Deutscher Bundestag Drucksache 18/2980 18. Wahlperiode 22.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Omid Nouripour, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2721 – Erkenntnisse der Bundesregierung über Nationalismus in Russland und Verbindungen zwischen rechtsextremen und rechtspopulistischen Strömungen in der EU und Russland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Schatten des militärischen Vorgehens Russlands gegen die Ukraine drohen innenpolitische Entwicklungen in Russland aus dem internationalen Blickwinkel zu geraten. Beunruhigend ist – neben dem immer repressiveren Vorgehen gegen Kritikerinnen und Kritiker des autoritären Systems Wladimir Putins (u. a. weitere Verschärfung des sogenannten NGO-Agentengesetzes) – vor allem der immer größere Stellenwert, den nationalistische und rechte Ideen seit den Protesten gegen Wladimir Putin im Winter 2011/2012 im offiziellen Diskurs einnehmen. So sehen offenbar weite Teile der politischen Elite im Land Russland als Bollwerk gegen ein Europa, das christliche Moral und traditionelle Werte verloren habe (vgl. u. a. Deutschlandfunk, 24. Juni 2014). Dmitri Rogosin, der sich wiederholt rassistisch geäußert und etwa Nicht-Russinnen und Nicht-Russen als „Kakerlaken“ bezeichnet hat, ist seit Dezember 2011 Stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation (siehe taz.die tageszeitung, 8. Juni 2014). Einige Beobachterinnen und Beobachter, wie die Menschenrechtsaktivistin Irina Scherbakowa, stellen einen „blühenden Nationalismus “ und eine (erneute) Ideologisierung der russischen Politik und Kultur fest, bei der Werte wie Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit explizit verneint würden (siehe Deutschlandradio Kultur, 16. April 2014). Ungeklärt bei dieser „Ideologisierung“ ist die Rolle des rechtsradikalen Ideologen Alexander Dugin. Obwohl Alexander Dugin – soweit bekannt – keinen offiziellen Beraterstatus für den Kreml innehat, nehmen dessen Ansichten über einen zivilisatorischen Krieg zwischen Russland und dem Westen und über ein zu schaffendes „Groß-Russland“ in den staatlich kontrollierten Medien breiten Raum ein. Immer häufiger werden sie auch von offiziellen politischen VertreDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 20. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. terinnen und Vertretern aufgegriffen (siehe DIE WELT, 11. Juli 2014). Beunruhigend ist das Schüren von Nationalismus und Xenophobie durch den Staat dabei auch deswegen, weil sich die derzeitige Dynamik jederzeit verselbstständigen und noch radikaleren Kräften den politischen Aufstieg ermöglichen könnte (siehe DIE ZEIT, 24. Juli 2014). Drucksache 18/2980 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Schon seit längerem fühlen sich rechtsradikale Gruppen offenbar bestärkt und machen, toleriert oder unterstützt von russischen Behörden, Jagd auf sich angeblich widerrechtlich im Land aufhaltende, illegalisierte Migrantinnen und Migranten (siehe DIE WELT, 9. August 2013). Ebenso häufen sich seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Unterdrückung der Menschenrechte von lesbischen , schwulen, bi- und transsexuellen Personen (das sogenannte Gesetz gegen die Propaganda nichttraditioneller sexueller Beziehungen, Anti-LGBT-Gesetz) die Berichte über brutale Übergriffe auf diese Personengruppe. Auf internationaler Ebene hat die russische Führung in den vergangenen Monaten ihre Kontakte zu rechtspopulistischen und rechtsextremen Kräften aus den EU-Mitgliedstaaten intensiviert. So zitiert etwa „taz.die tageszeitung“ eine Studie des ungarischen Politik-Forschungsinstituts „Political Capital“ (siehe taz.die tageszeitung, 11. Mai 2014), derzufolge der Kreml „Kontakte, Querverbindungen und strategische Ziele“ mit zahlreichen „rechtspopulistischen, offen antieuropäischen und rechtsradikalen Parteien in der EU“ teile. Von den 24 einflussreichsten Rechtsparteien würden sich nur drei nicht zur russischen Politik bekennen. Insbesondere bestehen Verbindungen zwischen der politischen Elite Russlands und der Front National in Frankreich, dem belgischen Vlaams Belang sowie der ungarischen Jobbik-Partei (siehe DIE WELT, 7. Mai 2014). Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter dieser Parteien wurden wiederholt von hochrangigen Politikerinnen und Politikern in Russland empfangen. Auch deutsche Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten und Neonazis suchen immer offener den Schulterschluss mit der russischen Führung. So schrieb die NPD Sachsen-Anhalt bereits im Oktober 2012, im Gegensatz zum Westen führe „Putin sein Russland unerschrocken zu neuen Stärken, Freiheit und Unabhängigkeit “. Von solchen „politischen Helden“ könne das „deutsche Volk“ nur träumen (siehe www.mdr.de/nachrichten/putin-npd100_zc-e9a9d57e_zs- 6c4417e7.html). Inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Kreml sehen die deutschen Neonazis auch bei der Ablehnung von europäischem (Wieder-)Zusammenwachsen und der Überwindung nationaler Grenzen. So schrieb die NPD in ihrem Europawahlprogramm: „Wir […] sind – genauso wie Präsident Putin in Russland – gegen einen multikulturellen Bundesstaat Europa“ (siehe ebenda). Schließlich eint die Rechten in Deutschland, der EU und Russland das Eintreten für autokratische staatliche Strukturen und starke (männliche) Führungspersönlichkeiten sowie die Ablehnung von Demokratie, Vielfalt und Meinungsfreiheit . 1. Sieht die Bundesregierung Anzeichen für eine Zunahme von Nationalismus oder nationalistischen Ideologieansätzen a) in der russischen Gesellschaft, b) in den öffentlichen Äußerungen von Personen aus der russischen Staatsführung oder deren Umfeld, c) in den staatlich kontrollierten Medien Russlands? Die Fragen 1a bis 1c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die russische Führung und ihr Umfeld berufen sich in Abgrenzung zu von ihnen als „westlich“ bezeichneten Wertevorstellungen verstärkt auf „traditionelle russische Werte“. Zwar werden diese im Detail nicht definiert. Es gibt jedoch deutlich Anzeichen dafür, dass dazu unter anderem ein ausgeprägter Patriotismus, ein Bekenntnis zum „starken Staat“, ein traditionelles Bild von Familie und Sexualität sowie der christliche Glaube (Orthodoxie) gehören. Gerade in Zusammenhang mit der Ukraine-Krise fand zuletzt auch eine starke Rückbesinnung auf den „Antifaschismus-Diskurs“ der Sowjetunion statt. Diese Tendenz spiegelt sich insbesondere seit der Ukraine-Krise in allen staatlichen Medien (TV, Radio, Print, Internet) wider, deren einseitige, propagandis- tische Ausrichtung sich zuletzt deutlich verstärkt hat. Es ist davon auszugehen, dass dies nicht ohne Wirkung auf die russische Gesellschaft bleibt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2980 2. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Rede des Präsidenten Wladimir Putin am 19. September 2013 beim internationalen Forum „Waldaj Club“, in der er es als Aufgabe Russlands beschrieb, diejenigen „Wurzeln, […] christliche Werte, […] moralische Prinzipien und […] alle traditionellen Identitäten“ zu „verteidigen“, die in vielen „euro-atlantischen Staaten“ „verworfen“ und „verleugnet“ würden („Sie machen eine Politik, die große Familien gleichstellt mit homosexuellen Partnerschaften, den Glauben an Gott mit dem Glauben an den Teufel.“ – siehe www.eng.kremlin. ru/transcripts/6007 und DIE ZEIT, 28. August 2014), Anzeichen dafür, dass die russische Staatsführung in wachsendem Maße christlich-fundamentalistische und rechte Ideen zur staatsleitenden Ideologie erhebt? Eine erklärte „staatsleitende Ideologie“ der russischen Staatsführung ist nicht erkennbar . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Inwieweit erkennt die Bundesregierung einen Einfluss des rechtsradikalen Ideologen Alexander Dugin auf Politik und öffentliche Meinung in Russland ? Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der „obskure, faschistoide Denker“ (www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-flirt-des-kremls-mit-europasrechten -1.18317558) Alexander Dugin „in Russland mittlerweile den öffentlichen Diskurs beherrscht“ (www.taz.de/!138258/) und überdurchschnittlich im russischen Staatsfernsehen präsent ist? Alexander Dugin verfügt über gute Kontakte zu Mitgliedern des russischen Führungszirkels . Nach Kenntnis der Bundesregierung beherrscht er jedoch den öffentlichen Diskurs in Russland nicht und hat auch keinen unmittelbaren Einfluss auf die russische Regierungspolitik. Zum Anteil der Auftritte Alexander Dugins im russischen Staatsfernsehen liegen der Bundesregierung keine präzisen Erkenntnisse vor. 4. Welche Verbindungen hat Alexander Dugin nach Kenntnis der Bundesregierung zu den Anführern der von der russischen Führung unterstützten bewaffneten Gruppen in den östlichen Landesteilen der Ukraine, wie zum Beispiel zum Leiter des „Militärstabs“ der dortigen bewaffneten Gruppen und Ex-Vorsitzenden des Parlaments der „Volksrepublik Donezk“, Denis Puschilin, oder zum Co-Vorsitzenden des Rates der „Volksrepublik Donezk“, Andrej Purgin (siehe www.welt.de/politik/ausland/article128065029/DerMann -der-die-Republik-Donezk-erfand.html und www.welt.de/print/wams/ politik/article128129364/Teile-und-herrsche.html)? Der Bundesregierung sind Medienberichte über entsprechende Kontakte bekannt . Eigene Erkenntnisse liegen ihr jedoch dazu nicht vor. 5. Inwieweit erkennt die Bundesregierung einen Einfluss der Denkfabrik „Isborskij Klub“, dessen Vorsitzender Alexander Prochanow in einer Veröffentlichung der Bundeszentrale für politische Bildung als „Altmeister des russischen Rechtsextremismus“ beschrieben wird, auf die russische Politik (siehe www.bpb.de/internationales/europa/russland/159429/analyse-neuerechtsextreme -intellektuellenzirkel?p=all)? a) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung diesbezüglich aus der Teilnahme des russischen Kulturminister Wladimir Medinskij am Gründungstreffen des Isborskij Klubs? b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung diesbezüglich daraus, dass Sergej Glasjew, amtlich bestellter Berater von Präsident Drucksache 18/2980 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Wladimir Putin zu Fragen der „Eurasischen Integration“, Gründungsmitglied und aktiver Teilnehmer des Klubs ist? Die Fragen 5a und 5b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Angesichts der Tatsache, dass auch Mitglieder der russischen Führung dem „Isborskij Klub“ angehören, kann zumindest ein mittelbarer Einfluss des Klubs auf die russische Politik nicht ausgeschlossen werden. Die Bundesregierung weist im Rahmen ihrer Kontakte mit Mitgliedern der russischen Führung regelmäßig auch auf die u. a. im Rahmen von OSZE und Europarat gemeinsam vereinbarten Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten hin. 6. Was weiß die Bundesregierung über den politischen Werdegang Dmitrij Rogosins, der heute Stellvertretender Ministerpräsident Russlands ist und wiederholt mit rassistischen Äußerungen in Erscheinung getreten ist (siehe www.taz.de vom 7. Juni 2014 „Eifernde Parvenus“)? Der russische Vize-Ministerpräsident Dmitrij Rogosin gehört zum Führungskreis um den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Im Jahr 1997 wurde er als Direktkandidat und Mitglied der Abgeordnetengruppe „Russische Regionen“ in die russische Staatsduma gewählt, wo er Vorsitzender des Ausschusses für Nationalitätenfragen wurde. Im Jahr 1999 folgte seine Wiederwahl als Mitglied der Abgeordnetengruppe „Volksdeputierte“. Er wurde Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma und Vorsitzender der Delegation des Föderationsrates der Russischen Föderation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Im September 2001 wurde Dmitrij Rogosin zum stellvertretenden Vorsitzenden der „Volkspartei der Russischen Föderation“ gewählt. Von 2002 bis 2004 war er Sonderbeauftragter des russischen Staatspräsidenten für Kaliningrad. Im Jahr 2003 gründete Dmitrij Rogosin den Block „Volkspatriotische Union Rodina“, deren Partei- und Fraktionsvorsitzender er von 2004 bis 2006 war. Im Jahr 2008 wurde Rogosin zum Vertreter der Russischen Föderation bei der NATO ernannt. Im Dezember 2011 wurde Dmitrij Rogosin Stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation, zuständig für Rüstungsindustrie, Rüstungsaufträge, die nationale Verteidigung, Mobilisierungsübungen, Meerespolitik, Kernenergie und Luft- und Raumfahrt, Schiffbau, Elektronikindustrie, Exportkontrolle, militärisch -technische Zusammenarbeit, Zivilschutz und Grenzpolitik. Im Jahr 2012 folgte die Ernennung zum Sonderbeauftragten des russischen Staatspräsidenten für Transnistrien, zum Vorsitzenden der Rüstungsindustriekommission, zum Ersten Stellvertretenden und zum Vorsitzenden des Organisationskomitees „Pobeda “. Er wurde zudem Vorsitzender des „Meereskollegiums der Regierung der Russischen Föderation“. Im April 2012 wurde Dmitrij Rogosin des Amtes des Sonderbevollmächtigten des russischen Präsidenten für Verhandlungen mit der NATO enthoben und im September 2014 verlor er das Amt des Vorsitzenden der Rüstungsindustriekommission . Im Dezember 2012 beteiligte er sich an der Wiederbelebung und Registrierung der national-patriotischen Partei „Rodina“. Die Europäische Union hat Dmitrij Rogosin am 21. März 2014 wegen dessen öffentlicher Forderung nach einer Annexion der Krim auf ihre Visa- und Kontensperrliste gesetzt (Durchführungsbeschluss 2014/151/GASP und Durchfüh- rungsverordnung des Rates (EU) Nr. 284/2014 vom 21. März 2014 zur Durchführung des Beschlusses 2014/145/GASP und der Verordnung (EU) Nr. 269/ Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2980 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen). 7. Welche Schlussfolgerungen im Hinblick auf die vom russischen Staat propagierten Werte zieht die Bundesregierung aus den Äußerungen Dmitrij Kisseljows, dem im Dezember 2013 von Präsident Wladimir Putin ernannten Generaldirektor der neuen staatlichen Nachrichtenagentur „Rossija Sewodnja“ und stellvertretenden Leiter des staatlichen Fernseh- und Radiounternehmens WGTRK, a) der im April 2012 in einer von ihm moderierten Talkshow im staatlichen Fernsehsender „Rossija 1“ vorschlug, die Herzen von homosexuellen Organspendern zu „verbrennen oder zu vergraben“, statt sie für lebensrettende Transplantationen zu verwenden, weil sie „ungeeignet“ seien, „um irgendein Leben zu verlängern“, b) der im Dezember 2013 den damaligen deutschen Außenminister homophob beleidigte, c) der im März 2014 ebenfalls auf „Rossija 1“ in seiner wöchentlichen Nachrichtensendung ausführte, dass Russland das einzige Land sei, „das die USA in radioaktive Asche verwandeln“ könne (siehe www.tagesanzeiger. ch/ausland/europa/Russlands-schaerfste-Zunge/story/22038402)? Die Fragen 7a bis 7c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die in der Frage genannten Äußerungen Dmitrij Kisseljows sind der Bundesregierung bekannt. Die Europäische Union hat Dmitrij Kisseljow am 21. März 2014 wegen dessen zentraler Rolle in der „Regierungspropaganda für die Entsendung russischer Streitkräfte in die Ukraine“ auf ihre Visa- und Kontensperrliste gesetzt (Durchführungsbeschluss 2014/151/GASP und Durchführungsverordnung des Rates (EU) Nr. 284/2014 vom 21. März 2014 zur Durchführung des Beschlusses 2014/ 145/GASP und der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen). 8. Welche Rückschlüsse hinsichtlich der staatlichen russischen Informationspolitik zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass zu den am häufigsten vom staatlichen Auslands-TV-Sender „RT“ (Russia Today) zur Einschätzung internationaler Themen (u. a. Lage in der Ukraine, Maidan-Bewegung , Annektierung der Halbinsel Krim durch Russland) interviewten Personen der deutsche Publizist Manuel Ochsenreiter gehört, a) der von 2004 bis 2011 Chefredakteur der laut Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (siehe Bundestagsdrucksache 16/1282) rechtsextremistischen Verlagen nahestehenden „Deutschen Militärzeitschrift“ war und bis heute dort publiziert, b) der seit März 2011 Chefredakteur der denselben Verlagen nahestehenden Zeitschrift „Zuerst!“ ist (siehe u. a. www.ibtimes.co.uk/rts-regular-airgerman -host-manuel-ochsenreiter-exposed-neo-nazi-editor-1441605)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 9. Wie bewertet die Bundesregierung den staatlichen Umgang mit den Grundund Menschenrechten von in Russland lebenden Migrantinnen und Migranten und nichtrussischstämmigen Staatsbürgern Russlands, z. B. aus dem Nordkaukasus? Drucksache 18/2980 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Bundesregierung betrachtet mit Sorge, dass in Russland verfassungsrechtlich garantierte Grundfreiheiten nicht in vollem Umfang gewährt werden. Dies gilt insbesondere auch für in Russland lebende Migrantinnen und Migranten sowie nicht-russischstämmige Staatsangehörige Russlands. 10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Größe, Zusammensetzung und politische Ausrichtung von Gruppen wie „Schild Moskaus“ oder „Bewegung gegen illegale Migration“ sowie über Kooperationen dieser Gruppen mit staatlichen Behörden? Welche weiteren rechtsextremen Aktionsgruppen außer den genannten sind der Bundesregierung bekannt? Der Bundesregierung sind Berichte bekannt, wonach im Sommer 2013 Gruppen , die nicht der Polizei angehörten, „Kontrollen“ von Arbeitsmigranten durchführten und aufgegriffene „Illegale“ der Polizei übergaben. Die Gruppe „Schild Moskaus“ (oder genauer „Stadtschild Moskaus“/„Municipalnyj Schtschit Moskwy“) setzt sich u. a. für die Durchführung von Razzien gegen illegale Migranten ein. Sie soll bis zu 600 Teilnehmer haben und wird von Sergej Tsapenko und Walerij Soljanin angeführt. Die selbsterklärten Ziele der Organisation sind die „Sicherstellung der Sicherheit, Rechte und Freiheiten der Bürger Moskaus“ sowie seit kurzem auch die Organisation humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung der Krim und des Donbass. Nach eigenen Angaben der Organisation koordiniert sie ihre humanitäre Arbeit mit dem Amt des Beauftragten für Kinderrechte Pawel Astachow, dem russischen Katastrophenschutzministerium, dem Grenzdienst sowie Vertretern der Separatisten in Donezk und Luhansk. Außerdem kooperiert die Organisation nach eigenen Angaben mit der Russisch-Orthodoxen Kirche. Die „Bewegung gegen illegale Migration“, die laut eigener Angaben aus dem Jahr 2007 zeitweise angeblich 10 000 Mitgliedern hatte, wurde im April 2011 von einem russischen Gericht als „extremistisch“ eingestuft. Das Urteil trat am 9. August 2011 in Kraft. Seitdem ist die Mitgliedschaft strafbar. Das Führungspersonal der Bewegung organisierte sich daraufhin in einer „Zentrale der Bewegung gegen illegale Migration“. Die Bewegung „Die Russen“/„Russkije“ wurde im Mai 2011 ebenfalls nach dem Gerichtsbeschluss gegen die „Bewegung gegen illegale Migration“ gegründet . Ihr Leiter ist Aleksander Below, ein ehemaliger Anführer der „Bewegung gegen illegale Migration“. Die „Patriotische Jugendbewegung Helles Russland“, gegründet 2009, gilt als gemäßigt nationalistisch. Ihre selbst gesetzten Ziele sind die Vereinigung der ethnischen Russen in Russland und anderswo, wehrpatriotische Jugendarbeit, historische Jugendarbeit im Sinne patriotischer Propaganda, Kampf gegen illegale Migration, Kampf gegen „homosexuelle Propaganda“ und Verbreitung von Kinderpornografie sowie Propaganda zugunsten eines „gesunden Lebenswandels “. Die Organisation wird von Igor Manguschew und Iwan Krylow geführt. 11. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung nach russischem Recht zulässig, dass nichtstaatliche Akteure wie „Schild Moskaus“ oder „Bewegung gegen illegale Migration“ nach sich angeblich widerrechtlich im Land aufhaltenden Migrantinnen und Migranten fahnden, eigenständig Razzien durchführen, an polizeilichen Durchsuchungen beteiligt sind und Verdächtige festsetzen (siehe www.welt.de/politik/ausland/article118874175/ Russische-Neonazis-auf-der-Jagd-nach-Migranten.html)? a) Wenn es – wie Alexander Werchowski, Leiter des „Sowa“-Zentrums, das sich mit Rechtsextremismus in Russland beschäftigt, feststellt – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2980 nicht mit russischem Recht vereinbar ist, in wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung staatliche Ermittlungen gegen die beteiligten Gruppen, einzelne ihrer Mitglieder oder Behördenvertreterinnen und Behördenvertreter eingeleitet? b) Zu welchen strafrechtlichen Konsequenzen führten nach Kenntnis der Bundesregierung etwaige Ermittlungen? Die Fragen 11a und 11b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nach russischem Recht ist es (gemäß Artikel 13 Nummer 2 des russischen Polizeigesetzes) grundsätzlich der Polizei vorbehalten, Dokumente zu kontrollieren. Im Juli 2014 ist jedoch das Gesetz über sog. Freiwillige Volksgruppen („Dobrowolnaja narodnaja drushina“, eine Art „Volkspolizei“) in Kraft getreten. In ihr engagieren sich z. B. einige Kosaken-Organisationen. Angehörigen der „Freiwilligen Volksgruppen“ ist es gestattet, Dokumente zu kontrollieren, jedoch nur in Gegenwart von Polizisten. Nach russischen Angaben sollen im September 2013 nach den in der Frage geschilderten Vorfällen insgesamt 13 Mitglieder der Gruppe „Schild Moskaus“ in Gewahrsam genommen worden sein. Die meisten Mitglieder seien aufgrund ihrer Minderjährigkeit wieder entlassen worden. Drei Mitglieder seien wegen des Vorwurfs des Rowdytums (Artikel 213 des russischen Strafgesetzbuchs) in Untersuchungshaft genommen worden. Sie wurden im Dezember 2013 im Zuge der damals von Staatspräsident Wladimir Putin verkündeten Amnestie entlassen . 12. Sind der Bundesregierung neben den bekannt gewordenen 4 000 Festnahmen von Migrantinnen und Migranten und nichtrussischstämmigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern (z. B. aus dem Nordkaukasus) weitere Fälle bekannt, in denen Migrantinnen und Migranten und nichtrussischstämmige Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach der Ankündigung des russischen Innenministers Wladimir Kolokolzew, das strafrechtliche Vorgehen gegen Nicht-Russinnen und Nicht-Russen sei eine staatliche Priorität , festgenommen und/oder abgeschoben worden sind (siehe www. welt.de/politik/ausland/article118874175/Russische-Neonazis-auf-der-Jagdnach -Migranten.html)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine genauen Zahlenangaben vor. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass seit dem letzten Jahr weitere ausländische Staatsangehörige aus der Russischen Föderation abgeschoben wurden. 13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Massenfestnahme von Migrantinnen und Migranten und nichtrussischstämmigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern auf dem Moskauer „Gärtner“-Markt im August 2013, über die Anzahl der Festgenommenen, ihren Verbleib und ggf. den Verlauf von juristischen Verfahren gegen sie? Anlass für die Razzien auf den Moskauer Freiluftmärkten und in Fabriken Ende Juli 2013 war nach Kenntnis der Bundesregierung eine Schlägerei zwischen Dagestanern und Polizisten auf dem Matwejewski-Markt im Südwesten von Moskau . Nach Medienberichten wurden innerhalb einer Woche mehr als 1 400 Personen festgenommen. Bei den Razzien wurden von der Polizei pro Tag bis zu 1 000 Menschen überprüft. Personen ohne gültige Papiere oder solche, bei denen Ver- dacht auf kriminelle Handlungen bestand, wurden festgenommen. Drucksache 18/2980 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ein Teil der Festgenommenen wurde auf verschiedene Polizeireviere gebracht, rund 600 Personen in ein Zeltlager in dem am Ostrand Moskaus gelegenen Bezirk Goljanowo. Nach russischen Angaben handelte es sich überwiegend um illegale Arbeitsmigranten aus Vietnam, aber auch aus Syrien, Aserbaidschan, Kirgisistan und Usbekistan. Der russische Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin äußerte sich besorgt über die Bedingungen im Zeltlager, die „staatliche Vorschriften nicht erfüllten“. Das Zeltlager wurde Ende August 2013 aufgelöst. Die Insassen mussten teilweise in ihre Heimatländer zurückkehren, rund 230 wurden in ein auf Dauer angelegtes Lager im Moskauer Umland (Posjelok Sewernyj) überführt. 14. Was weiß die Bundesregierung über das improvisierte Abschiebelager, das 2013 im Moskauer Stadtteil Goljanowo errichtet wurde? Es wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 15. Welche Auswirkungen hat nach Einschätzung der Bundesregierung das von der Staatsduma am 11. Juni 2013 beschlossene Gesetz gegen „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen“ auf die Situation von Lesben, Schwulen, bi- und transsexuellen Menschen in Russland, insbesondere im Hinblick auf a) ihre Sicherheitslage, b) ihre Meinungs- und Versammlungsfreiheit? Das am 30. Juni 2013 in Kraft getretene „Gesetz zum Verbot der Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen unter Minderjährigen“ wirkt nach Einschätzung von Beobachtern weniger durch direkte Anwendung als vielmehr als Signal, dass gesellschaftliche Diskriminierung von LGBTI-Orientierungen von staatlicher Seite in einem gewissen Umfang toleriert wird. Kundgebungen für LGBTI-Rechte oder andere Veranstaltungen, die für sexuelle Toleranz werben , werden verboten oder gestört. Die parallel zu den Olympischen Spielen in Sotschi geplanten „Open Games“ in Moskau konnten wegen kurzfristiger Absagen von Veranstaltungsorten und Bombendrohungen nur teilweise durchgeführt werden. 16. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Human Rights Watch, dass das Ausmaß homophober Gewalt in Russland infolge der Verabschiedung des gennannten Gesetzes erheblich zugenommen hat (siehe www. hrw.org/de/news/2014/02/04/russland-spiele-sotschi-werfen-schlaglichtauf -homophobe-gewalt)? Es wird auf die Anwort zu Frage 15 verwiesen. 17. Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen russische Behörden als Reaktion auf die von (teilweise namentlich bekannten) rechtsextremen Gewalttätern in sozialen Netzwerken veröffentlichten Videos, in denen Menschen aufgrund einer ihnen unterstellten homosexuellen Orientierung vor laufender Kamera als „pädophil“ beschimpft, gedemütigt und brutal gefoltert werden, Ermittlungen eingeleitet haben (siehe u. a. www. tagesschau.de/ausland/russlandjagdschwule100.html)? a) In wie vielen Fällen führten diese Ermittlungen zu strafrechtlichen Konsequenzen für die Täter? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2980 b) Ist der Bundesregierung bekannt, warum diese, vor allem auf VK.com, dem nach Facebook zweitgrößten sozialen Netzwerk in Europa mit fast 220 Millionen Nutzerinnen und Nutzern, veröffentlichten Gewaltvideos nicht gelöscht wurden und weiterhin frei zugänglich sind und offenbar keinerlei behördliche Aufforderungen zum Entfernen der Videos ergangen sind? c) Welche strafrechtlichen Konsequenzen hatte das Video, in dem der bekannte russische Neonazi Maxim Marzinkewitsch vor laufender Kamera einen Mann mit einem Messer einschüchtert und droht, diesen zu vergewaltigen (siehe www.welt.de/print/wams/politik/article118894367/ Gewaltwelle-gegen-Schwule-in-Russland.html)? Die Fragen 17a bis 17c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine genauen Zahlen vor. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat Maxim Marzinkewitsch mehrere Videos gedreht. Diese sollen jedoch inszeniert gewesen sein. Laut Medienberichten wurde Maxim Marzinkewitsch zwei Mal wegen extremistisch -nationalistischer Aktionen inklusive der vorgetäuschten und gefilmten Exekution eines tadschikischen Drogenhändlers verurteilt (Urteile vom 18. Februar 2008 und 16. Januar 2009). Er saß dafür insgesamt dreieinhalb Jahre im Gefängnis ein. Zuletzt wurde er am 15. August 2014 wegen „Anstachelung zum zwischennationalen Hass“ zu fünf Jahren Haft verurteilt. Warum die entsprechenden Videos nicht gelöscht wurden, ist der Bundesregierung nicht bekannt. d) Wie endete nach Kenntnis der Bundesregierung das einzige bislang bekannte eingeleitete Verfahren gegen die gewaltbereite, rechtsradikale sogenannte Occupy-Pädophilie-Bewegung, deren Mitglieder in mehreren russischen Städten Jagd auf Männer machen, denen sie eine homosexuelle Orientierung unterstellen (siehe ebenda)? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden in Russland in den Jahren 2013 bis 2014 mehrere Verfahren gegen Aktivisten der Bewegung eingeleitet. Angeklagt wurden dabei stets Personen, nicht die Organisation. Dazu zählen folgende Verfahren : ● In Swerdlowsk, in den Gebieten Smolensk und Tambow, im August 2013: Drei Strafverfahren wegen Erpressung und Prügeleien, bis heute erging kein Urteil. ● In Moskau, im Dezember 2013: Ein Strafverfahren für die Anstachelung zu Hass und Feindschaft, bis heute erging kein Urteil. ● Im Ural, im August 2014: Strafverfahren gegen neun „Occupy Pädophilie“- Aktivisten, bislang erging kein Urteil. 18. Welche Gründe sind nach Meinung der Bundesregierung ausschlaggebend für die zu beobachtende, zunehmende Kooperation zwischen der russischen Staatsführung und kremlnahen Ideologen auf der einen Seite sowie rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien aus EU-Mitgliedstaaten auf der anderen Seite (www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-flirt-des-kremlsmit -europas-rechten-1.18317558)? Die Bundesregierung verfügt über keine Erkenntnisse, die einen unmittelbaren Einfluss rechtsextremistischer Ideologie auf russisches Regierungshandeln belegen . Drucksache 18/2980 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Welche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Studie des ungarischen Politik-Forschungsinstituts „Political Capital “ zu Verbindungen zwischen rechtsgerichteten Parteien in den EUMitgliedstaaten und der politischen Elite in Russland (siehe www.taz.de/ !138258/)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1, 2 und 18 verwiesen. 20. Welche Rolle spielt nach Kenntnis der Bundesregierung das „Ethnopluralismuskonzept “ bei der Kooperation rechtsextremer Gruppierungen aus der EU und Russland (siehe www.bpb.de/internationales/europa/russland/ 159431/analyse-rassistische-gewalt-und-neonazistische-bewegungen-inrussland ?p=all)? Die Bundesregierung schließt nicht aus, dass sich sowohl unter den Mitgliedern von rechtsextremen Gruppierungen in der Europäischen Union als auch unter den Mitgliedern von rechtsextremen Gruppierungen in Russland Anhänger des „Ethnopluralismuskonzepts“ befinden. 21. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über offizielle Kontakte und die Zusammenarbeit des russischen Parlaments und der Staatsführung mit rechtsextremen Parteien aus EU-Mitgliedstaaten, insbesondere mit a) der Front National (Frankreich), Aus Presseberichten ist bekannt, dass die Vorsitzende des rechtsextremistischen französischen Front National, Marine Le Pen, sowohl im Jahr 2013 als auch im Jahr 2014 Moskau besuchte. Sie traf sich dabei unter anderem mit dem Vorsitzenden der russischen Staatsduma, Sergej Naryschkin, und mit Alexej Puschkow, dem Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses der Duma. Der außenpolitische Berater von Marine Le Pen, Aymeric Chauprade, wurde im März 2014 im Kreml empfangen, bevor er sich zur sogenannten „Beobachtung“ des völkerrechtswidrigen Referendums über den Status der Krim auf die Krim begab. b) der Jobbik-Partei (Ungarn), Laut Medienberichten unterhält die ungarische Jobbik-Partei enge Beziehungen nach Russland. So führte beispielsweise Jobbik-Parteichef Gábor Vona und ebenso der ungarische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Béla Kovács, hochrangige Gespräche in Moskau u. a. mit Iwan Grachow, dem Vorsitzenden des Energieausschusses der russischen Staatsduma, mit Leonid Kalaschnikow, dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Duma-Ausschusses für Internationale Beziehungen, oder Wassili Tarasjuk, Mitglied des Rohstoffausschusses. c) der Partei Ataka (Bulgarien)? Medienberichten zufolge soll der Parteivorsitzende der bulgarischen Partei Ataka, Wolen Siderow, direkte Kontakte zu Staatspräsident Putin sowie enge Kontakte zum Vorsitzenden der russischen Staatsduma, Sergej Naryschkin, haben . Medien berichteten über eine Einladung Wolen Siderows zu den Feierlichkeiten zu Putins 60. Geburtstag im Jahr 2012. Am 29. April 2014 wurde Wolen Siderow der russische Orden „Zvezda na otechestvoto“ („Stern der Gesellschaft “) für seine „großen Verdienste um die russisch-bulgarischen Beziehungen “ verliehen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2980 22. Wie oft und von welchen offiziellen Vertreterinnen und Vertretern des russischen Staates und des Parlaments wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die Vorsitzende der rechtsextremen französischen Partei Front National , Marine le Pen, in Russland empfangen (siehe http://german.ruvr.ru/ news/2014_04_12/Frankreich-teilt-Russlands-Stellungnahme-zur-UkraineMarine -Le-Pen-5334/)? Die Bundesregierung führt keine Übersichten über Treffen von Politikerinnen und Politikern dritter Staaten mit Vertreterinnen und Vertretern des russischen Staates und Parlaments. Zu den Erkenntnissen der Bundesregierung wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. 23. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den französischen TV- und Onlinesender „ProRussia.TV“, der nach französischen Medienberichten von Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern der rechtsextremen Front National in Zusammenarbeit mit dem staatlichen russischen Auslandsrundfunk „Stimme Russlands“ betrieben wird (siehe www.slate.fr/story/ 75047/russie-fn und www.droites-extremes.blog.lemonde.fr/2013/01/29/ la-tele-identitaire-la-drole-dagence-de-presse-et-le-soft-power-russe/)? Der Fernsehsender „ProRussia.tv“ spielt in der französischen Medienöffentlichkeit eine kaum wahrnehmbare Rolle. Die Finanzierung des Senders ist undurchsichtig . Sein Direktor ist der ehemalige Sekretär des Front-National-Verbandes Normandie, Gilles Arnaud, dessen Ehefrau Sylvie Collet als Nachrichtensprecherin fungiert. Mehrere Mitarbeiter sind ehemalige oder noch aktive Front-National -Funktionäre. 24. Sieht die Bundesregierung Anzeichen dafür, dass rechtsextreme Parteien, wie die Front National, Jobbik und Ataka, direkt oder indirekt (etwa für die Teilnahme an staatlichen Veranstaltungen) Gelder von oder aus Russland erhalten (siehe Süddeutsche Zeitung, 17. April 2014, und www.wdr5. de/sendungen/politikum/russland_europas_rechte100.html)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Informationen vor. 25. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindungen zwischen ukrainischen rechtspopulistischen oder rechtsextremen Gruppen und a) russischen rechtspopulistischen oder rechtsextremen Gruppen, b) russischen Regierungsstellen oder staatlich kontrollierten Einrichtungen , und falls ja, welcher Art sind die Verbindungen, und inwieweit betrifft dies auch Finanzbeziehungen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 26. Welche Vertreterinnen und Vertreter von Parteien aus EU-Mitgliedstaaten sind der Bundesregierung namentlich bekannt, die im Februar 2014 auf Einladung aus Russland die Abstimmung zur Legitimierung der völkerrechtswidrigen militärischen Annektierung der ukrainischen Halbinsel Krim beobachtet haben (bitte mit Nennung der jeweiligen Parteizugehörigkeit ; siehe www.anton-shekhovtsov.blogspot.de/2014/03/pro-russianextremists -observe.html)? Drucksache 18/2980 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundesregierung ist bekannt, dass Vertreterinnen und Vertreter der russischen Führung zahlreiche europäische Abgeordnete eingeladen haben, das völkerrechtswidrige Referendum auf der Krim zu beobachten, mit dem Ziel, dieses zu legitimisieren. Über deren tatsächliche Teilnahme liegen der Bundesregierung keine über Medienberichte hinausgehenden Informationen vor. 27. Welche Rolle spielten nach Kenntnis der Bundesregierung Parlamentsabgeordnete von Parteien wie FPÖ, BZÖ, Vlaams Belang, Ataka, Front National, Jobbik, Lega Nord in der Berichterstattung der staatlich kontrollierten Medien Russlands über die Abstimmung auf der Krim? Die Abgeordneten traten beim völkerrechtswidrigen Referendum auf der Krim als Wahlbeobachter auf. In einer vom russischen Fernsehen übertragenen Pressekonferenz bescheinigten sie dem „Referendum“ korrekte Durchführung und Transparenz. Ihre Anwesenheit und ihre Aussagen verwendete Russland als Beleg für die vermeintliche Legitimität und internationale Anerkennung des Referendums . 28. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Organisation „Eurasisches Observatorium für Demokratie und Wahlen“ (EODE) und ihren Gründer, den „belgischen Rechtsradikalen“ (siehe www.nzz.ch/aktuell/ startseite/der-flirt-des-kremls-mit-europas-rechten-1.18317558) Luc Michel? In welcher Weise ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Organisation EODE bislang im Zusammenhang mit russischer Außenpolitik in Erscheinung getreten? Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt , dass eine Beantwortung der Frage 28 nicht offen erfolgen kann. Der erbetenen Auskunft liegen schutzbedürftige Informationen anderer Staaten zugrunde , die entsprechend eingestuft sind. Eine Offenlegung könnte zur Folge haben, dass dem Bundesnachrichtendienst (BND) künftig keine schutzbedürftigen Erkenntnisse anvertraut werden. Eine Einschränkung des Erkenntnisaustauschs mit ausländischen Stellen hätte negative Auswirkungen auf die Fähigkeit des BND zur Abbildung der Sicherheitslage. Eine Kenntnisnahme durch Unbefugte würde insofern für die Auftragserfüllung des BND erhebliche Nachteile zur Folge haben. Sie kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem VS-Grad „VS-Vertraulich“ eingestuft. Sie werden in dieser Form an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt.* 29. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass auch deutsche rechtspopulistische oder rechtsextreme Parteien und/oder Gruppierungen in ideologischer, politischer oder finanzieller Verbindung mit der russischen Staatsführung stehen? Der Bundesregierung sind derzeit keine Kontakte deutscher rechtsextremistischer Organisationen zu staatlichen russischen Stellen bekannt. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/2980 30. Sind der Bundesregierung Kontakte deutscher Neonazis zu dem russischen Ideologen Alexander Dugin bekannt, der laut Medienberichten in engem Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern europäischer rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Parteien, wie u. a. dem FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache, dem Ataka-Vorsitzenden Wolen Siderow, dem Jobbik-Vorsitzenden Gábor Vona oder dem Goldene-MorgenröteVorsitzenden Nikolaos Michaloliakos, steht (siehe www.profil.at/articles/ 1424/980/375880/eurasier-mit-heinz-christian-strache-wien und www.taz. de/!138258/)? Die Bundesregierung hat hierzu keine über Medienberichte hinausgehenden Erkenntnisse . 31. Welche Schlussfolgerungen hinsichtlich der russischen Familienpolitik und des Umgangs mit sexuellen Minderheiten in Russland zieht die Bundesregierung aus der Teilnahme der Autorin des international kritisierten Anti-LGBT-Gesetzes und der Vorsitzenden des Duma-Ausschusses für Familie, Frauen und Kinder, Jelena Misulina, an der deutschen Konferenz „Für die Zukunft der Familie – Werden Europas Völker abgeschafft?“, an der im November 2013 auch Jürgen Elsässer, Thilo Sarrazin, Eva Herman und Béatrice Bourges mitwirkten und die vom Magazin „Compact“, das eine „Scharnierfunktion zwischen der extremen Rechten und Rechtskonservativen “ (apabiz e. V./ver.di jugend 2012) einnimmt, veranstaltet wurde (siehe www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/compact-veranstaltung-krudethesen -der-homosexuellenhasser-a-935310.html)? Der Bundesregierung ist sowohl die russische Familienpolitik, als auch der Umgang mit sexuellen Minderheiten in Russland bekannt. Die Teilnahme der Vorsitzenden des Ausschusses der Staatsduma der Russischen Föderation für Familie , Frauen und Kinder, Jelena Misulina, an der in der Frage genannten Veranstaltung hat keine darüber hinausgehende Erkenntnisse erbracht. Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. a) Welche weiteren kremlnahen Politikerinnen und Politiker aus Russland nahmen nach Kenntnis der Bundesregierung an der Konferenz teil? Nach Kenntnis der Bundesregierung nahm auch die stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses der Staatsduma der Russischen Föderation für Familie, Frauen und Kinder, Olga Batalina, an der Veranstaltung teil. b) Sind der Bundesregierung weitere Teilnahmen kremlnaher russischer Politikerinnen und Politikern an rechtspopulistischen oder rechtsextremen Veranstaltungen in Deutschland bekannt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 32. Kann die Bundesregierung Presseberichte (www.zeit.de/politik/deutschland/ 2014-07/juergen-elsaesser-russland-propaganda) bestätigen, wonach a) die vom Chefredakteur des Compact-Magazins, Jürgen Elsässer, und dessen Medienpartner und Compact-Mitarbeiter Ken Jebsen initiierten sogenannten Compact-Souveränitätskonferenzen der Jahre 2012 und 2013 gemeinsam mit dem kremlnahen Institut für Demokratie und Zusammenarbeit mit Sitz in Paris organisiert worden seien, auf denen u. a. die ultrakonservative Duma-Abgeordnete Jelena Misulina und die radikal nationalistische Historikerin Natalja Narotchnitzkaja auf- getreten seien und über die der Fernsehjournalist und heutige Chef des staatlichen russischen Medienkonzerns Rossija Sewodnja, Dmitri Drucksache 18/2980 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Kisseljow, 2013 im staatlichen russischen Fernsehen Rossija 1 wohlwollend berichtet habe, b) Jürgen Elsässer 2013 in seinem Compact-Magazin in einem Interview dem als Rechtsextremisten und Cheftheoretiker des antiamerikanischen und liberalismusfeindlichen Neo-Eurasismus beschriebene Alexander Dugin breiten Raum zur Entfaltung seiner Ideologie und Pläne für deren Verwirklichung als geopolitisches und strategisches Konzept unter anderem mithilfe von Subversion, Desinformation und Destabilisierung eingeräumt habe, c) Jürgen Elsässer im April 2014 im Interview mit dem Chef der „Eurasischen Jugendbewegung“ und Leiter des „Zentrums für Eurasisch-Europäische Zusammenarbeit“ in Moskau, Jurij Kofner, sich auch persönlich als Anhänger der von Alexander Dugin propagierten Ideologie gezeigt habe, d) Jürgen Elsässer seit Beginn der Ukraine-Krise bei öffentlichen Auftritten , etwa bei den von ihm mit mobilisierten sogenannten Montagsmahnwachen , bei deren Berliner Veranstaltungen er selbst und sein Medienpartner Ken Jebsen zu Hauptrednern avanciert seien, typische Argumentationsmuster der russischen staatlich kontrollierten Medien übernähme, etwa wenn er von den „Nato-Faschisten“ in Kiew, von der ukrainischen Regierung als eine mit Hilfe der USA an die Macht gekommene „Putschregierung“ sprach, den USA, deutschen Medien und Politik einen „Krieg gegen Russland“ unterstellte und die Vorbereitung der „Endlösung der Russenfrage“ in der Ukraine behauptete, e) russische Staatsmedien, wie der russische Auslandsradiosender „Stimme Russlands“, die Video-Nachrichtenagentur „RT Ruptly“ und Kisseljow in seiner TV-Nachrichtensendung auf Rossija 1 bereits sehr früh und sehr wohlwollend über die „Montagsmahnwachen“ berichtet und diese als Beleg für relevante prorussische Demonstrationen in Deutschland dargestellt hätten, f) Jürgen Elsässer seit mehreren Jahren für seine EU- und Euro-kritischen Veranstaltungen und Konferenzen u. a. unter Beteiligung des britischen EU-Kritikers Nigel Farage (UKIP) sowie für Buchvorstellungen das Russische Haus in Berlin – ein Kulturinstitut des russischen Außenministeriums – als Veranstaltungsort zur Verfügung gestellt bekommen habe, und falls ja, welche Rückschlüsse hinsichtlich der staatlichen russischen Informationspolitik zieht die Bundesregierung hieraus? Die Fragen 32a bis 32f werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Beiträge des Chefredakteurs des Compact-Magazins, Jürgen Elsässer, und seiner Medienpartner sind in seinen Publikationen nachzulesen und bedürfen keiner Bestätigung durch die Bundesregierung. Wie und mit wem die Konferenzen des Compact-Magazins organisiert werden und wer sie finanziert, entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung. Der russische Journalist und heutige Chef der staatlichen russischen Nachrichtenagentur „Rossija Sewodnja“, Dmitrij Kisseljow, berichtete wiederholt über prorussische Stimmungen in Deutschland. Eine prominente Darstellung der so genannten Montagsmahnwachen in russischen Medien war nicht erkennbar. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333