Deutscher Bundestag Drucksache 18/2965 18. Wahlperiode 22.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Azize Tank, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2726 – Praktische Probleme der Wahrnehmung von Rechtsansprüchen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind in der Wahrnehmung ihres Rechtsanspruchs oftmals mit verschiedenen Hindernissen und Problemlagen konfrontiert. Des Weiteren wird ihnen auch vermehrt die Annahme prekärer und nicht existenzsichernder Beschäftigung nahegelegt bzw. werden sie in solche Beschäftigungsverhältnisse vermittelt. So gibt es immer wieder Hinweise von Menschen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, dass die unterschiedlichen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den Jobcentern nicht über den gleichen Aktenstand verfügen. Dies stellt angesichts der nahezu halbjährig wechselnden Zuständigkeiten eine erhebliche Belastung für alle Beteiligten dar. Ferner berichten Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher, dass eingereichte Unterlagen trotz angegebenem Aktenzeichen immer wieder nicht den bzw. die Zuständigen erreichen, dass die Aktenzeichen des Öfteren nicht übereinstimmen und dass Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Leistungsabteilungen sowie der Vermittlungsabteilungen offenbar nicht über den gleichen Sachstand bezüglich der einzelnen Fälle der Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher verfügen. Antragstellende nichtdeutscher Muttersprache werden i. d. R. nicht über die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Dolmetschern gemäß der Weisung der Bundesagentur für Arbeit „HEGA 05/11 – 08 – Inanspruchnahme von Dolmetscher - und Übersetzungsdiensten“ informiert. Informationsblätter liegen oft nur in deutscher, türkischer, englischer und französischer Sprache vor, obwohl viele Leistungsbeziehende aus anderen Regionen der Welt kommen und diese Sprachen nicht sprechen. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 20. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Des Weiteren tritt immer wieder der Fall auf, dass Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern aufgefordert werden, sich für sog. 450-Euro-Jobs in den Nachmittags- und Abendstunden zu bewerben. Ein besonderes Problem stellt die Vermittlung in solche Jobs in bestimmten Branchen – insbesondere Friseure, (Lebensmittel-)Einzelhandel, Tankstellen, Gastronomie – dar. Hier gibt es na- Drucksache 18/2965 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode hezu keinerlei Möglichkeit, bei Bedarf den Vertrag auf Vollzeit aufzustocken, um so die Situation als ALG-II-Bezieher (ALG: Arbeitslosengeld) beenden zu können. Außerdem sind die Arbeitszeiten nicht mit der Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsmöglichkeiten vereinbar. Zusätzlich ist diese Vermittlung bezüglich einer dauerhaften Beschäftigung arbeitsmarktpolitisch für zahlreiche Menschen im SGB-II-Leistungsbezug kontraproduktiv. Eine Vermittlung in Ausbildungsplätze – so gewünscht – würde die Chancen einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt stärken und wäre arbeitsmarktpolitisch auch sinnvoller. § 11 Absatz 2 SGB II sieht vor, dass Einnahmen im Monat des Zugangs berücksichtigt werden. Das führt angesichts der Tatsache, dass Entgeltzahlungen erst am Monatsende vorgenommen werden, zu einer unbilligen Härte, wenn für den Monat bereits die potenzielle Einnahme von der Leistung abgezogen wird. 1. Wie erfolgt die beabsichtigte Umsetzung der einheitlichen Aktenführung in den Jobcentern? Welche Maßnahmen trifft die Bundesagentur für Arbeit bzw. hat sie getroffen , alle eingereichten Unterlagen einzuscannen, um somit dem jeweilig zuständigen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern einen einheitlichen Zugriff auf den Sachstand zu ermöglichen? Und wie wird dabei die Einhaltung des Datenschutzes gewährleistet? Diese Antwort bezieht sich nur auf Jobcenter, die in der Form einer gemeinsamen Einrichtung durch Bundesagentur für Arbeit (BA) und Kommune gemeinsam geführt werden. Die Aktenführung ist Aufgabe der jeweils zuständigen Verwaltungsbehörde . Somit können Regelungen zum Aufbau und zur weiteren Führung einer Akte nicht zentral, sondern nur durch das jeweilige Jobcenter vorgegeben werden. Die BA hat zur Unterstützung der gemeinsamen Einrichtungen Empfehlungen zum Aufbau und Führen einer Leistungsakte im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) (GA 3/2013 Nr. 9) veröffentlicht, hierbei die einschlägigen Normen benannt und im Hinblick auf datenschutzrechtliche Fragen eine Checkliste konzipiert. Diese Empfehlungen wurden vor dem Hintergrund einer papiernen Aktenführung erarbeitet, wären aber auch auf eine elektronische Aktenführung übertragbar. In den gemeinsamen Einrichtungen erfolgt derzeit noch keine elektronische Aktenführung; es steht zunächst eine Erprobung bevor. Bei der Erprobung der elektronischen Akte wird der datenschutzkonforme Umgang mit den eingescannten Dokumenten durch einheitliche Regeln zur Digitalisierung und die mit dem Scandienstleister getroffenen Vereinbarungen sichergestellt . Des Weiteren gewährleistet ein Berechtigungskonzept den datenschutzkonformen Zugriff der Mitarbeiter. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) begleitet das Projekt. 2. Wie stellt die Bundesagentur für Arbeit sicher, dass die „HEGA 05/11 – 08 – Inanspruchnahme von Dolmetscher- und Übersetzungsdiensten“ auch tatsächlich zur Anwendung kommt? Welche Maßnahmen sind dazu ergriffen worden? Wie oft wurden diese Dienste – aufgeteilt nach Bundesländern – in Anspruch genommen, und wie stehen diese im Verhältnis zu der Anzahl Antragstellender nichtdeutscher Muttersprache? Je nach Zuständigkeit der BA als Träger der Leistungen in der gemeinsamen Einrichtung kann eine HEGA (Handlungsempfehlung und Geschäftsanweisung) Informations-, Empfehlungs- oder Weisungscharakter haben. Die in der Frage genannte HEGA hat im SGB II lediglich Informationscharakter. Sie soll den ge- meinsamen Einrichtungen aufzeigen, welche Dolmetscher- oder Übersetzerdienste sie in Anspruch nehmen können, besitzt jedoch keinen Verbindlichkeits- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2965 charakter. Daher kann die BA hier auch keine Maßnahmen ergreifen, um die Inanspruchnahme der durch sie angebotenen bzw. zur Verfügung gestellten Dienstleistungen durch die gemeinsamen Einrichtungen sicherzustellen. Für Übersetzungsdienstleistungen gibt es bundesweit seit dem 1. April 2013 einen Rahmenvertrag. Eine Aussage, in welcher Größenordnung die Dienste von den Jobcentern in Anspruch genommen werden, ist nicht möglich. Für Dolmetscherdienstleistungen gibt es keinen zentralen Rahmenvertrag. 3. In welchen Sprachen über die bereits in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten hinaus, werden die Informationsblätter den Jobcentern zur Verfügung gestellt? Wann ist mit der Veröffentlichung von Informationsblättern in weiteren Sprachen zu rechnen? Sind für die Erstellung und Ausgabe dieser Informationsblätter die jeweiligen Jobcenter oder die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg zuständig? Welche Regelungen gelten für die Optionskommunen? In welchem Umfang werden Ausfüllhilfen in den entsprechenden Sprachen mit ausgegeben? Das von der BA für die gemeinsamen Einrichtungen aufgelegte Merkblatt SGB II wird derzeit außer in deutscher Sprache auch in englischer, türkischer und russischer Sprache angeboten, und ist in dieser Form auch online abrufbar (www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Formulare/Detail/index.htm?df ContentId=L6019022DSTBAI485740). Im Zusammenhang mit einer kürzlich erfolgten Aktualisierung des Merkblattes wurden die gemeinsamen Einrichtungen dazu befragt, welche weiteren Sprachen in der Praxis benötigt werden. Nach Auswertung der Rückmeldungen wird die BA das Angebot ausweiten. Die Ausfüllhinweise zu den Antragsvordrucken SGB II werden seit dem 1. April 2014 außer den in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Sprachen auch in Russisch, Arabisch, Polnisch, Griechisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch , Serbisch und Kroatisch angeboten. Es kann von den gemeinsamen Einrichtungen bestellt werden und steht zudem online zum Abruf bereit. Die BA plant zudem die Ausweitung des Angebotes auch auf Bulgarisch und Rumänisch . Die Erstellung und Ausgabe der Ausfüllhinweise für die gemeinsamen Einrichtungen erfolgt durch die Zentrale der BA. Die gemeinsamen Einrichtungen sind jedoch aufgrund ihrer Verwaltungshoheit nicht verpflichtet, diese zu verwenden. Die Bestellmenge variiert zwischen 11 800 Exemplaren in portugiesischer Sprache und 42 100 Exemplaren in türkischer Sprache: Englisch: 41 600* Türkisch: 42 100 Russisch: 33 200 Arabisch: 20 700 Polnisch: 18 900 Griechisch: 16 400 Spanisch: 13 900 Italienisch: 12 300 Französisch: 12 300 Drucksache 18/2965 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Portugiesisch: 11 800 Serbisch und: 13 400 Kroatisch: 14 100 * Bedarfserhebung bei den gemeinsamen Einrichtungen für den Zeitraum April 2014 bis März 2015. Merkblatt und Antragsunterlagen werden von der BA im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die gemeinsamen Einrichtungen aufgelegt. Die zugelassenen kommunalen Träger entscheiden in eigener Zuständigkeit über die Verwendung und Gestaltung von Merkblättern und Antragsunterlagen. Die zugelassenen kommunalen Träger unterliegen der Landesaufsicht. 4. Wie werden die Jobcenter dem Anliegen Alleinerziehender gerecht, nicht in Beschäftigungsverhältnisse zu unzumutbaren Zeiten, in denen keine Kinderbetreuung möglich ist, vermittelt zu werden, zukünftig Rechnung tragen? Wie steht die Bundesregierung zu den den Fragestellern zugetragenen Aussagen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jobcentern, dass auch unter Sechzehnjährige ohne Probleme zu Hause alleine gelassen werden sollen? Nach den gesetzlichen Regelungen ist die Aufnahme einer Tätigkeit nur zumutbar , wenn die Ausübung der Arbeit die Erziehung des Kindes nicht gefährdet. Die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit die Betreuung durch eine Tageseinrichtung oder auf sonstige Weise sichergestellt ist. Im Rahmen eines persönlichen Beratungsgesprächs zwischen der/dem alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und dem persönlichen Ansprechpartner im Jobcenter werden die familiären Rahmenbedingungen erörtert und dokumentiert. Es wird im Einzelfall geklärt, ob beispielsweise zu Nachmittags - und Abendstunden der andere Elternteil, Großeltern oder geeignete Betreuungseinrichtungen die Betreuung des Kindes sicherstellen können. Sofern Alleinerziehende Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu Nachmittags- und Abendstunden haben, sollten auch Arbeitsangebote unterbreitet werden, die diese Arbeitszeiten umfassen. Ist eine Kinderbetreuung zu Nachmittags- und Abendzeiten nicht sichergestellt, sollten nur Arbeitsangebote unterbreitet werden , die mit den Betreuungszeiten der Kinder vereinbar sind. Ob die Betreuung eines Kindes sichergestellt ist, ist im Einzelfall zu entscheiden . Dies ergibt sich auch aus den fachlichen Hinweisen zu den Regelungen der Zumutbarkeit nach § 10 SGB II. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass in den Jobcentern die Regelungen zur Zumutbarkeit nicht beachtet würden. 5. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung aufgrund von Untersuchungen durch die Bundesagentur für Arbeit respektive des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) oder des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) vor, wie viele einschlägig ausgebildete Fachkräfte in den in der Vorbemerkung der Fragesteller beispielhaft genannten Berufen und Branchen (hier: Friseure, (Lebensmittel-)Einzelhandel, Tankstellen, Gastronomie ) arbeitslos sind, und wie viele Stellen mit 450-Euro-Jobs in diesen Branchen besetzt sind? Wie ist das Verhältnis von ausgebildeten zu nichtausgebildeten Fachkräften sowie 450-Euro-Jobbern in den genannten Bereichen? Welche berufsbildungspolitischen Folgerungen zieht die Bundesregierung bei einem ungünstigen Verhältnis zu Lasten der einschlägig Ausgebildeten? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2965 Welche arbeitsmarktpolitischen Konsequenzen wird die Bundesregierung ziehen, um außer bei freiwilliger Teilzeitbeschäftigung die Vollzeitbeschäftigung auch in diesen Bereichen nachhaltig zu verbessern? Arbeitslose können in der statistischen Erfassung nicht nach der Branche unterschieden werden, in der sie vor der Arbeitslosigkeit gearbeitet haben. Deshalb wurden die Auswertungen für Arbeitslose und Beschäftigte nach dem Zielberuf bzw. der ausgeübten Tätigkeit erstellt. Die Beschäftigung in der Wirtschaftsgruppe „Einzelhandel mit Motorenkraftstoffen (Tankstellen)“ wird ergänzend ausgewiesen; hier war eine berufliche Zuordnung nicht möglich. Die Unterscheidung nach Fachkräften wird auf Basis der Klassifikation der Berufe (KldB 2010) vorgenommen, in der Berufe bzw. die ausgeübte Tätigkeit nach dem Anforderungsniveau in Helfer- und Anlerntätigkeiten, fachlich ausgerichtete Tätigkeiten , komplexe Spezialistentätigkeiten und hoch komplexe Expertentätigkeiten unterschieden werden. Für diese Anfrage werden Fachkräfte, Spezialisten und Experten zu Fachkräften im weiteren Sinne zusammengefasst. Im Dezember 2013 gab es 105 000 Arbeitslose, die Berufe im Verkauf von Lebensmitteln, der Gastronomie und im Friseurgewerbe suchten. 75 800 (72 Prozent) dieser Arbeitslosen strebten Berufe mit dem Anforderungsniveau Fachkraft an. Gleichzeitig gab es in diesem Monat 859 700 sozialversicherungspflichtige und 795 700 geringfügig Beschäftigte (ausschließlich und im Nebenerwerb) in diesen Berufen. Von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiteten in diesen Berufen 765 100 (89 Prozent) und von den geringfügig Beschäftigten 573 100 (72 Prozent) als Fachkraft im weiteren Sinne. Der Vergleich zeigt, dass der Anteil der Fachkräfte an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um fast 20 Prozentpunkte größer ausfällt als bei den Arbeitslosen und den geringfügig Beschäftigten. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode sieht u. a. vor, dass die Übergänge aus geringfügiger in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erleichtert werden sollen. Hierzu führt die BA derzeit Pilotprojekte durch, wie die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung unterstützt werden kann. Im Rahmen des ESF-Programms „Perspektive Wiedereinstieg“, welches die BA im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit 2009 durchführt , werden zudem Frauen, die während oder nach ihrem beruflichen Wiedereinstieg eine geringfügige Beschäftigung ausüben, in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung integriert. Für die nun anstehende ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 ist im Programm „Perspektive Wiedereinstieg – Potenziale erschließen “ vorgesehen, in den Modellprojekten die Potenziale von Frauen in Minijobs als einen von zwei Wahlschwerpunkten (neben „Wiedereinstieg und Pflegeverantwortung “) besonders in den Fokus zu nehmen mit dem Ziel, Übergänge von geringfügiger in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu schaffen. 6. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung einleiten, dass Leistungsberechtigte , die zum Neuerwerb einer Qualifikation einer mehrjährigen Vollzeitausbildung nachgehen und keinen Anspruch auf Mittel nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz , Berufsausbildungsbeihilfe oder ALG I haben, nicht aus dem Leistungsbezug des SGB II herausfallen? Bildung und Ausbildung sind wesentliche Faktoren der gesellschaftlichen Teilhabe . Sie entscheiden mit über Beschäftigungschancen und die Höhe des Einkommens . Eine gute Ausbildung in Form formaler Bildungsabschlüsse bleibt daher ein zentraler Faktor. Der Koalitionsvertrag sieht deshalb vor, die Schnittstellen der verschiedenen Sozialgesetzbücher zueinander sowie diejenigen zum Bundesausbildungsförderungsgesetz systematisch aufzuarbeiten und besser mit- einander zu verzahnen. Sicherungs- und Förderlücken sollen vermieden werden. Drucksache 18/2965 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ganz konkret umfasst diese Aufarbeitung auch das Verhältnis zwischen Grundsicherung für Arbeitsuchende und Ausbildungsförderung und dabei insbesondere den Anspruchsausschluss für Auszubildende nach § 7 Absatz 5 SGB II. Diese Thematik hat auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rechtsvereinfachung SGB II erörtert und Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Schnittstelle beschlossen . Die Bundesregierung prüft derzeit die gesetzliche Umsetzung. 7. Welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, um den Übergang von Teilzeitbeschäftigung bei Leistungsbeziehenden gemäß SGB II in eine Vollzeitbeschäftigung zu verbessern? Wie schätzt die Bundesregierung diese Maßnahmen ein? Welche Mittel werden dafür eingesetzt, und wie nachhaltig sind die so geförderten Maßnahmen? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um Leistungsbeziehenden gemäß SGB II eine Umschulung mit dem Ziel des Erwerbs eines Berufsabschlusses nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. auch eine Teilzeitausbildung oder eine betriebliche Umschulung zu ermöglichen, weil dabei die Wahrscheinlichkeit der Einmündung in einen Arbeitsvertrag bei entsprechenden Vorkenntnissen höher ist? In den Jobcentern werden verschiedene Ansätze zum Ausbau von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung verfolgt. Es werden dazu Hemmnisse bearbeitet, die auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestehen, sowie solche, die den Rahmenbedingungen (z. B. kein Angebot der Kinderbetreuung zu Randzeiten ) geschuldet sind. Auch Arbeitgeber werden angesprochen und hinsichtlich der Weiterentwicklungsmöglichkeiten von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung im Unternehmen beraten, um Beschäftigungspotentiale auszuschöpfen. Beschäftigte SGB-II-Leistungsbeziehende können zudem bei Vorliegen der Fördervoraussetzungen eine abschlussorientierte berufliche Weiterbildungsförderung erhalten. Die Förderung einer abschlussorientierten beruflichen Nachqualifizierung kommt insbesondere in den Fällen in Betracht, in denen der beschäftigte SGB-II-Leistungsbeziehende über keinen bzw. keinen verwertbaren Berufsabschluss verfügt. In diesen Fällen kann eine abschlussorientierte Weiterbildung in Form einer Gruppenmaßnahme oder betrieblichen Einzelumschulung gefördert werden. Auch eine Förderung von abschlussorientierten Teilzeitmaßnahmen ist möglich. Es wird jeweils im Einzelfall entschieden, welche konkreten Förderangebote für Arbeitnehmer und Arbeitgeber unter Berücksichtigung ihrer Nachhaltigkeit geeignet sind. Die Finanzierung der Angebote erfolgt im Rahmen der den Jobcentern zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel des Eingliederungstitels SGB II. 8. Was wird die Bundesregierung unternehmen, um die Leistungsauszahlung gemäß § 11 Absatz 2 SGB II zu korrigieren und um unnötige Belastungen der Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter zu vermeiden? Nach § 11 Absatz 2 Satz 1 SGB II sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie den leistungsberechtigten Personen zufließen. Die Regelung folgt dem Monatsprinzip in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Leistungen werden jeweils für einen Kalendermonat – den Bedarfszeitraum – berechnet und ausgezahlt. Hilfebedürftigkeit – und damit Leistungsan- spruch – besteht nur, soweit es der leistungsberechtigten Person nicht möglich ist, ihren Lebensunterhalt mit dem im Bedarfszeitraum zufließenden Einkom- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2965 men sowie vorhandenem Vermögen zu decken. Eine Korrektur dieses Zuflussprinzips ist weder erforderlich noch geplant. Besteht zu Beginn eines Monats eine Bedarfslücke, weil in dem jeweiligen Monat zufließende Einnahmen erst gegen Ende des Monats zu erwarten sind, ist diese zunächst durch vorhandenes freies Vermögen zu decken. Ist kein Vermögen vorhanden, können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 24 Absatz 4 SGB II als Darlehen erbracht werden. Dabei wird die voraussichtlich zu berücksichtigende Einnahme einmalig als Darlehen geleistet, sodass der Lebensunterhalt bis zum tatsächlichen Zufluss der Einnahmen gesichert ist. Bleiben Einkommensbeziehende trotz des zufließenden Einkommens leistungsberechtigt , erfolgt die Darlehensrückzahlung durch moderate monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfs. Damit ist die Darlehenserbringung nach § 24 Absatz 4 SGB II nur einmal erforderlich. 9. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob in allen Jobcentern Bankautomaten zur Barauszahlung bzw. Vorschusszahlung zur Verfügung stehen? Der Bundesregierung ist bekannt, dass Geldausgabeautomaten in einigen gemeinsamen Einrichtungen genutzt werden. Für den Bereich der zugelassenen kommunalen Träger kann die Bundesregierung keine Aussage treffen. Die Anzahl der Automaten variiert. Neben der Nutzung der Geldausgabeautomaten besteht die Möglichkeit, Vorschusszahlungen durch eine „Zahlungsanweisung zur Verrechnung im Sonderverfahren“ (ZzV-Bar) zu gewähren. Dadurch ist eine Vorschussleistung auch dann sichergestellt, wenn kein Geldausgabeautomat zur Verfügung steht. Die Entscheidung, welcher der oben beschriebenen Auszahlungswege genutzt wird, obliegt der Trägerversammlung (§ 44c Absatz 2 SGB II). Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333