Deutscher Bundestag Drucksache 18/2969 18. Wahlperiode 23.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2734 – Menschen ohne Krankenversicherung und das Beitragsschuldengesetz Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit April 2007 sind alle Personen, die der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuzuordnen sind, verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen . Für Personen, die der privaten Krankenversicherung (PKV) zuzuordnen sind, gilt eine entsprechende Pflicht seit Anfang des Jahres 2009. Wer dieser Pflicht zur Krankenversicherung verspätet nachkam, dem wurde in der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend der gesetzlichen Regelungen zusätzlich zu den vollständig nachzuzahlenden Beiträgen ein hoher Säumniszuschlag in Höhe von 5 Prozent pro Monat auferlegt. Dies führte bei vielen Nichtversicherten zu Beitragsrückständen in fünfstelliger Höhe, sobald sie einen Krankenversicherungsschutz beantragten (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/12317). Da im Ergebnis der Verpflichtung zur Krankenversicherung Versicherte in einer vermutlich sechsstelligen Größenordnung nicht nachgekommen sind bzw. aus finanziellen Gründen nicht nachkommen konnten, beschloss der Deutsche Bundestag im Jahr 2013 das „Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung“. In diesem Gesetz wurde eine Stichtagsregelung eingeführt, wonach alle diejenigen Nichtversicherten, die bis zum 31. Dezember 2013 bei einer Krankenkasse eine Mitgliedschaft beantragen, von Säumniszuschlägen und nachzuzahlenden Beiträgen befreit werden. Mit diesem Anreiz sollten möglichst viele Nichtversicherte zum Abschluss einer Krankenversicherung bewegt werden. Wer sich erst ab dem 1. Januar 2014 versichert, wird gegenüber der alten Regelung auch bessergestellt: Grundsätzlich sind nun nur noch in der Sozialversicherung übliche Säumniszuschläge von 1 Prozent pro Monat zu zahlen. Die Krankenkassen „sollen“ (vorher: „können“) außerdem den Neuversicherten die nachzuzahlenden Beiträge angemessen ermäßigen. Wenn eine Ermäßigung gewährt wird, dann entfallen auch die Säumniszuschläge. Die Ermäßigung muss über die gesetzliche Soll-Regelung hinaus gemäß der „Einheitlichen Grundsätze zur Beseitigung Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 21. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden“ gewährt werden. Diesen Grundsätzen entsprechend ist für die Ermittlung des monatlichen Beitrags der zehnte Teil der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) heranzuziehen. Der monatliche Beitrag entspricht also beispielsweise im Kalenderjahr 2014 rund 43 Euro. Drucksache 18/2969 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auch im Bereich der PKV brachte das Beitragsschuldengesetz eine Niederschlagung der dort erhobenen Prämienzuschläge. Zudem wurde in der PKV der Notlagentarif eingeführt. Der Erfolg des Beitragsschuldengesetzes ist mäßig. Laut Bundesregierung sind in der Zeit der Beitragsamnestie 28 800 Personen einer gesetzlichen Krankenkasse und 4 500 Personen einer privaten Krankenversicherung beigetreten (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 44 und 45 des Abgeordneten Harald Weinberg auf Bundestagsdrucksache 18/1789). Über die Regelungen der Pflicht zur Krankenversicherung sowie das Beitragsschuldengesetz hinaus gibt es bei speziellen sozial benachteiligten Gruppen nach wie vor Probleme beim Krankenversicherungsschutz. Weitere Probleme sind vorprogrammiert: Das Gesetz hat – von den niedrigeren Säumniszuschlägen abgesehen – keine Auswirkungen auf zukünftige Beitragsschulden von nicht zahlungsfähigen Mitgliedern. Gerade im Bereich der schlechtverdienenden Solo-Selbständigen wird es immer eine nicht geringe Anzahl an Mitgliedern geben, die die relativ hohen Beiträge zumindest zeitweilig nicht aufbringen können. Hier greift dann nicht das Solidarprinzip, sondern es laufen über Monate oder gar Jahre Beitragsschulden und immer noch nicht zu vernachlässigende Säumniszuschläge auf. Während dieser Zeit erhalten die Mitglieder nur eine Notversorgung analog zum Asylbewerberleistungsgesetz . Nach der nur alle vier Jahre erscheinenden Statistik des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Nichtversicherten von 196 000 Personen im Jahr 2007 auf 137 000 Personen im Jahr 2011 zurückgegangen. Diese positive Entwicklung wird allerdings dadurch konterkariert, dass Obdachlose und Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus darin nicht berücksichtigt werden. Gerade in diesen Gruppen ist allerdings sowohl ein sehr hoher Anteil an Menschen ohne Krankenversicherung, als auch an behandlungsbedürftigen Patientinnen und Patienten zu erwarten. Krankenhäuser sind – etwa im Rahmen des § 323c des Strafgesetzbuchs (StGB, unterlassene Hilfeleistung) – zu einer Behandlung auch von Menschen ohne Krankenversicherung mit einer ernsthaften Erkrankung verpflichtet. Oft bleiben sie aber auf den Kosten sitzen, weil zur Geltendmachung der Kosten bei den Sozialämtern die Krankenhäuser die Hilfebedürftigkeit dieser Personen selbst nachweisen müssen, was oft nicht gelingt. Damit wird der Anspruch seitens des Sozialamts dann zurückgewiesen. In jedem Fall ist die Behandlung einer Person ohne Krankenversicherung für die Krankenhäuser mit erhöhter Bürokratie und oft mit erheblichen Kosten belastet. Entsprechend schlecht sind die Anreize für die Krankenhäuser zu einer guten Behandlung dieser auch ansonsten sozial benachteiligten Patientengruppen. Bei der Festlegung der Fristen für das Beitragsschuldengesetz wurden bereits vor Ende 2013 in Deutschland lebende Rumänen und Bulgaren nicht beachtet, die oftmals zu prekären Bedingungen selbständig tätig waren und erst seit dem 1. Januar 2014 die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen. In einer niedrig honorierten Selbständigkeit haben viele sich keine Krankenversicherungen – zumal ohne jede Arbeitgeber- bzw. Auftraggeberbeteiligung – leisten können. Einige sind seit Januar 2014 angestellt und hatten kaum die Möglichkeit , von dem Schuldenerlass zu profitieren. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung (sog. Beitragsschuldengesetz) regelte für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung im Wesentlichen neben der Abschaffung und dem Erlass von erhöhten Säumniszuschlägen auch den Erlass von Beitragsschulden für nachrangig versicherungspflichtige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV); der Erlass der erhöhten Säumniszuschläge betraf ausdrücklich auch freiwillig versicherte Mitglieder in der GKV. Der Erlass be- zieht sich auf den erhöhten Säumniszuschlag und auf Rückstände aus dem Zeitraum der rückwirkend festgestellten Versicherungspflicht, für den keine Leis- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2969 tungen gewährt wurden. Dadurch sollte eine weitere Überforderung verhindert, der Abbau entstandener Beitragsschulden erleichtert und die Betroffenen zugleich motiviert werden, sich bei ihrer Krankenkasse zu melden, um einen Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Daneben sieht das Beitragsschuldengesetz unbefristet die Möglichkeit vor, dass die Krankenkasse die für die Zeit seit dem Eintritt der Versicherungspflicht nachzuzahlenden Beiträge angemessen ermäßigt, wenn Versicherte ab dem 1. Januar 2014 das Vorliegen der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) anzeigen. Darauf entfallende Säumniszuschläge sind in diesem Fall vollständig zu erlassen. Festzuhalten ist schon heute, dass das Problem der Nichtinanspruchnahme eines Krankenversicherungsschutzes und von rückständigen Beitragsschulden durch das Beitragsschuldengesetz in diesem Teilbereich erfolgreich angegangen worden ist. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat kürzlich in der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 24. September 2014 zu den Wirkungen des am 1. August 2013 in Kraft getretenen Beitragsschuldengesetzes berichtet und aktuelle Daten des GKV-Spitzenverbands zum Stand der Umsetzung vorgelegt. Die mit Stand vom 31. August 2014 vorgelegten Daten für die GKV bestätigen, dass das Beitragsschuldengesetz die vom Gesetzgeber intendierte Wirkung erzielt und einer großen Zahl von Menschen Krankenversicherungsschutz und Befreiung von erheblichen Beitragsschulden gebracht hat. Rund 55 000 Menschen haben von den Regelungen des Beitragsschuldengesetzes durch Beitragserlass und Beitragsermäßigungen profitiert. 50 255 Menschen wurden Beiträge in Höhe von insgesamt 231,6 Mio. Euro erlassen. Von diesen 50 255 Menschen haben 25 780 von der Altfallregelung (Meldung bei der Krankenkasse vor dem 31. Juli 2013) und 24 475 Menschen von der Stichtagsregelung (Meldung vom 1. August bis 31. Dezember 2013) Gebrauch gemacht. Damit hat sich der erlassene Betrag seit Januar 2014 (120,1 Mio. Euro) nahezu verdoppelt. Weitere 4 678 Personen haben bei Meldung nach dem 1. Januar 2014 eine Beitragsermäßigung erhalten. Darüber hinaus wurden zahlreichen Versicherten erhöhte Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 909,4 Mio. Euro erlassen (Januar 2014: 753 Mio. Euro). Die Situation in der privaten Krankenversicherung (PKV) stellt sich wie folgt dar: Nach Aussage des Verbands der privaten Krankenversicherung waren zum 30. Juni 2014 100 700 Personen im Notlagentarif versichert, davon ca. 6 500 in der Beihilfevariante. Zahlen dazu, wie viele Personen bislang nach Begleichung der Beitragsschulden vom Notlagentarif in den Ursprungstarif zurückkehren konnten, liegen weder dem BMG noch dem Verband der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) vor. Im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Beitragsschuldengesetzes am 1. August 2013 und dem 31. Dezember 2013 haben ca. 4 500 Personen aus der Nichtversicherung einen Versicherungsvertrag in der PKV abgeschlossen, ohne dass dafür ein ansonsten erforderlicher Prämienzuschlag berechnet wurde. Außerdem wurden durch das Beitragsschuldengesetz die Möglichkeiten der Versicherten verbessert, bei Vertragsschluss nach dem 31. Dezember 2013 den wegen verspätetem Vertragsschluss zu leistenden Prämienzuschlag zu begleichen . Versicherte haben nunmehr einen Anspruch auf eine Stundung des Prämienzuschlags , wenn den Interessen des Versicherers durch angemessene Ratenzahlung Rechnung getragen wird. Eine weitere Neuregelung des Beitragsschuldengesetzes stellt sicher, dass Kran- kenkassen Versicherungsverhältnisse zeitnah klären und der Kontakt zum Versicherten nicht abreißt: Für Personen, die aus einer bisherigen Versicherungs- Drucksache 18/2969 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode pflicht oder einer Familienversicherung ausscheiden, setzt sich danach die Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung fort, es sei denn, die Betroffenen erklären innerhalb von zwei Wochen ihren Austritt und weisen eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nach (§ 188 Absatz 4 SGB V). Die Regelung zur nachrangigen Versicherungspflicht kommt daher künftig nur für einen zunehmend kleineren Personenkreis zur Anwendung. Es bleibt abzuwarten, ob diese Kontinuität auch dazu beiträgt, auch der Entstehung von Beitragsschulden bei diesem Personenkreis entgegenzuwirken. Die Bundesregierung beobachtet die Entwicklung aufmerksam. Dabei müssen immer auch die damit verbundenen Kostenfolgen und ihre Auswirkungen für die Solidargemeinschaft der GKV sehr genau bewertet und berücksichtigt werden . 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob die seit Anfang 2014 geltenden und die im Vergleich zu der Situation vor Inkrafttreten des Beitragsschuldengesetzes günstigeren Bedingungen für Nichtversicherte zu einer erhöhten Zahl an Eintritten in die gesetzliche oder private Krankenversicherung geführt haben? Mit dem Beitragsschuldengesetz ist es gelungen, die Zahl der Personen weiter zu reduzieren, die der nachrangigen Versicherungspflicht in der GKV unterliegen , sich aber bisher nicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse gemeldet haben , um ihre Mitgliedschaft feststellen zu lassen und ihren Versicherungsschutz wahrzunehmen. Es ist erreicht worden, dass zahlreiche Personen, die unter diese Versicherungspflicht fallen, durch die mit dem Beitragsschuldengesetz gesetzten Anreize Zugang zu einer Krankenversicherung gefunden haben. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes haben mit Stand vom 31. August 2014 in der Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2013 24 475 Personen das Vorliegen der Voraussetzungen der nachrangigen Versicherungspflicht einer Krankenkasse angezeigt und damit eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet. Diesen Mitgliedern sind die für die Zeit seit dem Eintritt der Versicherungspflicht nachzuzahlenden Beiträge und die darauf entfallenden Säumniszuschläge erlassen worden. Weitere 4 678 Personen, die sich bislang noch nicht zur Feststellung ihrer Mitgliedschaft als nachrangig Versicherungspflichtige gemeldet hatten, haben ab dem 1. Januar 2014 das Vorliegen der Voraussetzungen angezeigt. Sie haben eine Beitragsermäßigung für die seit dem Eintritt der Versicherungspflicht nachzuzahlenden Beiträge erhalten. Im Bereich der PKV haben im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Beitragsschuldengesetzes zum 1. August 2013 und dem 31. Dezember 2013 etwa 4 500 Personen aus der Nichtversicherung einen Versicherungsvertrag abgeschlossen . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Welche Beitragsschulden hat ein freiwillig versicherter Selbständiger mit einem nach § 240 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) (der vierzigste Teil der Bezugsgröße; Mindestbeitrag ohne Vermögensprüfung) festgesetzten Monatsbeitrag, wenn er jeweils in den letzten 24, 36, 48, 60 und 72 Monaten keine Beiträge gezahlt hat, aber bereits zuvor Mitglied einer Krankenkasse war? Wie hoch ist daran der Anteil der Säumniszuschläge? Der nachfolgenden Übersicht liegen die Annahmen zugrunde, dass Mitgliedschaftsbeginn der 1. Januar 2009 ist, jeweils der ermäßigte Beitragssatz ohne Anspruch auf Krankengeld Anwendung findet bzw. fand und für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent der auf Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2969 50 Euro abgerundeten rückständigen Beiträge berücksichtigt wurde (vgl. § 24 Absatz 1 des Viertes Buches Sozialgesetzbuch – SGB IV). 3. Welche Beitragsschulden hat ein freiwillig versicherter Selbständiger mit einem nach § 240 SGB V (der sechzigste Teil der Bezugsgröße; Mindestbeitrag mit Vermögensprüfung) festgesetzten Monatsbeitrag, wenn er jeweils in den letzten 24, 36, 48, 60 und 72 Monaten keine Beiträge gezahlt hat, aber bereits Mitglied einer Krankenkasse war? Wie hoch ist daran der Anteil der Säumniszuschläge? Es gelten die zur Antwort auf Frage 2 zugrunde gelegten Annahmen. 4. Welche Beitragsschulden hat ein freiwillig Versicherter mit einem nach § 240 SGB V (der neunzigste Teil der Bezugsgröße; Mindestbeitrag bei freiwillig Versicherten) festgesetzten Monatsbeitrag, wenn er jeweils in den letzten 24, 36, 48, 60 und 72 Monaten keine Beiträge gezahlt hat, aber bereits Mitglied einer Krankenkasse war? Wie hoch ist daran der Anteil der Säumniszuschläge? Es gelten die zu den Antworten auf die Fragen 2 und 3 zugrunde gelegten Annahmen . Jahr Beitragsrückstände zum Jahresende Säumniszuschläge zum Jahresende Rückstände gesamt zum Jahresende 2009 3 311,28 Euro 214,50 Euro 3 525,78 Euro 2010 6 599,57 Euro 823,00 Euro 7 422,57 Euro 2011 10 025,82 Euro 1 834,50 Euro 11 860,32 Euro 2012 13 545,95 Euro 3 263,50 Euro 16 809,45 Euro 2013 17 159,94 Euro 5 122,00 Euro 22 281,94 Euro 2014 20 867,81 Euro 7 419,00 Euro 28 286,81 Euro Jahr Beitragsrückstände zum Jahresende Säumniszuschläge zum Jahresende Rückstände gesamt zum Jahresende 2009 2 207,52 Euro 142,00 Euro 2 349,52 Euro 2010 4 399,71 Euro 546,50 Euro 4 946,21 Euro 2011 6 683,88 Euro 1 220,00 Euro 7 903,88 Euro 2012 9 030,63 Euro 2 171,50 Euro 11 202,13 Euro 2013 11 439,96 Euro 3 407,50 Euro 14 847,46 Euro 2014 13 911,87 Euro 4 938,00 Euro 18 849,87 Euro Jahr Beitragsrückstände zum Jahresende Säumniszuschläge zum Jahresende Rückstände gesamt 2009 1 471,68 Euro 94,50 Euro 1 566,18 Euro 2010 2 933,15 Euro 363,00 Euro 3 296,15 Euro 2011 4 455,93 Euro 811,00 Euro 5 266,93 Euro 2012 6 020,43 Euro 1 444,00 Euro 7 464,43 Euro 2013 7 626,65 Euro 2 268,00 Euro 9 894,65 Euro 2014 9 274,59 Euro 3 287,50 Euro 12 562,09 Euro Drucksache 18/2969 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Welche Beitragsschulden hat ein freiwillig versicherter Selbständiger mit einem nach § 240 SGB V (der vierzigste Teil der Bezugsgröße; Mindestbeitrag ohne Vermögensprüfung) festgesetzten Monatsbeitrag, wenn er bereits Mitglied einer Krankenkasse ist und in den nächsten 24, 36, 48, 60 und 72 Monaten keine Beiträge zahlen wird? Wie hoch ist daran der Anteil der Säumniszuschläge? Gibt es hier einen maßgeblichen Unterschied zu dem Fall in Frage 2? Die Rechengrößen der Sozialversicherung – hierzu gehört auch die monatliche Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, von der sich die Mindestbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder ableiten – werden jährlich auf der Grundlage der Einkommensentwicklung dynamisiert. Insoweit ist für die nächsten Jahre eine konkrete Berechnung nicht möglich. 6. Wie haben sich die Rückstände der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten seit dem Jahr 2007 entwickelt (bitte in Monatsschritten in absoluten Zahlen und ebenso in Euro pro Versichertem angeben)? 7. Wie haben sich die Rückstände der in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten seit dem Jahr 2007 entwickelt (bitte in Monatsschritten in absoluten Zahlen und ebenso relativ in Euro pro freiwillig Versichertem angeben)? 8. Wie haben sich die Rückstände der in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V Versicherten seit dem Jahr 2007 entwickelt (bitte in Monatsschritten in absoluten Zahlen und ebenso relativ in Euro pro Versichertem nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V angeben)? Die Fragen 6 bis 8 werden aufgrund des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine statistische Erhebung zu den Rückständen in der GKV sowie zu den freiwillig Versicherten und den sog. nachrangig Versicherten gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V liegt erst seit dem Jahr 2011 vor. Nach den Daten des Bundesversicherungsamtes ergeben sich folgende Beitragsrückstände für die GKV insgesamt. Eine Pro-Kopf-Auswertung ist nicht möglich, weil der Bundesregierung die monatliche Anzahl der Beitragsschuldner nicht bekannt ist. Der Gesamtrückstand ist danach die Summe der laufenden Rückstände und der befristeten Niederschlagungen von Beiträgen. Es handelt sich um einen Bestandswert . Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die folgenden Daten des Bundesversicherungsamtes zur Entwicklung der Beitragsrückstände für die Frage der Wirkung des Beitragsschuldengesetzes nicht aussagekräftig sind. Die Daten weisen Beitragserlasse nicht aus. Zeitraum Rückstand (GKV gesamt) in Euro 2011 (Gesamt) Januar 2 349 128 222,67 Februar 2 305 878 769,06 März 2 270 576 799,57 April 2 320 577 309,09 Mai 2 294 132 617,10 Juni 2 324 875 259,57 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2969 Juli 2 330 184 332,98 August 2 280 703 440,07 September 2 311 840 967,85 Oktober 2 269 493 208,87 November 2 325 100 602,44 Dezember 2 359 403 804,06 2012 Januar 2 315 723 101,68 Februar 2 289 174 578,86 März 2 279 707 041,43 April 2 317 197 589,74 Mai 2 321 495 173,92 Juni 2 327 294 395,98 Juli 2 312 559 759,53 August 2 306 873 567,88 September 2 319 843 789,42 Oktober 2 323 034 477,48 November 2 282 691 594,21 Dezember 2 398 377 718,26 2013 (Gesamt) Januar 2 352 224 922,95 Februar 2 363 419 724,24 März 2 354 053 223,17 April 2 370 477 619,92 Mai 2 359 706 495,99 Juni 2 409 265 725,06 Juli 2 376 683 708,03 August 2 386 548 122,83 September 2 408 118 242,86 Oktober 2 373 189 173,60 November 2 363 538 285,13 Dezember 2 423 218 230,93 2014 Januar 2 441 570 124,80 Februar 2 425 916 588,28 März 2 409 563 837,57 April 2 437 064 103,26 Zeitraum Rückstand (GKV gesamt) in Euro Mai 2 444 661 322,94 Drucksache 18/2969 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Juni 2 445 488 486,72 Juli 2 423 803 107,70 August 2 482 378 986,57 Zeitraum Rückstand (freiwillig Versicherte – gesamt) in Euro 2011 Januar 742 152 783,88 Februar 733 656 154,48 März 797 493 334,80 April 839 712 397,07 Mai 845 148 873,82 Juni 650 329 446,39 Juli 693 937 415,39 August 728 781 243,22 September 767 146 750,13 Oktober 775 164 506,37 November 933 092 844,23 Dezember 838 165 671,80 2012 Januar 970 547 862,15 Februar 1 007 156 941,47 März 1 030 918 690,71 April 1 054 353 147,10 Mai 1 078 610 858,66 Juni 1 099 451 477,24 Juli 1 131 366 154,62 August 1 150 535 134,63 September 1 177 735 014,44 Oktober 1 214 881 825,65 November 1 241 865 572,69 Dezember 1 284 812 772,10 2013 Januar 1 298 136 912,22 Februar 1 351 677 110,30 März 1 375 596 512,80 April 1 413 059 553,49 Zeitraum Rückstand (GKV gesamt) in Euro Mai 1 327 873 477,23 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2969 Juni 1 366 896 137,73 Juli 1 329 661 412,84 August 1 397 493 240,20 September 1 408 409 325,68 Oktober 1 334 705 331,69 November 1 315 804 652,77 Dezember 1 309 313 583,95 2014 Januar 1 680 040 535,57 Februar 1 714 453 014,73 März 1 715 226 771,31 April 1 642 175 671,96 Mai 1 662 527 548,81 Juni 1 672 674 878,07 Juli 1 664 136 178,37 August 1 698 233 552,08 Zeitraum Rückstand (Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V – gesamt) in Euro 2011 Januar 250 891 680,25 Februar 267 062 929,41 März 282 609 955,15 April 302 758 076,34 Mai 313 103 385,37 Juni 310 900 300,54 Juli 318 118 176,04 August 348 748 217,31 September 372 054 105,73 Oktober 378 703 131,39 November 393 931 008,95 Dezember 419 396 367,82 2012 Januar 459 743 007,83 Februar 483 194 785,27 März 505 838 900,35 Zeitraum Rückstand (freiwillig Versicherte – gesamt) in Euro April 526 084 859,47 Drucksache 18/2969 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Quelle: Bundesversicherungsamt, Zahlen ab 2014 auch unter www.bundesversicherungsamt.de/gesundheitsfonds/beitragsaufkommen-und-rueckstaende.html abrufbar. 9. Wie hat sich die Anzahl der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten mit Schulden seit dem Jahr 2007 entwickelt (bitte in Monatsschritten )? Mai 549 531 685,89 Juni 571 234 200,15 Juli 589 896 359,05 August 612 507 399,41 September 632 913 326,73 Oktober 657 909 125,24 November 682 735 092,43 Dezember 707 060 507,27 2013 Januar 727 091 653,0 Februar 762 280 984,13 März 780 633 739,87 April 806 459 068,33 Mai 799 630 902,90 Juni 819 941 377,03 Juli 797 843 503,68 August 852 998 573,65 September 865 471 772,64 Oktober 798 491 243,33 November 763 171 037,06 Dezember 764 753 713,45 2014 Januar 930 420 450,62 Februar 944 122 207,57 März 942 076 950,20 April 916 512 844,80 Mai 931 590 985,50 Juni 956 532 684,87 Juli 980 722 512,62 August 1 002 705 604,10 Zeitraum Rückstand (Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V – gesamt) in Euro Dazu gibt es keine statistischen Erhebungen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2969 10. Wie hat sich die Anzahl der Rückkehrer bzw. nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 neu Versicherten seit dem Jahr 2007 entwickelt (bitte in Monatsschritten )? Die Zahl der nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V nachrangig Versicherten wird in der GKV seit dem 1. Juni 2007 erfasst und hat sich seitdem monatlich wie folgt entwickelt: Monat Anzahl Veränderung Juni 2007 20 274 Juli 2007 32 371 12 097 August 2007 42 914 10 543 September 2007 50 856 7 942 Oktober 2007 57 431 6 575 November 2007 63 949 6 518 Dezember 2007 69 060 5 111 Januar 2008 73 290 4 230 Februar 2008 77 603 4 313 März 2008 81 337 3 734 April 2008 85 134 3 797 Mai 2008 88 902 3 768 Juni 2008 91 731 2 829 Juli 2008 94 497 2 766 August 2008 96 305 1 808 September 2008 96 788 483 Oktober 2008 95 642 –1 146 November 2008 95 455 –187 Dezember 2008 95 420 –35 Januar 2009 94 675 –745 Februar 2009 95 680 1 005 März 2009 96 971 1 291 April 2009 98 394 1 423 Mai 2009 99 814 1 420 Juni 2009 101 194 1 380 Juli 2009 102 331 1 137 August 2009 103 898 1 567 September 2009 104 888 990 Oktober 2009 104 942 54 November 2009 105 554 612 Dezember 2009 106 627 1 073 Januar 2010 107 283 656 Februar 2010 109 009 1 726 März 2010 110 060 1 051 April 2010 111 006 946 Drucksache 18/2969 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Mai 2010 111 759 753 Juni 2010 112 431 672 Juli 2010 113 426 995 August 2010 114 884 1 458 September 2010 116 128 1 244 Oktober 2010 116 196 68 November 2010 116 759 563 Dezember 2010 117 838 1 079 Januar 2011 119 019 1 181 Februar 2011 120 744 1 725 März 2011 121 949 1 205 April 2011 123 510 1 561 Mai 2011 124 475 965 Juni 2011 125 726 1 251 Juli 2011 125 964 238 August 2011 127 253 1 289 September 2011 127 859 606 Oktober 2011 128 200 341 November 2011 128 867 667 Dezember 2011 130 318 1 451 Januar 2012 131 235 917 Februar 2012 133 939 2 704 März 2012 135 697 1 758 April 2012 137 362 1 665 Mai 2012 138 557 1 195 Juni 2012 139 831 1 274 Juli 2012 141 129 1 298 August 2012 143 021 1 892 September 2012 143 694 673 Oktober 2012 143 597 – 97 November 2012 144 065 468 Dezember 2012 145 238 1 173 Januar 2013 146 155 917 Februar 2013 148 581 2 426 März 2013 150 495 1 914 April 2013 151 571 1 076 Mai 2013 152 607 1 036 Juni 2013 153 061 454 Juli 2013 154 293 1 232 Monat Anzahl Veränderung August 2013 154 910 617 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2969 Quelle: Mitgliederstatistik KM/1 11. Wie viele Versicherte haben aufgrund von Beitragsschulden derzeit nur eine Versorgung entsprechend des Asylbewerberleistungsgesetzes (also Versorgung bei akuten Krankheiten und Schmerzzuständen sowie Schwangerschaft bzw. Mutterschaft)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 12. Wie hoch waren die Beiträge, die die gesetzlichen Krankenkassen aufgrund des Beitragsschuldengesetzes erlassen haben (bitte nach Kassenart auflisten)? Aus dem Bericht des BMG in der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 24. September 2014 zu den Wirkungen des am 1. August 2013 in Kraft getretenen Beitragsschuldengesetzes ergibt sich folgendes Beitragsvolumen, das aufgrund des Beitragsschuldengesetzes erlassen wurde: Übersicht über die Fallzahlen und das Beitrags- bzw. Forderungsvolumen (Quelle GKV-Spitzenverband, Stand: 31. August 2014): Eine Erhebung nach Krankenkassenarten liegt der Bundesregierung nicht vor. September 2013 155 568 658 Oktober 2013 156 174 606 November 2013 156 749 575 Dezember 2013 158 706 1 957 Januar 2014 161 781 3 075 Februar 2014 165 011 3 230 März 2014 165 496 485 April 2014 165 340 –156 Mai 2014 164 242 –1 098 Juni 2014 163 600 – 642 Juli 2014 162 757 –843 August 2014 161 368 –1 389 September 2014 159 625 –1 743 Regelungsnorm der Einheitlichen Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden des GKV-Spitzenverbandes Fallzahlen Beitrags- bzw. Forderungsvolumen in Euro Beitragserlass nach § 3 (Altfälle) (vs. Stand 31.01.2014) 25 780 (15 200) 103,1 Mio. (56,3 Mio.) Beitragserlass nach § 2 (Stichtagsfälle) (vs. Stand 31.01.2014) 24 475 (13 600) 128,5 Mio. (63,8 Mio.) Beitragserlass nach § 1 (Neufälle) (vs. Stand 31.01.2014) 4 678 (480) nicht erfasst Erlass von Säumniszuschlägen nach § 4 (vs. Stand 31.01.2014) k. A. 909,4 Mio. (753 Mio.) Monat Anzahl Veränderung Drucksache 18/2969 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die den Fragen 1 bis 12 betreffenden analogen Sachverhalte in der privaten Krankenversicherung ? Für Erkenntnisse zur privaten Krankenversicherung wird auf die Antwort zu Frage 1 und die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Nach Aussagen des PKV-Verbands beliefen sich die Rückstände in der PKV aufgrund von Beitragsausfällen vor Inkrafttreten des Beitragsschuldengesetzes insgesamt auf etwa 850 Mio. Euro bei etwa 149 000 Beitragsschuldnern. Die Zahl der Beitragsschuldner konnte durch das Beitragsschuldengesetz deutlich reduziert werden und betrug zum 31. Dezember 2013 noch 113 000. Nach Aussage des Verbands der privaten Krankenversicherung waren zum 30. Juni 2014 100 700 Personen im Notlagentarif versichert, davon ca. 6 500 in der Beihilfevariante. Zahlen dazu, wie viele Personen bislang nach Begleichung der Beitragsschulden vom Notlagentarif in den Ursprungstarif zurückkehren konnten, liegen weder dem BMG noch dem PKV-Verband vor. 14. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über die Anzahl der Personen, die aufgrund einer Vollsanktionierung im SGB II selbst Beiträge zu ihrer Krankenversicherung zahlen mussten und wegen Nichtzahlung dieser Beiträge jetzt nur einen Versorgungsanspruch analog des Asylbewerberleistungsgesetzes haben? Der Bundesregierung liegen keine statistischen Daten darüber vor, wie viele Personen, bei denen das Arbeitslosengeld II vollständig entfallen ist, Beiträge zur Krankenversicherung selbst zahlen mussten. Führt eine Sanktion zum völligen Wegfall der Geldleistung Arbeitslosengeld II, haben die Jobcenter von Amts wegen oder auf Antrag zu prüfen, ob Sachleistungen (in der Regel in Form von Lebensmittelgutscheinen) zu erbringen sind. Bei Sachleistungen handelt es sich ebenfalls um Arbeitslosengeld II im Sinne des Gesetzes, sodass auch in diesen Fällen Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2a SGB V besteht. 15. Wie viele obdachlose Menschen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland? Welche Schätzungen sind der Bundesregierung dazu bekannt? Der Bundesregierung liegen keine konkreten Erkenntnisse vor. Laut Qualitätsbericht von Destatis zum Mikrozensus 2012 haben „Personen ohne Wohnung (Obdachlose) […] im Mikrozensus keine Erfassungschance.“ Schätzungen zur Zahl der Obdachlosen werden regelmäßig von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. veröffentlicht. Demnach lag die Zahl der Obdachlosen im Jahr 2012 bei 24 000. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/2969 16. Wie viele davon sind nach den der Bundesregierung vorliegenden Schätzungen ohne Krankenversicherungsschutz? 17. Welche zielgruppenspezifischen Schritte hat die Bundesregierung – von dem Beitragsschuldengesetz abgesehen – in den letzten Jahren unternommen , um die Quote der krankenversicherten Obdachlosen zu erhöhen? 18. Welche (ggf. weiteren) Maßnahmen sind hierzu geplant? Die Fragen 16 bis 18 werden wegen ihres Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen keine Angaben darüber vor, wie viele obdachlose Menschen die bestehenden Möglichkeiten zur Absicherung im Krankheitsfall nicht wahrnehmen. Grundsätzlich gilt, dass auch obdachlose Menschen im Krankheitsfall abgesichert sind. Erwerbsfähige Obdachlose, die Arbeitslosengeld II erhalten, sind aufgrund des Leistungsbezugs gesetzlich krankenversichert , wenn sie zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, andernfalls unterliegen sie der Versicherungspflicht in der privaten Krankenversicherung. Nicht erwerbsfähige Obdachlose haben in der Regel entweder Anspruch auf Krankenhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder sind im Rahmen der nachrangigen Versicherungspflicht für Personen ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall in der GKV abgesichert oder unterliegen der Versicherungspflicht in der PKV. Die nachrangige Versicherungspflicht in der GKV besteht kraft Gesetzes mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall . Anders als bei allen anderen Gruppen von Versicherungspflichtigen gibt es für diesen Personenkreis jedoch keine meldepflichtigen Stellen, die die Betroffenen ab dem ersten Tag der Versicherungspflicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse anmelden und Beiträge für sie abführen. Nachrangig Versicherungspflichtige müssen diese Meldung selbst vornehmen bzw. die fehlende Absicherung im Krankheitsfall der Krankenkasse anzeigen. Ohne eine entsprechende Meldung bzw. Anzeige haben die Krankenkassen in aller Regel keine Möglichkeit , die nachrangige Versicherungspflicht abschließend festzustellen. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber mit dem Beitragsschuldengesetz zum 1. August 2013 eine neue Regelung zur einfacheren und lückenlosen Fortsetzung der Krankenversicherung geschaffen. Danach wird im Falle der Beendigung einer Versicherungspflicht oder einer Familienversicherung die Krankenversicherung im Status eines freiwilligen Mitglieds bei der bisherigen Krankenkasse grundsätzlich fortgeführt (Anschlussversicherung). Die Anschlussversicherung gewährleistet damit, dass der Kontakt zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse (zunächst) bestehen bleibt und der weitere versicherungsund beitragsrechtliche Status zeitnah durch die jeweilige Krankenkasse geklärt werden kann. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich mit der vorgenannten Änderung Versicherungslücken künftig wirksam vermeiden lassen und dadurch auch die Zahl der Personen, die ihre gesetzlichen Möglichkeiten eines Zugangs zur Krankenversicherung nicht wahrnehmen, weiter zurückgehen wird. Drucksache 18/2969 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Wie viele Menschen ohne Aufenthaltsstatus (sogenannte Papierlose) gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland ? Welche Schätzungen sind der Bundesregierung dazu bekannt? 20. Wie viele davon sind ohne Krankenversicherung? 21. Welche zielgruppenspezifischen Schritte hat die Bundesregierung in den letzten Jahren unternommen, um die Quote der krankenversicherten Papierlosen zu erhöhen? 22. Welche (ggf. weiteren) Maßnahmen sind hierzu geplant? Die Fragen 19 bis 22 werden wegen ihres Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet . Aus in der Natur der Sache liegenden Gründen ist der Bundesregierung nicht bekannt, wie viele Menschen sich ohne Aufenthaltsstatus und ohne Kenntnis der Behörden (sog. Papierlose oder Illegale) in Deutschland aufhalten. Im Migrationsbericht für 2012 (S. 130; FN 180) wird zum Umfang auf die Schätzung von Vogel/Aßner (2011)hingewiesen, wonach sich auf der Basis erstmals auswertbarer detaillierter polizeilicher Daten im Jahr 2010 zwischen 100 000 und 400 000 ausländische Personen ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland aufhielten . Ausländer, die mangels eines Aufenthaltstitels vollziehbar ausreisepflichtig sind, haben mangels GKV-Mitgliedschaft keinen Anspruch auf GKV-Leistungen nach dem SGB V. Sie fallen aber in den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) und haben danach Anspruch auf Gesundheitsleistungen . Die Gesundheitsleistungen nach dem AsylbLG umfassen während der ersten 48 Monate (nach einem Regierungsentwurf zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes – Bundestagsdrucksache 18/2592 – nach den ersten 15 Monaten) eine Basisversorgung (§§ 4 und 6 AsylbLG). Im Anschluss haben die Leistungsberechtigten – wie im SGB XII – Anspruch auf Leistungen auf dem Niveau der GKV (§ 2 Absatz 1 AsylbLG). Zu den bestehenden Problemen bei der Versorgung von Personen, die sich ohne Kenntnis der Behörden in Deutschland aufhalten, weil sie ihre Identität nicht offen legen wollen, wird auf die Antwort zu Frage 38 verwiesen. 23. Wie viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber gibt es in der Bundesrepublik Deutschland? Ausweislich des Ausländerzentralregisters (AZR) sind derzeit 192 207 Asylverfahren anhängig (Stand: 30. September 2014); dem entspricht die Zahl der Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Deutschland. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/2969 24. Was spricht dagegen, Leistungsberechtigten des Asylbewerberleistungsgesetzes analog zu ALG-II-Beziehenden (ALG – Arbeitslosengeld) eine automatische Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren? Spielen auch migrationspolitische Erwägungen eine Rolle? Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG sollen nach dem Willen der Bundesregierung (Beschluss des Bundeskabinetts vom 27. August 2014) zukünftig bereits nach 15 Monaten Anspruch auf Gesundheitsleistungen auf GKV-Niveau haben. Von da an ist die Absicherung im Krankheitsfall für die Betroffenen vollumfänglich gewährleistet, sodass insofern keine Notwendigkeit für die Einbeziehung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG in die Versicherungspflicht zur GKV besteht. Im Zeitraum davor haben sie Anspruch auf eine angemessene Basisversorgung (§§ 4,6 AsylbLG). Zum hinreichenden Umfang dieser Leistungen wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 25 verwiesen . 25. Sind die Leistungen im Krankheitsfall gemäß oder analog des Asylbewerberleistungsgesetzes ausreichend, um ein menschenwürdiges Existenzminimum und die physische Existenz entsprechend den Leitsätzen des Urteils des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 zu gewährleisten? Die Leistungen nach den §§ 4, 6 AsylbLG sind ausreichend, um ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten. Insofern wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend die „Gesundheitliche Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz “ (Bundestagsdrucksache 18/2184, S. 3 ff.) Bezug genommen . Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/ 10, 1 BvL 2/11) bezieht sich allein auf die Geldleistungen nach § 3 Absatz 2 AsylbLG und erklärt diese Regelung für mit dem Grundgesetz für unvereinbar. Hingegen waren die Verfassungskonformität der Gesundheitsleistungen nach den §§ 4, 6 AsylbLG und der Versicherungsleistungen bei Beitragsrückständen nach § 16 Absatz 3a SGB V nicht Gegenstand der Entscheidung. Im Bereich der GKV ist nach § 16 Absatz 3a SGB V ein Ruhen des Anspruchs auf Leistungen in bestimmten Fällen eines Beitragsrückstands vorgesehen. Nach der durch das zum 1. April 2007 in Kraft getretene GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz geltenden Regelung des § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V sind hiervon Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen ausgenommen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Nach der Begründung der Regelung (Bundestagsdrucksache 16/ 4247, S. 31) handelt es sich um eine Folgeänderung zur Einführung einer Krankenversicherungspflicht für Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, und der damit zusammenhängenden Aufhebung der Regelung über das Ende der Mitgliedschaft freiwillig Versicherter bei Nichtzahlung von Beiträgen. Die Nichtzahlung von Beiträgen soll im Interesse der Versichertengemeinschaft spürbare Konsequenzen haben. Vom Ruhen werden Leistungen ausgenommen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Dies bedeutet, dass sich die Gesundheitsversorgung derjenigen, die Beiträge nicht zahlen, deutlich verbessert hat. Soweit vor dieser Rechtsänderung bei Beitragsrückständen die Mitgliedschaft in der GKV beendet werden konnte und keine Leistungsansprüche mehr bestanden, können nach der Rechtsänderung bei Beitragsrückständen weiterhin Leistungsansprüche, wenn auch in begrenzter Höhe, geltend gemacht werden. Drucksache 18/2969 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 26. Falls ja, sind umgekehrt die das Asylbewerberleistungsgesetz übersteigenden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht notwendig, um ein menschenwürdiges Existenzminimum und die physische Existenz zu gewährleisten, und wären diese Leistungen dann auch für ALG-II-Beziehende in diesem Sinne entbehrlich? Richtig ist, dass Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 GG die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vorgibt und es dem Gesetzgeber obliegt, dieses konkret zu bestimmen . Ihm kommt insofern ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 132, 134 Rn. 62), den er mit den Regelungen in den §§ 4, 6 AsylbLG in verfassungskonformer Weise genutzt hat. Artikel 1 Absatz 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 GG verlangt hingegen keine Gleichstellung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG mit anderen nach dem SGB V sozialversicherungspflichtigen Leistungsberechtigten . Prüfungsmaßstab für eine Differenzierung ist insofern der allgemeine Gleichheitssatz nach Artikel 3 Absatz 1 GG. Dieser gebietet keine gleichartige Ausgestaltung der Gesundheitsleistungen für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG wie bei den GKV-Versicherten Beitragszahlern auf dem Niveau des SGB V. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach das Leistungsniveau der §§ 4,6 AsylbLG verfassungswidrig wäre, ist bislang nicht ergangen . 27. Hat eine Person mit Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Asylbewerber oder säumige Beitragszahler) bei wie auch immer festgestelltem Verdacht auf Epilepsie Anspruch auf die Diagnose und Behandlung durch einen Neurologen seiner Wahl einschließlich der möglicherweise notwendigen (Dauer-)Medikation, oder hat er lediglich Anspruch auf Leistungen während akuter epileptischer Anfälle in der Notfallversorgung , und wer entscheidet darüber (vgl. auch „Die Unversicherten “, Handelsblatt online vom 22. September 2014)? Im Bereich der GKV sind, wie in der Antwort zu Frage 25 dargestellt, nach § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen vom Ruhen ausgenommen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Auch über § 4 AsylbLG wird nur eine Akut- und Schmerzbehandlung von Epilepsie gewährleistet. Deren Umfang ist jeweils im Einzelfall zu klären. Der Anspruch nach § 4 Absatz 1 AsylbLG wird zudem jedoch ergänzt durch § 6 Absatz 1 AsylbLG. Nach dieser Vorschrift können „sonstige Leistungen“ insbesondere gewährt werden, wenn dies zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich oder zur Deckung der besonderen Bedürfnisse von Kindern geboten ist. § 6 Absatz 1 AsylbLG eröffnet damit den Zugang zu einer über den Leistungsumfang nach § 4 Absatz 1 AsylbLG hinausgehenden Gesundheitsversorgung, insbesondere zur Behandlung chronischer Erkrankungen. Die Regelung gibt der Leistungsbehörde die Möglichkeit, besonderen Bedarfen im Einzelfall gerecht zu werden. Ob und wenn ja welcher Leistungsanspruch nach § 6 AsylbLG besteht, ist bei einer Erkrankung wie Epilepsie jedoch jeweils auf Basis des Einzelfalls (Schwere und Häufigkeit eines Anfallsleidens) zu klären, so dass dazu hier keine allgemeinen Aussagen getroffen werden können. Auch im Bereich der GKV erbringen Krankenkassen Leistungen bei chronischen Erkrankungen, wenn ansonsten eine Verschlimmerung des Krankheits- zustandes und damit ein akuter Krankheitszustand zu erwarten wäre. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/2969 28. Welche Möglichkeiten gibt es für die Betroffenen de jure, gegen eine negative Entscheidung über die Leistungsgewährung vorzugehen, und stimmt die Bundesregierung mit der Einschätzung überein, dass diese Möglichkeiten aufgrund von Krankheit, Geldnot und/oder Sprachschwierigkeiten in der Praxis sehr limitiert sein dürften? Wie viele Widerspruchs- und Klageverfahren, die um die Frage des Leistungsumfangs bei ruhender Mitgliedschaft gehen, waren und sind anhängig ? Gegen ablehnende Leistungsentscheidungen von Krankenkassen und der Leistungsträger des AsylbLG kann Widerspruch erhoben und das Sozialgericht angerufen werden. Eine weitere Möglichkeit bietet die Überprüfung durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Informationen zur Anzahl anhängiger Widerspruchs - und Klageverfahren und deren Erfolgsaussichten liegen der Bundesregierung nicht vor. Bei fehlenden finanziellen Mitteln haben die Leistungsberechtigten die Möglichkeit , Prozesskostenhilfe zu beantragen. Muss ein Rechtsanwalt zu Verständigungszwecken einen Dolmetscher beauftragen, können auch diese Kosten von der Prozesskostenhilfe als Auslagen mitabgedeckt werden (§ 46 Absatz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes). Beauftragt das Gericht den Dolmetscher, handelt es sich um Gerichtskosten, die in Verfahren, in denen Leistungen des AsylbLG oder des SGB V vom Leistungsberechtigten im Klagewege geltend gemacht werden, nicht von diesem als Kläger zu tragen sind. Kann der Betroffene aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen , geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, besteht die Möglichkeit, einen Betreuer zu bestellen. Im Übrigen kann ein Betroffener mit gesundheitlichen Einschränkungen Dritte oder einen Rechtsanwalt bevollmächtigen. 29. Besteht die Notwendigkeit, die Regelung über den Umfang des Leistungsausschlusses bei säumigen Beitragszahlern konkreter zu fassen? Eine Notwendigkeit, die Regelung über den Umfang des Leistungsausschlusses nach § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V konkreter zu fassen, wird grundsätzlich nicht gesehen. Allerdings plant die Bundesregierung eine gesetzliche Klarstellung, dass das Ruhen von Leistungsansprüchen als Sanktionsinstrument nicht eintritt bzw. endet, wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder SGB XII sind bzw. werden. Dies ist bereits gängige Verfahrenspraxis bei den Krankenkassen . 30. Gäbe es überhaupt eine juristisch gangbare Möglichkeit, die Regelung zu konkretisieren, also wesentliche Abstriche an den GKV-Leistungen für gewisse Personengruppen zu kodifizieren, die mit dem Menschenrecht auf Existenz zu vereinbaren wären und einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhielten? Auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 26 wird verwiesen. Drucksache 18/2969 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 31. Kann die Bundesregierung einige Beispiele nennen, an denen klar wird, welche Einschränkungen die Beschränkung der Leistung auf akute Krankheiten gegenüber der Regelversorgung bedeuten? Im Bereich der GKV sind, wie in der Antwort zu Frage 25 dargestellt, nach § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen vom Ruhen ausgenommen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und von Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Welche Leistungen der Regelversorgung nach § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V oder nach § 4 AsylbLG nicht erbracht werden, kann immer nur im Einzelfall geklärt werden. Für die Fälle des § 4 AsylbLG muss zudem erneut betont werden, dass § 6 AsylbLG insofern einen ergänzenden Leistungsanspruch vorsieht, der geeignet ist, durch die Beschränkung auf akute Krankheiten und Schmerzzustände auftretende eventuelle Härten aufzufangen. 32. Sieht die Bundesregierung die Schwierigkeiten, die sich für Krankenhäuser und andere Leistungserbringer im Rahmen des von ihnen zu erbringenden Nachweises der Hilfebedürftigkeit von behandelten Patientinnen und Patienten ergeben, die nicht krankenversichert sind und auch sonst keinen Anspruch auf die Übernahme der entstehenden Kosten haben, etwa weil der Status (Sozialhilfebezieher, Sozialhilfeberechtigte, die keinen Antrag gestellt haben, Asylbewerber, ohne Aufenthaltsstatus, Geduldete), die finanzielle Leistungsfähigkeit und/oder die persönlichen Daten nicht feststellbar sind? 33. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass Krankenhäuser und andere Leistungserbringer in solchen Fällen regelmäßig zu entscheiden haben, ob sie aufgrund des Aufwands und der möglichen Aussichtslosigkeit, eine Vergütung zu erlangen, gezwungenermaßen eine kostenlose Versorgung erbringen? 34. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass Krankenhäuser und andere Leistungserbringer in solchen Fällen wenig Anreize haben, Leistungen in dem für Patientinnen und Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung üblichen Umfang und der üblichen Qualität zu erbringen? 35. Welche Lösung wäre für dieses Problem nach Auffassung der Bundesregierung vorstellbar, um eine hochwertige Versorgung und das Grundrecht auf Existenz auch für diese Personengruppe zu gewährleisten? 36. Beabsichtigt die Bundesregierung, in dieser Frage tätig zu werden? Die Fragen 32 bis 36 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Regelmäßig ist die Kostenübernahme für eine Krankenbehandlung vor ihrer Durchführung zu klären. Soweit dies in Eilfällen nicht möglich ist, ist eine Kostenübernahme im Hinblick auf den umfassenden Krankenversicherungsschutz in der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung grundsätzlich gewährleistet . Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nicht krankenversicherte Sozialhilfeempfänger in der Regel in die Krankenversorgung gemäß § 264 SGB V zulasten der Träger der Sozialhilfe einbezogen sind und wie Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung über eine Krankenversichertenkarte zum Nachweis ihres Anspruchs gegenüber Ärzten und Krankenhäusern verfügen . Die Kosten für Gesundheitsleistungen an Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden von den Trägern des Asylbewerberleis- tungsgesetzes übernommen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/2969 Zu berücksichtigen ist weiter, dass durch den vom Bundeskabinett am 27. August 2014 beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes eine § 25 SGB XII entsprechende Regelung im AsylbLG eingeführt werden soll, nachdem zuvor das Bundessozialgericht mit Entscheidung vom 30. Oktober 2013 (B 7 AY 2/12 R) eine analoge Anwendung des Nothelferanspruchs nach § 25 SGB XII – die bis dahin von der Rechtsprechung überwiegend vertreten wurde – im Asylbewerberleistungsgesetz abgelehnt hatte. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Krankenhausträger und Ärzte die Erstattung ihrer Behandlungskosten unmittelbar vom Leistungsträger verlangen können, wenn sie in medizinischen Eilfällen Nothilfe an Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG leisten. Damit wird gleichzeitig die angemessene medizinische Versorgung der Leistungsberechtigten in Eilfällen sichergestellt. 37. Welchen Anspruch auf psychotherapeutische Leistungen haben Schwersttraumatisierte und Opfer von Folter oder Vergewaltigung, die keine gültige Aufenthaltsgenehmigung vorweisen können? Auch Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, haben Anspruch auf Gesundheitsleistungen nach dem AsylbLG, der Aufenthaltstitel ist insofern nicht maßgeblich. Die alternativen Anwendungsvarianten der §§ 4 und 6 AsylbLG erlauben bereits heute eine angemessene gesundheitliche Versorgung der hier angesprochenen schwersttraumatisierten Leistungsberechtigten mit psychotherapeutischen Leistungen. Verbesserungen für die Leistungsberechtigten werden jedoch im Bereich der anfänglichen Grundleistungen zukünftig in Umsetzung der EU-Aufnahme-Richtlinie (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen – Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013; ABl. EU L 180 vom 29. 6. 2013, S. 96) für besonders schutzbedürftige Personen (u. a. Minderjährige, Opfer von Folter und Gewalt) geprüft. 38. Kann die Bundesregierung die Sorge von Personen ohne Aufenthaltsrecht nachvollziehen, dass ihnen durch die Inanspruchnahme von Leistungen Abschiebung drohen könnte, etwa bei öffentlichen Krankenhäusern, die zur Weitergabe von Daten an die Ausländerbehörden verpflichtet sind oder durch die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen von Leistungserbringern an das Sozialamt? Das AsylbLG erfasst nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 AsylbLG auch vollziehbar ausreisepflichtige Personen. Diese Personen sind leistungsberechtigt und haben trotz ihrer fehlenden Anmeldung bzw. ihres Untertauchens Anspruch auf Gesundheitsleistungen nach den §§ 4 und 6 AsylbLG. Die Leistungsberechtigten müssen jedoch in Kauf nehmen, dass ihre Identität nach § 11 Absatz 3 AsylbLG durch Datenabgleich der Leistungsbehörden mit der Ausländerbehörde in Einzelfällen geklärt werden kann (nicht muss). Dass die Leistungsberechtigten, die Angst vor Abschiebung haben, möglicherweise zögern, ihre Identität gegenüber den Behörden offen zu legen, ist nachvollziehbar. Dennoch ist ein Verzicht auf die Identitätsklärung im Leistungsrecht nicht möglich. Denn die Identitätsklärung ist bei Anträgen auf staatliche Leistungen von Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG – aber auch in vielen anderen Bereichen des Sozialrechts – eine allgemeine Leistungsvoraussetzung. Da von der Identitäts- und Wohnortklärung die örtliche Zuständigkeit der Leistungsbehörden und das einschlägige Leistungssystem abhängig sind, dürften die Leistungsbehörden ohne ausreichende Informationen über diese Umstände keine Leistungen gewähren, sodass sich die Gesundheitsversorgung der betroffenen Gruppe ohne Datenabgleich nicht verbessern würde. Drucksache 18/2969 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 39. Ergibt sich nach Kenntnis der Bundesregierung daraus eine schlechtere medizinische Versorgung der betroffenen Gruppe, bis hin zu tragischen und tödlichen Fällen? Mangels Erfassung von Personen, die in der Illegalität leben, liegen der Bundesregierung zur medizinischen Versorgung dieser Gruppe keine belastbaren Daten vor. 40. Welche Lösungen dieses Problems gibt es grundsätzlich, und wird bzw. wurde die Bundesregierung hier bereits tätig? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 38 wird verwiesen. 41. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die unterschiedlichen Gruppen der Nichtversicherten im Vergleich zum gesellschaftlichen Durchschnitt sozial schlechter gestellt sind und über weniger persönliche und gesundheitliche Ressourcen verfügen? 42. Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus bezogen auf die Notwendigkeit der Anstrengungen, für diese Gruppen einen (besseren) Zugang zur gesundheitlichen Versorgung zu schaffen? Die Fragen 41 und 42 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur sozialen Stellung oder zu anderen soziodemografischen Merkmalen von Nichtversicherten vor. Der Bundesregierung ist eine qualitativ hochwertige Versorgung im Krankheitsfall für alle Menschen, die in Deutschland leben, ein wichtiges Anliegen. Die erfolgreichen Maßnahmen im Rahmen des Beitragsschuldengesetzes haben hier zu einer Verbesserung der Versorgung beigetragen. 43. Plant die Bundesregierung für die von Beitragsschulden betroffenen Rumänen und Bulgaren (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller) aufgrund der besonderen Situation der Zeitgleichheit des Inkrafttretens der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit mit dem Fristende des Schuldenerlasses des Beitragsschuldengesetzes eine für sie entlastende Regelung? Die Mitgliedschaft in der GKV und der damit verbundene Anspruch auf Leistungen ist grundsätzlich auch mit der Pflicht zur Beitragszahlung verbunden. Es ist nicht geplant, von diesem Grundsatz abzuweichen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/2969 44. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl und den Anteil von Sinti und Roma, die gegenwärtig über keine Krankenversicherung verfügen und die Gründe dafür? Gibt es auch Erkenntnisse über deren Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland? Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden in der Bundesrepublik Deutschland keine bevölkerungsstatistischen und sozioökonomischen Daten auf ethnischer Basis erhoben. Dies ist vor allem mit der Verfolgung von Minderheiten in den Zeiten des Nationalsozialismus begründet. Darüber hinaus stehen der Erfassung ethnischer Daten auch rechtliche Hindernisse entgegen: Das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit ist gemäß Artikel 3 des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten frei. Ferner kann die Anzahl und der jeweilige Aufenthaltsstatus der in Deutschland lebenden ausländischen Roma nicht benannt werden, da im Ausländerzentralregister Staatsangehörigkeiten , nicht aber ethnische Zugehörigkeiten erfasst werden. Insofern können keine Aussagen über Anzahl und Anteil von Sinti und Roma getroffen werden, die gegenwärtig über keine Krankenversicherung verfügen, über deren Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland. 45. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Auswirkungen der fehlenden Krankenversicherung bei verschiedenen Gruppen (Obdachlose, Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus, Sinti und Roma) auf die Teilnahmequote der Minderjährigen an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder? Der Bundesregierung liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333