Deutscher Bundestag Drucksache 18/293 18. Wahlperiode 15.01.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/178 – Sanierung PCB-belasteter Gebäude Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In jüngster Zeit häufen sich Berichte über mit polychlorierten Biphenylen (PCB) belastete Schulen, Universitäten und Behörden. Die meist kostenträchtigen Sanierungen belasten die öffentlichen Haushalte in großem Umfang. So hat die Ruhr-Universität Bochum im Oktober 2013 beschlossen, die ingenieurwissenschaftlichen Gebäude komplett abzureißen und neu zu errichten; die Kosten liegen im dreistelligen Millionenbereich (vgl. WAZ, 25. November 2013: „Uni Bochum reißt Gebäude ab und baut sie formgleich wieder auf“). Im Pascal-Gymnasium in Münster werden trotz zweier Sanierungen in den 90erJahren weiterhin gefährliche PCB-Werte gemessen. Im November 2013 wurde eine erneute Entgiftung beschlossen, Kostenpunkt: 3,8 Mio. Euro (Westfälische Nachrichten, 13. November 2013, „Das Pascal muss erneut saniert werden“). Ähnliche Probleme gibt es an den Universitäten Erlangen, Bielefeld und Düsseldorf . PCB wurden seit dem Jahr 1929 großtechnisch hergestellt. Wegen ihrer speziellen elektrischen Eigenschaften und ihrer Nichtbrennbarkeit wurden sie zunächst in Transformatoren und Kondensatoren eingesetzt. Darüber hinaus verwendete man PCB als Weichmacher in Fugendichtungsmassen, aber auch in Farben, Lacken, Klebstoffen und als Flammschutzmittel in Deckenplatten. PCB sind persistente, sehr mobile Verbindungen, die sich aufgrund ihrer hohen Fettlöslichkeit entlang der Nahrungskette anreichern. Sie können das menschliche Hormonsystem, das Nervensystem und das Immunsystem schädigen, die Schilddrüse, Leber und Nieren angreifen und zur Unfruchtbarkeit führen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Substanzklasse jüngst in die Liste krebserzeugender Stoffe der Kategorie 1 hochgestuft (vgl. Lauby-Secretan, B. et al: „Carcinogenicity of polychlorinated biphenyls and polybrominated biphenyls “, Lancet Oncology, 2013). Weltweit wurden bis zum Jahr 1989 rund 1,3 Millionen Tonnen PCB hergeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 13. Januar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. stellt. Rund die Hälfte stammen aus den Fabriken des US-Konzerns Monsanto. Die deutsche Bayer AG liegt mit 160 000 Tonnen auf dem zweiten Platz. Die wichtigsten Handelsnamen von PCB waren Aroclor® (Monsanto), Clophen® und Elanol® (Bayer). Drucksache 18/293 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In Deutschland wurden „offene“ Anwendungen von PCB-haltigen Substanzen, wie etwa in Dichtungsmassen, Farben und Kunststoffen im Jahr 1978 verboten. Der Einsatz in vorgeblich „geschlossenen“ Systemen, wie Hydraulikölen und Transformatoren, erst im Jahr 1989. Mit Inkrafttreten der Stockholmer Konvention (2004) haben sich die ratifizierenden Staaten dazu verpflichtet, auf die Verwendung und Produktion von PCB zu verzichten. In Deutschland wurden allein in Fugendichtungen rund 20 000 Tonnen PCB verbaut. Mehr als die Hälfte davon befindet sich bis heute in den Gebäuden. Die Ausgasungen führen zu einer permanenten Belastung der Luft. Genaue Zahlen liegen nicht vor, da bislang keine Inventarisierungs- und Beseitigungspflicht besteht. Die Sanierungsdringlichkeit wird in Deutschland anhand der PCB-Konzentration in der Raumluft beurteilt. Die PCB-Richtlinien der Bundesländer erklären den Aufenthalt in Gebäuden für tolerabel, wenn die Konzentration unter einem Wert von 3 µg PCB/m3 liegt. Dieser Wert ist jedoch überholt. Er berechnet sich aus dem 1983 vom damaligen Bundesgesundheitsamt festgelegten TDI-Wert (Tolerable Daily Intake, Wirkstoffmenge, die bei lebenslanger täglicher Einnahme als medizinisch unbedenklich erachtet wird) von 1 µg PCB/m3 pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Aufgrund neuer toxikologischer Erkenntnisse hat die WHO jedoch im Jahr 2003 einen fünfzigmal niedrigeren Richtwert festgelegt (www.who.int/ipcs/publications/cicad/en/ cicad55.pdf). Eine Anpassung der deutschen PCB-Richtlinien erfolgte nicht. 1. Wie schätzt die Bundesregierung das Problem der PCB-Belastung in öffentlichen Gebäuden und die daraus resultierende gesundheitliche Beeinträchtigung der sich dort aufhaltenden Menschen ein? 2. Wie viele Kindergärten, Schulen, Universitäten und Behörden sind der Bundesregierung bekannt, in denen die PCB-Belastung gesundheitsgefährdende Konzentrationen erreicht? 3. Welche Untersuchungen hat die Bundesregierung zur PCB-Belastung bundeseigener Liegenschaften veranlasst, und welche Ergebnisse haben diese Untersuchungen ergeben (bitte auflisten)? 4. Bei wie vielen bundeseigenen Liegenschaften wurden PCB-haltige Baumaterialien verwendet, bzw. wie hoch schätzt die Bundesregierung den Anteil dieser Liegenschaften ein? Die Fragen 1 bis 4 werden gemeinsam beantwortet. Die Beantwortung der Fragen 1 bis 4 setzt eine systematische Untersuchung der PCB-Belastung in den in Rede stehenden Gebäuden voraus. Solche Untersuchungen wurden von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) im Hinblick auf den in ihrem Eigentum stehenden Bestand öffentlicher Gebäude bislang nicht durchgeführt. Dies würde vielmehr konkrete Hinweise auf PCBBelastungen voraussetzen, die der BImA nicht vorliegen. Verdachtsuntersuchungen ohne greifbare Hinweise auf PCB-Belastungen führt die BImA nicht durch. Für Kindergärten, Schulen, Universitäten und Landesbehörden ist die Bundesregierung nicht zuständig. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/293 5. Bei wie vielen bundeseigenen Liegenschaften, bei denen PCB-haltige Baumaterialien (z. B. Fugen, Anstriche) verwendet wurden, wurden diese vollständig entfernt, bei wie vielen Liegenschaften wurden andere Maßnahmen zur Reduktion der PCB-Belastung getroffen und welche, und bei wie vielen Liegenschaften wurden keine Maßnahmen eingeleitet (Angaben bitte in Zahl und Prozentsatz angeben)? 6. Wie hoch waren die Kosten, die für Sanierungsmaßnahmen zur Reduktion der PCB-Belastung von bundeseigenen Liegenschaften in den letzten zehn Jahren ausgegeben wurden, und um welche Sanierungsmaßnahmen handelte es sich dabei jeweils? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Hierüber liegen der Bundesregierung, und insbesondere der BImA, im Hinblick auf den in ihrem Eigentum stehenden Bestand keine Erkenntnisse vor. 7. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Kosten für Sanierungen PCB-belasteter öffentlicher Einrichtungen der Länder und Kommunen in den vergangenen zehn Jahren? Die Bundesregierung ist nicht zuständig und hat keine Kenntnisse. 8. Plant die Bundesregierung eine Untersuchungspflicht für öffentliche Gebäude einzuführen, durch die die PCB-Belastung der Bausubstanz überprüft wird? Wenn nein, warum nicht? Eine Untersuchungspflicht ist derzeit nicht geplant. Im Rahmen ihrer Vorbildfunktion für umweltschonendes und ressourceneffizientes Bauen hat die Bundesregierung allerdings im Juli 2013 mit der verbindlichen Einführung des Leitfadens Nachhaltiges Bauen auch Komplettmodernisierungen von Bundesgebäuden in die Bewertungsmethodik des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) einbezogen. Das BNB fordert hier u. a. eine systematische Erfassung von Schadstoffen. Anhand gutachterlicher Stellungnahmen zu möglichen Gebäudeschadstoffen ist ein Schadstoffkataster zu erstellen. Bei Verdacht auf PCB-Belastungen ist dies zu dokumentieren und es sind ggf. Messungen zu veranlassen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 4 verwiesen. 9. Wird die Bundesregierung eine Beseitigungspflicht bei gesundheitsschädlichen PCB-Konzentrationen in öffentlichen Gebäuden einführen? Wenn nein, warum nicht? Bereits jetzt gelten bei Kenntnis über vorhandene gesundheitsschädliche PCBKonzentrationen in öffentlichen Gebäuden die Regelungen des Bauordnungsrechts sowie die Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden. Es ist dabei wie bei allen anderen Schadstoffen bauteilscharf zu entscheiden, ob ein Entfernen von Primärquellen, ein räumliches Abtrennen oder eine Behandlung von Sekundärquellen erforderlich ist. Drucksache 18/293 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Schweden ein Kataster aller belasteten Gebäude sowie Vorschriften zum Umgang mit PCB-haltiger Bausubstanz aufgestellt hat? Wenn ja, welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dieser Maßnahme für Deutschland? Ja. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 11. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Empfehlung der WHO, die tägliche Aufnahme von dioxinähnlichen Substanzen, wie koplanaren PCB, auf 1 bis 4 Pikogramm pro Tag und kg Körpergewicht zu begrenzen? 12. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, damit die in Frage 11 genannten Empfehlungen der WHO in die jeweiligen Richtlinien der Länder aufgenommen werden? Die Fragen 11 und 12 werden gemeinsam beantwortet. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte (Ad-hoc AG IRK) der Innenraumlufthygiene -Kommission des Umweltbundesamtes und die Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden haben im Jahr 2007 einen Richtwert für dioxinähnliche PCB in Höhe von 5 pg WHO-TEQ/m3 in der Innenraumluft abgeleitet und eine gesundheitliche Bewertung dioxinähnlicher PCB in der Innenraumluft veröffentlicht. Sobald neue Empfehlungen vorliegen, überprüft die Ad-hoc AG IRK ihre Richtwerte. Das Deutsche Institut für Bautechnik hat im Jahr 2011 die PCB-Richtlinie der Bauminister der Länder (ARGEBAU) von 1994 unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Ad-hoc AG IRK ergänzt. 13. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Entscheidung der WHO, PCB in die Liste krebserzeugender Stoffe der Kategorie 1 einzustufen ? Seit Mitte der 80er-Jahre wird der Ausstoß von PCB in die Umwelt durch eine Fülle regulatorischer und technischer Maßnahmen erfolgreich unterbunden beziehungsweise vermindert. Die PCB-Emissionen ausgewählter und in der Vergangenheit wesentlicher Verursachergruppen sind von 1990 bis 2010 um mehr als 85 Prozent gesunken. Aufgrund der noch relativ unsicheren Datenlage ist es jedoch nicht möglich, konkrete Aussagen zum Rückgang der PCB-Gesamtemissionen beziehungsweise zu den Emissionen aus allen Verursachergruppen zu treffen. Die Eintragspfade von PCB in die Umwelt sind global. Der atmosphärische Ferntransport dieser Stoffe ist weltumspannend. Die Bundesregierung setzt sich auch weiter auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene dafür ein, dass für noch vorhandene Anwendungsgebiete Ausnahmetatbestände möglichst ausgesetzt werden und für einen fachgerechten Umgang mit PCB in Abfällen, Altlasten und Bausubstanzen gesorgt wird. So erfolgte beispielsweise zum Entsorgungsstichtag im Jahr 2010 nach der PCB-Abfallverordnung eine Information der Bundesregierung an die zuständigen Länderbehörden und Wirtschaftsbeteiligten (Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Az.: 324-37011/0017 vom 3. November 2010). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/293 14. Werden in Deutschland Erhebungen zu Vergiftungen und Todesfällen, die mit PCB im Zusammenhang stehen, dokumentiert? Wenn ja, über wie viele PCB-Vergiftungen und Todesfälle in den letzten zehn Jahren hat die Bundesregierung Kenntnis, und wer führt die Erhebungen zu dieser Thematik durch? Ja. In den letzten zehn Jahren sind keine PCB-Vergiftungsfälle und Todesfälle gemeldet worden. Seit 1. August 1990 besteht eine Meldepflicht für Vergiftungen für behandelnde Ärzte im Rahmen des Chemikaliengesetzes (§ 16e des Chemikaliengesetzes – ChemG). Die Meldungen werden im Bundesinstitut für Risikobewertung gesammelt und ausgewertet. 15. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass bei der Sanierung von PCB-kontaminierten Gebäuden das im Umweltrecht verankerte Verursacherprinzip angewandt wird und somit auch die Hersteller von PCB mit zur Finanzierung herangezogen werden können? Wenn ja, zu welchem Anteil sollten die Hersteller nach Ansicht der Bundesregierung an den Sanierungskosten beteiligt werden? Wenn nein, wer sollte aus Sicht der Bundesregierung dann für die Sanierungskosten PCB-belasteter Gebäude aufkommen, und mit welcher Begründung ? Wenn zum Zeitpunkt der Herstellung PCB-haltiger Produkte gegen geltendes Recht verstoßen wurde, ist das Verursacherprinzip anzuwenden. Der Eigentümer hat dafür Sorge zu tragen, dass eine Gefährdung von Mensch und Umwelt ausgeschlossen ist. Als Zustandsverantwortlicher hat der jeweilige Eigentümer PCB-haltige Baustellenabfälle wie etwa PCB-haltige Dichtungsmassen vor dem Abbruch zu trennen und einer separaten Entsorgung zuzuführen . 16. Durch wen werden Lebensmittel in Deutschland systematisch auf PCBRückstände hin untersucht, und welche Erkenntnisse konnten daraus bisher abgeleitet werden (bitte erläutern)? In Deutschland ist der Lebensmittelunternehmer dafür verantwortlich, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem seiner Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Das Konzept der Eigenkontrolluntersuchungen der Lebensmittelunternehmer zur Lebensmittelsicherheit ist der Bundesregierung im Einzelnen nicht bekannt. Systematische Untersuchungen auf PCB-Rückstände in Lebensmitteln werden in Deutschland von den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden der Länder durchgeführt. Inwieweit dies auf die Eigenkontrolluntersuchungen der Lebensmittelunternehmer zutrifft, kann von der Bundesregierung nicht beurteilt werden. Über die von den Ländern koordinierten Untersuchungsprogramme hinaus existieren bundesweite Programme u. a. zur Untersuchung von PCB in Lebensmitteln , die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) koordiniert werden. Die Untersuchungsergebnisse und daraus gewonnene Erkenntnisse sind in der jährlichen Berichterstattung „Berichte zur Lebensmittelsicherheit “ zum Monitoring, zum Bundesweiten Überwachungsplan, zum Nationalen Rückstandskontrollplan sowie im Bericht zum Mehrjährigen nationalen Kontrollplan dokumentiert. Die entsprechenden Berichte sind auf der Internetseite des BVL unter www.bvl.bund.de abrufbar. Drucksache 18/293 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Gibt es bundeseinheitliche Vorschriften zur Entsorgung von PCB-belasteter Bausubstanz? Wenn ja, wie lauten die Vorschriften zur Entsorgung? Wenn nein, wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass es nicht durch fehlerhafte Entsorgung PCB-belasteter Materialien zu weiteren Belastungen in der Umwelt kommt? Ja, zur Sicherstellung einer bundeseinheitlichen Beseitigung von PCB-belasteten Baumaterialien gelten neben den allgemeinen Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) verschiedene Regelungen, die zum Teil auf europäisches Recht zurückgehen. Nach EG-Verordnung Nr. 850/2004 über persistente organische Schadstoffe ist der Gehalt an persistenten organischen Schadstoffen oberhalb des in Anhang IV der Verordnung festgelegten Grenzwertes zu zerstören oder unumkehrbar umzuwandeln . Für PCB ist ein Grenzwert von 50 mg/kg festgelegt. Für PCB-haltige Abfälle bestehen besondere Anforderungen an die Entsorgung und Nachweisführung . Die Verordnung hat in den EU-Mitgliedsstaaten unmittelbare rechtliche Gültigkeit. Die Richtlinie 96/59/EG über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) regelt u. a. die Beseitigung von PCBhaltigen Bauabfällen. In Deutschland wurde diese Richtlinie durch die PCB/ PCT-Abfallverordnung vom 26. Juni 2000 umgesetzt, die unter anderem Anweisungen für den Umgang mit PCB-haltigen Baumaterialien, soweit sie bei Bautätigkeiten als Abfall anfallen, enthält. 18. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Belastung der deutschen Küsten und Häfen durch PCB-haltige Schiffsanstriche? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die PCB-Kontamination von Umweltkompartimenten und die sich daraus ergebenen ökologischen Auswirkungen? Böden wirken als Senke für PCB. Rund 93 Prozent aller in die Umwelt eingetragenen PCB finden sich in Böden wieder. Durch Deposition der über die Atmosphäre verbreiteten Emissionen gelangen PCB in Böden und Gewässer. Darüber hinaus können Böden durch Überflutung bei Hochwasserereignissen und damit einhergehender Verfrachtung von belasteten Gewässersedimenten mit PCB belastet werden. Der Abbau von PCB erfolgt nur sehr langsam, so dass es zu Anreicherungen in Böden kommt. Die Verlagerung von PCB in tiefere Bodenschichten und eine Auswaschung ins Grundwasser kann aufgrund einer geringen Wasserlöslichkeit und einer starken Bindung dieser Stoffe an organische Substanzen wie Humus vernachlässigt werden, so dass die höchsten Gehalte für PCB in den Oberböden und den Auflagehorizonten von Wäldern auftreten. Die ökologischen Auswirkungen sind nicht vollständig erfasst, weil PCB nicht dauerhaft gebunden bleiben, sondern zwischen Luft, Wasser und Boden immer wieder neu verteilt, also remobilisiert werden. In der POPs-Dioxin-Datenbank des Bundes und der Länder sind die Ergebnisse nationaler und internationaler Messprogramme und Forschungsprojekte in verschiedenen Kompartimenten dokumentiert. Die entsprechenden Informationen sind unter der Internetseite www.dioxindb.de abrufbar. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/293 20. Welche Quellen sieht die Bundesregierung für die heutige PCB-Belastung von Menschen, Tieren und Pflanzen, Boden, Wasser und Atmosphäre (bitte nach Bedeutung gewichten)? Die heute in der Umwelt allgegenwärtig vorhandenen PCB stammen in erster Linie aus früheren, mittlerweile verbotenen Anwendungen weltweit. Auch der fahrlässige Umgang mit PCB-haltigen Altprodukten und Altgeräten führt dazu, das PCB freigesetzt wird und in die Umwelt gelangt. Eine Gewichtung der Eintragsquellen in die Umwelt ist nicht möglich. 21. An welchen Stellen bestehen aus Sicht der Bundesregierung die wichtigsten und effektivsten Möglichkeiten, um die PCB-Belastung von Menschen , Tieren und Pflanzen, Boden, Wasser und Atmosphäre zu reduzieren ? 22. Was unternimmt die Bundesregierung, um die PCB-Belastung der Umwelt zu minimieren (bitte nach Bereichen aufgliedern)? Die Fragen 21 und 22 werden gemeinsam beantwortet. Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Die PCB-Grenzwerte in Abfällen bzw. Reststoffen werden überprüft; ebenso die Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmenwerte für PCB im Rahmen der Novellierung der Bodenschutzverordnung. Durch die umfassend reglementierten Entsorgungspflichten nach der PCB/PCTAbfallverordnung wird PCB dauerhaft zerstört und aus dem Stoffkreislauf abschließend beseitigt. Im Koalitionsvertrag zur 18. Legislaturperiode haben sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, die Klärschlammausbringung zu Düngezwecken zu beenden und parallel hierzu die Rückgewinnung von Phosphor und anderen Nährstoffen aus Klärschlämmen einzuführen. Die Datenlage wird kontinuierlich verbessert, indem die Bundesregierung einen fünften Umweltsurvey durchführt und die Umweltprobenbank beim Umweltbundesamt als zentrales Instrument des stoffbezogenen Umwelt- und HumanBiomonitorings fortführt. Darüber hinaus informiert die Bundesregierung die Verbraucher zum Beispiel durch die BMU-Broschüre „Umweltschutz – Standbein der Lebensmittelsicherheit Dioxin- und PCB-Einträge vermeiden“, (5. Auflage , Januar 2013, Kurzlink www.bmu.de/N49766/). Zudem ist es über das Informationsportal www.wecobis.de möglich, sich über mögliche Umwelt- und Gesundheitsgefahren von Baumaterialien zu informieren . Zu den laufenden Forschungsaktivitäten wird auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen . Drucksache 18/293 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Welche Forschungsprojekte hat die Bundesregierung bisher ausgeschrieben , die den Verbleib von PCB in der Umwelt, dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und dessen ökologische Auswirkungen ermitteln , welche Forschungsprojekte laufen derzeit, und welche Projekte sind geplant? 24. Welche Forschungen hat die Bundesregierung initiiert, um mehr über den Zusammenhang zwischen Umweltkontamination mit PCB und den Transfer in die Nahrungskette zu erfahren, wie sie das Umweltbundesamt noch im Jahr 2011 für sinnvoll erachtete (www.umweltbundesamt.de/publikationen /expositionsbetrachtung-beurteilung-des-transfers)? Die Fragen 23 und 24 werden gemeinsam beantwortet. Um mehr über den Zusammenhang zwischen Umweltkontamination mit PCB und den Transfer in die Nahrungskette zu erfahren, führt die Bundesregierung nachfolgende Forschungsprojekte durch: – Zuordnung und Quantifizierung der Dioxin- und dl-PCB-Einträge auf dem Luftpfad mittels Betrachtung der emissionsseitigen und immissionsseitigen Kongenerenmuster, FKZ371265407/02. Geplanter Abschluss: 2014. – Analyse und Trendabschätzung der Belastung der Umwelt und von Lebensmitteln mit ausgewählten POPs und Erweiterung des Datenbestandes der POPs-Dioxin-Datenbank des Bundes und der Länder mit dem Ziel pfadbezogener Ursachenaufklärung“, FKZ 3712654071. Geplanter Abschluss: 2014. – Überprüfung des Standes der Technik der Emissionen prioritärer Schadstoffe für einzelne Industriebranchen (Kleinfeuerungsanlagen und abfallwirtschaftliche Anlagen). FKZ 3712423131. Geplanter Abschluss: 2015. – 5. Umwelt-Survey I – Bevölkerungsrepräsentative Querschnittstudie zu gesundheitsrelevanten Expositionen der Kinder in Deutschland durch die Umwelt . FKZ 3714622000. Geplanter Abschluss: 2017. Die Planung neuer Forschungsprojekte erfolgt erst im Jahr 2014. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333