Deutscher Bundestag Drucksache 18/2922 18. Wahlperiode 14.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg), Dr. Franziska Brantner, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2680 – Umsetzung des nationalen Aktionsplans zur UN-Resolution 1325 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die UN-Resolution 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“ aus dem Jahr 2000 war ein Meilenstein zur Anerkennung der besonderen Auswirkungen von bewaffneten Konflikten auf Frauen und Mädchen. Sie wurde so zur Wegbereiterin einer geschlechtersensiblen Friedens- und Sicherheitspolitik. Die Vereinten Nationen (UN) haben ihren Anspruch auf eine bessere Beteiligung von Frauen in allen Phasen des Konfliktmanagements in weiteren Resolutionen (1820, 1888, 1889, 1960, 2106 und 2122) konkretisiert und diese um Anstrengungen zur Vermeidung geschlechtsspezifischer und insbesondere sexueller Gewalt ergänzt . Die Umsetzung obliegt jedoch den Mitgliedstaaten. Nationale Aktionspläne zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 sind ein sichtbares Zeichen dafür, dass sich UN-Mitgliedstaaten für die genannten Ziele einsetzen. Deutschland hat sich mit Verweis darauf, dass das Thema Gender ein „Mainstreamingthema“ sei, lange geweigert, einen Nationalen Aktionsplan zu erstellen. Erst im Jahr 2012 hat die Bundesregierung auf erfolgreichen Druck der Zivilgesellschaft und des Parlaments einen Nationalen Aktionsplan vorgelegt. Er soll die Bemühungen der Bundesregierung zur Umsetzung der Resolution 1325 noch stärker strategisch ausrichten und für einen kohärenten Ansatz sorgen. Im April 2014 legte die Bundesregierung indessen – in Kontinuität ihres bisherigen Berichtswesens – einen „Vierten Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Umsetzung von Resolution 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit“ vor. Gleichzeitig veröffentlicht die neue Führung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter Bundesminister Dr. Gerd Müller ein übersektorales Konzept „Gleichberechtigung der Geschlechter in der deutschen Entwicklungspolitik “, in dem eine Neuauflage des Genderaktionsplans im BMZ Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 10. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. angekündigt wird. Es ist folglich unklar, ob und wie die verschiedenen Maßnahmen zum Schutz von Frauen in Konflikten miteinander verknüpft sind. Auch über aktuelle Umsetzungsstände wurde bislang wenig bis gar nicht gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament kommuniziert. Drucksache 18/2922 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Seit 2004 berichtet die Bundesregierung regelmäßig über ihre Aktivitäten zur Umsetzung von VN-Sicherheitsratsresolution 1325 an den Deutschen Bundestag . Dies unterstreicht die Bedeutung und Ernsthaftigkeit, die Deutschland der Frauen-, Friedens- und Sicherheitsagenda der Vereinten Nationen beimisst. Im Dezember 2012 hat die Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung von Resolution 1325 verabschiedet. Deutschland folgt damit einer Empfehlung des ehemaligen VN-Generalsekretärs Kofi Annan. Die Bundesregierung begreift die Umsetzung der Resolution 1325 als Querschnittsthema , das bei Entscheidungen, Aktivitäten und Projekten ihrer Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik berücksichtigt wird. Dieser umfassenden Aufgabe trägt der im Dezember 2012 verabschiedete Nationale Aktionsplan der Bundesregierung Rechnung. 1. Was ist der Umsetzungsstand des nationalen Aktionsplans zur Umsetzung von Resolution 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen? a) Welche konkreten Maßnahmen in welchem finanziellen Umfang hat die Bundesregierung zur Umsetzung des nationalen Aktionsplans ergriffen (bitte nach Jahr, Maßnahme und Umfang auflisten)? b) Plant die Bundesregierung, den Aktionsplan nach Ablauf zu erneuern? Wenn ja, wie, und auf Grundlage welcher Erfahrungen? Wenn nein, warum nicht? c) In welchem Verhältnis steht der im Jahr 2012 erstellte Aktionsplan zum im Jahr 2014 veröffentlichten „Vierten Umsetzungsbericht“? Aufgrund ihres Sachzusammenhanges werden die Fragen zu 1a bis 1c gemeinsam beantwortet. Der Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung von Resolution 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gilt für den Zeitraum 2013 bis einschließlich 2016. Die Bundesregierung hat sich in diesem Aktionsplan selbst verpflichtet, dem Deutschen Bundestag nach Ablauf dieser Frist über die Umsetzung zu berichten. Der entsprechende Bericht wird an die Stelle des bisherigen, im Dreijahresrhythmus erstellten Berichts zur Umsetzung von Resolution 1325 treten, der dem Deutschen Bundestag im Mai 2014 letztmalig in der bisherigen Form als Vierten Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 1325 („Frauen, Frieden und Sicherheit “) vorgelegt wurde. Dieser Bericht enthält auch konkrete Maßnahmen, die unter dem im Dezember 2012 verabschiedeten Aktionsplan im Jahr 2013 durchgeführt wurden. Nach Ablauf des gültigen Aktionsplans wird die Bundesregierung eine Bewertung vornehmen und dem Deutschen Bundestag über die Umsetzung berichten sowie Entscheidungen zum weiteren Vorgehen treffen. 2. Findet eine Verknüpfung zwischen dem „Aktionsplan zur Umsetzung von Resolution 1325 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen“, dem „Aktionsplan zivile Krisenprävention“ sowie dem neu aufzulegenden Genderaktionsplan im BMZ statt, bzw. ist eine Verknüpfung geplant? Wenn ja, wie soll diese Verknüpfung konkret ausgestaltet werden? Wenn nein, warum nicht? Die Zielsetzungen von Resolution 1325, namentlich die aktive Einbindung von Frauen in allen Phasen der Konfliktprävention und Konfliktbewältigung sowie der Schutz von Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt und Vergewaltigung in bewaffneten Konflikten, sind Teil der zivilen Krisenprävention. Dies macht Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2922 der Nationale Aktionsplan 1325 in besonderer Weise sichtbar. Projekte der zivilen Krisenprävention berücksichtigen stets auch die Zielsetzungen des Aktionsplans 1325. Ein Schwerpunkt des für 2015 geplanten Entwicklungspolitischen Gender-Aktionsplans wird das Thema Frauen in Konflikten sein. Auch die dort geplanten Maßnahmen werden die Ziele und Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans 1325 angemessen berücksichtigen. 3. Hält es die Bundesregierung für geboten, Maßnahmen z. B. der Aids-Bekämpfung oder Reduzierung von Kindersterblichkeit grundsätzlich der Umsetzung der UN-Resolution 1325 zuzuschreiben? Wenn ja, wie geschieht dies? Wenn nein, gibt es klare Kriterien zur Trennung der humanitären Arbeit von gezielten Maßnahmen zur Umsetzung der Resolution 1325? Die Bundesregierung hält alle Maßnahmen, die dazu geeignet sind, die Ziele der Sicherheitsratsresolution 1325 zu erreichen, für relevant. Dazu können Programme zur HIV/AIDS-Bekämpfung in fragilen Staaten gehören, wenn diese Programme auch Maßnahmen zur Prävention sexueller Gewalt gegen Frauen enthalten. So wird im Vierten Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung von Resolution 1325 auch das Programm zur multisektoralen HIV/AIDS-Bekämpfung und zur Stärkung des Gesundheitssystems in der Demokratischen Republik Kongo erwähnt. Ein Schwerpunkt des Programms ist, Opfer von sexualisierter Gewalt zu unterstützen und ein System zu schaffen, um sexualisierte Gewalt zu bekämpfen. Maßnahmen zur Reduzierung von Kinder- und Müttersterblichkeit müssen nicht unbedingt der Umsetzung von Resolution 1325 zugeschrieben werden, können aber im Rahmen der humanitären Hilfe in Einklang mit den Zielen von Resolution 1325 stehen. Grundsätzlich orientiert sich humanitäre Hilfe an den humanitären Prinzipien und akuten Bedürfnissen. Sie ist nicht darauf ausgerichtet, Resolution 1325 umzusetzen, sondern unterstützt dies nur in einigen Fällen. Im Bereich der humanitären Not- und Soforthilfe der Bundesregierung ist ein geschlechterspezifischer Ansatz verankert. Das Förderkonzept fordert ein, dass den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Kindern in humanitären Krisen Rechnung zu tragen ist. 4. Welche Indikatoren hat die Bundesregierung erarbeitet, um eine Bewertung von Projekten in Bezug auf die Umsetzung von Resolution 1325 und ihre intendierte, nachhaltige Wirkung vor Ort vorzunehmen? Sowohl der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als auch die Europäische Union (EU) haben im Jahr 2010 Indikatoren zur Umsetzung der Resolutionen 1325 und 1820 entwickelt, die sich auf die Schwerpunkte Prävention, Beteiligung , Schutz, Wiederaufbau und Wiedereingliederung beziehen. Die Indikatoren der EU bauen auf den 2008 von der EU erarbeiteten vier Indikatoren zur Umsetzung des Arbeitsbereichs „Frauen und bewaffnete Konflikte“ der Aktionsplattform von Peking auf. Die Bundesregierung hat an ihrer Erstellung mitgewirkt . Sie können auch in die Bewertung von Projekten, die im Rahmen des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zu Resolution 1325 durchgeführt werden, einfließen. Einzelheiten enthält der Aktionsplan (Bundestagsdrucksache 17/11943). 5. Wie systematisch beeinflusst die UN-Resolution 1325 den Blick der deut- schen Außenpolitik, so wie es die Bundesregierung in der Einleitung des vierten Umsetzungsberichts schreibt? Drucksache 18/2922 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Welche Absprache und Koordination besteht zwischen den verschiedenen Ministerien? Der Vierte Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 1325 (Bundestagsdrucksache 18/1003) gibt einen Überblick über die Aktivitäten und Maßnahmen, die die Bundesregierung zur Umsetzung der Resolution 1325 im Zeitraum August 2010 bis Dezember 2013 im internationalen aber auch nationalen Rahmen durchgeführt hat. Darin werden sowohl das Engagement der Bundesregierung in den Vereinten Nationen, in der Europäischen Union, NATO (Organisation des Nordatlantikvertrages), OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und anderen internationalen Organisationen und Foren beschrieben als auch zahlreiche Projekte aufgeführt, die im Rahmen der Außenpolitik in Konfliktregionen gefördert wurden. An der Umsetzung der Resolution 1325 sind sechs Bundesressorts beteiligt, namentlich das Auswärtige Amt (AA), das Bundesministerium für Familien, Senioren , Frauen und Jugend (BMFSFJ), das Bundesministerium des Innern (BMI), das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Koordinierung und Verständigung über Umsetzungsmaßnahmen findet in einer vom AA einberufenen interministeriellen Arbeitsgruppe statt. 6. Inwiefern sind die im nationalen Aktionsplan der Bundesregierung angekündigten geschlechterspezifischen Fragen bereits bei den Indikatoren in Frühwarnsystemen berücksichtigt? Wie lauten die entsprechenden Indikatoren daraufhin? Die einzelnen Krisenfrühwarninstrumente der Ressorts weisen bezüglich der Einbeziehung geschlechterspezifischer Indikatoren unterschiedliche Umsetzungsstände auf. Die jährlich erstellte BMZ-Krisenfrühwarnung gibt den Gutachtern außerhalb des Multiple-Choice-Verfahrens in Fließtexten die Möglichkeit , auf geschlechterspezifische Fragen einzugehen. Der Ressortkreis Zivile Krisenprävention befasst sich regelmäßig mit den verschiedenen Frühwarninstrumenten der jeweiligen Ressorts der Bundesregierung, wobei auch geschlechterspezifische Fragen behandelt werden können. 7. Inwiefern werden lokale und regionale Fraueninitiativen, wie im nationalen Aktionsplan angekündigt, bereits unterstützt, und wenn ja, wie geschieht dies? Diverse Projekte der Bundesregierung mit Relevanz für die Umsetzung von Sicherheitsratsresolution 1325 werden in Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Frauenorganisationen durchgeführt. Der Vierte Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 1325 und die darin aufgeführte Projektliste enthalten weitere Details. Ein wichtiger Bestandteil der deutschen Entwicklungspolitik zur Umsetzung der Resolution 1325 ist es, lokale Fraueninitiativen in Kooperation mit Partnerorganisationen zu stärken. Dies erfolgt insbesondere im Rahmen von Programmen, die die Lebensgrundlagen von Ex-Kombattanten und Kombattantinnen und Flüchtlingen wieder herstellen und stabilisieren. Dazu gehört auch die Unterstützung von Überlebenden sexueller und geschlechtsbasierter Gewalt sowie von Opfern anderer Menschenrechtsverletzungen durch Rechtsberatung, Opferschutz und psycho-soziale Dienstleistungen. Die Bundesregierung unterstützt zudem Prozesse zur Aussöhnung, Vergangenheitsbewältigung und juristischen Aufarbeitung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2922 8. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um den Umstand zu ändern, dass es im Bereich „Partizipation“ bisher nicht gelungen ist, Frauen an Friedensverhandlungen zu beteiligen? Die Bundesregierung setzt sich für die stärkere Beteiligung von Frauen an allen Aspekten der Krisenprävention, Konfliktbewältigung und Friedenskonsolidierung ein. Informationen zu den internationalen Aktivitäten und Projekten der Bundesregierung zur Frage der Beteiligung von Frauen bei Friedensprozessen können dem Vierten Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 1325 entnommen werden (vgl. insb. Kapitel III., Nummer 3.3). Ein aktuelles Beispiel zur Stärkung der Partizipation von Frauen in Friedensverhandlungen ist die Veröffentlichung des Handbuchs „Promoting Women’s Participation in Peace Negotiations and Peace Processes“ im März 2014. Dieses Handbuch beinhaltet konkrete Empfehlungen für die Entwicklungszusammenarbeit , wie die Beteiligung von Frauen in Friedensverhandlungen und Friedensprozessen gefördert werden kann. Dabei werden Erfahrungen von Frauen aus Guatemala, Kolumbien, Südsudan, Burundi, Kenia, Afghanistan, Nepal und den Philippinen ausgewertet, die auf höchster politischer Ebene an Friedensverhandlungen teilgenommen hatten. 9. Aus welchen Haushaltstiteln werden Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit und von Frauen in Entwicklungsländern bereitgestellt , und wie hoch waren die Mittel jeweils in den Jahren 2014 und 2015 (bitte jeweils nach Umfang, Einzelplan, Titel und Gesamtvolumen auflisten )? Die Zielsetzung des BMZ im Hinblick auf eine geschlechtergerechte Entwicklungsfinanzierung und eine transparente Rechenschaftslegung durch Monitoring und Evaluierung bildet sich im Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2015 Einzelplan 23 in der bilateralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit in zweifacher Weise ab: Zum einen innerhalb der entwicklungspolitischen Vorhaben der Technischen Zusammenarbeit (Kapitel 23 01 Titel 896 03) und Finanziellen Zusammenarbeit (Kapitel 23 01 Titelgruppe 01) selbst; zum anderen im Sektorvorhaben „Gleichberechtigung und Frauenrechte fördern“ (Kapitel 23 01 Titel 896 03) der Durchführungsorganisation GIZ. Folgende Mittel wurden 2014 und werden für 2015 bereitgestellt: Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) 2014 (23 01 Titelgruppe 01): GG1 Kennung: 830,50 Mio. Euro GG2 Kennung: 40,00 Mio. Euro Technische Zusammenarbeit (TZ) 2014 (Titel: 23 01 896 03): GG1 Kennung: 982,08 Mio. Euro GG2 Kennung: 26,50 Mio. Euro FZ 2015 (2301Titelgruppe 01): GG1 Kennung: 1 030,12 Mio. Euro GG2 Kennung: 51,00 Mio. Euro TZ 2015 (Titel: 2301 896 03): GG1 Kennung: 1 053,81 Mio. Euro GG2 Kennung: 32,95 Mio. Euro Drucksache 18/2922 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Inwiefern und bis wann plant die Bundesregierung die Wiedereinführung der Zielgröße Gender im Einzelplan 23? Wenn keine Wiedereinführung geplant ist, warum nicht? Die Bundesregierung plant keine Wiedereinführung der Zielgröße Gender im Einzelplan 23. Seit ihrer Beendigung wird ein intensives Monitoring durchgeführt , um die geschlechtergerechte Entwicklungsfinanzierung sicherzustellen. Es wird zudem auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 11. Ist die Einführung eines systematischen Gender-Budgeting für den Bundeshaushalt und nach Kenntnis der Bundesregierung die Länderhaushalte geplant? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, ein systematisches Gender-Budgeting für den Bundeshaushalt einzuführen, da sie der Auffassung ist, dass es Aufgabe der Ressorts ist, bei der inhaltlichen Ausgestaltung der jeweiligen Fachpolitik gleichstellungspolitische Ziele und Gender-Wirkungen zu berücksichtigen. Entsprechend ist auch der Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern (Gender Mainstreaming) als durchgängiges Leitprinzip in § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien verankert. Der Bundeshaushalt beschreibt den finanziellen Rahmen der einzelnen Fachpolitiken und ermächtigt die jeweils zuständigen Ressorts zur Leistung der hierfür erforderlichen Ausgaben . Der Bundeshaushalt selbst schreibt aber weder geschlechtsspezifische Rollen- und Aufgabenverteilungen fest noch verändert er sie. Über die aktuellen Planungen der Länder in Bezug auf eine Einführung von Gender-Budgeting liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 12. Bis wann ist die Neuauflage des Genderaktionsplans im BMZ geplant? Die Neuauflage des Entwicklungspolitischen Gender-Aktionsplans ist für die erste Jahreshälfte 2015 geplant. a) Inwiefern ist im Rahmen der Erstellung ein Austausch mit der Zivilgesellschaft und dem Parlament geplant? Ein Austausch mit der Zivilgesellschaft hierzu besteht bereits und wird fortgesetzt . b) Bis wann ist eine Evaluation der Umsetzung des im Jahr 2012 ausgelaufenen Genderaktionsplans zu erwarten, und durch wen wird diese durchgeführt? Die Umsetzung des Entwicklungspolitischen Gender-Aktionsplans (2009–2012) wurde 2013 vom BMZ ausgewertet. An der Auswertung haben die Durchführungsorganisationen (GIZ und KfW) und die Zivilgesellschaft teilgenommen. Die Ergebnisse dieser Auswertung wurden der Zivilgesellschaft vorgestellt und mit ihr diskutiert. c) Inwiefern ist eine systematische Rechenschaftslegung, etwa in Form einer regelmäßigen schriftlichen Berichterstattung gegenüber Parlament und Zivilgesellschaft, geplant? Eine regelmäßige Berichterstattung ist geplant. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2922 d) Inwiefern sind für den Genderaktionsplan konkrete Ziele, klare Umsetzungsmechanismen und messbare Indikatoren geplant? Für den Entwicklungspolitischen Gender-Aktionsplan 2015–2018 sind Ziele, Umsetzungsmechanismen und Indikatoren vorgesehen. 13. Warum war die Bundesrepublik Deutschland nicht wie 79 andere Länder bei der Konferenz zur Beendigung von sexueller Gewalt in Konflikten vom 10. bis 13. Juni 2014 in London auf Ministerebene vertreten? Die Bundesregierung hat unter Leitung von Ministerialdirektorin Patricia Flor mit Unterstützung von Vertreterinnen und Vertretern des BMFSFJ, BMJV, BMZ und AA an der Konferenz teilgenommen. Der Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier hat sich der vom damaligen britischen Außenminister William Hague, UNHCR-Sonderbotschafterin Angelina Jolie sowie der VN-Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt Zainab Bangura entworfenen politischen Erklärung des Gipfels (Statement of Action) angeschlossen. Aus terminlichen Gründen war eine Teilnahme auf Ministerebene nicht möglich. 14. Wie bringt sich die Bundesregierung in den Peking-+20-Prozess ein? Auf der vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking wurde mit der Pekinger Erklärung und der Aktionsplattform eine umfangreiche Agenda zur internationalen Frauen- und Gleichstellungspolitik verabschiedet. 2015 jährt sich die Verabschiedung der Pekinger Aktionsplattform zum zwanzigsten Mal. Ziel ist, die aktive Teilhabe von Frauen und ihre volle und gleichberechtigte Mitwirkung an politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entscheidungsprozessen sicherzustellen. Die Umsetzung wird seit 1995 regelmäßig überprüft: Im Jahr 2000 durch die Sonder-Generalversammlung „Women 2000: Gender Equality, Development and Peace for the 21st Century“ und in den Jahren 2005 sowie 2010 durch die Frauenrechtskommission (FRK). Die weitere Überprüfung der Umsetzung des Peking-Prozesses obliegt der FRK, einer funktionalen Kommission des Wirtschafts - und Sozialrats (ECOSOC) der Vereinten Nationen. Deutschland ist Mitglied in der FRK. Zum 20-jährigen Jubiläum der vierten Weltfrauenkonferenz hat UN Women eine weltweite Kampagne gestartet, an der sich Frauen und Männer beteiligen können. Sie greift jeden Monat einen der zwölf kritischen Bereiche der Pekinger Aktionsplattform auf. Die Bundesregierung unterstützt die Kampagne u. a. über UN Women Nationales Komitee Deutschland e. V. in aktiver Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. Im Rahmen des internationalen Überprüfungsprozesses zur Umsetzung der Pekinger Aktionsplattform hat die Bundesregierung ihren Umsetzungsbericht im Juni 2014 vorgelegt. Der Bericht ist in deutscher und englischer Sprache öffentlich zugänglich (www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung, did=207688.html?view=renderPrint). Vom 6. bis 7. November 2014 findet auf Einladung der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa UNECE ein Regionaltreffen zu Peking+20 in Genf statt. Das Treffen steht unter dem Thema „Gleichstellung der Geschlechter und Stärkung von Frauen und Mädchen für nachhaltige Entwicklung in Europa“. Die 59. FRK vom 9. bis 20. März 2015 soll eine kurze handlungsorientierte Erklärung verabschieden. Die Bundesregierung wird sich in diesen Prozessen für ein klares Bekenntnis zu den Beschlüssen von Peking einsetzen. Im September 2015 plant UN Women ein „Global Leader’s Commitment Forum to Achieve Gender Equality and Women’s Empowerment“ auf Staats- und Regierungschef- Drucksache 18/2922 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ebene. Ziel ist, dass VN-Mitgliedstaaten sich selbst zu konkreten Maßnahmen verpflichten (z. B. zu Gesetzesänderungen, Initiativen). Die deutsche Ständige Vertretung in New York begleitet den Prozess als Mitglied der Freundesgruppe Peking+20. 15. Welche Position vertritt die Bundesregierung in Bezug auf das Thema Gender bei der Etablierung neuer nachhaltiger Umwelt- und Entwicklungsziele („Post-2015“-Prozess)? Die Bundesregierung hat sich stetig und erfolgreich für die Verankerung eines Oberziels zur Gleichstellung der Geschlechter und geschlechterspezifischer Aspekte (Gender Mainstreaming) sowie deren messbare Ausgestaltung in der Post- 2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung eingesetzt. Dies spiegelt auch das Eckpunktepapier der Bundesregierung vom Februar 2014 wider. Die Bundesregierung wird diese Position im kommenden intergouvernementalen Verhandlungsprozess beibehalten. 16. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass das Thema Gender ein „stand-alone goal“ bleibt? Wenn nein, warum nicht? Die VN-Generalversammlung hat im September 2014 einstimmig den Vorschlag der offenen VN-Arbeitsgruppe für Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGOWG ), an dessen Erarbeitung die Bundesregierung aktiv beteiligt war, zur hauptsächlichen Grundlage für die Integration von nachhaltigen Entwicklungszielen in die Post-2015-Agenda erklärt. Der Vorschlag enthält die Gleichstellung der Geschlechter als eines von 17 Zielen, sowie geschlechterspezifische Aspekte in anderen Zielen. Es wird zudem auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333