung dieses neuen Risikoteilungsinstruments ein Betrag von 230 Mio. Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung gestellt. Das Instrument soll Projektgesellschaften die Möglichkeit geben, Projektanleihen zu begeben, die für Fremdmittelfinanzierungen über den Kapitalmarkt in den Bereichen der transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V), Energienetze (TEN-E) sowie Telekommunikations- und Breitbandnetze attraktiv sind. Die Pilotphase soll Interessenten ermöglichen, sich anhand konkreter Transaktionen mit dem neuen Instrument vertraut zu machen. Bisher wurden fünf Projekte (in Deutschland, Frankreich, Belgien, Großbritannien und Spanien) mithilfe von Projektbonds durchgeführt, und zwar wie vorgegeben in den Bereichen Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur ; dabei war es in drei Fällen erforderlich, eine Bonitätsverbesserung mit Hilfe von EU-Mitteln zu erreichen. Weitere drei Projekte (in Italien, Irland, Frankreich , alle im Bereich Verkehrsinfrastruktur) sind genehmigt und stehen vor der Umsetzung. Die EIB kann noch bis zum 31. Dezember 2014 neue Projekte genehmigen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/2791 48. Falls die für die Pilotphase der Projektbonds vorgesehenen Mittel in Höhe von 230 Mio. Euro nicht im vollen Umfang ausgeschöpft wurden, worin sieht die Bundesregierung die Gründe hierfür? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist der volle Betrag bei der Europäischen Investitionsbank gebunden. 49. Welcher Anteil der im Ausgangsszenario der Pilotphase anvisierten Investitionen im Gesamtwert von 4,5 Mrd. Euro konnte bislang realisiert werden ? Für die acht bereits genehmigten EIB-Projekte beträgt der Umfang der Bonitätsverbesserungsfazilität insgesamt 1,39 Mrd. Euro. Über den Umfang der damit getätigten Investition liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 50. Gab es hier signifikante länderspezifische Unterschiede in der Nachfrage nach dem Instrument? Wenn ja, worin sieht die Bundesregierung die Gründe dafür? Erkenntnisse zu Unterschieden in der Nachfrage wird die im Jahr 2015 vorliegende Evaluierung der Pilotphase liefern können. 51. Sind die Projektbonds nach Einschätzung der Bundesregierung auf Basis der Erfahrungen der Pilotphase ein Instrument, das insbesondere in Krisenstaaten wirksam die Investitionsschwäche bekämpfen kann? Falls ja, welcher finanzielle Umfang wäre nach Einschätzung der Bundesregierung hierfür angebracht? Die Bundesregierung wird das Instrument erst nach Vorlage der Evaluierung der Pilotphase bewerten können. Was den finanziellen Umfang für den Einsatz des Instruments nach Abschluss der Pilotphase angeht, ist dies vom Ausgang der Evaluierung abhängig. Allerdings legen die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 8. Februar 2013 in Nummer 7 einige qualitative Kriterien für die Verwendung des Instruments fest: „Unter Berücksichtigung des Finanzbedarfs für den Ausbau der Investitionen in Europa und des Ziels einer möglichst großen Hebelwirkung der aus dem EU-Haushalt geförderten Maßnahmen wird im Rahmen der Durchführung des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens ein breiterer Einsatz von Finanzinstrumenten , einschließlich projektbezogener Anleihen, erfolgen. Die Finanzinstrumente müssen nichtdiskriminierend funktionieren, auf ein oder mehrere spezifische politische Ziele der Union ausgerichtet sein, genau befristet sein, den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung entsprechen und die herkömmlichen Instrumente wie etwa Zuschüsse ergänzen. Die finanzielle Haftung der Union für diese Finanzinstrumente im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen darf den Betrag des entsprechenden Beitrags aus dem EU-Haushaltsplan nicht übersteigen und keine Eventualverbindlichkeiten für den Haushalt der Union entstehen lassen. Finanzinstrumente dürfen nur eingesetzt werden, wenn sie strengen Voraussetzungen nach Maßgabe der neuen Haushaltsordnung genügen . Eine Finanzierung aus dem EU-Haushaltsplan für die Zwecke von Finanzinstrumenten sollte nur in vertretbarem Umfang und bei einem damit verbundenen Zusatznutzen erfolgen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333