Deutscher Bundestag Drucksache 18/2963 18. Wahlperiode 22.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Cornelia Möhring, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2585 – Belastung der Ökosysteme Nord- und Ostsee durch die Bundeswehr Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Viele Meereslebewesen, insbesondere Meeressäuger und Fische, sind auf ihren akustischen Sinn angewiesen, um zu überleben. Sie benötigen Schall, um sich zu orientieren und mit Artgenossen zu kommunizieren, Nahrung oder Paarungspartner zu finden und auch Feinde auszumachen. Eine veränderte Geräuschkulisse stört sie nicht nur, sie kann sich negativ auf die Lebensfähigkeit einzelner Tiere und gesamter Populationen auswirken. Anthropogener Unterwasserlärm entsteht vor allem beim Schiffsverkehr, beim Bau und Betrieb von Offshore-Anlagen, wie Windenergieanlagen oder Öl- und Gasplattformen, durch seismische Aktivitäten bei der Öl- und Gasexploration und Forschungstätigkeiten . Neben Unterwasserdetonationen kann der Einsatz militärischer Sonare für Meerestiere gefährlich werden. So werden regelmäßig nach dem Einsatz von Mittelfrequenz-Sonaren einiger NATO-Partner atypische Massenstrandungen von Schnabelwalen mit Todesfolge beobachtet (zuletzt im April 2014 im Südosten Kretas), die vermutlich auf Panikreaktionen beruhen, die zu einem zu schnellen Auftauchen aus großen Tiefen führen, wodurch sich Stickstoffbläschen im Blut bilden, die Luft- und Fettembolien hervorrufen können. Mindestens eine atypische Massenstrandung von Schweinswalen wurde auch mit der Verwendung eines militärischen Sonars in Verbindung gebracht. Diese Art ist in der Nord- und Ostsee die am weitesten verbreitete Walart. Je nach Frequenz, Pegel, Dauer und Sendezeitanteil (duty cycle) können bei Schweinswalen durch laute Schallemissionen Hörschäden ausgelöst werden (vgl. Kastelein et al. 2014, Effect of level, duration, and inter-pulse interval of 1–2 kHz sonar signal exposures on harbor porpoise hearing. J.Acoust.Soc.Am. 136, 412–422). Zudem sollen intensive Lärmbelastungen nachweislich auch auf kommerziell genutzte Fischarten schädliche Auswirkungen haben, die sich unter anderem durch das Verlassen des gewohnten Lebensraums, verminderte Reproduktionsleistungen und erhöhte Krankheitsanfälligkeit äußern. Seit Jahren gibt es national und international eine Reihe von Bemühungen zum Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 20. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Schutz der Meere. Derzeit geht es in den europäischen Meeren um die Konkretisierung und Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union (MSRL). Drucksache 18/2963 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In Nord- und Ostsee haben auch die Aktivitäten der Bundeswehr das Potenzial, Belastungen der Meeresumwelt durch stoffliche und nichtstoffliche Emissionen auszulösen. Hier führen insbesondere militärische Übungen und Sprengungen von militärischen Altlasten zu hoher Unterwasserlärmbelastung für Fische und Meeressäuger. Bisher sind allerdings sowohl nationale Armeen als auch die NATO explizit von den Regelungen der MSRL ausgenommen. Je nach Pegel, Expositionsdauer und -häufigkeit sowie Frequenzverlauf können Meerestiere in ihrem natürlichen Verhalten gestört, vertrieben oder auch verletzt werden. Die Bundeswehr hat in der Kolberger Heide (Kieler Außenförde) die Entwicklung eines Blasenschleiers zur Reduzierung der Schockwelle im Zusammenhang mit Sprengungen von Altmunition in den Jahren 2008 bis 2012 wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse zeigten, dass mit dieser Methode die Unterwasserlärmbelastung für die Meeresbewohner wesentlich verringert werden kann. Mittlerweile wird vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zumindest bei Munitionssprengungen in WindparkBaufeldern die Verwendung von Blasenschleiern vorgeschrieben. 1. Wie oft und bei welcher Art von Unterwasserdetonationen der Bundeswehr (z. B. Minentaucherausbildung, Ansprengversuche) wurde seit dem Jahr 2009 zum Schutz von Meerestieren ein Blasenschleier eingesetzt (bitte Auflistung unter Nennung von Zweck, Art der Sprengkörper, Ladungsgröße)? Ein Blasenschleier wurde bisher nicht eingesetzt. 2. Wie viele Sprengungen erfolgten seit dem Jahr 2009 (aufgegliedert nach Übungsgebiet, Ladungsgrößen, Zweck und Jahr) in den maritimen Übungsgebieten ? Folgende Sprengungen wurden seit dem Jahr 2009 durch die Wehrtechnische Dienststelle (WTD) 71, im Rahmen verschiedener Erprobungsprojekte im maritimen Übungsgebiet Westliche Ostsee/Schönhagen (Sperrgebiet der Bundeswehr ) durchgeführt: Datum Ladungsgröße [kg] 2009 3 2009 25 2009 100 2009 25 2010 ca. 85 2010 ca. 85 2010 300 2011 100 2011 300 2011 400 2011 300 2011 500 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2963 Darüber hinaus hat die Einsatzflottille 1 in den Jahren 2009 bis 2014 im Rahmen der einsatz- und lehrgangsgebundenen Ausbildung der Minentaucher, Spezialkräfte und Besatzungen insgesamt 230 Sprengungen mit Kleinladungen und 47 Sprengungen mit Großladung durchgeführt. Die Sprengungen erfolgten verteilt in allen Übungsgebieten. 3. Wann beabsichtigt die Bundesregierung, den Blasenschleier als Unterwasserschall -Minderungsmaßnahme bei Unterwasserdetonationen auch für die Bundeswehr verbindlich vorzuschreiben? Es ist derzeit nicht vorgesehen, den Blasenschleier für die Bundeswehr verbindlich vorzuschreiben (siehe hierzu auch Bundestagsdrucksache 17/10968, Antworten auf die Schriftlichen Fragen 76 und 77 und Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu den Fragen 18 und 19 auf Bundestagsdrucksache 17/10795). 4. Welche weiteren Entlastungsmaßnahmen für die Meeresumwelt werden derzeit und sollen künftig neben dem Blasenschleier bei Unterwasserdetonationen eingesetzt werden? Für den militärischen Übungsbetrieb der Flotte ist das Vorgehen der Besatzungen zum Schutz von Meeressäugern bei der Nutzung/Erzeugung von Unterwasserschall , sowohl bei der Nutzung von Sonaren als auch bei Unterwassersprengungen , durch Befehl geregelt. Folgende Maßnahmen sind vorgesehen: ● Einholen von Informationen vor dem Einsatz über mögliches Vorkommen von Meeressäugern im Einsatzgebiet. ● Visuelle und akustische Überwachung der möglichen Gefährdungsgebiete vor der Sprengung. ● Durchführung von Vergrämungsmaßnahmen mit sich langsam steigernden Sprengladungen und/oder Sonarsendeleistungen vor der eigentlichen Sprengung . ● Bei Sichtung von Meeressäugern im Umkreis von zwei nautischen Meilen Aussetzen der Sprengung, so lange, bis klar ist, dass sich die Tiere aus diesem Bereich entfernt haben. Zusätzlich werden von der WTD 71 im Rahmen ihrer Erprobungen Simulationsprogramme zur Optimierung der Versuche genutzt, so dass die Anzahl der erforderlichen Versuche reduziert werden kann. Auch bei den Erprobungen der WTD 71 werden die Kriterien des o. a. Befehls zum Schutz der Meeressäuger und der maritimen Umwelt angewandt (siehe auch Antwort zu Frage 25). Datum Ladungsgröße [kg] 2012 255 2012 250 2012 255 2012 250 2012 250 2012 255 Drucksache 18/2963 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Welche Monitoringmaßnahmen gibt es derzeit zur Überwachung einer möglichen Kontamination der betroffenen Meeresgebiete durch Schadstoffe infolge von Detonationen? Derzeit werden keine speziellen Monitoringmaßnahmen zur Überwachung einer möglichen Kontamination der betroffenen Meeresgebiete durch Schadstoffe infolge von Detonationen durch die Bundeswehr durchgeführt. Grundsätzlich erfolgt eine visuelle Überwachung der Detonationsstelle. 6. In welchen maritimen Übungsgebieten der Bundeswehr werden wie oft Sonare eingesetzt (bitte pro Gebiet nach Jahr und Monaten und gegliedert nach Tieffrequenz-, Mittelfrequenz- und Hochfrequenz-Sonaren unter Angabe des ungefähren Frequenzbereichs und Quellpegels seit dem Jahr 2009 auflisten )? Grundsätzlich werden in allen Übungsgebieten Sonaranlagen eingesetzt. Aufzeichnungen und Statistiken hierzu werden nicht geführt. 7. Welche Dauer haben die verwendeten Sweeps, und welche Sendezeitanteile werden bei den einzelnen Sonaren verwendet? Die Einsatzflottille 2 in Wilhelmshaven verwendet auf ihren Fregatten die Bugsonaranlagen DSQS21BZ und DSQS21-Mod2. Diese Anlagen können einen Sendeimpuls von wahlweise 5 ms, 50 ms oder 300 ms Dauer ausstrahlen. Die im Bereich der Einsatzflottille 1 in Kiel eingesetzten Sonare arbeiten mit folgenden grundsätzlichen Parametern: ● Minensuchsonar Klasse DSQS11-M: kurze Pulsdauer, hohe Pulswieder- holfrequenz. ● Minenbekämpfungsdrohne SEEFUCHS: kurze Pulsdauer, hohe Pulswieder- holfrequenz. ● Autonome Unterwasserdrohne REMUS: kurze Pulsdauer, hohe Pulswieder- holfrequenz. ● Minenbekämpfungsdrohne PINGUIN B3: kurze Pulsdauer, hohe Pulswie- derholfrequenz. 8. Wann und wo hat die Bundeswehr Sonare eingesetzt oder getestet, die vergleichbare Frequenzbereiche und Quellpegel verwenden, wie die Sonare von NATO-Partnern, die mit Walstrandungen in Verbindung gebracht werden (Auflistung bitte unter Angabe der Frequenzbereiche)? Im Rahmen experimenteller Einsätze wurde ein vergleichbares, geschlepptes, aktives Sonarsystem (LFTAS) in folgenden Zeiträumen (Jahr/Monat) eingesetzt : 2010/09, Skagerrak, Nordsee, 2012/03, Bornholmbecken, Ostsee, 2014/06–07, Skagerrak, Nordsee. Der Frequenzbereich des verwendeten Systems liegt bei unter 10 kHz. Das System ist ein Demonstrator-System. Es ist nicht in der Bundeswehr eingeführt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2963 9. Welche Art von Sonaren, Fächerloten etc. mit welchen Frequenzen und Schallpegeln werden bei Minensucheinsätzen verwendet, und welche Dauer und Sendezeitanteile haben die verwendeten Schallsignale? Folgende Sonare werden bei Minenjagdeinsätzen genutzt: ● Hull Mounted Sonar Klasse 332/333: Frequenz und Sendepegel sind einge- stuft, Pulsdauer/-frequenz vgl. Antwort zu Frage 7, ● Hull Mounted Sonar Klasse 352: Frequenz und Sendepegel sind eingestuft., Pulsdauer/-frequenz vgl. Antwort zu Frage 7, ● Autonome Unterwasserdrohne REMUS: Sidescan, 900 kHz/1 800 kHz, kurze Pulsdauer, hohe Pulswiederholfrequenz, weitergehende Angaben unterliegen der Geheimhaltung, ● Minenbekämpfungsdrohne SEEFUCHS: Bugsonar, kurze Pulsdauer, hohe Pulswiederholfrequenz, weitergehende Angaben unterliegen der Geheimhaltung , ● Minenbekämpfungsdrohne PINGUIN B3: kurze Pulsdauer, hohe Pulswiederholfrequenz , weitergehende Angaben unterliegen der Geheimhaltung. 10. In welchen Frequenzbereichen und bei welchen Quellpegeln findet die Unterwasserkommunikation (Unterwassertelefon) bei welcher Signaldauer und welchem Sendezeitanteil statt, und in welchen Monaten im Jahr findet in den einzelnen Übungsgebieten diese Unterwasserkommunikation statt? Frequenz und Ausgangspegel der Unterwasserkommunikation unterliegen der militärischen Geheimhaltung. Die Unterwasserkommunikation zwischen Einheiten findet ganzjährig während Übungen oder bei U-Boot-Rettungsoperationen statt. Die Signaldauer ist abhängig von den Informationen, die zu übermitteln sind. Die Übertragung kann von einigen Sekunden bis zu einigen Minuten andauern. Unterwasserkommunikation erfolgt vorwiegend in den Zeiträumen Ende Januar bis Mitte Juni und Ende August bis Mitte Dezember in den Übungsgebieten der Nord- und Ostsee. 11. Nach welchen Kriterien werden die Warntexte in den Berichten für Seefahrer (BfS) des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie bei Bundeswehrübungen auf See in Bezug zur Gefährlichkeit der verwendeten Munition (scharfe Munition bzw. inerte Übungsmunition) formuliert (bitte erläutern)? In den Nachrichten für Seefahrer (NfS) des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie wird die Schifffahrt zweimal jährlich mit halbjähriger Gültigkeit generisch (keine Differenzierung zwischen scharfer und Übungsmunition) über die Artillerie-, Torpedo- und Flugkörperschießübungen in den Übungsgebieten von Nord- und Ostsee informiert. Diese Warnmeldungen sowie weitere, die anlassbezogen außerhalb der Übungsgebiete stattfindende Schießübungen ankündigen, werden jeweils vom Marinekommando durch Anschreiben des Seewarndienstes Emden initiiert. Dort wird der eigentliche Inhalt der Warnungen festgelegt und die geeignete Verbreitung über Navigational Text Messages (NAVTEX), Bekanntmachungen für Seefahrer und/oder NfS veranlasst (vgl. Handbuch für Brücke und Kartenhaus, Nummer 2.7, BSH 2014). Drucksache 18/2963 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Wie verhält es sich mit der Information des „NDR“ vom 27. Juni 2014 (www.ndr.de/nachrichten/Goettinger-Energiefirma-in-Turbulenzen, windpark348.html) über den Windpark „SKUA“, der in einem Übungsgebiet der Luftwaffe und Marine geplant sei, in dem mit scharfer Artilleriemunition geschossen werde, was für die Bundeswehr nicht verzichtbar sei (bitte erläutern)? Die Informationen sind zutreffend. Die Interessen der Bundeswehr werden im Rahmen des Beteiligungsverfahrens „Träger öffentlicher Belange“ eingebracht. 13. In welchen marinen Übungsgebieten der Bundeswehr wird an wie vielen Tagen im Jahr mit scharfer Munition geschossen, und wie viele Projektile welcher Kaliber kommen dabei zum Einsatz? Alle seegehenden Einheiten der Deutschen Marine führen ganzjährig Schießübungen mit unterschiedlichen Munitionsarten durch. Eine detaillierte Auflistung unterliegt der militärischen Geheimhaltung. Grundsätzlich kann überall auf See geschossen und gesprengt werden, wenn die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen (Wassertiefen, Wetterverhältnisse, Seeraum überprüft und frei von Fahrzeugen) vorliegen. Schießübungen werden überwiegend in den Grenzen der Artillerieschießgebiete (in den Seekarten und anderen nautischen Publikationen veröffentlicht) durchgeführt. Übungen außerhalb dieser Gebiete beschränken sich auf Ausnahmen mit Einzelschüssen. Die Deutsche Marine führt keine regional bezogenen Auswertungen für Verbräuche verschiedener Munitionsarten und Kaliber durch. Generell wird in den Artillerieschießgebieten mit „inerter“ Munition (Übungsmunition), bestehend aus Metall und Beton, sowie mit in der Luft selbstzerlegender Munition geschossen. Die fliegenden Kampfverbände der Luftwaffe nutzen in den Übungsgebieten – abgesehen von 43 Schuss AIM-9 Li pro Jahr – ausschließlich Übungsmunition. 14. In welchen Gebieten gibt es dabei Detonationen unter Wasser, in welchen in der Luft, und in welchen Gebieten kommt lediglich Übungsmunition ohne Sprengsatz zum Einsatz (bitte mit Angabe von Kaliber und jährlicher Anzahl auflisten)? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Die selbstzerlegende Munition und die AIM-9 Li detonieren in der Luft. 15. In welchen marinen militärischen Übungsgebieten werden Waffensysteme durch Dritte (also nicht Bundeswehr) erprobt (bitte gegliedert nach Waffengattung , NATO-Partner, Privatfirmen, anderen unter Angabe von Anzahl , Kaliber und Zeitraum angeben)? Erprobungen durch Dritte werden ganzjährig ebenfalls überall auf See durchgeführt , wenn die Rahmenbedingungen für die jeweiligen Vorhaben erfüllt sind (siehe Antwort zu Frage 13). Eine entsprechende Statistik wird durch die Bundeswehr nicht geführt. 16. Wie hoch ist der Zeitanteil im Jahr, an dem in Offshore-Windparks sogenannte Transponder als akustische Warngeräte für U-Boote in welchen Frequenzbereichen zum Einsatz kommen? Im Gegensatz zu optischen Kollisionswarnern, die ständig blinken, sind die akustischen Sonartransponder bedarfsgesteuert und antworten nur bei Auslösung bei Annäherung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2963 17. In welchen marinen Übungsgebieten finden Überflüge durch Tiefflieger der Bundeswehr mit wie vielen Flugstunden pro Jahr statt, durch die in Abhängigkeit der Flughöhe unterschiedliche Schallimmissionen eintreten (bitte gegliedert nach Gebiet, Flughöhe, Schallimmissionen und Art des Flugzeugs angeben)? Die fliegenden Waffensysteme der Bundeswehr werden regelmäßig in den Hoheitsgewässern der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von Einsatz- und Übungsflügen eingesetzt. Tiefflug findet im Rahmen der Flüge gemäß bestehender Vorschriften statt, sobald festgelegte Mindesthöhen unterschritten werden, die im Flugauftrag aufzuführen sind. Für die Flächenflugzeuge ist die Unterschreitung von 1 500 ft über See, für die Hubschrauber die Unterschreitung von 500 ft über See somit per Einsatzbefehl festzulegen. Besonders niedrige Flughöhen , die eine Schallausbreitung von dem jeweiligen Luftfahrzeug bis in die Ökosysteme der Nord- und Ostsee begünstigen könnten, werden lediglich in den Flugphasen erreicht, in denen bis auf die minimale Tiefflughöhe von 100 ft gesunken wird. Die Dauer, in denen sich die Luftfahrzeuge in diesen niedrigen Höhen aufhalten, beträgt generell nur einen Bruchteil der Gesamtflugzeit, die grundsätzlich nicht Gegenstand statistischer Gesamtflugstundenerhebungen ist. Der jeweilige Einsatzauftrag definiert die Dauer des Tieffluganteils. 18. Welche Mengen an Kunststoff, Metall, chemischen Substanzen (z. B. Sprengstoffreste) gelangen durch Schießübungen der Bundeswehr jährlich als Munitionsreststoffe oder andere übungsbedingte Abfälle (z. B. Reste von Zielen, die also keine Munitionsreststoffe sind) ins Meer (bitte nach Übungsgebieten gliedern und dazu die Substanzen der Reststoffe auflisten)? Welche anderen übungsbedingten Abfälle gelangen ins Meer (bitte Eintrittspfade erläutern)? Über konkrete Mengen können keine Angaben gemacht werden. 19. In welchen Zeitabständen werden diese Fremdkörper mit welcher Methode aus dem Meer gefischt, um sie fachgerecht zu entsorgen? Welcher Anteil der ins Meer gelangten Abfälle wird auf diese Weise erfasst ? Bei Schießübungen mit Rohrwaffen, Flugkörpern und Torpedos im „scharfen“ Schuss fallen nur geringe Rückstände an. Bei Einsätzen von Flugkörpern werden diese bzw. deren Suchköpfe, sofern sie nicht zur Detonation gelangen, unmittelbar nach Übungsende geborgen. Beim Schießen mit Übungsmunition mit Rohrwaffen verbleiben die mit einer Gips-Beton-Mischung gefüllten Metallgeschosse im Übungsgebiet. Nach dem Schießen von Übungstorpedos werden diese wieder aufgenommen und ins Depot zurückgeführt. Bei Minensprengungen mit der Minenbekämpfungsdrohne SEEFUCHS C werden anfallende Metallteile unmittelbar nach Übungsende geborgen. 20. Zu wie vielen Havarien mit Austritt von Öl oder anderen chemischen Stoffen ist es im Bundeswehrbetrieb seit dem Jahr 2009 auf der Nordsee bzw. auf der Ostsee gekommen (bitte jeweils unter Angabe von Austrittsmenge, Ort und Datum des Vorfalls)? Siehe beigefügte Tabelle. Drucksache 18/2963 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Welche Studien und welches Monitoring hat die Bundesregierung in Auftrag gegeben, um weitere Auswirkungen der Aktivitäten der Bundeswehr auf die Meeresumwelt zu untersuchen, und welche weiteren Untersuchungen plant die Bundesregierung? Die Bundesregierung hat keine derartigen Studien und oder Monitorings beauftragt . 22. Welche Untersuchungen werden an gestrandeten, verendeten Meeressäugern zur Ermittlung der Todesursachen durchgeführt, um festzustellen, ob das Verenden von Meeressäugern mit Schallereignissen im Meer im Zusammenhang steht? Für Fragen bezüglich der Ermittlung der Todesursachen von gestrandeten Meeressäugern sind die jeweiligen Küstenbundesländer zuständig. 23. Welche Forschungsaufträge hat die Bundesregierung zur Ermittlung der Auswirkungen von Unterwasserdetonationen auf Meerestiere in Auftrag gegeben oder beabsichtigt sie in Auftrag zu geben? Hierzu wird auf den Jahresbericht des Bund-Länder-Ausschusses Nord- und Ostsee (BLANO) „Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer – Entwicklungen und Fortschritt (2013)“ verwiesen (veröffentlicht bei www.munition -im-meer.de). 24. Mit welchen Methoden erfolgt nach Unterwasserdetonationen eine gezielte Nachsuche nach verletzten oder getöteten Meeressäugetieren? Es erfolgt grundsätzlich eine optische Nachsuche. 25. Welche Selbstverpflichtungen hat sich die Bundeswehr zur Verringerung der Unterwasserschallbelastung auferlegt, oder welche staatlichen Vorgaben gibt es mit diesem Ziel? Bereits seit September 2007 gilt die Weisung für die Flotte der Marine zum Schutz der Meeressäuger und der maritimen Umwelt. Darin werden konkrete Maßnahmen zur Minimierung des Einflusses von Unterwasserschall auf Meeressäuger und maritime Lebensräume benannt, abhängig von der operationellen Situation (siehe hierzu auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Frage 7 auf Bundestagsdrucksache 17/5009). Grundsätzlich gelten die Vorgaben des Umweltrechts. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2963 Anlage zu Parl Sts bei der Bundesministerin der Verteidigung Grübel 1880022-V59 vom 20. Oktober 2014 Datum Ort Menge Stoff 15.04.2009 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 10 Liter Diesel 04.06.2009 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 30 Liter Hydraulikflüssigkeit 17.06.2009 Kiel, Marinearsenal unbekannt Öl 26.08.2009 Kiel, Marinestützpunkt 3 Liter Diesel 27.08.2009 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 1 Liter Hydraulikflüssigkeit 12.10.2009 Kiel, Marinearsenal unbekannt Öl 03.11.2009 Kiel, Marinestützpunkt unbekannt ölhaltiges Bilgewasser 17.11.2009 Kiel, Marinearsenal unbekannt ölhaltiges Bilgewasser 23.02.2010 Wilhelmshaven, Marinearsenal 0,1 Liter Öl 12.04.2010 Warnemünde, Marinestützpunkt Hohe Düne 10 bis 15 Liter Diesel 14.04.2010 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 1 bis 2 Liter Motoröl 11.06.2010 Eckernförde, Marinestützpunkt 1,5 Liter Öl 06.10.2010 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden unbekannt ölhaltiges Bilgewasser 30.03.2011 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 70 × 70 Meter Dieselteppich Diesel 25.05.2011 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden unbekannt Betriebsstoffe 16.06.2011 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 10 Liter Bilgewasser 28.09.2011 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden unbekannt Diesel 24.11.2011 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden unbekannt Betriebsstoffe 08.12.2011 Eckernförde, Marinestützpunkt 25 Liter Hydrauliköl 05.07.2012 Eckernförde, Marinestützpunkt 2 bis 3 Liter Diesel 26.01.2013 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 200 Liter Bilgewasser 27.01.2013 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden unbekannt Öl 16.02.2013 Wilhelmshaven Marinestützpunkt 300 Liter Hydrauliköl Heppenser Grooden Drucksache 18/2963 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22.11.2013 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 10 Liter Hydrauliköl 02.12.2013 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden unbekannt Bilgewasser 12.06.2014 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 10 Liter Bilgewasser 08.09.2014 Wilhelmshaven Marinestützpunkt Heppenser Grooden 20 Liter Hydrauliköl Datum Ort Menge Stoff Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333