Deutscher Bundestag Drucksache 18/3023 18. Wahlperiode 31.10.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sven-Christian Kindler, Ekin Deligöz, Anja Hajduk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2919 – Transparenz über die Verwendung geplanter Steuermehreinnahmen bis 2018 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die prognostizierten Steuereinnahmen des Bundes sollen von 2014 zu 2018 klar steigen. Die aktuelle Finanzplanung der Bundesregierung sieht Zuwächse von 2014 nach 2015 um 10,3 Mrd. Euro, von 2015 nach 2016 um 14,4 Mrd. Euro, von 2016 nach 2017 um 7,8 Mrd. Euro, von 2017 nach 2018 um 11,1 Mrd. Euro vor. Insgesamt geht die Bundesregierung von steigenden Steuereinnahmen vom Haushaltsjahr 2014 zum Jahr 2018 in Höhe von 43,6 Mrd. Euro aus (311,8 Mrd. Euro im Jahr 2018 im Vergleich zu 268,2 Mrd. Euro im Jahr 2014). Mit der Summe der einzelnen Zuwächse von 2014 bis 2018 stehen nach dieser Annahme rund 111 Mrd. Euro zusätzliche Steuereinnahmen zur Verfügung (10,3 Mrd. Euro im Jahr 2015, 24,7 Mrd. Euro im Jahr 2016, 32,5 Mrd. Euro im Jahr 2017 und 43,6 Mrd. Euro im Jahr 2018). Die Steuereinnahmen bis zum Jahr 2018 steigen jahresdurchschnittlich um 3,8 Prozent. Diese Prognose ist riskant optimistisch und basiert auf einem angenommenen realen Wirtschaftswachstum im Jahr 2014 von 1,8 Prozent, im Jahr 2015 von 2,0 Prozent und von 2016 bis 2018 von 1,4 Prozent. Steigen die Steuereinnahmen nur geringfügig weniger, zum Beispiel um einen halben Prozentpunkt , klafft im Finanzplan eine Finanzierungslücke von 14,4 Mrd. Euro. In diesem Fall ist zu befürchten, dass die Bundesregierung weiter bei wichtigen Investitionen in die Infrastruktur, bei Bildung und Betreuung, dem Klimaschutz und bei den Kommunen kürzt. Diese offiziell, trotz der beschriebenen Risiken, dem Finanzplan bis 2018 zugrunde liegenden 111 Mrd. Euro stellen eine beträchtliche politische „Verfügungsmasse “ dar. Diese Verfügungsmasse soll ohne jegliche Anstrengung für Ausgabenkürzungen, Subventionsabbau oder strukturelle EinnahmeverbesseDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. rungen entstehen. Wofür diese Verfügungsmasse verwendet wird, ist für den Deutschen Bundestag als Haushaltsgesetzgeber im Horizont der Finanzplanung nur schwer nachvollziehbar. Klar ist nur, dass ein Teil dieser Verfügungsmasse Drucksache 18/3023 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode für steigende gesetzliche Leistungen und Tarifsteigerungen der Beschäftigten verwendet wird. Ausgabensteigerungen werden Haushaltsjahr für Haushaltsjahr fortgeschrieben und schmälern damit die politische Gestaltungsmöglichkeit, welche die 111 Mrd. Euro prinzipiell bieten. Für den Haushaltsgesetzgeber ist es interessant zu erfahren , in welche Bereiche diese Mehreinnahmen konkret fließen – sprich: wie viele Mittel für gesetzliche Leistungen und Verpflichtungen auf der einen Seite und freiwillige Ausgabensteigerungen auf der anderen Seite verausgabt werden. Nach Abzug der gesetzlich verpflichteten Ausgabensteigerungen verbleibt ein vernebelter zweistelliger Milliardenblock von freiwilligen Ausgabensteigerungen , welcher in der politischen Haushaltsberatung den Eindruck des Versickerns ohne Prioritätensetzung erzeugt. Grundsätzlich soll die Frage beantwortet werden, wie dieses Versickern eines zweistelligen Milliardenbetrags ohne Prioritätensetzung durch die Bundesregierung verhindert, zumindest aber gesteuert werden kann. Wie kann der Haushaltsgesetzgeber politisch das Heft des Handelns und Gestaltens zurückerlangen? Wie kann sich der Haushaltsgesetzgeber auf der Ausgabenseite Spielräume erhalten , um die nötigen Zukunftsinvestitionen zu finanzieren? Die Ausgaben im Finanzplan des Bundes (Bundestagsdrucksache 18/2001) steigen von 296,5 Mrd. Euro (Soll 2014) auf 329,3 Mrd. Euro (Soll 2018). Die aktuelle Finanzplanung der Bundesregierung sieht Zuwächse von 2014 nach 2015 um 3,0 Mrd. Euro, von 2015 nach 2016 um 11,1 Mrd. Euro, von 2016 nach 2017 um 9,3 Mrd. Euro, von 2017 nach 2018 um 9,4 Mrd. Euro vor. Mit der Summe der einzelnen Zuwächse von 2014 bis 2018 werden nach dieser Annahme so rund 73 Mrd. Euro zusätzliche Ausgaben getätigt (3 Mrd. Euro im Jahr 2015, 14,1 Mrd. Euro im Jahr 2016, 23,4 Mrd. Euro im Jahr 2017 und 32,8 Mrd. Euro im Jahr 2018). Statt mit den erheblichen Mehreinnahmen im Rücken gestärkt in die Zukunft zu investieren, sinkt die Investitionsquote aber im Finanzplan von 10,1 Prozent im Jahr 2014 auf 8,3 Prozent im Jahr 2018. Die versteckte Verschuldung, die durch den Verfall der Infrastruktur aufläuft, steigt zunehmend. Dass die Investitionsquote trotz Steuermehreinnahmen und wachsenden Ausgaben sinkt, unterstreicht , dass die Prioritätensetzung der Bundesregierung gefährliche Schwachstellen hat. Grundsätzlich sind zur Finanzierung ein systematischer Subventionsabbau, strukturelle Reformen, konsequente Ausgabenkürzungen und Einnahmeverbesserungen notwendig. Nur so gelingt es, den Haushalt zu konsolidieren und damit die Schuldenbremse konsequent einzuhalten und gleichzeitig wichtige Investitionen zu tätigen. Diese Kleine Anfrage dient der Herstellung von mehr Transparenz in der Finanzplanung . Durch die Abfrage der geplanten Mehrausgaben innerhalb des Finanzplanungszeitraums bis zum Jahr 2018 sollen politisch verfügbare Gelder in zweistelliger Milliardenhöhe transparent werden. Über die zukunftsgerechte Verwendung dieser Gelder sollte dann im Deutschen Bundestag und im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages politisch beraten und entschieden werden. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Gemäß § 9 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) sind in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes Umfang und Zusammensetzung der voraussichtlichen Ausgaben darzustellen. Diesem gesetzlichen Auftrag ist die Bundesregierung mit der Unterrichtung über den Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 (Bundestagsdrucksache 18/2001) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3023 nachgekommen. Der Finanzplan erläutert textlich wie auch in tabellarischer Form die mittelfristig geplanten Ausgaben des Bundes sowohl gegliedert nach Aufgabebereichen als auch nach Ausgabearten. Anders als im Haushaltsplan erfolgt im Finanzplan hingegen keine titelscharfe Darstellung einzelner Ausgabepositionen . Dies liegt unter anderem darin begründet, dass der Finanzplan – anders als der Bundeshaushalt – keine Ermächtigung zur Leistung von Ausgaben darstellt, sondern ein die Haushaltsgesetzgebung ergänzendes und rein regierungsinternes Planungsinstrument darstellt, über das die parlamentarischen Gremien unterrichtet werden, über das sie aber – anders als dies die Fragesteller in ihrer Vorbemerkung fordern – nicht inhaltlich entscheiden. Vor diesem rechtlichen Hintergrund entspricht es der ständigen Praxis der Bundesregierung, über den Finanzplan des Bundes in der als Bundestagsdrucksache veröffentlichen Form und Aggregationsstufe zu berichten, darüber hinaus aber keine weiter gehenden Detailangaben, insbesondere nicht auf der Ebene einzelner Haushaltstitel , zu veröffentlichen. 1. Welche Ausgabensteigerungen ohne Personalkosten bei welchen gesetzlichen Leistungen liegen der Finanzplanung der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 18/2001) zugrunde (bitte nach Haushaltstitel und Kapitel, der zugrunde liegenden jeweiligen gesetzlichen Leistung aufschlüsseln und aufgeschlüsselt jeweils nach Haushaltsjahren 2015, 2016, 2017 und 2018 im Vergleich zum Soll 2014)? Die Ausgabenentwicklung im Bundeshaushalt wird insbesondere durch folgende Aufgabenbereiche bestimmt: Der größte Ausgabenblock im Bundeshaushalt ist die Soziale Sicherung. Im Regierungsentwurf 2015 sind hierfür 152,4 Mrd. Euro vorgesehen, das entspricht 50,9 Prozent aller Ausgaben. Im Finanzplanungsjahr 2018 liegt der Anteil bei 52,1 Prozent, das sind Ausgaben in Höhe von 171,6 Mrd. Euro. Dies entspricht einer Ausgabensteigerung um 12,6 Prozent. Die Ausgabendynamik wird vor allem durch die Entwicklung der jährlichen Leistungen an die Rentenversicherung bestimmt, die im Planungszeitraum von 2015 bis 2018 von 84,8 Mrd. Euro auf 94,1 Mrd. Euro steigen. Außerdem steigt der jährliche Zuschuss an die Gesetzliche Krankenversicherung im Planungszeitraum 2015 bis 2018 von 11,5 Mrd. Euro auf 14,5 Mrd. Euro an. Ein weiterer großer Ausgabenblock im Bundeshaushalt (Anteil an Gesamtausgaben 10,6 Prozent) sind die Ausgaben für Verteidigung. Sie belaufen sich auf 31,8 Mrd. Euro im Regierungsentwurf 2015 und steigen auf 32,7 Mrd. Euro im Planungsjahr 2018. Das entspricht einem Anstieg um 2,8 Prozent. Auch der Anteil für Bildung, Forschung und Entwicklung steigt von 6,8 Prozent aller Ausgaben im Regierungsentwurf 2015 (20,5 Mrd. Euro) auf 7 Prozent im Planungsjahr 2018 (22,9 Mrd. Euro). Das entspricht einem Ausgabenanstieg um 11,8 Prozent. Schließlich belaufen sich die überwiegend investiven Ausgaben für Verkehr im Regierungsentwurf 2015 auf 16,7 Mrd. Euro (5,6 Prozent aller Ausgaben). Sie steigen um 4,4 Prozent auf 17,5 Mrd. Euro im Planungsjahr 2018. Bei der Betrachtung der Ausgabensteigerungen im Planungszeitraum von 2015 bis 2018 ist zu beachten, dass in den genannten Ausgabeblöcken die prioritären Maßnahmen des Koalitionsvertrags in Höhe von 23 Mrd. Euro enthalten sind, die allerdings nur für den Zeitraum der Legislaturperiode, also bis zum Jahr 2017 vereinbart wurden. Aus diesem Grund liegen die Ansätze des Finanzplans für das Jahr 2018 zum Teil unter denen des Jahres 2017. Insgesamt betragen die kumulierten Ausgabesteigerungen der oben genannten Aufgabenbereiche Drucksache 18/3023 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 69 Mrd. Euro im Planungszeitraum 2015 bis 2018. Dies sind 94,1 Prozent des gesamten Ausgabenzuwachses von 73,3 Mrd. Euro im Vergleichszeitraum. 2. Welche Ausgabensteigerung bei den Personalausgaben liegt der Finanzplanung der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 18/2001) zugrunde (bitte nach Kapitel und jeweils nach Haushaltsjahren 2015, 2016, 2017 und 2018 im Vergleich zum Soll 2018 aufschlüsseln)? Die Personalausgaben bleiben im Finanzplanungszeitraum nahezu konstant: Sie steigen von 29,8 Mrd. Euro (Regierungsentwurf 2015) auf 29,9 Mrd. Euro im Finanzplanungsjahr 2018. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333