Deutscher Bundestag Drucksache 18/2861 18. Wahlperiode 14.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2681 – Auswirkungen der geplanten Pkw-Maut auf den Tourismus und den Einzelhandel in Grenzregionen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut „Infopapier zur Pkw-Maut/Infrastrukturabgabe“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 7. Juli 2014 soll ab 1. Januar 2016 in Deutschland eine Pkw-Maut als Infrastrukturabgabe eingeführt werden. Insbesondere grenznahe Regionen könnten durch eine Pkw-Maut, die grundsätzlich auch auf Landes- und Gemeindestraßen erhoben werden soll, stark belastet werden. Für viele deutsche Grenzregionen ist der Grenzraumtourismus ein zunehmend wichtiger Wirtschaftsfaktor. Insbesondere der Einzelhandel profitiert durch den Tages- und Einkaufstourismus aus dem grenznahen Ausland. Allein in Bayern könnten laut Berechnungen der Industrie- und Handelskammer Regensburg für Oberpfalz/Kelheim durch Einführung der Maut 51,8 Mio. Euro an Einzelhandelsumsatz verloren gehen. Viele Unternehmer in Grenzregionen warnen davor, dass die geplante Einführung einer Pkw-Maut zu einem Rückgang des Mobilitätsverhaltens in grenznahen Regionen führen könnte und somit zu negativen Auswirkungen auf den Tourismus in den Grenzregionen führen könnte. Zudem rechnen einzelne Unternehmen mit einem Rückgang an Investitionen in grenzüberschreitende Tourismusprojekte. Überdies könnte dies die grenzüberschreitende Zusammenarbeit negativ belasten und auch im Hinblick hierauf zu volkswirtschaftlichen Einbußen führen. 1. Wie grenzt die Bundesregierung Grenzregionen definitorisch von anderen Regionen ab, und welche Regionen im Bundesgebiet stellen nach dieser Definition eine Grenzregion dar (bitte kartographische oder tabellarische Ansicht der Regionen)? Eine einheitliche Definition des Begriffs „Grenzregion“ ist nicht bekannt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 10. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/2861 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Bedeutet die vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, am 12. September 2014 für Grenzregionen angekündigte mögliche Einführung von Ausnahmeregeln bei der Pkw-Maut (www.spiegel.de/politik/deutschland/maut-debatte-dobrindt-will-ausnahmenfuer -grenzregionen-a-991337.html, zuletzt abgerufen am 17. September 2014), dass die Bundesregierung davon ausgeht, dass Grenzregionen durch die Einführung einer Pkw-Maut negativ belastet werden? a) Falls ja, auf welche Berechnungen bezieht sich die Bundesregierung? b) Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Umsatzeinbußen für den Einzelhandel , die Gastronomie und das Hotel- und Gastgewerbe ein? c) Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen auf den Incoming -Tourismus aus Nachbarländern ein? Nein. 3. Welche konkreten Ausgestaltungen (Konzepte) zur Einführung von Ausnahmeregelungen bei der Pkw-Maut für Grenzregionen plant die Bundesregierung derzeit, und sollen alle Grenzregionen in Deutschland gleichermaßen unter eine solche Regelung fallen? Die konkrete Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe wird sich aus dem Gesetzentwurf ergeben. 4. Befindet sich die Bundesregierung mit den Einzelhandelskammern und dem Deutschen Tourismusverband in Gesprächen zu den Auswirkungen einer Pkw-Maut? Wenn ja, welche Treffen und Gespräche haben bisher stattgefunden (bitte um Auflistung), und wenn ja, welcher Diskussionsstand wurde erreicht? Gespräche aus diesem Anlass haben nicht stattgefunden. 5. In welche Höhe werden sich die Ausnahmeregelungen für Grenzregionen auf die Gesamteinnahmen durch die geplante Pkw-Maut auswirken? Mit welchen Mindereinnahmen rechnet die Bundesregierung konkret? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 6. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das tägliche Aufkommen an Grenzpendlern, die in Deutschland arbeiten (bitte nach einzelnen Regionen aufschlüsseln)? Zum Stichtag 30. Juni 2013 gab es in Deutschland 181 383 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Wohnort im Ausland (Pendler) [vgl. Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt in Zahlen, Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – Pendler nach Ländern, Nürnberg, Stichtag 30. Juni 2013]. 7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit das touristische Aufkommen in Grenzregionen insgesamt (bitte in absoluten Werten und relativ zum Gesamtaufkommen)? Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Incoming-Tourismus (durch Nachbarländer) in den einzelnen Grenzregionen, und in welchen Regionen ist das touristische Aufkommen besonders hoch? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2861 8. Wie viele Tagesgäste kommen nach Kenntnis der Bundesregierung pro Jahr aus den ausländischen grenznahen Regionen nach Deutschland, und wie viel geben diese im Durchschnitt pro Tag aus? 9. Wie viele Übernachtungen verzeichneten die grenznahen Regionen in den Jahren 2012 und 2013 nach Kenntnis der Bundesregierung? 10. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Grenzraumtourismus seit dem Jahr 2000 in den unterschiedlichen Grenzregionen quantitativ entwickelt? 11. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die wirtschaftliche Wertschöpfung durch Tourismus in Grenzregionen insgesamt ein, und wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Wertschöpfung seit dem Jahr 2000 entwickelt ? 12. Wie schlüsselt sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Wertschöpfung pro Jahr durch Grenzraumtourismus in den Branchen mit dem Tourismusbezug a) Einzelhandel, b) Gastronomiegewerbe und c) Hotel- und Gastgewerbe auf? 13. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Wertschöpfung im Lebensmitteleinzelhandel in grenznahen Regionen pro Jahr? Die Fragen 7 bis 13 werden gemeinsam beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 14. Welche bundeseigene Förderung kommt den Grenztourismus zugute, und welche europäischen Förderprogramme gibt es (bitte nach Förderprogramm , Höhe, Ressort und Laufzeit aufschlüsseln)? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie stellt mit dem Ziel, die Leistungs - und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tourismuswirtschaft zu steigern , jährlich rund 1,6 Mio. Euro zur Förderung von Projekten im Tourismus zur Verfügung. Die Ergebnisse dieser Projekte (z. B. „Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen“) können gegebenenfalls auch von Tourismusakteuren in grenznahen Gebieten genutzt werden. Die Projekte selbst sind aber weder unmittelbar noch mittelbar dem „Grenztourismus“ gewidmet. Eine Auswertung der Projekte unter diesem Aspekt erfolgt nicht. Bei den europäischen Förderprogrammen ist die Situation vergleichbar. So gibt es bei der europäischen territorialen Zusammenarbeit, die über den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung gefördert wird, keine dem Grenztourismus gewidmeten Programme. Inwiefern diese Programme mittelbar der Förderung des grenzübergreifenden Tourismus dienen, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Drucksache 18/2861 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen auf grenznahe Regionalflughäfen , wie beispielsweise Düsseldorf Weeze, bei dem 40 Prozent der abreisenden Flughafenkunden aus den Niederlanden kommen (www.wdr.de vom 19. November 2013 „Amsterdam statt Weeze“), ein? Es gibt keine flughafenspezifischen Erhebungen zu eventuellen Auswirkungen einer Infrastrukturabgabe. 16. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass die grenzüberschreitende interregionale Zusammenarbeit durch Einführung einer Infrastrukturabgabe negativ belastet wird? Die Bundesregierung sieht eine solche Gefahr nicht. Die Bewohner benachbarter Grenzregionen im Ausland werden rasch von der Möglichkeit Gebrauch machen , die im internationalen Vergleich günstige Jahresvignette zu erwerben. 17. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen auf Investitionen in grenzüberschreitende Tourismusprojekte ein? 18. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkung auf Besucherzahlen von grenznahen Ausflugszielen, wie Freizeitparks und Großveranstaltungen, ein? Die Fragen 17 und 18 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333