Deutscher Bundestag Drucksache 18/3010 18. Wahlperiode 30.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Matthias Gastel, Tabea Rößner, Stephan Kühn (Dresden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2803 – Lärmschutz auf der Schiene Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Dauerhafte Lärmbelastung macht krank. Von Schienenlärm sind laut Umweltbundesamt 34 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger betroffen (www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/verkehrslaerm). In ihrer aktuellen Verkehrsprognose geht die Bundesregierung von einer starken Zunahme des Schienengüterverkehrs bis 2030 aus (www.bmvi.de/SharedDocs/DE/ Pressemitteilungen/2014/044-dobrindt-verkehrsprognose2030.html). Zudem werden auch Lärmquellen, die nicht direkt durch die Züge verursacht werden (z. B. Signaltöne an Bahnübergängen, Durchsagen an Bahnhöfen und Warnsignale in Baustellenbereichen) von Anwohnerinnen und Anwohnern immer häufiger als belästigend wahrgenommen (siehe z. B. Bahn-Report 5/2014). Gleichwohl finden bestimmte Lärmschutzmaßnahmen an der Schiene (z. B. Lärmschutzwände) in der Bevölkerung aus optischen und städtebaulichen Gründen immer weniger Akzeptanz. Die Deutsche Bahn AG ist nicht immer in der Lage, die für die Lärmsanierung bereitgestellten Haushaltsmittel vollständig abzurufen. Um den an sich besonders ressourcensparenden und umweltschonenden Bahnverkehr weiter voranzutreiben , ist eine ambitionierte, langfristige und menschenfreundliche Lärmschutzpolitik nötig. Eine gute Lärmsanierung ist für den Gesundheitsschutz und die Voraussetzung für die Akzeptanz der Schiene in der Bevölkerung sowie für mehr Bahnverkehr in Deutschland notwendig. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Ziel der Bundesregierung ist es, die Lärmbelastungen auf ein möglichst niedriges Niveau zu senken. Das weiter wachsende Bedürfnis nach Mobilität darf Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 28. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. nicht mit mehr Beeinträchtigungen für die Menschen einhergehen. Lärmschutz an Verkehrswegen trägt wesentlich dazu bei, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern – eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz von Mobilität in unserem Land. Ein wichtiges Aufgabenfeld dabei betrifft den Schie- Drucksache 18/3010 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode nenlärm, den die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 deutschlandweit halbieren will. Die Erreichung dieses Ziels ist ambitioniert, aber zugleich notwendig, wenn die Akzeptanz für den Verkehrsträger Schiene dauerhaft gesichert werden soll. Erste wichtige Schritte sind bereits umgesetzt. Dazu zählt die Einführung des lärmabhängigen Trassenpreissystems (laTPS) im Dezember 2012. Damit wird der Lärm an der Quelle bekämpft. Züge, die mehr Lärm verursachen, zahlen heute mehr für die Nutzung der Trassen als leisere. Gleichzeitig erhalten Wagenhalter Zuschüsse, wenn sie ihre alten Güterwagen auf neue leisere Bremstechnik umrüsten. Dieses mit 152 Mio. Euro ausgestattete Förderprogramm läuft bis zum Zieljahr 2020. Bis dahin sollen 80 Prozent der Güterwagen umgerüstet sein. Ab dem Jahr 2020 sollen keine lauten Güterwagen mehr auf dem deutschen Schienennetz fahren dürfen. Bei den umgerüsteten Güterwagen wird eine Lärmreduzierung von ca. 10 dB(A) erreicht, was als eine Halbierung des Lärms wahrgenommen wird. Im Jahr 2016 wird der Stand der Umrüstung evaluiert. Sollte bis dahin nicht mindestens die Hälfte der in Deutschland verkehrenden Güterwagen umgerüstet sein, werden noch in dieser Wahlperiode ordnungsrechtliche Maßnahmen veranlasst , beispielsweise Nachtfahrverbote für laute Züge. Darüber hinaus stellt der Haushaltsgesetzgeber in diesem Jahr 130 Mio. Euro für die klassische Lärmsanierung zur Verfügung. An besonderen Brennpunkten können im Jahr 2014 zusätzlich 30 Mio. Euro aus dem Sonderprogramm Lärmschutz Schiene eingesetzt werden. 1. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung in Bezug auf Lärmschutzwände an Schienenwegen, und wie gewichtet sie zwischen aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen? Im Rahmen des Lärmsanierungsprogrammes der Bundesregierung wird die Sanierung von Streckenabschnitten mit den Maßnahmen durchgeführt, deren Wirkung besonders hoch ist. Unter Berücksichtigung der Situation vor Ort und der Interessen der Anwohner wurden und werden aktive wie auch passive Schallschutzmaßnahmen umgesetzt. 2. Welche Möglichkeiten des aktiven Schallschutzes sind der Bundesregierung bekannt, und wie bewertet sie diese im Einzelnen bezüglich der Gesichtspunkte Wirksamkeit, Kosten und Akzeptanz von Bürgerinnen und Bürgern? Als aktive Schallschutzmaßnahmen werden im Verkehrssektor Lärmminderungen an der Quelle und stationäre Maßnahmen nahe der Lärmquelle bezeichnet. In der Regel werden Lärmschutzwände nahe dem Fahrweg gesetzt. Die lärmreduzierende Wirkung hängt von der Höhe und von zahlreichen anderen Randbedingungen ab. Wände mit einer Höhe von 2 m wirken je nach Randbedingung um 8 bis 10 dB(A) lärmmindernd. Niedrige, schienennahe Schallschutzwände mit einer Höhe von 55 oder 74 cm über Schienenoberkante können den Lärm um 3 bis 6 dB(A) mindern. Eine zusätzliche Maßnahme ist der Einbau von Schienenstegdämpfern , bei denen die Lärmabstrahlung infolge der Schwingungen der Schiene, die beim Befahren entstehen, reduziert wird. Eine ähnliche Wirkung erzielen Schienenstegabschirmungen. Beide Techniken haben eine Wirkung zwischen 2 und 3 dB(A). Niedrige Lärmschutzwände, Schienenstegdämpfer und -abschirmungen haben eine hohe Akzeptanz bei Anliegern. Schallschutzwände von 2 m Höhe oder mehr werden unter anderem wegen der Einschränkung von Sichtbeziehungen in bestimmten Situationen kontroverser beurteilt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3010 Unter Kosten-Nutzenaspekten ist die Umrüstung der Güterwagen auf lärmreduzierende Verbundstoffsohlen die effizienteste Maßnahme der Lärmminderung. Sie wirkt netzweit, während infrastrukturelle Maßnahmen in ihrer Wirkung örtlich begrenzt sind. Schallschutzwände über 2 m sind unter Kosten-Nutzenaspekten effizienter als niedrige Schallschutzwände, die bei vergleichbar hohen Erstellungskosten eine geringere Wirkung zeigen. Auch bei Schienenstegdämpfern und -abschirmungen ist das Kosten-Nutzenverhältnis ungünstiger. Ihr Einsatz beschränkt sich auf Situationen, in denen ein Schutz des Außenbereichs mit herkömmlichen Wänden nicht möglich ist. 3. Wie bewähren sich aus Sicht der Bundesregierung die lärmabhängigen Trassengebühren , und wie wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung deren Höhe bis zum Jahr 2020 entwickeln? Das lärmabhängige Trassenpreissystem wurde am 9. Dezember 2012 für die Fahrplanperiode 2012/2013 mit einer Laufzeit von 8 Jahren eingeführt. Mit der Zulassung der LL-Sohle im Juni 2013 wird seit dem 1. Juni 2013 ein Zuschlag für „laute“ Züge im Schienengüterverkehr erhoben. Als leise gelten Züge, die mit einen mindestens 80-prozentigen Anteil an leisen Wagen im Zug verkehren. Vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Mai 2014 betrug der Zuschlag 1 Prozent. Zum 1. Juni 2014 wurde der Zuschlag auf 1,5 Prozent angehoben. Für die Fahrplanperiode 2014/2015 wird ein Zuschlag von 2 Prozent erhoben und der Anteil der leisen Wagen im Zug wird auf 90 Prozent angehoben. Ab der Fahrplanperiode 2015/2016 beabsichtigt die Deutsche Bahn (DB) Netz AG, den Zuschlag erneut auf dann 2,5 Prozent anzuheben. Die über die Fahrplanperiode hinausgehende Entwicklung des Zuschlages ist abhängig vom Umrüstungsverhalten und kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden. Die Wirkung des lärmabhängigen Trassenpreissystems zeigt sich am Anteil der leise verkehrenden Züge. Der Anteil der Trassenkilometer, die diese Züge in der Fahrplanperiode erbracht haben, liegt bei ca. 8 Prozent im Verhältnis zum gesamten Schienengüterverkehr. Dieser Wert markiert eine deutliche Steigerung im Vergleich zu den Vorjahren. 4. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Einnahmen aus den lärmabhängigen Trassengebühren pro Jahr seit deren Einführung, und wofür werden bzw. wurden diese verwendet? In der Fahrplanperiode 2013 wurden ca. 3,7 Mio. Euro als Gesamtentgelt für nicht leise Züge im Zeitraum Juni bis Dezember 2013 erhoben. Die Mittel werden im Laufe des gesamten Förderzeitraumes von acht Jahren einmal jährlich an die Eisenbahnverkehrsunternehmen ausgeschüttet, die einen Antrag auf Boni für umgerüstete Wagen gemäß den Fördervoraussetzungen der Schienennetznutzungsbedingungen der DB Netz AG gestellt haben. 5. Schaffen die aktuellen lärmabhängigen Trassengebühren sowie deren vereinbarte schrittweise Erhöhung aus Sicht der Bundesregierung ausreichende Anreize für die Umrüstung von Zügen auf lärmreduzierende Bremsen, oder wäre eine schnellere und stärkere Erhöhung der lärmabhängigen Trassengebühren sinnvoll und erforderlich? Das lärmabhängige Trassenpreissystem ist ein geschlossenes System, welches sich durch von Eisenbahnverkehrsunternehmen zu zahlende Lärmzuschläge speist. Im Gegenzug erhalten Eisenbahnverkehrsunternehmen Bonuszahlungen, wenn sie umgerüstete Wagen einsetzen. Die schrittweise Erhöhung der Zu- Drucksache 18/3010 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode schläge ergibt sich aus dem System selbst heraus. Je mehr Wagen umgerüstet werden, desto höher muss der Zuschlag sein. Der Infrastrukturbetreiber darf weder Gewinne noch Verluste aus der lärmabhängigen Trassenbepreisung erzielen . 6. Welche flankierenden ordnungsrechtlichen Maßnahmen plant die Bundesregierung , um sicherzustellen, dass nach dem Jahr 2020 keine nicht auf lärmreduzierte Bremsen umgerüsteten Güterwagen mehr in Deutschland unterwegs sind? Derzeit erarbeitet das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) den Entwurf einer Regelung, die den Einsatz von lauten Güterwagen auf dem deutschen Streckennetz ab dem Jahr 2020 ausschließen wird. 7. Hält die Bundesregierung das Vorgehen der Schweiz, die Nutzung alter Güterwagen ab dem Jahr 2020 zu untersagen (www.nzz.ch vom 14. Juni 2014), für auf Deutschland übertragbar? Falls ja, auf welcher Rechtsgrundlage, und wie könnte dieses Vorgehen angesichts des europaweiten Güterwagenaustausches konkret umgesetzt werden ? Falls nein, weshalb nicht? Nein. Die Schweiz ist kein Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) und unterliegt nicht dem für die Mitgliedstaaten geltenden Eisenbahnrecht der EU. 8. Welche Position hat die Bundesregierung gegenüber Lärmquellen, die nicht direkt durch Züge verursacht werden, aber von Anwohnerinnen und Anwohnern zunehmend belästigend empfunden werden (z. B. Signaltöne an Bahnübergängen, Durchsagen an Bahnhöfen und Warnsignale in Baustellenbereichen ), und welche diesbezüglichen Lärmschutzmaßnahmen hat die Bundesregierung bereits ergriffen bzw. plant die Bundesregierung zu ergreifen ? Die Eisenbahnen haben grundsätzlich aufgrund ihrer Verantwortung gemäß § 4 Absatz 3 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) ihren Betrieb sicher zu führen; sie sind zudem verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten. Die akustische Warneinrichtung hat beim Eisenbahnverkehr mit seinen spurgebundenen Fahrzeugen sehr hohe Sicherheitsrelevanz und dient dem Schutz von Menschenleben. Bahnübergänge, die nur schwach befahren werden und bei denen die Übersicht der Straßenverkehrsteilnehmer auf die Bahnstrecke nicht ausreicht, müssen durch hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge gesichert werden (§ 11 Absatz 7 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung – EBO). Zur Vermeidung dieser akustischen Signale ist die Herstellung der Übersicht auf die Bahnstrecke oder die technische Sicherung des Bahnübergangs erforderlich. Die Warnung der Reisenden für Durchfahrten an Bahnsteigen ergibt sich aus § 13 Absatz 3 EBO. Nachtabsenkungen tragen hier zu Lärmreduzierungen bei. Die Warnsysteme zum Schutz des Personals bei Baumaßnahmen müssen Geräusche der Arbeitsgeräte und -verfahren sicher übertönen können. Die Lärmemissionen durch Baustellen sollen durch straffe Planung und Ausführung der Baumaßnahmen gering gehalten werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3010 Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen durch Bundesmittel 9. Mit welchen konkreten Maßnahmen möchte die Bundesregierung ihr im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD festgelegtes Ziel einer Halbierung des Lärms entlang der Schienenwege bis zum Jahr 2020 erreichen ? Auf Initiative des BMVI wurde zum Fahrplanwechsel 2012/2013 ein Trassenpreissystem mit lärmabhängiger Komponente eingeführt. Eckpunkte sind eine laufleistungsabhängige Bonuszahlung als Zuwendung des Bundes an die Wagenhalter in Höhe von 50 Prozent auf die fiktiven Mehrkosten für die Umrüstung auf LL-Bremssohlen. Die weiteren 50 Prozent der Kosten für das laTPS sollen vom Eisenbahnsektor aufgebracht werden. Seit dem 1. Juni 2013 erhebt die DB Netz AG eine lärmabhängige Entgeltkomponente (Malus) zusätzlich zum regulären Trassenentgelt, wenn der Zug nicht zu mindestens 80 Prozent aus leisen Güterwagen besteht. Ab dem Jahr 2020 sollen keine lauten Güterwagen mehr auf dem deutschen Schienennetz fahren können. Seit Jahresanfang 2014 erarbeitet eine Arbeitsgruppe den Entwurf einer Regelung, die den Einsatz von lauten Güterwagen auf dem deutschen Streckennetz ab dem Jahr 2020 ausschließen soll. Auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 10. Weshalb ist die Deutsche Bahn AG nach eigenen Angaben im Jahr 2014 nach Kenntnis der Bundesregierung nicht in der Lage, die Mittel für die Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen von 130 Mio. Euro vollständig abzurufen? 11. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die Deutsche Bahn AG die genannten Mittel nicht abrufen kann? Die Fragen 10 und 11 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen an der Schiene bedarf eines Planungsvorlaufes von zwei bis drei Jahren. Dieser Planungsvorlauf ist begründet durch die notwendigen Plangenehmigungs- bzw. Planfeststellungsverfahren und durch baubetriebliche Vorgaben wie z. B. Sperrpausen. Daher ist eine Verausgabung von kurzfristig bereitgestellten zusätzlichen Mitteln für Lärmsanierungsmaßnahmen nur in sehr engen Grenzen möglich. Das Lärmsanierungsprogramm wird durch halbjährliche koordinierende Sitzungen zwischen dem BMVI und der Deutschen Bahn AG (DB AG) und eine gemeinsame Mittelsteuerung begleitet. Hierdurch konnte erreicht werden, dass seit dem Jahr 2010 regelmäßig über 90 Prozent der bereitstehenden Mittel für Lärmschutz verausgabt werden konnten. Im Jahr 2013 wurden 99 Mio. Euro von bereitgestellten 100 Mio. Euro verwendet. Bereits mit dem ersten Referentenentwurf für den Haushalt 2014 wurden im Rahmen dieser koordinierenden Sitzungen die Planungen für Lärmsanierungen an eine Erhöhung des Lärmsanierungstitels auf 120 Mio. Euro ab 2014 angepasst. Auch aufgrund dieser frühzeitigen Abstimmungen kann aktuell für das Jahr 2014 ein Mittelabfluss von rund 115 Mio. Euro erwartet werden. 12. Plant die Bundesregierung, die Mittel für die Lärmsanierung auf der Schiene künftig schrittweise, berechenbar und langfristig (beispielsweise durch Erhöhungen von 20 Mio. Euro pro Jahr) aufzustocken? Das BMVI setzt sich für eine dauerhafte Erhöhung der Lärmsanierungstitels ab dem Jahr 2016 auf 150 Mio. Euro ein. Drucksache 18/3010 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Wie reagiert die Bundesregierung auf die gegenüber den Fragestellern geäußerte Kritik der Deutschen Bahn AG, dass lediglich die Umrüstung der Bremsen durch das Lärmsanierungsprogramm gefördert wird, nicht aber der erhöhte Instandhaltungsaufwand lärmreduzierender Bremsbeläge? 14. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll und möglich, nicht nur die lärmschutzgerechte Umrüstung der Bremsen durch das Lärmsanierungsprogramm zu fördern, sondern auch die erhöhten Instandhaltungskosten in die Förderung miteinzubeziehen? Die Fragen 13 und 14 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine über die Investitionsmehrkosten hinausgehende Förderung der beim Betrieb unter Verwendung der Verbundstoff-Bremssohlen entstehenden Betriebsmehrkosten nach der Gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen an Eisenbahnunternehmen der Europäischen Kommission (2008/C 187/07, Eisenbahnbeihilfe -Leitlinie) ist derzeit nicht zulässig. Die derzeitige Investitionsbeihilfe in Höhe von 50 Prozent der fiktiven Investitionsmehrkosten für die Umrüstung von Grauguss- auf LL-Bremssohlen ist von der Europäischen Kommission nach 12-monatiger Prüfung im Dezember 2012 nach den Eisenbahnbeihilfe-Leitlinien genehmigt worden und war die Voraussetzung für die Wirksamkeit der Förderrichtlinie laTPS zum Fahrplanwechsel 2012/2013. Das BMVI fördert mit dem beihilferechtlich maximal zulässigen Fördersatz. 15. Wie viel Prozent der Güterwagen deutscher Eisenbahnverkehrsunternehmen , der Güterwagen der DB Schenker Rail und der Güterwagen im gesamten europäischen Güterwagenpool sind nach Kenntnis der Bundesregierung bislang auf lärmreduzierende Bremsbeläge umgerüstet? 16. Mit welchem prozentualen Anteil umgerüsteter Güterwagen (bitte nach Güterwagen deutscher Eisenbahnverkehrsunternehmen, Güterwagen der DB Schenker Rail und der Güterwagen im gesamten europäischen Güterwagenpool aufschlüsseln) rechnet die Bundesregierung bis zum Ende der Jahre 2014, 2016 und 2018? Die Fragen 15 und 16 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hierzu liegen der Bundesregierung keine genauen Daten vor. 17. Welcher Anteil an Zügen und Waggons, die im vergangenen Jahr zugelassen wurden, wiesen noch GG-Sohlen auf? Im vergangenen Jahr wurde für keinen Güterwagen mit GG-Sohle der Betrieb genehmigt. 18. Gibt es in den Zulassungsbedingungen für Schienenfahrzeuge eine Vorschrift darüber, über welche Bremsbeläge Neufahrzeuge verfügen müssen, und hält die Bundesregierung hierbei eine Vorschrift zugunsten lärmmindernder Bremsbeläge für sinnvoll? Eine Zulassung von neuen Güterwagen ist seit dem 23. Juni 2006 grundsätzlich an Richtlinien aus der Technischen Spezifikation Interoperabilität Lärm (TSI Noise) gebunden. Die aktuellste Fassung stammt vom 4. April 2011 und beschreibt Lärmgrenzen als grundlegende Anforderungen. Die TSI Noise weist die Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3010 Verwendung leiser Bremssohlen nicht explizit als Anforderung an neue Wagen aus, vielmehr werden Rahmenanforderungen an die Geräuschemissionen der Wagen gestellt. Die Anforderungen an Güterwagen verteilen sich erstens auf das Vorbeifahrtgeräusch (vgl. Abschnitt 4.2.1.1 und 4.2.2.4. der TSI Noise) und zweitens auf das Standgeräusch (vgl. Abschnitt 4.2.1.2. und 4.2.2.2 der TSI Noise). Die Grenzwerte können nur von Fahrzeugen mit Verbundstoffbremssohlen eingehalten werden. Insoweit erübrigt sich eine Vorgabe über die TSI Noise hinaus. Umsetzung der Schall 03 19. Liegt bezüglich der Umsetzung der Schall 03 der Erläuterungsbericht mit Testaufgaben inzwischen (siehe Schriftliche Frage 55 des Abgeordneten Matthias Gastel auf Bundestagsdrucksache 18/1921) vor? Der Erläuterungsbericht wird bis zum Inkrafttreten der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV) am 1. Januar 2015 veröffentlicht. Die Testaufgaben liegen dem Normenausschuss des DIN seit Mitte des Jahres 2010 vor, in der letzten überarbeiteten Fassung seit Juli 2014. 20. Welche Position hat die Bundesregierung gegenüber der Feststellung des Bundesrates vom 19. September 2014, dass die bisher zur neuen Schall 03 verfügbaren Testaufgaben zur Überprüfung der korrekten, ermessensspielraumminimierten und damit qualitätsgesicherten Implementierung der neuen Schall 03 in Softwareprogramme diesen Zweck nicht erfüllen (vgl. Bundesratsdrucksache 319/14)? 21. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Aussage des Gutachtens von Wölfel Beratende Ingenieure GmbH + Co. KG (vgl.: Gutachten zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der 16. BImSchV – Überprüfung der Rechenvorschriften der Schall 03 (Wölfel Beratende Ingenieure GmbH + Co. KG, 21. August 2014)), dass die Schall 03 im vorliegenden Zustand und mit den vorhandenen Testaufgaben nicht qualitätsgesichert implementiert werden kann? Die Fragen 20 und 21 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Entwurf dieser Testaufgaben enthält definierte Rechenmodelle zur Abbildung von Emissionsparametern sowie zu einfachen Ausbreitungssituationen als Testmodelle. Die Testaufgaben können formal erst abgeschlossen werden, wenn das Verordnungsgebungsverfahren mit der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat abgeschlossen ist. Sonst würden sich die Testaufgaben auf eine nicht finale Fassung beziehen. 22. Welche Auswirkungen haben die Abweichungen im Verfahren zur Berechnung der Schallausbreitung in der Schall 03 von den Internationalen Normen ISO 9614-2 und ISO 9613-2 auf die Qualitätssicherung von Software , wie sie durch die DIN 45687 und die ISO 17534 angeboten ist? Die Abweichungen von der ISO 9613-2 werden, sofern erforderlich, durch geeignete Testaufgaben qualitätsgesichert. Diese werden im Normenausschuss der DIN 45687 abgestimmt. Drucksache 18/3010 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Welche Auswirkungen auf die Rechtsklarheit von Gutachten in Planfeststellungsverfahren hat die in der neuen Schall 03 vorgesehene, dynamische Teilstückzerlegung, die laut Gutachten der Wölfel Beratende Ingenieure GmbH + Co. KG dazu führt, dass verschiedene Softwareprogramme zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Auswirkungen? 24. Welche Vor- und Nachteile hat aus Sicht der Bundesregierung bei der Untersuchung der Teilstückzerlegung die Verwendung eines mehrstufigen Verfahrens unter Einbeziehung der Projektion? Die Fragen 23 und 24 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Verfahren zur Teilstückzerlegung ist nicht in der neuen Schall 03 [2012] geregelt. Die Schall 03 [2012] definiert eine quantitative Genauigkeitsanforderung , die es ermöglicht, die Vorgehensweise operativ festzulegen. Die Vorgehensweise soll in den zuständigen Normungsgremien des DIN (DIN 45687) diskutiert und festgelegt werden. Durch entsprechende Testaufgaben und Konformitätserklärungen der Softwarehersteller kann sichergestellt werden, dass identische Ergebnisse unabhängig von den verwendeten Softwareprogrammen entstehen. 25. Über welche Informationen zum Nachweis, dass bei der Berechnung von Abschirmungen für Bahnstrecken der in der neuen Schall 03 enthaltene und von der Internationalen Norm ISO 9613-2 abweichende Schirmfaktor C2= 40, der bei der Lärmpegelberechnung zu niedrigeren Lärmpegeln des Schienenverkehrs führt, angemessen ist, verfügt die Bundesregierung? Die Festlegung des Schirmfaktors C2=40 stellt keine Abweichung von der ISO 9613-2 dar. Als Informationen über die Nachweise zur Festlegung des Schirmfaktors liegen die Protokolle aus der zuständigen Arbeitsgruppe Schall 03 vom 2. Dezember 2004 und 22. Februar 2005 und der Untersuchungsbericht der Firma akustik data mit der Technischen Notiz vom 1. Oktober 2004 zu „Modellrechnungen zur Abschätzung des Einflusses der Quellpositionen auf die Einfügungsdämpfung einer Schallschutzwand“ vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333