Deutscher Bundestag Drucksache 18/3038 18. Wahlperiode 03.11.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Hänsel, Sevim Dağdelen, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2926 – Rahmenabkommen zur Beteiligung der kolumbianischen Streitkräfte an Krisenbewältigungsoperationen der Europäischen Union Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 5. August 2014 wurde von Juan Carlos Pinzón, Verteidigungsminister der Republik Kolumbien, und María Antonia van Gool, Botschafterin der Europäischen Union (EU) in Kolumbien (www.webinfomil.com/2014/08/colombiaparticipara -en-operaciones.html), das bereits am 17. Juni 2014 vom Rat der EU verabschiedete Abkommen über die Schaffung eines Rahmens für die Beteiligung Kolumbiens an Krisenbewältigungsoperationen der EU (Ratsdok. 10792/ 14) unterschrieben. In Brüssel war zuvor, am 26. Juni 2014, ein Kooperationsvertrag zwischen der Organisation des Nordatlantikvertrages (NATO) und der Republik Kolumbien unterzeichnet worden (www.blickpunkt-lateinamerika.de/news-details/article/ bogotaacute-naumlhert-sich-nato.html?no_cache=1&cHash=183d8a8f2881729 4dd474496197428b1). Dieser Vertrag begünstigt nach Ansicht mehrerer Regionalstaaten eine Militarisierung und Destabilisierung der Kräfteverhältnisse auf dem amerikanischen Kontinent (www.dw.de/evo-morales-para-qu%C3%A9- quiere-entrar-colombia-a-la-otan/a-16856671). Der angestrebte Informationsaustausch zwischen der NATO und Kolumbien, die Teilnahme Kolumbiens an ähnlich gelagerten NATO-Operationen wie etwa in Afghanistan, der Verleih von Rüstungsgütern an die kolumbianischen Streitkräfte sowie der zu erwartende Erwerb von Waffen- und Weltraumtechnik u. a. drohen demnach eine Spirale der Militarisierung in der Region in Gang zu setzen. Die Menschenrechtslage in Kolumbien zwischen 2009 und 2012 wurde von der Bundesregierung als „weiterhin ernst“ beurteilt (Antwort zu Frage 15 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. ,,Mögliche illegale Waffenlieferungen nach Kolumbien“, Bundestagsdrucksache 18/2238). Der Bundesregierung ist bekannt, dass in Kolumbien seit fünfzig Jahren ein inDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 30. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. terner bewaffneter Konflikt besteht und dass es in den vergangenen Jahren auch zu Menschenrechtsverletzungen durch das Militär gekommen ist. In diesem Kontext stechen die Fälle der so genannten falsos positivos hervor, Zivilisten, die von der Armee zunächst ermordet und dann als Mitglieder der Guerilla aus- Drucksache 18/3038 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gegeben wurden (http://tinyurl.com/p8e4um3). Im kolumbianischen Parlament wird zurzeit ein Gesetzesprojekt verhandelt, das möglicherweise die systematische – und auch rückwirkende – Ausweitung der Militärgerichtsbarkeit zuungunsten der generalstaatsanwaltschaftlichen Befugnisse vorsieht. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die aktuelle Regierung unter Staatspräsident Juan Manuel Santos unternimmt erhebliche Anstrengungen, den seit 50 Jahren andauernden Binnenkonflikt zu beenden. Seit November 2012 führt die Regierung in Havanna Friedensgespräche mit der FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia), die im Laufe des Jahres 2015 zur Unterzeichnung eines Friedensabkommens führen könnten. Verhandlungen mit anderen Gruppen wie z. B. der ELN (Ejército de Liberación Nacional) sind angekündigt, haben aber noch nicht begonnen. Ein Friedensabkommen mit der FARC eröffnet die Chance auf einen nachhaltigen Friedensprozess im Lande, der auch auf die Nachbarländer positiv ausstrahlen und so die gesamte Region stärken kann. Unabhängig davon strebt die kolumbianische Regierung eine engere Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Partnern in der Region an. Kolumbien ist Gründungsmitglied der auf Freihandel ausgerichteten Pazifik-Allianz und arbeitet konstruktiv in der Organisation Südamerikanischer Staaten (UNASUR), der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staate (CELAC) und in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) mit. Die kolumbianischen Streitkräfte sind ein wichtiger gesellschaftlicher Faktor, der über hohes Ansehen verfügt. Das Militär steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Es ist erklärtes Ziel der Regierung, die Aufgaben des Militärs mittelbis langfristig auf Landesverteidigung und internationale Zusammenarbeit zu beschränken und die Polizei aus dem Zuständigkeitsbereich des Verteidigungsministeriums herauszulösen. Die Mitwirkung des kolumbianischen Militärs in GSVP- (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) und VN-geführten Missionen kann den innerstaatlichen Transformationsprozess positiv unterstützen . Kolumbien stand in der Vergangenheit wiederholt in der Kritik wegen gravierender Menschenrechtsverletzungen. Die Lage hat sich jedoch in den letzten Jahren verbessert. Internationale Organisationen wie z. B. das Amt des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte oder der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen bestätigen eine positive Grundtendenz, wenngleich viel Raum für Verbesserung bleibt. Auch kolumbianische und internationale Menschenrechtsorganisationen bestätigen sichtbaren Fortschritt. Gleichwohl bleiben Drogenhandel, organisierte Kriminalität, Korruption und Ungleichverteilung des Wohlstands maßgebliche Einflussfaktoren. Die Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte ist ein erklärtes Anliegen der Regierung unter Staatspräsident Santos. Die Regierung hat zahlreiche gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen wie z. B. das im Jahr 2011 verabschiedete Opferentschädigungs- und Landrückgabegesetz, ein Schutzprogramm für Menschenrechtsverteidiger und bedrohte Personen, aber auch einen breit angelegten Dialog mit der Zivilgesellschaft – mit einer nationalen Menschenrechtskonferenz im Dezember 2012 – in Gang gesetzt. Kolumbien kooperiert in allen Menschenrechtsbereichen mit internationalen Organisationen und der internationalen Gemeinschaft, insbesondere mit den Vereinten Nationen (VN) und der Europäischen Union (EU). Der Menschenrechtsdialog zwischen Kolumbien und der EU erfolgt im jährlichen Turnus (letzte Sitzung am 24. Oktober 2014). Die Menschenrechtslage in Kolumbien wurde am 23. April 2013 zum zweiten Mal nach 2008 im Rahmen des Staatenüberprüfungsverfahrens (Universal Periodic Review) im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beleuchtet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3038 Die kolumbianische Justiz hat schon vor längerer Zeit damit begonnen, Angehörige der Streitkräfte, denen Menschenrechtsverletzungen nachzuweisen sind, zu verurteilen und z. T. drastische Strafen zu verhängen. 1. Was qualifiziert nach Kenntnis der Bundesregierung die kolumbianische Regierung und/oder die kolumbianische Armee für eine Beteiligung an Krisenbewältigungsoperationen der EU? Kolumbien ist im verteidigungs- und sicherheitspolitischen Bereich ein etablierter Anbieter von Beratungsleistungen und Ausbildungshilfe. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat Kolumbien in den letzten fünf Jahren Beratung und Ausbildungshilfe für 47 Länder geleistet. Dabei wurden knapp 22 000 Militärs und Polizisten in land-, luft- und seegestützten Operationen ausgebildet. Die ca. 550 000 Personen umfassenden Streitkräfte verfügen über große Erfahrung in der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität und bei Einsätzen auf schwierigem Gelände. 2. Welche politischen, geostrategischen und militärischen Gründe haben die EU und Deutschland als deren Mitglied dazu bewogen, die von Kolumbien beantragten Verhandlungen über eine Unterstützung der Armee des südamerikanischen Landes für EU-Missionen aufzunehmen und die entsprechende Vereinbarung abzuschließen? Kolumbien arbeitet in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik bilateral und regional seit vielen Jahren eng mit den USA zusammen, hat aber wiederholt signalisiert, sein internationales Engagement über diese Zusammenarbeit hinaus ausdehnen zu wollen. Das Land war zuletzt von 2011 bis 2012 Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und leistet Beiträge zu VN-Missionen wie z. B. der internationalen Friedensmission in Haiti (MINUSTAH). Präsident Juan Manuel Santos hat vor kurzem gegenüber US-Präsident Barack Obama angekündigt , dass sich Kolumbien nach Beendigung des Binnenkonflikts noch stärker an VN-geführten Missionen beteiligen wolle. Mit der Unterzeichnung eines Abkommens über den Schutz vertraulicher Informationen im Juni 2013 hat Kolumbien seine Kontakte zur NATO erstmals auf eine formale Basis gestellt. Eine engere Anbindung an die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der EU ist aus Sicht der Bundesregierung auch ein weiterer Baustein zur Konsolidierung und Vertiefung der bilateralen deutsch-kolumbianischen Beziehungen. Kolumbien ist für die Bundesregierung ein bevorzugter Partner im Anden- und Karibikraum. Als Mitglied mehrerer Regionalorganisationen fördert das Land die politische Stabilität in anderen wichtigen Ländern der Region. Die Bundesregierung hat ein besonderes Interesse daran, dass Kolumbien seiner Rolle als regionale Gestaltungsmacht gerecht wird und sich als zuverlässiger Partner Europas bei der Bewältigung globaler Fragen wie internationale Sicherheit, Kampf gegen Drogen und Terrorismus, Umwelt- und Klimaschutz weiterentwickelt. 3. Welche spezifischen Fähigkeiten sollen die kolumbianischen staatlichen Institutionen und/oder die kolumbianische Armee nach Kenntnis und Erwartung der Bundesregierung sowie der EU einbringen? Im Einzelfall kann eine Drittstaatenbeteiligung zivile und militärische GSVPMissionen unterstützen. Die Erwartung des Einbringens einer spezifischen Fähigkeit ist an das Rahmenabkommen nicht geknüpft. Drucksache 18/3038 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Stehen die anerkanntermaßen prekäre Menschenrechtssituation in Kolumbien und die in diesem Zusammenhang von Militärs begangenen Menschenrechtsverbrechen einer Einbindung der Streitkräfte Kolumbiens für zivile und militärische Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik (GASP) entgegen (wenn ja, bitte begründen)? Wenn nein, weshalb nicht? 5. In welcher Weise fand diese Menschenrechtssituation nach Kenntnis der Bundesregierung auf der Ebene der EU und in der Bundesregierung im Entscheidungsprozess selbst Berücksichtigung? 6. Wäre eine von der kolumbianischen Regierung behauptete verbesserte Wahrung der Menschenrechte durch die kolumbianische Armee ausreichend , um die genannte Kooperation einzugehen, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung die Menschenrechtsvergehen der kolumbianischen Armee explizit anerkennt (Antwort zu Frage 15 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Mögliche illegale Waffenlieferungen nach Kolumbien“, Bundestagsdrucksache 18/2238)? Die Fragen 4 bis 6 werden aufgrund ihres Sinnzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Entscheidung über die konkrete Teilnahme Kolumbiens an einer GSVPMission , unabhängig davon, ob es sich dabei um ziviles, polizeiliches oder militärisches Personal handelt, unterliegt der Prüfung im Einzelfall und bedarf der vorherigen Zustimmung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Bundesregierung legt bei ihrer Entscheidung immer auch politische Kriterien zugrunde, die auch die Aspekte Menschenrechtssituation, Demokratie, sowie die politischen Beziehungen zum Drittstaat, beinhalten. Des Weiteren wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 7. Woran machen die Bundesregierung und die EU ggf. die Annahme einer Verbesserung der Menschenrechtslage fest (bitte konkret belegen)? 8. Wie, anhand welcher Kriterien, und über welche Institution in Kolumbien werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Teilnehmenden an gemeinsamen Krisenbewältigungsoperationen der EU auf kolumbianischer Seite ausgewählt? Die Fragen 7 und 8 werden aufgrund ihres Sinnzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Welche Institution in Kolumbien anhand welcher Kriterien die Teilnehmenden an gemeinsamen Krisenbewältigungsoperationen der EU auswählt, entscheidet die kolumbianische Seite. Desweiteren wird auf die einleitende Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 9. Werden die Teilnehmer an gemeinsamen Krisenbewältigungsoperationen der EU mit der Republik Kolumbien vor Einsatz einer Eignungsprüfung unterzogen? Durch wen findet die Prüfung statt? In welchem Rahmen findet sie statt? Wie ist das Verfahren gestaltet? Welche Kriterien werden angelegt? Abhängig von der Art einer möglichen Beteiligung werden etwa bei einer zivilen GSVP-Mission Bewerbungsverfahren durchgeführt, bei denen die Eignung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3038 eines Kandidaten durch den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) individuell geprüft wird. Bei militärischen Missionen erfolgt die Stellung von Personal im Rahmen so genannter Kräftegenerierungskonferenzen. 10. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung eventuell begangene Menschenrechtsverstöße der Teilnehmer von kolumbianischer Seite vor einem gemeinsamen Einsatz recherchiert? Wenn ja, wie, und von welchen Institutionen? Wenn nein, weshalb nicht? Die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der kolumbianischen Streitkräfte ist bereits in vollem Gang. Zahlreiche Militärs und Polizisten wurden bereits verurteilt und sitzen ihre Strafe ab. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Menschenrechtsverstöße im Rahmen einer obligatorischen Sicherheitsüberprüfung der teilnehmenden Personen untersucht werden. Nach welchen Kriterien sich die Auswahl von Angehörigen der Streitkräfte vollzieht , die zu GSVP-Missionen entsandt werden sollen und welche Institution die Auswahl durchführt, ist der Bundesregierung nicht bekannt. 11. Wie kann sich die Vereinbarung über eine Beteiligung der Republik Kolumbien an Krisenbewältigungsoperationen der EU nach Ansicht der Bundesregierung auf den laufenden Friedensprozess auswirken (www.eeas. europa.eu/statements/docs/2014/140519_01_en.pdf)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass eine Beteiligung an GSVP-Missionen indirekt auch den innerstaatlichen Transformationsprozess der kolumbianischen Streitkräfte positiv begleiten kann. 12. Für welche Missionen nach Artikel 42 Absatz 1 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) und Artikel 43 Absatz 1 EUV und zu welchem Zweck plant bzw. erwägt die EU nach Kenntnis der Bundesregierung die Einbindung Kolumbiens mit zivilen und militärischen Mitteln? a) Mit welchen Mitteln soll Kolumbien ggf. mit welcher Zielsetzung unterstützt werden? b) Welche militärischen und zivilen Fähigkeiten wird Kolumbien einbringen ? Die Fragen 12, 12a und 12b werden gemeinsam beantwortet. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) beschloss am 17. Oktober 2014, Kolumbien einzuladen, sich als Drittstaat an der geplanten zivilen, nichtexekutiven Mission EUAM Ukraine zu beteiligen. EUAM Ukraine soll ukrainische Behörden durch Beratung bei Reorganisation und Restrukturierung des zivilen Sicherheitssektors unterstützen. Innerhalb des kolumbianischen Militärs kann u. a. die Marine weitreichende Erfahrungen in der internationalen Streitkräftekooperation aufweisen. Kolumbien kann sich daher als erste Maßnahme die Entsendung einer Fregatte zur Mission Atalanta vorstellen. Diese Möglichkeit wäre eine Entlastung für die europäischen Streitkräfte und wird derzeit geprüft. Eine Entscheidung hierüber kann nur der Rat der EU auf Vorschlag der Hohen Vertreterin treffen. Drucksache 18/3038 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Auf welche Rüstungsgüter wird Kolumbien durch die Kooperation an Krisenbewältigungsoperationen der EU Zugriff haben? Ein Zugriff eines Drittstaaten auf Rüstungsgüter besteht durch eine Beteiligung an GSVP-Missionen nicht. 14. Wird Kolumbien im Zuge der Kooperation auf nachrichtendienstliche Erkenntnisse der EU oder ihrer Mitgliedstaaten Zugriff haben? Wenn ja, in welchen thematischen und geografischen Bereichen? Das in einer militärischen Mission fortlaufend erstellte Lagebild kann grundsätzlich neben militärischen Aufklärungsergebnissen auch nachrichtendienstliche Erkenntnisse einschließen. GSVP-Missionen stellen hier keine Ausnahme dar. Abhängig vom Einzelfall können daher auch dem Führungspersonal bzw. den militärischen Einheiten Kolumbiens, die an einer solchen Mission teilnehmen , zur Erfüllung des Missionszieles notwendige derartige Lageinformationen zur Verfügung gestellt werden. In Bezug auf das o. g. Beispiel eines Marineeinsatzes im Rahmen der GSVP-Operation „Atalanta“ wären diese Informationen ausschließlich missionsspezifischer Natur und geografisch auf das Einsatzgebiet am Horn von Afrika fokussiert. 15. Inwiefern stehen die Kooperation der EU mit der Republik Kolumbien und die damit möglicherweise einhergehende Bereitstellung von Rüstungsgütern angesichts des internen bewaffneten Konfliktes den einschlägigen Prinzipien des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle entgegen? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 16. Aufgrund welcher Erwägungen befürwortet die Bundesregierung es als Mitgliedstaat der EU und der NATO, mit Kolumbien zugleich ein Abkommen über die Schaffung eines Rahmens für die Beteiligung an Krisenbewältigungsoperationen der EU und einen Kooperationsvertrag zwischen der NATO und der Republik Kolumbien zu schließen? Auf die Antwort zu den Fragen 2 und 17 wird verwiesen. 17. Welche politischen, geostrategischen und militärischen Gründe haben die NATO und Deutschland als deren Mitglied dazu bewogen, einen Kooperationsvertrag mit Kolumbien zu schließen? Zwischen Kolumbien und der NATO besteht kein Vertrag über eine Kooperation oder Partnerschaft. Kolumbien ist formell kein Partnerland der NATO. Kolumbien und die NATO haben im Juni 2013 ein Abkommen über den Schutz vertraulicher Informationen abgeschlossen, das allerdings bisher nicht in Kraft getreten ist. 18. Welche Kooperation zwischen der NATO und Kolumbien ist mit Blick auf welche gemeinsamen Aktivitäten nach Erkenntnissen der Bundesregierung konkret geplant oder wird erwogen? Die Zusammenarbeit zwischen Kolumbien und der NATO erfolgt auf Basis von Einzelfallentscheidungen des Nordatlantikrates. Kolumbien nimmt derzeit an Programmen in den Bereichen Transparenz im Beschaffungswesen und Kodifi- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3038 zierungswesen teil. Kolumbien hat an Veranstaltungen der NATO-Schule Oberammergau und des NATO Defence Colleges teilgenommen. Geprüft wird derzeit eine Teilnahme Kolumbiens an einem Arbeitskreis zu Munitionssicherheit. 19. Welche spezifischen Fähigkeiten sollen die kolumbianische Regierung und/ oder die kolumbianische Armee nach Kenntnis und Erwartung der Bundesregierung sowie der NATO und der weiteren NATO-Mitgliedstaaten dabei einbringen? Kolumbien nimmt nicht an NATO-geführten Operationen oder Missionen teil und stellt der NATO daher keine Fähigkeiten zur Verfügung. Über Art und Umfang der von Kolumbien erbrachten Beiträge zu den Kooperationsbereichen in der Antwort zu Frage 18 liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 20. Auf welche Rüstungsgüter wird Kolumbien durch die Kooperation mit der NATO Zugriff haben bzw. erhalten? Keine. 21. Wird Kolumbien in Zuge der Kooperation auf nachrichtendienstliche Erkenntnisse der NATO oder ihrer Mitgliedstaaten Zugriff haben? Wenn ja, in welchen thematischen und geografischen Bereichen? Kolumbien wird nur dann Zugang zu nachrichtendienstlichen Erkenntnissen der NATO oder ihrer Mitgliedstaaten erhalten, wenn die Alliierten einer entsprechenden Anfrage Kolumbiens per Einzelfallentscheidung zustimmen. 22. Wie analysiert die Bundesregierung vor dem Hintergrund der geplanten militärischen Kooperation zwischen der Republik Kolumbien einerseits und der EU sowie der NATO andererseits die systematische – und auch rückwirkende – Ausweitung der Militärgerichtsbarkeit zuungunsten der generalstaatsanwaltschaftlichen Befugnisse (www.hrw.org/es/news/2014/ 07/08/colombia-proyecto-de-ley-amplia-alcance-del-fuero-militar-sobrefalsos -positivos)? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die geplante Reform der Militärgerichtsbarkeit von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen kritisch begleitet wird. Es besteht die Sorge, dass es im Zuge der Strafverfolgung durch ein Militärgericht zu Fällen von Straflosigkeit kommen kann. In Kolumbien und auf internationaler Ebene findet ein öffentlicher Dialog zu diesen Fragen statt. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit die Kritik der Menschenrechtsorganisationen Eingang in den gerade in Vorbereitung befindlichen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Militärgerichtsbarkeit findet. 23. Wie werden Entschädigungsansprüche von dritten Zivilpersonen geregelt, die während einer gemeinsamen Krisenbewältigungsoperation der EU und der Republik Kolumbien entstehen? a) Wie werden die Rechte möglicher ziviler Geschädigter vor der nach dem Rahmenabkommen zuständigen Gerichtsbarkeit in Kolumbien und Deutschland als EU-Mitgliedstaat gewahrt? Grundsätzlich gilt, dass unbeschadet eines SOMA (Status of Mission Agreement )/SOFA (Status of Force Agreement) der entsendende Staat die Rechtspre- Drucksache 18/3038 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode chung über sein entsandtes Personal ausübt. Auch ein Mitgliedstaat der Europäischen Union, unter dessen Flagge ein Schiff fährt oder Flugzeug fliegt, kann grundsätzlich Rechtsprechung ausüben. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, inwiefern sich weitere angerufene Gerichte für zuständig erklärt haben oder sich für zuständig erklären werden. b) Sind in diesen Fällen zivile oder Militärgerichte zuständig? Eine Zuständigkeit von Militärgerichten besteht nicht. 24. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung angesichts der Kritik von Regionalstaaten wie Bolivien (siehe Vorbemerkung der Fragesteller), die die internationale militärische Zusammenarbeit der Republik Kolumbien als Gefahr für die regionale Sicherheit sehen? Der Bundesregierung liegen keine Hinweise darauf vor, dass die internationale militärische Zusammenarbeit Kolumbiens die Sicherheit der Nachbarländer und der Region gefährden würde. 25. Wann tritt bzw. trat das Rahmenabkommen zur Beteiligung der Streitkräfte Kolumbiens an Krisenbewältigungsoperationen der EU in Kraft? Das Rahmenabkommen der EU mit Kolumbien wurde am 5. August 2014 unterzeichnet . Es tritt am ersten Tag des ersten Monats in Kraft, nachdem die Vertragsparteien einander notifiziert haben, dass das interne Verfahren abgeschlossen ist. Hiermit wird frühestens im Jahr 2015 gerechnet. 26. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Überprüfung des Rahmenabkommens auf die Verfassungsmäßigkeit durch das Verfassungsgericht der Republik Kolumbien (www.onemagazine.es/noticia/19165/ Internacional/Colombia-se-suma-a-las-misiones-de-paz-de-la-UnionEuropea .html)? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Gesamtherstellung: H. 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