Deutscher Bundestag Drucksache 18/2987 18. Wahlperiode 27.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2827 – Entwicklung der ärztlichen Honorare in der gesetzlichen Krankenversicherung seit 2008 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung haben für das Jahr 2015 Vergütungssteigerungen von rund 850 Mio. Euro vereinbart (vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 9, September 2014. S. 391). Ergänzend dazu sind auf Landesebene weitere Vergütungssteigerungen möglich. Erhebliche Kritik an diesem Verhandlungsergebnis gab es in Teilen der Ärzteschaft . Die Kassen müssten jetzt den organisierten Widerstand der Praxisärzte zu spüren bekommen. Die Entscheidung werde das Praxissterben verschärfen, sie sei „ein Verlustgeschäft für die niedergelassenen Ärzte“ (vgl. Ärzte-Zeitung Online, 28. August 2014). Vor dem Hintergrund dieser Kritik aus der Ärzteschaft ist Transparenz darüber nötig, in welchem Maße die Vergütungen und Überschüsse der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in den letzten Jahren angestiegen sind, welche Arztgruppen davon besonders profitiert haben und in welchem Verhältnis diese Steigerungen zu anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen stehen. Auch ist von Interesse, auf welche Faktoren die Honorarsteigerungen zurückzuführen sind, und in welchem Umfang die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte tatsächlich für die Versorgung gesetzlich Versicherter tätig sind. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV) haben für das Jahr 2015 Vergütungssteigerungen Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 23. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. vereinbart und zugleich die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auf Landesebene die gesetzlich vorgesehenen regionalen Vergütungsverhandlungen geführt werden können. Damit können die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zeitnah Klarheit über die im Jahr 2015 geltenden Rahmenbedingungen in der vertragsärztlichen Vergütung erlangen. Drucksache 18/2987 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Um die Transparenz über die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen zu stärken , wurde mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz die KBV gemäß § 87c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) verpflichtet, für jedes Quartal sowie für jede Kassenärztliche Vereinigung (KV) einen Bericht unter anderem über die Entwicklung der Gesamtvergütungen und über das Honorar je Arzt und je Arztgruppe zu veröffentlichen. Diese Regelung löste die bis zum 31. Dezember 2011 geltende Berichtsvorschrift nach dem § 87 Absatz 3a Satz 2 bis 4 SGB V ab. Die KBV veröffentlicht seit Mitte 2012 Honorarberichte, mit denen auch die Entwicklung der Überschüsse differenziert nach Arztgruppen im Längsschnitt ab dem Jahr 2010 auf einer einheitlichen Grundlage nachvollzogen werden kann. Unabhängig von den Honorarberichten der KBV lässt sich die jährliche Entwicklung der Ausgaben der Krankenkassen im Bereich der ärztlichen Versorgung auf Basis der amtlichen Rechnungsergebnisse der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nachvollziehen. 1. Wie hoch war jährlich die Ausgabensteigerung der gesetzlichen Krankenversicherungen für vertragsärztliche Vergütungen prozentual (gemessen an den ambulanten Ausgaben) und absolut (bitte von 2008 bis 2013 darstellen und nach Kassenärztlichen Vereinigungen aufschlüsseln)? Die Ausgaben, die der vertragsärztlichen Versorgung auf Basis der amtlichen Rechnungsergebnisse der GKV zugute kamen, haben sich absolut und anteilig an den gesamten ambulanten Ausgaben für die Jahre 2008 bis 2013 wie in untenstehender Tabelle 1 entwickelt (Spalten rechts). Als ambulante Ausgaben werden die Leistungsausgaben abzüglich der Krankengeld- und Krankenhausausgaben definiert. Eine Aufschlüsselung nach KVen ist nicht möglich, da die GKV-Statistiken eine solche Differenzierung nicht vorsehen. 2. In welchem Maße (prozentual und absolut) sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen Bruttoeinkommen von Vollzeitbeschäftigten im Gesundheitswesen zwischen 2008 und 2013 angestiegen? Die Bruttomonatsverdienste der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Gesundheitswesen haben sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Fachserie 16 Reihe 2.3) und Berechnungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zwischen 2008 und 2013 wie folgt entwickelt: Jahr Ambulante Versorgung Vertragsärztliche Versorgung Anteil an der ambulanten Versorgung 2008 91.615.853.343 € 30.488.841.366 € 33,3% 2009 97.018.819.120 € 32.264.264.347 € 33,3% 2010 98.441.228.287 € 33.256.927.481 € 33,8% 2011 99.639.142.593 € 33.927.082.548 € 34,0% 2012 101.672.366.040 € 34.569.084.992 € 34,0% 2013 108.143.369.557 € 36.197.784.389 € 33,5% Tabelle 1: Entwicklung der Ausgaben in der ambulanten Versorgung in der GKV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2987 3. Wie hoch ist nach den der Bundesregierung vorliegenden aktuellen Erhebungen des Instituts des Bewertungsausschusses (InBA) der durchschnittliche jährliche vertragsärztliche Reinertrag (Überschuss je Praxisinhaber)? 4. Wie hoch ist nach den der Bundesregierung vorliegenden aktuellen Erhebungen des InBA der durchschnittliche jährliche vertragsärztliche Reinertrag differenziert nach Arztgruppen und – wenn möglich – Tätigkeitsschwerpunkten ? 5. In welchem Maße (prozentual und absolut) ist der durchschnittliche vertragsärztliche Reinertrag differenziert nach Arztgruppen und – wenn möglich – Tätigkeitsschwerpunkten (bitte um den Preiseffekt der privaten Krankenversicherung bereinigte Gesamteinnahmen zugrunde legen) seit 2008 angestiegen? Die Fragen 3 bis 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Für die sachgerechte Bestimmung des vertragsärztlichen Reinertrages sind Daten zu den Einnahmen und Aufwendungen von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten notwendig. Das InBA führt dazu keine eigenen Erhebungen durch. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Rahmen der aller vier Jahre durchgeführten Kostenstrukturerhebungen bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten (Fachserie 2 Reihe 1.6.1) betrug der Reinertrag in Arztpraxen je Praxisinhaber 142 000 Euro im Jahr 2007 bzw. 166 000 Euro im Jahr 2011. Der durchschnittliche Reinertrag je Praxisinhaber bei den psychologischen Psychotherapeuten betrug 50 000 Euro im Jahr 2007 und 61 000 Euro im Jahr 2011. In diesen Angaben sind unter anderem Einkünfte aus privatärztlicher Behandlung mit enthalten, medizinische Versorgungszentren sind nicht mit einberechnet. In der Fachserie findet sich unter anderem auch eine differenzierte Darstellung nach Arztgruppen und ggf. Tätigkeitsschwerpunkten . Die Kostenstrukturerhebungen des Statistischen Bundesamtes sind insbesondere für wirtschafts- und strukturpolitische Zwecke gedacht. Auf dieser Grundlage berechnet das InBA unter anderem in Vorbereitung auf die Beratungen im Bewertungsausschuss, wie zur Anpassung des Orientierungswertes , auch Kennzahlen zum vertragsärztlichen Reinertrag. Diese Kennzahlen weichen von den vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen Reinerträgen ab, um den spezifischen Anforderungen für die Aufgabenerfüllung des Bewertungsausschusses Rechnung zu tragen. So müssen z. B. die Einnahmen aus der Versorgung von Versicherten in der privaten Krankenversicherung – die in der Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes mit enthalten sind – entsprechend berücksichtigt werden. Die Beratungsunterlagen des Bewertungsausschusses – und Jahr Durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst insgesamt Veränderung zum Vorjahr absolut Veränderung zum Vorjahr prozentual 2008 3.514 € 2009 3.656 € 142 € 4,0% 2010 3.720 € 64 € 1,8% 2011 3.827 € 107 € 2,9% 2012 3.919 € 92 € 2,4% 2013 3.992 € 73 € 1,9% Tabelle 2: Entwicklung der Bruttomonatsverdienste so auch die konkreten Berechnungen des InBA zum durchschnittlichen jährlichen Drucksache 18/2987 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode vertragsärztlichen Reinertrag und dessen Veränderung – sind nach § 87 Absatz 3 Satz 3 und 4 SGB V und der Geschäftsordnung des Bewertungsausschusses vertraulich . Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen des InBA. 6. Welche methodischen Unterschiede bei der Berechnung des durchschnittlichen vertragsärztlichen Reinertrags je Praxisinhaber (Überschuss je Praxisinhaber ) gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen den Erhebungen des InBA und denen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland bzw. der Kassenärztlichen Bundesvereinigung? Die methodischen Grundlagen der verschiedenen Erhebungen sind in den entsprechenden Veröffentlichungen des Statischen Bundesamtes (Kostenstrukturerhebung im medizinischen Bereich 2011, Qualitätsbericht), des Zentralinstitutes für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI, www.zi-pp.de) und im KBV-Honorarbericht (www.kbv.de) detailliert aufgeführt. Zwischen den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes – als eine Grundlage der Berechnungen des InBA – und des ZI gibt es vielfältige Unterschiede, die in der Folge auch zu Unterschieden in der Repräsentativität und Validität des ausgewiesenen vertragsärztlichen Reinertrages führen. Wesentliche Unterschiede – auch nach Angaben des InBA – sind z. B. insbesondere im Erhebungsdesign (z. B. befragte Grundgesamtheit, Auskunftspflicht, Rücklaufquote), in der Aufbereitung und Auswertung sowie in der Darstellung der Daten (z. B. Differenziertheit der Arztgruppen) zu finden. Weitere Unterschiede finden sich in der Periodizität und Aktualität der Daten als auch in der Möglichkeit, auf einzelne Daten für ergänzende Analysen zuzugreifen. Davon zu unterscheiden sind die gesetzlich vorgeschriebenen vierteljährlich erscheinenden Honorarberichte der KBV. Diesen liegen keine direkt bei den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten durch Selbstauskünfte erhobene Daten zugrunde, sondern unter anderem Abrechnungsdaten der KVen, Daten der kassenseitigen Rechnungslegung und Bereinigungsdaten. Darüber hinaus gehen hier auch Daten des ZI mit ein. 7. Welchen Anteil am jährlichen Anstieg der vertragsärztlichen Vergütung seit 2008 haben jeweils die Vereinbarungen im (erweiterten) Bewertungsausschuss auf der Bundesebene, und welche sind auf die regionalen Vereinbarungen und die dort einbezogenen regionalen Faktoren zurückzuführen (bitte jährlich bis 2013 darstellen)? 8. Welchen Anteil am jährlichen Anstieg der vertragsärztlichen Vergütung seit 2008 haben jeweils vereinbarte Neubewertungen von Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) und neue Gebührenpositionen, und welche sind auf Erhöhungen der Leistungsmenge (jeweils für den morbiditätsbedingten Behandlungsbedarf und die Einzelleistungsvergütung) sowie des Orientierungswertes zurückzuführen (bitte jährlich bis 2013 darstellen )? Die Fragen 7 und 8 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Berechnungen zu den in den Fragen 7 und 8 angesprochenen Punkten liegen dem BMG nicht vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2987 Um solche Berechnungen sachgerecht durchzuführen, wären eine Vielzahl an empirischen Daten und Informationen nötig, die auch dem InBA in der notwendigen Form nicht vorliegen. Solche Analysen haben – sofern sie für einzelne Aspekte durchgeführt werden – daher einen explorativen Charakter. 9. a) In welchem Umfang ist seit 2008 der so genannte Orientierungswert in der vertragsärztlichen Vergütung angestiegen? b) In welchem Umfang ist nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2008 der tatsächliche Leistungspreis (Vergütung je tatsächlich abgerechneter Leistung in Punkten) angestiegen? c) Wie hoch ist derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung der tatsächliche Leistungspreis (Vergütung je tatsächlich abgerechneter Leistung in Punkten) aufgeschlüsselt nach Kassenärztlichen Vereinigungen? Nach Angaben des InBA auf der Grundlage der Beschlüsse des Bewertungsausschusses ist der erstmals für das Jahr 2009 festgelegte Orientierungswert in der vertragsärztlichen Vergütung in den Jahren 2010 sowie 2013 bis 2015 jeweils im Vergleich zum Vorjahr – wie in untenstehender Tabelle 3 mit den prozentualen jährlichen Steigerungsraten abgebildet – angepasst worden. Mit dem GKVFinanzierungsgesetz war die Anpassung des Orientierungswertes für die Jahre 2011 und 2012 ausgesetzt worden. Für eine Berechnung der Vergütung je tatsächlich abgerechneter Leistung in Punkten auf Bundesebene kann vereinfacht der Quotient aus der Summe der Gesamtvergütungen und der Summe der abgerechneten Punktzahlvolumen betrachtet werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine Veränderung des Punktzahlvolumens insbesondere auf durch den Bewertungsausschuss beschlossene Veränderungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM), z. B. in der Bewertung einzelner Leistungen, zurückgehen kann. Dies ist bei der Festlegung des Punktzahlvolumens für die einzelnen Jahre zu berücksichtigen. Eine Berechnung die unter anderem diesem Aspekt Rechnung trägt, liegt – wie auch eine Differenzierung nach KVen – dem BMG für den Zeitraum ab 2008 nicht vor. 10. a) Wie hoch war 2008 bis 2013 jeweils die durchschnittliche morbiditätsorientierte Gesamtvergütung je Vertragsärztin bzw. Vertragsarzt (bitte nach Kassenärztlichen Vereinigungen und zusätzlich – wenn möglich – nach Arztgruppen darstellen)? b) Wie hoch war 2008 bis 2013 jeweils die durchschnittliche morbiditätsorientierte Gesamtvergütung je Versicherten (bitte nach Kassenärztlichen Vereinigungen darstellen)? Mit den KBV-Honorarberichten sind Aussagen auf einer einheitlichen Grundlage zur morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) je Vertragsarzt sowie je Versicherten im Zeitraum von 2010 bis zum zweiten Quartal 2013 möglich. In Bezug auf die Honorarentwicklung im Jahr 2009 wird auf Bundestagsdrucksache 17/4000 verwiesen. Hierin sind auch Daten des Jahres 2008 mit enthalten. 2010 2011 2012 2013 2014 2015 0,13 - - 0,9 1,3 1,4 Tabelle 3: Entwicklung des Orientierungswertes Drucksache 18/2987 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In der nachfolgenden Übersicht ist die durchschnittliche MGV je Arzt in Euro differenziert nach KV nach eigener Berechnung dargestellt. Grundlage sind die KBV-Honorarberichte und dazugehörige Daten zu den Arztzahlen am Ende des jeweiligen Jahres. Ermächtigte Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind nicht mit enthalten. Die Tabelle 4 zeigt, dass die MGV je Arzt im Zeitverlauf variiert. Hintergrund sind im Zeitverlauf sich ändernde Abgrenzungen der MGV sowie eine sich verändernde Arztzahl. Eine veränderte MGV ist z. B. auf sich verändernde Anteile an extrabudgetärer Vergütung oder auf sich verändernde Bereinigungsbeträge zurückzuführen. Die MGV je Arzt wird weder in den KBV-Honorarberichten noch anderweitig regelhaft ausgewiesen. Hintergrund ist auch die unklare Aussagekraft dieser Verhältnisgröße. Ein Grund dafür ist, dass die MGV nach dem Wohnort des Versicherten abgegrenzt ist (Wohnortprinzip), die entsprechende Arztzahl nach dem Ort des Praxissitzes. Aufgrund dessen, dass überregionale Mitversorgungsstrukturen bestehen (z. B. Berlin und Brandenburg) kommt es zu Austauschbeziehungen in der Form, dass ein Teil der MGV z. B. der Versicherten in Brandenburg zur Verfügung steht, über den Fremdkassenzahlungsausgleich auch Vertragsärzten in Berlin zugute kommt. Eine Differenzierung der MGV nach Arztgruppen ist nicht möglich, da diese versichertenbezogen bestimmt wird und nicht je Arztgruppe. Der nachfolgenden Übersicht ist die MGV je Versicherten in Euro differenziert nach KV zu entnehmen. Grundlage sind die KBV-Honorarberichte. KV-Region 2010 2011 2012 1. Hj. 2013 Schleswig-Holstein 156.349 € 161.223 € 158.744 € 77.370 € Hamburg 119.918 € 118.673 € 116.754 € 58.961 € Bremen 120.916 € 120.483 € 121.004 € 56.391 € Niedersachsen 180.572 € 180.289 € 178.489 € 87.209 € Westfalen-Lippe 166.475 € 170.684 € 168.776 € 82.332 € Nordrhein 144.964 € 148.858 € 148.597 € 71.198 € Hessen 153.266 € 154.000 € 153.106 € 71.274 € Rheinland-Pfalz 163.878 € 166.809 € 166.992 € 83.435 € Baden-Württemberg 148.966 € 148.183 € 144.604 € 69.132 € Bayern 136.135 € 157.729 € 151.450 € 70.483 € Berlin 119.303 € 119.085 € 119.462 € 53.666 € Saarland 166.506 € 166.245 € 164.504 € 79.734 € Mecklenburg-Vorpommern 201.644 € 199.816 € 197.963 € 101.719 € Brandenburg 191.270 € 195.853 € 193.582 € 97.914 € Sachsen-Anhalt 182.754 € 185.108 € 182.950 € 92.364 € Thüringen 184.243 € 186.245 € 183.831 € 92.779 € Sachsen 174.401 € 177.241 € 175.810 € 89.032 € Bund 154.883 € 159.852 € 157.635 € 76.111 € Tabelle 4: Entwicklung der MGV je Arzt differenziert nach KVen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2987 11. Hält die Bundesregierung ihre in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 17/7735, Frage 8) enthaltene Schätzung aufrecht, wonach eine nicht ausgabenneutrale Anpassung der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung je Versicherten in den Kassenärztlichen Vereinigungen an den Bundesdurchschnitt zu Vergütungssteigerungen von mindestens 500 Mio. Euro führen würde? Wenn nein, wie hoch wäre aktuell der von der Bundesregierung geschätzte Vergütungsanstieg infolge einer solchen Anpassung der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung je Versicherten? Auf der Grundlage der Daten des KBV-Honorarberichtes für das Jahr 2012 würde eine undifferenzierte Anpassung in KVen, die eine unterdurchschnittliche unbereinigte MGV je Versicherten aufweisen an den Bundesdurchschnitt rund 500 Mio. Euro an Mehrausgaben verursachen. 12. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung zur Höhe der durchschnittlichen morbiditätsorientierten Gesamtvergütung je Vertragsärztin bzw. Vertragsarzt differenziert nach Arztgruppen oder Tätigkeitschwerpunkten ? Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen. 13. Wie hoch sind derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung zusammengenommen die ambulanten und stationären Leistungsausgaben je Versicherten (bitte wenn möglich nach Kassenärztlichen Vereinigungen oder zumindest Bundesländern differenzieren)? Auf Basis der amtlichen Rechnungsergebnisse der GKV betrugen die ambulan- KV-Region 2010 2011 2012 1. Hj. 2013 Schleswig-Holstein 310,79 € 325,19 € 328,80 € 166,03 € Hamburg 354,88 € 357,23 € 354,76 € 179,38 € Bremen 350,11 € 359,57 € 363,77 € 170,59 € Niedersachsen 343,99 € 350,94 € 354,62 € 174,54 € Westfalen-Lippe 304,42 € 317,44 € 319,53 € 156,78 € Nordrhein 314,55 € 329,20 € 335,02 € 162,75 € Hessen 332,44 € 339,53 € 342,80 € 161,16 € Rheinland-Pfalz 323,74 € 336,17 € 340,22 € 171,43 € Baden-Württemberg 310,82 € 314,87 € 316,63 € 152,14 € Bayern 305,50 € 358,61 € 355,86 € 167,07 € Berlin 379,03 € 380,40 € 381,53 € 172,53 € Saarland 350,77 € 358,20 € 365,51 € 181,11 € Mecklenburg-Vorpommern 364,24 € 368,23 € 372,34 € 195,54 € Brandenburg 320,37 € 335,52 € 339,30 € 172,73 € Sachsen-Anhalt 309,38 € 323,49 € 327,02 € 168,77 € Thüringen 325,33 € 338,23 € 341,58 € 174,95 € Sachsen 322,27 € 337,36 € 341,18 € 175,20 € Bund 322,16 € 338,47 € 340,87 € 166,24 € Tabelle 5: Entwicklung der MGV je Versicherten differenziert nach KVen ten und stationären Leistungsausgaben im Jahr 2013 insgesamt 2 476 Euro je Versicherten. Die Definition der ambulanten Ausgaben erfolgt wie in der Ant- Drucksache 18/2987 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wort zu Frage 1 erläutert. Eine regionale Aufschlüsselung ist nicht möglich, da die GKV-Statistiken eine solche Differenzierung nicht vorsehen. 14. a) Wie hoch ist derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Wochenarbeitszeit niedergelassener Ärzte (in Stunden)? b) Welche ärztliche Wochenarbeitszeit ist derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung Kalkulationsgrundlage des EBM? Nach einer jüngst im Auftrag der KBV und dem Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e. V. (NAV-Virchow-Bund) durch das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH durchgeführten repräsentativen Befragung liegt die wöchentliche Arbeitszeit niedergelassener Ärzte im Mittel bei 55,5 Stunden (KBV Ärztemonitor Juli 2014). Die Ergebnisse sind auf der Internetseite der KBV eingestellt. Nach Angaben des InBA ist gemäß dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 10. Dezember 2003 eine ärztliche Wochenarbeitszeit von 51 Arbeitsstunden pro Woche Kalkulationsgrundlage des EBM. 15. Wie viele Stunden der durchschnittlichen vertragsärztlichen Wochenarbeitszeit werden nach Kenntnis der Bundesregierung real für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung aufgewendet (bitte ausgehend von Vollzulassungen nach Arztgruppen und Kassenärztlichen Vereinigungen aufschlüsseln)? Die Bundesregierung hat keine validen Daten darüber, wie viele Stunden der durchschnittlichen vertragsärztlichen Wochenarbeitszeit real für Versicherte der GKV aufgewendet werden. 16. a) Wenn die Bundesregierung dazu bislang keine eigenen Erkenntnisse besitzt oder keine Erkenntnisse Dritter kennt, warum hat sie eine solche Erhebung bislang nicht veranlasst (vgl. ähnliche Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 17/9329)? b) Wird die Bundesregierung eine diesbezügliche Erhebung, zum Beispiel bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder im Zusammenhang mit einem Sondergutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR), veranlassen? Wenn nein, warum nicht? Nach den Vorgaben des SGB V und der Zulassungsordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) verpflichtet die Zulassung den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit bei voller Zulassung auch vollzeitig auszuüben. Vertragsärzte, die nur über eine so genannte Teilzulassung verfügen, haben einen hälftigen Versorgungsauftrag. Der sich aus der Zulassung ergebende Versorgungsauftrag eines Vertragsarztes wird durch die KBV und den GKV-Spitzenverband im Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) konkretisiert. Danach ist der Versorgungsauftrag dadurch zu erfüllen , dass der Vertragsarzt an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung steht (bei einer Teilzulassung zehn Stunden). Wie die Ergebnisse des KBV-Ärztemonitors zeigen (vgl. die Antwort zu Frage 14a) wenden Ärzte neben den Patientensprechstunden einen weiteren Teil ihrer Wochenarbeitszeit für Hausbesuche, Bereitschaftsdienste, Teambesprechungen, Verwaltungsaufgaben, Fortbildung und Sonstiges auf. Die Überwachung der Einhaltung der Versorgungsaufträge Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 obliegt den KVen.