Deutscher Bundestag Drucksache 18/2938 18. Wahlperiode 20.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2698 – Zukünftige Nutzung großer Drohnen des Typs Euro Hawk und Global Hawk durch die NATO und die Bundeswehr Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ein Werbefilm des NATO-Militärbündnisses erläutert die Nutzung der auf Sigonella /Sizilien stationierten bzw. zu stationierenden großen Drohnen des Typs „Global Hawk“ auch gegen Terrorismus und Umweltkatastrophen oder zur Migrationskontrolle („Redefining intelligence with eyes, no arms“, NATO-Channel auf YouTube, 3. September 2014). Auf diese Weise könnten von Sigonella aus Schiffsbewegungen vor Somalia abgesichert oder Prognosen über Flüchtlingsbewegungen erstellt werden. Als weitere Anwendungsgebiete gelten Katastrophen oder Öl-Havarien. Auch humanitäre Missionen könnten von der Spionagedrohne begleitet werden. Die Drohne „Global Hawk“ könne hierzu von allen Teilen der Welt operieren. Die Bundeswehr will weitere „Global Hawk“ kaufen, diese aber im Auftrag der NATO in Schleswig-Holstein stationieren . Sie könnten dann dem „Zentrum Luftoperationen“ oder dem „Nationalen Lageführungszentrum“ der Bundeswehr in Kalkar sowie dem unmittelbar benachbarten Uedem unterstellt werden. In dem Werbefilm widerspricht die NATO auch einer Darstellung des Bundesministeriums der Verteidigung – BMVg (Bundestagsdrucksache 18/2684). So habe es im Rahmen der Übung „Unified Vision“ Durchquerungen auch des deutschen sowie des dänischen Luftraums gegeben. Die Überflüge hätten unter anderem dem Erkenntnisgewinn zur Nutzung militärischer Drohnen und ihrer Integration in den zivilen Luftraum gedient. Auf diese Weise hätte das Militärbündnis gezeigt, was zukünftig normal werden könne: Die Integration großer, nicht nur militärischer Drohnen in den allgemeinen Luftraum. Dann könnten weitere Anwendungsgebiete erschlossen werden, darunter unbemannte Frachtflüge . So würde eine Menge Geld gespart, denn auf die Ausrüstung mit Rettungssystemen für Piloten und Crew könne verzichtet werden. Auch nach mehreren Monaten haben US-Militärinstitutionen nicht beantworDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 17. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. tet, inwiefern das US-Africa Command (AFRICOM), dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein sowie durch die US-Regierung beauftragte Vertragsunternehmen an Einsätzen von US-Drohnen beteiligt sind (Bundestagsdrucksache 18/2684). Die Bundesregierung hatte dem Fragesteller einer Mündlichen Frage, Andrej Hunko, im Juli 2014 bedeutet, eine Antwort sei ihr seitens der USA „innerhalb weniger Wochen in Aussicht“ gestellt worden (Plenarproto- Drucksache 18/2938 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode koll 18/45). Im September 2014 lag jedoch immer noch keine Mitteilung hierzu vor, die Bundesregierung stehe aber „in dieser Frage in engem Kontakt mit der US-Regierung“. Es werde „fortgesetzt an die ausstehende Beantwortung des Fragenkatalogs“ erinnert. Aus Sicht der Fragesteller macht sich die Bundesregierung in der Angelegenheit aber unglaubwürdig, wenn wie zu dem Komplex PRISM/NSA-Spionage zwar eine Reihe von „Fragekatalogen“ versandt wurden, diese aber von den USA ignoriert werden. Auch hinsichtlich der von Anwohnerinnen und Anwohner in Oberbayern berichteten rechtswidrigen Nutzung deutscher Luftbeschränkungsgebiete durch US-Drohnen des Typs „HUNTER“ liegen noch keine Ergebnisse vor. Die Bundesregierung verlässt sich hingegen vorläufig auf eine Zusicherung des US-Militärs , die Verletzungen des Luftraums seien einer „nicht vollumfänglich berücksichtigten Windkorrektur innerhalb der Platzrunde durch den Bediener“ erfolgt (Bundestagsdrucksache 18/2684). Man stehe dazu „in einem offenen und vertrauensvollen Dialog mit den US-Streitkräften“. 1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Video der NATO zur Nutzung des „Alliance Ground Surveillance System“ (AGS) auf Sizilien auch für Einsätze im Inneren? Die Einsätze von militärischen Kräften, Mitteln und Fähigkeiten im Inneren werden durch die Bundesregierung nicht geplant und sind nicht Gegenstand von Konsultationen mit der NATO. 2. Welche entsprechenden Anwendungsgebiete werden von der NATO nach Kenntnis der Bundesregierung hierzu anvisiert? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Inwiefern werden derartige Szenarien nach Kenntnis der Bundesregierung bei der NATO diskutiert, und wie hat sich die Bundesregierung bislang hierzu positioniert? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Video der NATO hinsichtlich der Übung „Unified Vision 2014“ und der Route von Drohnen des Typs „Global Hawk“ im europäischen Luftraum, wonach es Durchquerungen des deutschen sowie des dänischen Luftraums gegeben habe, dies aber der Darstellung des Bundesverteidigungsministeriums widerspricht , wonach Deutschland nicht überflogen wurde? Das in Rede stehende Video stellt lediglich dar, dass Deutschland neben anderen europäischen Mitgliedstaaten eine Nutzung seines Luftraums gestattet hat. Von einer tatsächlichen Nutzung des deutschen Luftraums ist im Video nicht die Rede. 5. Inwiefern ist nach jetzigem Stand beabsichtigt, in Deutschland stationierte AGS-Drohnen dem NATO-Kommando in Ramstein zu unterstellen? Eine Stationierung von unbemannten NATO-AGS-Luftfahrzeugen in Deutschland ist nicht geplant. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2938 6. Inwiefern würden die in Deutschland stationierten AGS-Drohnen nach jetzigem Stand dem „Zentrum Luftoperationen“ bzw. dem „Nationalen Lageführungszentrum“ der Bundeswehr in Kalkar sowie dem unmittelbar benachbarten Uedem unterstellt bzw. entsprechende Aufklärungsdaten dort verarbeitet? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 7. Welcher „befragte Staat“ hatte nach Kenntnis der Bundesregierung eine Überfluggenehmigung für Drohnen des Typs „Global Hawk“ im Rahmen des NATO-Manövers „Unified Vision“ verweigert (Bundestagsdrucksache 18/2684)? Nach Kenntnis der Bundesregierung konnte seitens der NATO im Rahmen der Übungsvorbereitung keine zeitgerechte Überfluggenehmigung für die Republik Österreich erwirkt werden. 8. Inwiefern liegen die durch AFRICOM angeblich „innerhalb weniger Wochen in Aussicht“ gestellten Antworten zu einer möglichen Beteiligung des AFRICOM, dessen Luftstreitkräftekommando in Ramstein sowie von durch die US-Regierung beauftragten Vertragsunternehmen an Einsätzen von Drohnen mittlerweile vor, und welchen wesentlichen Inhalt haben diese (Bundestagsdrucksache 18/2684)? 9. Sofern die Beantwortung weiterhin aussteht, wie kam die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt Dr. Maria Böhmer auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Andrej Hunko im Juli 2014 zu der Einschätzung, die Bundesregierung rechne mit einer Antwort binnen „weniger Wochen“ (Andrej Hunko, MdB: „Rechnen Sie mit einer konkreten Antwort innerhalb der nächsten Wochen?“, Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: „Ja“; Plenarprotokoll 18/45)? 10. Welcher Zeitraum ist nach Ansicht der Bundesregierung mit „wenige Wochen “ umfasst? 11. Auf welche Weise steht die Bundesregierung „in dieser Frage in engem Kontakt mit der US-Regierung“ (Bundestagsdrucksache 18/2684)? 12. Wann und wem gegenüber wurde jeweils „fortgesetzt an die ausstehende Beantwortung des Fragenkatalogs“ erinnert? 13. Wie haben die Angesprochenen auf Seiten der US-Behörden seit der Übergabe des Fragenkataloges jeweils darauf reagiert? 14. Welche Gründe wurden für die Nichtbeantwortung (mindestens bis September 2014) vorgetragen? Die Fragen 8 bis 14 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat im Juli und Dezember 2013 sowie im Oktober 2014 ausführlich zu Kleinen Anfragen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bzw. DIE LINKE. zu AFRICOM Stellung genommen. Die Bundesregierung hat der amerikanischen Botschaft in Berlin im April 2014 einen Katalog mit Fragen über eine mögliche Beteiligung von deutschen Standorten der US-Streitkräfte an bewaffneten Einsätzen unbemannter Luftfahrzeuge übermittelt und mehrfach, zuletzt am 23. September 2014, gegenüber dem stellvertretenden AFRICOM- Befehlshaber, Generalleutnant Steven Hummer, die amerikanische Seite ein- Drucksache 18/2938 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dringlich an die Beantwortung der Fragen erinnert. Die amerikanische Seite hat eine Beantwortung in Aussicht gestellt, jedoch zuletzt mit Verweis auf den sich wider Erwarten innerhalb der USA weiter hinziehenden Beantwortungsprozess kein konkretes Zieldatum mehr genannt. Die Bundesregierung fordert die USSeite weiter eindringlich zur Beantwortung des Fragenkatalogs auf. 15. Wann soll die Prüfung der „in der Amberger Zeitung vom 26. Februar 2014 erhobenen Vorwürfe“ durch das BMVg zur rechtswidrigen Nutzung deutscher Luftbeschränkungsgebiete durch US-Drohnen des Typs „HUNTER “ in Bayern beendet sein (Bundestagsdrucksache 18/819)? Die Untersuchung zu dem genannten Sachverhalt wurde inzwischen abgeschlossen . Der Flugbetrieb des unbemannten Luftfahrzeuges fand ausschließlich innerhalb des zum Truppenübungsplatz gehörigen Flugbeschränkungsgebietes statt. Eine Luftraumverletzung oder ein daraus resultierendes rechtswidriges Verhalten der US-Streitkräfte lag nicht vor. 16. Sofern kein Ende verabredet oder absehbar ist, wann könnten erste Zwischenergebnisse vorliegen? Auf die Antwort zu Frage 15 wird verwiesen. 17. Welche Stellen des US-Militärs sind in die gemeinsame Untersuchung eingebunden ? Der zentrale Ansprechpartner für das Bundesministerium der Verteidigung ist in diesem Fall das Hauptquartier der US-Landstreitkräfte Europa, das wiederum seine nachgeordneten Dienststellen fallbezogen einbindet. Im vorliegenden Fall wurden zudem das Joint Multinational Training Command (JMTC) und der in Vilseck stationierte Verband, das 2nd Cavalry Regiment, in die Untersuchung mit einbezogen. 18. Auf welche Weise sind US-Militärinstitutionen an der Untersuchung beteiligt ? Die Untersuchungen und die Auswertungen erfolgen durch den Austausch von Dokumenten, durch Gespräche und gegenseitige Konsultationen, in deren Rahmen etwaige fliegerische Vorfälle analysiert und bewertet werden. 19. Woran bemisst sich die Einschätzung der Bundesregierung, die Untersuchung des womöglich rechtswidrigen Flugbetriebs erfolge „in einem offenen und vertrauensvollen Dialog mit den US-Streitkräften“ (Bundestagsdrucksache 18/819)? Auf die Antwort zu Frage 18 wird verwiesen. 20. Inwiefern hält es die Bundesregierung auch ohne endgültige Klärung für möglich, dass die von Anwohnern mehrmals beobachteten Abweichungen der großen „HUNTER“-Drohnen von genehmigten Flugrouten durch USMilitärs tatsächlich aufgrund einer „nicht vollumfänglich berücksichtigten Windkorrektur innerhalb der Platzrunde durch den Bediener“ erfolgt sein könnten (Bundestagsdrucksache 18/2684)? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2938 Der Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen ist innerhalb von dazu ausgewiesenen Flugbeschränkungsgebieten an keine festen bzw. vorab genehmigten Flugrouten gebunden. Der Bundesregierung ist kein Verlassen des Flugbeschränkungsgebietes oder eine Abweichung von der maßgeblichen deutschen Vorschriftenlage bekannt. 21. Inwiefern hält es die Bundesregierung hinsichtlich der Klärung des Vorfalles und der Verhinderung zukünftiger Verstöße für ausreichend, dass die US-Militärinstitutionen „das Bedienerpersonal im Rahmen der Missionsnachbereitung eindringlich auf die Einhaltung der Platzrundeverläufe hingewiesen “ haben (Bundestagsdrucksache 18/2684)? Die seitens der US-Streitkräfte getroffenen Maßnahmen tragen aus Sicht der Bundesregierung der Ursache für die Abweichung vom Platzrundenverlauf in ausreichendem Maße Rechnung. 22. Welche Erkenntnisse kann die Bundesregierung zum Absturz einer Drohne der ISAF-Truppen in Afghanistan mitteilen, die nach Medienberichten nahe der pakistanischen Grenze zu Boden ging („Stars and Stripes“, 18. September 2014)? a) Um welche Drohne welcher Streitmacht handelte es sich? b) Auf welcher Mission befand sich die Drohne? c) Welche Hinweise zur Absturzursache existieren bislang, und wer ist mit einer Untersuchung befasst? Die Fragen 22a bis 22c werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor. d) Welche weiteren Abstürze von Drohnen der ISAF-Streitkräfte sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2012, 2013 und 2014 in Afghanistan oder Pakistan erfolgt? Die Bundeswehr erhebt keine Daten über den Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge anderer Staaten in den Einsatzgebieten der Bundeswehr. Der Bundesregierung liegen ausschließlich zu Verlusten eigener unbemannter Luftfahrzeuge belastbare Erkenntnisse vor. Die Bundeswehr verlor im angefragten Zeitraum im Jahr 2012 ein unbemanntes Luftfahrzeug vom Typ Mikado im Rahmen des Einsatzes in Afghanistan. Im Jahr 2013 kam es zum Verlust eines unbemannten Luftfahrzeuges vom Typ HERON. 23. Welche Stellen sind derzeit in die „Entscheidung über das weitere Vorgehen bzw. über die Weiterverwendung des „EURO HAWK Full Scale Demonstrators“ eingebunden (Bundestagsdrucksache 18/819)? 24. Inwiefern ist auch der Generalinspekteur der Bundeswehr hiermit befasst? 25. Welche „technischen und prozessualen“ Fragen müssen geklärt werden, und worin genau besteht deren „Komplexität“ (Bundestagsdrucksache 18/2684)? Die Fragen 23 bis 25 werden im Zusammenhang beantwortet. In die Entscheidung über das weitere Vorgehen und die mögliche Weiterverwen- dung des „EURO HAWK Full Scale Demonstrators“ sind derzeit die fachlich Drucksache 18/2938 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zuständigen Abteilungen des Bundesministeriums der Verteidigung eingebunden . Der Generalinspekteur der Bundeswehr ist nach den Bestimmungen der novellierten Verfahrensbestimmungen für die Bedarfsermittlung, Bedarfsdeckung und Nutzung in der Bundeswehr – CPM (nov.) – hiermit befasst. Als eine Konsequenz aus dem Projekt EURO HAWK werden derzeit das Prüfund Zulassungswesen, die flugbetrieblichen Aufgaben sowie die entsprechende Normgebung bzw. die Regulierung unter einem Dach zusammengeführt: dem Luftfahrtamt der Bundeswehr als nationaler militärischer Luftfahrtbehörde. Damit wird die Betrachtung von technischen, flugbetrieblichen und operationellen Aspekten in einem ganzheitlichen Ansatz gewährleistet und die Fähigkeit zur Planung verbessert. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333