Deutscher Bundestag Drucksache 18/2995 18. Wahlperiode 28.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Klaus Ernst, Susanna Karawanskij, Richard Pitterle und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2855 – Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Stufen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Elf europäische Staaten haben im Januar 2013 beschlossen, eine Finanztransaktionssteuer im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit einzuführen. Seit Februar 2013 liegt dafür ein Richtlinienentwurf vor (KOM/2013/71). Am 6. Mai 2014 haben die Finanzminister der Staaten Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal und der Slowakei erklärt, die Finanztransaktionssteuer in Stufen einführen zu wollen (siehe „Joint Statement by ministers of Member States participating in enhanced cooperation in the area of financial transaction tax“). Laut dieser Erklärung sollen in einem ersten Schritt lediglich Aktien und „einige Derivate“ besteuert werden. Bis Ende 2014 soll dafür eine tragfähige Lösung vorliegen. Das Besteuerungsregime der ersten Stufe soll spätestens ab 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) geht nicht davon aus, dass die tatsächliche Steuererhebung vor dem 1. Januar 2019 starten kann. Die Erarbeitung und Einführung weiterer Stufen lässt die Erklärung offen (Protokoll der 18. Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages der 18. Wahlperiode, S. 28 f.). Am 3. September 2014 wurde dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages der Endbericht des vom BMF beauftragten Gutachtens „Eine Europäische Finanztransaktionssteuer , Einnahmen und Auswirkungen auf das deutsche BIP“ vorgelegt. Demnach würde die Finanztransaktionssteuer auf Grundlage des umfassenden Kommissionsentwurfs allein in Deutschland jährliche Einnahmen von 18 bis 28 Mrd. Euro einbringen. Was die genaue Ausgestaltung betrifft, sind laut Bericht des BMF im FinanzausDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. schuss des Deutschen Bundestages noch viele Fragen offen. Weder die Bemessungsgrundlage , noch der Anwendungsbereich, noch das Besteuerungsprinzip seien bislang geklärt. Sicher sei hingegen bereits jetzt, dass es zunächst nicht zu einer vollumfänglichen Finanztransaktionssteuer kommt, wie sie die Europäische Kommission vorgeschlagen hat. Drucksache 18/2995 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Da auch die Bundesregierung offenbar das Inkrafttreten einer umfassenden Finanztransaktionssteuer in ihrer Amtszeit nicht mehr für wahrscheinlich hält, stellt sich die Frage, welchen Einfluss eine „Finanztransaktionssteuer light“ auf das Steueraufkommen sowie die gewünschte Lenkungswirkung hat. Hierbei stellen sich insbesondere Fragen nach Ausweichreaktionen, Auswirkungen auf Instrumente der Altersvorsorge, auf die Kleinanleger sowie auf die Realwirtschaft . Fraglich ist auch, inwiefern es mit der ersten Stufe überhaupt gelingen kann, unerwünschte Formen von Finanzgeschäften zurückzudrängen. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung setzt sich intensiv für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ein. Deutschland und Frankreich haben sich deswegen bereits 2011 an die Europäische Kommission gewandt. Die Europäische Kommission legte am 28. September 2011 einen Richtlinienentwurf für ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem in allen europäischen Mitgliedstaaten vor. Beim Rat für Wirtschaft und Finanzen am 22. Juni sowie am 10. Juli 2012 wurde festgestellt , dass in einem vertretbaren Zeitraum nicht mit der erforderlichen Einstimmigkeit aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf die Einführung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems gerechnet werden kann. Daher strebt die Bundesregierung die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit im Sinne des Artikels 20 des Vertrages über die Europäische Union an. In der Sitzung des Rates für Wirtschaft und Finanzen am 22. Januar 2013 wurde die qualifizierte Mehrheit für die Ermächtigung zur Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer festgestellt. Am 14. Februar 2013 legte die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer vor. Die elf Mitgliedstaaten Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, die Slowakei und Slowenien sind an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligt. Mit Urteil vom 30. April 2014 wies der Europäische Gerichtshof die Klage des Vereinigten Königreiches gegen den Ermächtigungsbeschluss des Rates zur Verstärkten Zusammenarbeit ab. Unter anderen Mitgliedstaaten war Deutschland dem Verfahren als Streithelfer aufseiten des Rates beigetreten. Am 6. Mai 2014 haben die Minister von zehn der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten, darunter der deutsche Finanzminister, eine gemeinsame politische Erklärung abgegeben. Danach ist insbesondere eine stufenweise Einführung der Steuer vorgesehen, die in einer ersten Stufe Aktien und einige Derivate umfassen soll. Derzeit laufen die Verhandlungen über den Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vom 14. Februar 2013. 1. Hält die Bundesregierung an ihrer Auffassung fest, dass die Finanztransaktionssteuer möglichst alle Finanzinstrumente umfassen soll, insbesondere Aktien, Anleihen, Investmentanteile, Derivatekontrakte und darüber hinaus auch alle Devisentransaktionen? Was hat die Bundesregierung bislang dafür getan, um eine solche Steuer zu erreichen? Was plant sie in Zukunft dafür zu tun? Angesichts der notwendigen Einstimmigkeit bei europäischen Richtlinien in diesem Bereich stellt die Verstärkte Zusammenarbeit derzeit die einzige Mög- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2995 lichkeit dar, auf europäischer Ebene zu einer Steuer auf Finanztransaktionen zu kommen. Die Bundesregierung strebt daher an, eine Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage und niedrigem Steuersatz im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit einzuführen und dabei negative Auswirkungen auf Instrumente der Altersversorgung, die Kleinanleger sowie die Realwirtschaft zu vermeiden. Insbesondere Deutschland hat sich dafür eingesetzt, dass sich möglichst viele Mitgliedstaaten an der Verstärkten Zusammenarbeit bei der Finanztransaktionssteuer beteiligen. Auf der Grundlage des Ermächtigungsbeschlusses vom 22. Januar 2013 im Rat für Wirtschaft und Finanzen für eine Verstärkte Zusammenarbeit hat die Europäische Kommission am 14. Februar 2013 einen Richtlinienentwurf für eine Finanztransaktionssteuer im Wege der Verstärkten Zusammenarbeit vorgelegt. Die Verstärkte Zusammenarbeit erfordert die Beteiligung von mindestens neun Mitgliedstaaten. Ferner sind die Beschlüsse einstimmig zu fassen. Deutschland hat seit Beginn der Verstärkten Zusammenarbeit deshalb intensiv daran gearbeitet , einvernehmliche Lösungen unter den beteiligten Staaten zu erarbeiten. Die beabsichtigte schrittweise Einführung leistet dazu einen erheblichen Beitrag. Die Bundesregierung wird im Rahmen der Verhandlungen über den Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission weiter darauf hinwirken, dass schrittweise das Ziel einer Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage und niedrigem Steuersatz im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit in der EU erreicht wird. 2. Welche Verhandlungen mit Beteiligung der Bundesregierung zur Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer haben im Jahr 2014 stattgefunden (bitte Verhandlungen der EU-28, der Staaten der Verstärkten Zusammenarbeit und bilaterale Gespräche jeweils mit Angabe der Termine)? Der Rat der Finanz- und Wirtschaftsminister (ECOFIN) hat sich 2014 bei seiner Tagung am 6. Mai mit der Finanztransaktionssteuer befasst. Bisher haben 2014 am 29. Januar, 25. März, 28. Mai, 15. Juli und 7. Oktober 2014 Beratungen der Ratsarbeitsgruppe Indirekte Steuern zum Dossier Finanztransaktionssteuer stattgefunden. Die Verhandlungen über den Kommissionsvorschlag finden schon aus europarechtlichen Gründen im ECOFIN und in der Ratsarbeitsgruppe, an der alle 28 EU-Mitgliedstaaten beteiligt sind, statt. 3. Welche Termine für die Verhandlungen zur Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer sind in den nächsten Monaten angesetzt? 4. Setzt sich die Bundesregierung für zusätzliche Verhandlungstermine ein, um das Verfahren zu beschleunigen (bitte mit Begründung), und wenn ja, welche, und wie viele? Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Festsetzung von Terminen obliegt derzeit der italienischen Ratspräsidentschaft . Die Finanztransaktionssteuer ist bisher für die Tagesordnung des ECOFIN am 7. November 2014 vorgesehen. Die nächste Sitzung der Ratsarbeitsgruppe zur Finanztransaktionssteuer findet am 25. November 2014 statt. Deutschland setzt sich für eine zügige Beratung des Kommissionsvorschlags ein. Drucksache 18/2995 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Rechnet die Bundesregierung damit, dass bis Ende 2014 eine tragfähige Lösung für die Ausgestaltung der ersten Stufe vorliegt? In der gemeinsamen Erklärung der zehn Minister vom 6. Mai 2014 ist vorgesehen , bis Ende 2014 tragfähige Lösungen für die Ausgestaltung der ersten Stufe zu vereinbaren. Dies kann nur im Konsens mit den an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Staaten gelingen. Die Bundesregierung hält unter dieser Prämisse das Ziel nach wie vor für erreichbar. 6. Was bedeutet die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Aktien und einige Derivate hinsichtlich des erklärten Ziels, unerwünschte Formen von Finanzgeschäften zu begrenzen? Erwartet die Bundesregierung durch die erste Stufe noch stabilisierende Wirkungen auf den Finanzmärkten? Wenn ja, welche? 7. Inwieweit hätte die vollumfängliche Steuer auf alle Aktien, Anleihen, Investmentanteile , Derivatekontrakte und Devisentransaktionen eine stabilisierende Wirkung auf die Finanzmärkte? 8. Welche Ausgestaltung einer Finanztransaktionssteuer wäre besonders geeignet , um auch Risiken im Schattenbankensektor (zum Beispiel auf den Verbriefungs- und Repo-Märkten) zu adressieren? Wäre eine Besteuerung von bestimmten Derivaten vor diesem Hintergrund besonders wichtig? Die Fragen 6 bis 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die geplante Finanztransaktionssteuer dient zunächst der Erzielung von Einnahmen . Ihre Einführung wird auch Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben. So trägt die Einführung einer Finanztransaktionssteuer dazu bei, unerwünschte Formen von Finanzgeschäften zurückzudrängen. Stabilisierende Wirkungen auf die Finanzmärkte werden aber vor allem durch die bereits ergriffenen und noch zu ergreifenden Maßnahmen der Finanzmarktregulierung erzielt. 9. Welche regulatorischen Anreize gibt es bereits, um Transaktionen mit Finanzinstrumenten vom OTC-Handel (außerbörslicher Handel) auf Börsen zu verlagern, und in welcher Höhe schlagen sich diese in Transaktionskosten nieder? Die überarbeitete EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente vom 15. Mai 2014 sehen die Einführung einer Handelspflicht für Derivate an Börsen und anderen Handelsplätzen vor. Die Handelspflicht wird vergleichbar der Clearingpflicht für Derivate nach der EU-Verordnung über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister vom 4. Juli 2012 schrittweise durch Erlass der Europäischen Kommission eingeführt. 10. Spricht sich die Bundesregierung für einen höheren Steuersatz für OTCGeschäfte aus? Nein. Die gewünschte Verlagerung des Handels mit Derivaten auf Börsen wird durch Maßnahmen der Finanzmarktregulierung angestrebt. Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2995 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen einer Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Aktien und auf einige Derivate bezüglich potenzieller Ausweichmöglichkeiten der Finanzmarktakteure? 12. Wären nach Auffassung der Bundesregierung diese Ausweichmöglichkeiten geringer, wenn das vollumfängliche Konzept der Europäischen Kommission verwirklicht werden würde? Die Fragen 11 und 12 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Bei einer Besteuerung von Finanztransaktionen kann es zu Ausweichreaktionen kommen. Art und Umfang der Ausweichreaktionen hängen maßgeblich davon ab, welche Finanzinstrumente besteuert werden, welche Staaten die geplante Finanztransaktionssteuer einführen werden und wie die geplante Finanztransaktionssteuer ausgestaltet wird (z. B. Steuererhebung nach dem Residenzprinzip oder nach dem Emissions- bzw. Ausgabeprinzip). Insoweit ist es nicht möglich, allgemeine Aussagen zu Ausweichmöglichkeiten zu treffen. 13. Auf welche Finanzinstrumente, insbesondere welche Derivate, lässt sich das Emissionsprinzip anwenden? Die Anwendung des Emissions- bzw. Ausgabeprinzips kommt grundsätzlich nur bei Finanzinstrumenten in Betracht, die tatsächlich emittiert werden (z. B. Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere). Anders als Aktien werden die meisten Derivate nicht emittiert, sondern durch Abschluss eines entsprechenden Derivatevertrages konstituiert. Die Anwendung des Emissions- bzw. Ausgabeprinzips auf solche Derivate erweist sich als schwierig. 14. Welche Daten zu Transaktionsvolumina liegen vor, an denen sich die Bemessungsgrundlage der Finanztransaktionssteuer abschätzen lässt (bitte sowohl für das Ansässigkeitsprinzip als auch für das Emissionsprinzip angeben )? Das Bundesministerium der Finanzen hat das Wirtschaftsforschungsinstitut Copenhagen Economics mit einer methodisch ausgerichteten Folgenabschätzung zur Finanztransaktionssteuer beauftragt. Untersuchungsgegenstand der Studie „Eine Europäische Finanztransaktionssteuer, Einnahmen und Auswirkungen auf das deutsche BIP“ war der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vom 14. Februar 2013. Der Richtlinienentwurf sieht eine kombinierte Anwendung des Ansässigkeits- und des Emissionsprinzips vor. Dabei sind vor allem zwei Rahmenbedingungen zu beachten: (1) Der von der Europäischen Kommission anfänglich durchgeführten Folgenabschätzung zur Finanztransaktionssteuer liegt nur eine Gesamtschätzung für alle damaligen 27 EU-Länder, keine länderspezifischen Schätzungen, zugrunde und (2) die Steuerbemessungsgrundlage der Folgenabschätzung basiert auf dem Quellenprinzip, das sich maßgeblich vom nun vorgeschlagenen Ansässigkeitsprinzip in Kombination mit dem Emissionsprinzip unterscheidet. Durch Auswertung einer Vielzahl neuer Datenquellen schätzt Copenhagen Economics das Transaktionsvolumen auf ca. 274 Mrd. Euro. Dieses Volumen ergibt sich, wenn man keine Ausweichreaktionen unterstellt und bei Derivaten Nominalwerte herangezogen werden. Drucksache 18/2995 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Berechnungen beziehen sich auf den Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission vom 14. Februar 2013. Eine Differenzierung nach dem Ansässigkeits - oder dem Emissionsprinzip oder anderer Kombinationen wurde im Rahmen der vorliegenden Studie nicht beauftragt. 15. Welche Daten hat die Bundesregierung an die Europäische Kommission zur verbesserten Schätzung der Steuereinnahmen übermittelt? Der Europäischen Kommission ist die gesamte Studie von Copenhagen Economics bekannt. 16. Wie verteilen sich die Transaktionsvolumina auf die folgenden Kategorien von Finanzinstrumenten a) Aktien, b) Anleihen (differenziert nach privaten und öffentlichen Anleihen), c) Derivate (zum Nominalwert, jeweils börsengehandelt und OTC), aufgeschlüsselt in Aktienderivate, Zinsderivate, Währungsderivate, Rohstoffderivate , Kreditderivate, sonstige Derivate, d) Repos, e) sowie auf Devisen, wenn dabei, wie im Kommissionsentwurf, eine Kombination des Ansässigkeits - und des Emissionsprinzips unterstellt wird? 17. Wie verändern sich die Transaktionsvolumina aus Frage 16, wenn dabei nur das Ansässigkeitsprinzip unterstellt wird? 18. Wie verändern sich die Transaktionsvolumina aus Frage 16, wenn dabei nur das Emissionsprinzip unterstellt wird? Die Fragen 16 bis 18 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen zum Transaktionsvolumen die Einschätzungen aus der Studie von Copenhagen Economics vor. Es wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. Diese lassen sich entsprechend der Studie wie folgt aufteilen: Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2995 Tabelle A.5 Transaktionsvolumina in Mio. EUR Deutsch Notional value Nominalwerte No non FTT flight Keine Ausweichreaktionen Securities 18,121 Wertpapiere Shares 4,730 Aktien Bonds 13,392 Anleihen Exchange traded Derivatives 226,341 Börsengehandelte Derivate Equity futures 11,027 Aktienterminkontrakte Equity options 7,447 Aktienoptionen Interest rate futures 172,159 Zinstermingeschäfte Interest rate options 35,187 Zinsoptionen Securitized derivatives 66 Verbriefte Derivate Commodity futures 346 Warentermingeschäfte Commodity options 6 Waren- /Rohstoffoptionen Currency futures 98 Devisentermingeschäfte Currency options 4 Währungsoptionen OTC derivativatives 29,796 Außerbörslich gehandelte Derivate FX FX Outright forward exchange 1,014 Outright Devisentermingeschäfte Foreign Exchange Swap 14,296 Devisenswaps Currency Exchange Swap 214 Währungsswaps Options 976 Optionen Interest Zinsderivate Forwards 3,083 Forwards Swaps 5,989 Swaps Options 334 Optionen Other Andere CDS 2,070 Kreditausfallswaps Equity-linked 1,133 Aktienbezogen Commodity-linked 687 Waren- /Rohstoffbezogen Total 274,258 Drucksache 18/2995 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Berechnungen beziehen sich auf den Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission vom 14. Februar 2013. Eine Differenzierung nach einzelnen Besteuerungsprinzipien ist im Rahmen der Studie nicht beauftragt worden. 19. Welches Steueraufkommen haben nach Kenntnis der Bundesregierung die in den letzten zwei Jahren eingeführten Steuern auf bestimmte Finanztransaktionen erbracht in a) Frankreich, b) Italien, c) Portugal? Die Bundesregierung hat keine eigenen Erkenntnisse über das Aufkommen von Steuern auf bestimmte Finanztransaktionen in den genannten Ländern. Die aktuelle Statistik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) weist hier nur Einnahmen bis einschließlich 2011 aus und erfasst die neu eingeführten Finanztransaktionssteuern noch nicht. Für 2011 werden die Einnahmen aus Steuern auf bestimmte Finanztransaktionen von der OECD wie folgt ausgewiesen: Italien: Stamp duty on bank transactions (Stempelsteuer auf Banktransaktionen): 670 Mio. Euro Portugal: Droit de timbres (Stempelabgabe): 0 Mio. Euro Frankreich hat zum 1. August 2012 eine Finanztransaktionssteuer auf Aktien einführt. Die nationale Haushaltsrechnung Frankreichs (comptes de lʼÉtat) weist für das Jahr 2012 Einnahmen von 198 Mio. Euro und für das Jahr 2013 Einnahmen von 706 Mio. Euro aus. Die neue OECD-Statistik mit Angaben zu den Einnahmen für das Jahr 2012 wird für Ende des Jahres erwartet. 20. Welche Mindereinnahmen erwartet die Bundesregierung durch die erste Stufe im Vergleich zu dem von der Bundesregierung am 3. September 2014 an den Finanzausschuss übersandten Endberichts zur Folgenabschätzung der Finanztransaktionssteuer? 21. Welche Einnahmen für den deutschen Fiskus erwartet die Bundesregierung jeweils bei Einführung der ersten Stufe, wenn als Verhandlungsergebnis angenommen wird, dass neben Aktien a) nur Aktienderivate oder b) alle Derivate besteuert würden? Die Fragen 20 und 21 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Da die Beratungen zur Ausgestaltung der ersten Stufe nicht abgeschlossen sind, ist der Bundesregierung eine darauf bezogene Schätzung nicht möglich. Der Bundesregierung liegen zur Abschätzung des zu erwartenden Steueraufkommens derzeit die Schätzungen aus dem Gutachten von Copenhagen Economics „Eine Europäische Finanztransaktionssteuer, Einnahmen und Aus- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/2995 wirkungen auf das deutsche BIP“ vor. Diese Schätzungen beziehen sich auf den Richtlinienentwurf der Kommission vom 14. Februar 2013. Die im Gutachten von Copenhagen Economics in Tabelle 17 bezifferten Schätzgrenzen der zu erwartenden Steuereinnahmen für Deutschland liegen zwischen 17,6 und 28,2 Mrd. Euro. Diese Beträge setzen sich wie folgt zusammen (vgl. Anhang zum Gutachten von Copenhagen Economics, Table B.3): 22. Inwiefern soll laut bisherigem Stand der Verhandlungen in der ersten Stufe das Ansässigkeits-, und inwiefern das Emissionsprinzip angewandt werden (bitte mit Angabe der Mehrheits- und etwaiger Minderheitspositionen)? Die Beratungen sind dazu in der Ratsarbeitsgruppe nicht abgeschlossen. 23. Wie hoch sind die erwarteten Einnahmen, die jeweils durch die Besteuerung von den in Frage 16 genannten einzelnen Kategorien von Finanzinstrumenten generiert würden, wenn dabei a) die Kombination von Ansässigkeits- und Emissionsprinzip, b) nur das Ansässigkeitsprinzip, c) nur das Emissionsprinzip unterstellt wird? Es wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 24. Nach welchen Kriterien und mit welcher Priorisierung soll über die Einbeziehung von Derivaten in der ersten Stufe entschieden werden, welche Fakten liegen dafür vor, und was sind aus Sicht der Bundesregierung die daraus folgenden Konsequenzen? Vor dem Hintergrund der vorgesehenen Besteuerung von Aktien in der ersten Stufe sind im Hinblick auf die Einbeziehung von Derivaten insbesondere mögliche Ausweichreaktionen und Auswirkungen auf die jeweiligen Märkte zu beachten . Die Beratungen dazu sind nicht abgeschlossen. Schätzgrenzen der Steuereinnahmen in Mrd. Euro Untere Grenze (mit unterstellten Ausweichreaktionen) Obere Grenze (ohne unterstellte Ausweichreaktionen) Wertpapiere 13,5 22,2 davon Aktien 12,3 14,2 Derivate 14,1 16,0 davon Aktienderivate 10,2 10,4 Gesamt 17,6 28,2 Drucksache 18/2995 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 25. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung für den Nominalwert als Bemessungsgrundlage für Derivate, und welche dagegen? 26. Welche Alternativen zum Nominalwert zieht die Bundesregierung als Bemessungsgrundlage bei Derivaten in Erwägung (bitte mit Begründung)? 27. Welche quantitativen Auswirkungen hätten die gemäß Antwort zu Frage 26 erwägten Alternativen auf die Bemessungsgrundlage und auf das Steueraufkommen (bitte differenziert nach Derivatekategorien)? Die Fragen 25 bis 27 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Nominalwert von Derivaten ist regelmäßig leicht feststellbar, bildet aber den ökonomischen Wert des zugrundeliegenden Kontrakts nicht ab. Im Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission vom 14. Februar 2013 ist für Derivate auch vor diesem Hintergrund ein niedrigerer Steuersatz vorgesehen. In der Ratsarbeitsgruppe sind die Beratungen zur steuerlichen Bemessungsgrundlage bei Derivaten noch nicht abgeschlossen. Bestandteil der Überlegungen der Bundesregierung ist es, den jeweiligen Wert des einzelnen Derivatkontraktes sachnäher abzubilden. Vor einer Konkretisierung der Beratungen hierzu lassen sich steuerliche Auswirkungen möglicher Veränderungen des Kommissionsvorschlags nicht darstellen. 28. In welcher Form sollen aus Sicht der Bundesregierung weitere Stufen der Finanztransaktionssteuer ausgelöst werden, und wie will sie dabei eine möglichst große Verbindlichkeit herstellen? Es ist unverändert das Ziel der Bundesregierung, die Finanztransaktionssteuer auf Basis einer breiten Bemessungsgrundlage einzuführen. In einem ersten Schritt sollen dabei Transaktionen mit Aktien und einigen Derivaten besteuert werden. Weitere Schritte können auf Grundlage des Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission vom 14. Februar 2013 folgen, wenn ein entsprechender Konsens unter den an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Staaten besteht. 29. Für welche noch nicht genannten Änderungen am derzeitigen Entwurf der Europäischen Kommission für die Finanztransaktionssteuer setzt sich die Bundesregierung ein (bitte mit Begründung)? In der Ratsarbeitsgruppe wird der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vom 14. Februar 2013 umfassend beraten. Deutschland beteiligt sich daran auf allen Themenfeldern intensiv. 30. Wie wirkt sich eine auf Aktien und Aktienderivate beschränkte erste Stufe nach Ansicht der Bundesregierung auf die Kapitalkosten von Unternehmen aus, und wie schätzt sie im Vergleich die Wirkungen einer vollumfänglichen Finanztransaktionssteuer ein? 31. Erwartet die Bundesregierung durch die Einführung der ersten Stufe eine ineffiziente Verringerung der Marktliquidität, und ändert sich diese Einschätzung hinsichtlich der Einführung einer vollumfänglichen Finanztransaktionssteuer ? Die Fragen 30 und 31 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/2995 Eine verlässliche Einschätzung der Auswirkungen einer stufenweisen Einführung der Finanztransaktionssteuer auf die Kapitalkosten bedarf genauer Kenntnisse der Ausgestaltung einzelner Stufen, die augenblicklich nicht vorliegen können. Zudem hängen die Kapitalkosten nicht unwesentlich davon ab, wie sich die Besteuerung auf die Häufigkeit von Transaktionen auswirkt. Dabei würde eine Besteuerung annahmegemäß zu einer deutlichen Verringerung der Transaktionen beitragen. Copenhagen Economics schätzt rein modellhaft bei Umsetzung des Richtlinienvorschlags der Kommission ohne Berücksichtigung von Ausweichreaktionen bei gleichem Transaktionsvolumen einen Anstieg der Kapitalkosten bei Aktienfinanzierung um 0,25 Prozent. Berücksichtigt man die Ausweichreaktionen, würde der Anstieg der Kapitalkosten bei Aktienfinanzierung nur 0,06 Prozent betragen. Diese Berechnung beruht auf der Annahme, dass die Zahl der Transaktionen deutlich zurückgehen würde. 32. Welche Finanzinstrumente spielen nach Kenntnis der Bundesregierung für Kleinanleger aus bisheriger Erfahrung eine besondere Rolle? 33. Sieht die Bundesregierung in einer nur auf Aktien und Aktienderivate beschränkten ersten Stufe eine geeignete Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer , um unerwünschte Auswirkungen auf Kleinanleger zu vermeiden (bitte mit Begründung)? 34. Erwartet die Bundesregierung von einer entsprechenden Ausgestaltung der ersten Stufe eine Veränderung des Anlageverhaltens von Privatkunden und von Profiinvestoren? Wie schätzt die Bundesregierung die Wirkung auf die Kosten für die private Altersvorsorge ein, und ändert sich diese Einschätzung, wenn man von einer vollumfänglichen Einführung der Finanztransaktionssteuer ausgehen würde? Die Fragen 32 bis 34 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Aus bisheriger Erfahrung spielen für Kleinanleger Fondsanlagen (insbesondere mit Blick auf die Altersvorsorge) und Zertifikate eine besondere Rolle. Darüber hinaus sind Lebensversicherungen ein wichtiges Instrument. Diese sind zwar keine Finanzinstrumente im engeren Sinn, investieren jedoch in solche. In einem ersten Schritt soll die Finanztransaktionssteuer Transaktionen mit Aktien und einigen Derivaten erfassen. Die Bundesregierung hat in den bisherigen Beratungen Wert darauf gelegt, dass Auswirkungen auf Kleinanleger und auf die Altersvorsorge vermieden werden. Sie wird darauf auch in den weiteren Beratungen hinwirken. Eine Abschätzung zu den Auswirkungen im Einzelnen ist erst möglich, wenn die Verhandlungen über die erste Stufe einer Finanztransaktionssteuer abgeschlossen sind. Drucksache 18/2995 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 35. Welche Folgen hätte nach Einschätzung der Bundesregierung eine Finanztransaktionssteuer auf Staatsanleihen a) für die Finanzierungskosten der Staaten, b) auf die Kosten für Kleinanleger (z. B. durch Renditeverluste bei Rentenfonds ), c) auf die Marktliquidität von Staatsanleihen? Eine Finanztransaktionssteuer dürfte sich im Allgemeinen negativ auf die Finanzierungskosten der Staaten, die Rendite bei Rentenfonds sowie die Marktliquidität von Staatsanleihen auswirken. Die Bundesregierung hat in den bisherigen Beratungen Wert darauf gelegt, dass diese negativen Auswirkungen minimiert werden. Sie wird darauf auch in den weiteren Beratungen hinwirken. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333