Deutscher Bundestag Drucksache 18/3053 18. Wahlperiode 05.11.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2897 – Bestand an radioaktiven Abfällen und Herausforderungen bei der Lagerung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 7. März 2012 wurde durch eine Berichterstattung des „Norddeutschen Rundfunks“ (NDR) bekannt, dass am Atomkraftwerksstandort Brunsbüttel ein korrosionsgeschädigtes Fass bei einem Entleerungsvorgang zerstört wurde. Der Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall, der seit 2007 wiederholt wegen unsachgerechter und intransparenter Informationspolitik im Zusammenhang mit Zwischenfällen in seinen Atomkraftwerken in die Schlagzeilen geraten war, musste abermals einräumen, die zuständige Landesbehörde und die Öffentlichkeit zu spät bzw. über mehrere Wochen hinweg gar nicht informiert zu haben. Erste inhaltliche Angaben zu dem Vorgang seitens der Bundesregierung enthält deren Antwort vom 16. März 2012 auf die Schriftliche Frage 105 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl auf Bundestagsdrucksache 17/9085. Laut dieser Antwort wurde das betroffene Fass im Jahr 1981 in das Kavernenlager am Standort Brunsbüttel eingelagert, im Dezember 2011 daraus entnommen und vor Ort in eine Entleerungsanlage gegeben. Neben ersten Informationen zum Sachverhalt der Korrosion des Fasses, zu den technischen Problemen bei der Fassentleerung inklusive der Zerstörung des Fasses und zeitlichen Angaben enthält die o. g. Antwort auch den Hinweis, dass die Bundesregierung eine mögliche bundesweite Relevanz der Problematik korrodierter Atommüllfässer nicht ausschließt. Kurz nach dem ersten Fund in Brunsbüttel wurde auch der Fund eines rostigen Atommüllfasses am Standort Neckarwestheim gemeldet (vgl. dpa-Meldung vom 15. März 2012). Zwischenzeitliche Entwicklungen lassen vermuten, dass es auch an anderen Standorten Problemfässer bzw. -gebinde in nicht zu vernachlässigender Anzahl geben dürfte. So beträgt die Anzahl kaputter Atommüllfässer in Brunsbüttel mittlerweile bereits 102 (vgl. dpa-Meldung vom 9. Oktober 2014), und der Vorsitzende der Entsorgungskommission des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Michael Sailer, äußerte in einem dpaDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 31. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Interview vom 30. August 2014 den Verdacht, die Brunsbüttelfunde seien „nur die Spitze vom Eisberg“. Die Rostfassproblematik macht auch auf ein grundsätzliches Problem in Deutschland aufmerksam: Es gibt keinen umfassenden offiziellen Überblick Drucksache 18/3053 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode über den gesamten deutschen Atommüllbestand. Aufgrund der Eigenheiten der Bundesauftragsverwaltung, nach der in Deutschland die Atomaufsicht praktiziert wird, ist Detailwissen oft auf verschiedene Länderbehörden verteilt. Zweitens verschaffen selbst diese sich nicht immer Detailwissen, sondern lediglich der Betreiber eines Interims-, Puffer- oder Zwischenlagers für Atommüll verfügt darüber (siehe hierzu beispielsweise die Schriftliche Anfrage zum AtommüllZwischenlager Mitterteich auf Landtagsdrucksache 16/18281 des Bayerischen Landtags vom 2. September 2013). Diese Kleine Anfrage soll dazu dienen, als Anlassgeber für die Bundesatomaufsicht einen bundesweiten Überblick über die konkrete Atommüllsituation vor Ort zu bekommen oder zumindest, ihm einen Schritt näher zu kommen. Eine erste größere Initiative speziell zur Rostfassproblematik ergriff die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/9592. Sowohl die zwischenzeitlichen Entwicklungen bezüglich der Rostfässer in Brunsbüttel, aber auch die in der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“, die nach dem Standortauswahlgesetz eingerichtet wurde, und von Umweltschutzverbänden und Bürgerinitiativen immer wieder erhobene Forderung nach einem möglichst umfassenden offiziellen Atommüllbestandsbericht waren Anlass für diese umfassendere Kleine Anfrage. Die folgenden Fragen beziehen sich u. a. auf alle Atomkraftwerksstandorte, an denen schwach- und/oder mittelradioaktiver Atommüll zwischengelagert wird. Hinzu kommen Fragen zu anderen Zwischenlagern und Landessammelstellen. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die atomrechtliche Aufsicht über Kernkraftwerke und die weiteren in dieser Kleinen Anfrage aufgeführten kerntechnischen Einrichtungen obliegt den zuständigen Behörden der Länder. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hat nach Artikel 85 Absatz 4 des Grundgesetzes die Gesetz- und Zweckmäßigkeit der Ausführungen des Atomgesetzes durch die Länder zu überwachen. Dafür ist die vollständige Kenntnis der mit dieser Kleinen Anfrage erbetenen Informationen nicht erforderlich. Wenn das BMUB von bestimmten Vorgängen Kenntnis erlangt, fordert es bei den zuständigen Behörden der Länder die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Hintergrundinformationen an. 1. Jeweils wie viele Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen oder verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung lagern derzeit in welchem zentralen oder standortnahen Zwischenlagern, und jeweils seit wann (es wird um den aktuellen Bestand gebeten, nicht den zum 31. Dezember 2013)? Die Zahl der Behälter mit bestrahlten Brennelementen in den einzelnen Zwischenlagern können dem Verzeichnis radioaktiver Abfälle – Stand 31. Dezember 2013 –, das vom BMUB am 28. Oktober 2014 (www.bmub.bund.de/ fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Atomenergie/verzeichnis_radioaktiver _abfaelle_bf.pdf) veröffentlicht wurde, entnommen werden. Über die Erhebungen zum Jahresende hinaus werden durch die Bundesregierung keine Daten erfasst . Ebenso erfasst das BMUB auch nicht den Einlagerungszeitpunkt eines einzelnen Behälters. Insoweit wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3053 2. Welche Atommülllager sind in Deutschland jeweils wo konkret vorhanden (bitte jeweils mit Angabe des Typs wie Puffer-/Interims-/Zwischenlager, Landessammelstelle etc.), seit jeweils wann sind sie in Betrieb, und wer ist der verantwortliche Betreiber (erste Einlagerung)? Die Standorte der Reaktoren, Transportbehälterlager, Abfalllager, Landessammelstellen und Konditionierungseinrichtungen für radioaktive Abfälle in der Bundesrepublik Deutschland können dem Verzeichnis radioaktiver Abfälle – Stand 31. Dezember 2013 –, das vom BMUB am 28. Oktober 2014 (www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Atomenergie/ verzeichnis_radioaktiver_abfaelle_bf.pdf) veröffentlicht wurde, entnommen werden. Bezüglich des Zeitpunkts der ersten Inbetriebnahme eines jeden Zwischenlagers wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3. Jeweils welche Atommüllfässer, -gebinde etc. welchen genauen Typs und Fassungsvermögens und mit welchem Inhalt befinden sich in den Atommülllagern aktuell, jeweils seit wann genau, und von wem stammen sie (bitte für jedes Lager eine vollständige tabellarische Übersicht in Anlehnung an Bundestagsdrucksache 17/9592, Antwort zu Frage 6; diese Frage bezieht sich auf alle radioaktiven Abfälle außer abgebrannte Brennelemente und verglaste Wiederaufarbeitungsabfälle)? Die Zahl und Art der Gebinde mit radioaktiven Abfällen können dem Verzeichnis radioaktiver Abfälle – Stand 31. Dezember 2013 –, das vom BMUB am 28. Oktober 2014 (www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/ Atomenergie/verzeichnis_radioaktiver_abfaelle_bf.pdf) veröffentlicht wurde, entnommen werden. Dort findet sich ebenfalls eine Auflistung des Fassungsvermögens der einzelnen Gebindetypen. Das BMUB erfasst nicht den Einlagerungszeitpunkt und den Inhalt jedes einzelnen Gebindes. Insoweit wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Ein Überblick über die prozentualen Anteile der Verursachergruppen an den jeweiligen Abfällen ist im o. g. Verzeichnis enthalten. Einer Veröffentlichung der Abfallgebinde eines jeden einzelnen Verursachers haben die Verursacher der radioaktiven Abfälle sowie die Länder nicht zugestimmt. 4. Mit jeweils welchen konkreten Maßnahmen und technischen Instrumenten wurde in den Atommülllagern in den letzten Jahren der Zustand der eingelagerten Fässer, Gebinde etc. in welcher Regelmäßigkeit und wann zuletzt faktisch überwacht (bitte differenzierte Angabe nach Ansätzen wie Videoüberwachung , Strahlenüberwachung, Stichprobenkontrollen etc.; es wird nach den jeweils tatsächlich praktizierten Maßnahmen gefragt, nicht nur um eine Beschreibung der Regelwerksgrundlagen gebeten)? Bei der Einlagerung eines Gebindes werden verschiedene Eingangskontrollen durchgeführt, die u. a. dazu dienen sicherzustellen, dass das Gebinde mit der entsprechende Deklaration übereinstimmt. Des Weiteren wird überprüft, ob das Gebinde die Annahmebedingungen erfüllt. Dazu werden Parameter wie Aktivität und Oberflächenkontamination bestimmt oder ggf. andere zerstörungsfreie Überprüfungen der Angaben des Herstellers durchgeführt. Im Lagerbetrieb werden unterschiedliche Überprüfungen durchgeführt, um die Gebinde zu überwachen , dies reicht von regelmäßigen Sichtprüfungen aller Gebinde bis zu Sichtkontrollen an Referenzgebinden. Hier spielen die z. T. möglichen relevanten Strahlenexpositionen aufgrund hoher Ortsdosisleistung eine Rolle. Drucksache 18/3053 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Welche meldepflichtigen Ereignisse oder sonst von den Betreibern gemeldeten Ereignisse gab es jeweils im Zusammenhang mit diesen Lagern und bzw. oder ihrem Inventar (es wird um Aktualisierung der Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 17/9592 gebeten)? Die Aktualisierung der Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 auf Bundestagdrucksache 17/9592 kann nachfolgender Tabelle entnommen werden. Datum Anlage Ereignis Er.-Nr. Kategorie INES 15.05.1979 KKB Austritt von Verdampferkonzentraten aus einem Verdampferkonzentratfass bei Reaktorstillstand 79/068 B – 27.10.1979 KKB Leckage aus einem Verdampferkonzentratfass bei Reaktorstillstand 79/157 C – 24.08.1982 KWW Fass mit getrocknetem Filterkonzentrat fiel bei Umlagerung um und entleerte sich teilweise 82/094 C – 25.03.1985 RBU 11 Brand eines 200-l-Fasses mit Zircaloyspänen im Reststoff-Abfalllager 85/004 – – 30.08.1985 WAK2 Brand in einem Abfallfass der Zelle I 85/027 C – 19.03.1986 KKI-1 Gasbildung in Gussfässern mit Crud aus Brenn- element-Reinigung 86/059 N – 20.03.1987 KKI-1 Veränderung der Geometrie von endkonditionierten 200-l-Fässern mit hochdruckverpressten Abfällen 87/048 N – 01.04.1987 KWB3 Veränderung der Geometrie von endkonditionierten 200-l-Fässern mit hochdruckverpressten Abfällen 87/129 N – 14.01.1988 KKG Leichte Deckelwölbung an endkonditionierten 200-Liter-Fässern mit betonverfestigter Asche 88/007 N – 20.01.1988 KWB Erhöhte Neutronendosisleistung im Zwischenlager für radioaktive Abfälle 88/009 N – 08.02.1988 KKP-1 Leichte Fassdeckelwölbung an endkonditionierten 200-Liter-Fässern mit hochdruckverpressten Mischabfällen 88/030 N – 12.02.1988 GKN-1 Leichte Fassdeckelwölbung an 2 endkonditionierten 200-Liter-Fässern mit betonverfestigtem, hochdruckverpresstem Schrott 88/026 N – 29.05.1989 KKI-1 Undichtigkeiten im Mantelbereich von 400-l-Fässern mit betonierten Abfällen 89/131 N – 20.02.1991 KWO Umkippen gestapelter Abfallfässer 91/030 N 0 03.05.2000 KGR Bruch eines Sicherungsstiftes an der Anschlagein- richtung des Bügelhubwagens 00/027 N 0 06.05.2006 KWW Ausfall der Krananlage der Konzentrataufbereitung 06/072 N 0 07.02.2008 KKR Lastabsturz im Gleiskorridor des Reaktorgebäudes bei der Handhabung eines unbeladenen MOSAIKShuttle -Behälters 08/010 N 0 30.09.2011 KKI-1 Schwelbrand von Reststoffen in einem Abfallgebinde innerhalb der Trocknungsanlage 11/084 N 0 13.08.2014 KKB Abweichungen beim Stauen, Lagern und Handhaben von festen radioaktiven Reststoffen 14/047 N 0 1 RBU: Reaktor – Brennelement Union, Hanau 2 WAK: Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe 3 KWB: Kernkraftwerk Biblis (gemeinsame Anlagen) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3053 6. Welche aufsichtlichen Maßnahmen, Initiativen, Programme etc. wurden nach Kenntnis der Bundesregierung nach dem ersten Rostfassbefund in Brunsbüttel im Jahr 2012 jeweils konkret in welchem Bundesland gestartet, um der Problematik verrosteter Atommüllfässer in den jeweiligen Atommülllagern in diesem Bundesland nachzugehen? 7. Welche konkreten Ergebnisse haben diese aufsichtlichen Maßnahmen, Initiativen, Programme etc. nach Kenntnis der Bundesregierung bis dato jeweils erbracht? Insbesondere wie viele Rost- bzw. Problemfässer und -gebinde wurden dabei entdeckt? Die Fragen 6 und 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Wie in der Vorbemerkung der Bundesregierung zu ihrer Antwort (Bundestagsdrucksache 17/9592) auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN „Atommüll – Fragen zur Lagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle und diesbezügliche Korrosionsprobleme (verrostete Atommüllfässer )“ dargelegt, wurden die Länder in diesem Zusammenhang gebeten, im Rahmen der Beratungen des zuständigen Fachausschusses Nukleare Ver- und Entsorgung über besondere Vorkommnisse bei der Lagerung von Abfallbehältern , die sie im Rahmen ihrer Aufsicht feststellen, zu berichten. Die bisherigen Prüfungen der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder haben ergeben, dass keine Hinweise auf systematische Fehler bei der Behandlung und Verpackung von bislang rund 85 000 Gebinden mit radioaktiven Abfällen vorliegen. Bei den berichteten Defiziten von einzelnen Gebinden bzw. kleineren Gruppen von Gebinden handelt es sich um Einzelfehler. Der überwiegende Teil der Gebinde mit radioaktiven Abfällen befindet sich in einem guten Zustand. Neben den Gebinden im Kernkraftwerk Brunsbüttel und einem Fass mit Roststellen im Kernkraftwerk Neckarwestheim wurden bei einem Gebinde mit betonierten radioaktiven Abfällen in der Landessammelstelle Mitterteich, Bayern, deutliche Korrosionsspuren an der Außenseite, allerdings ohne Freisetzung radioaktiver Stoffe festgestellt. Das Fass wurde unverzüglich in einen Einstellsack verpackt und in ein größeres Überfass eingestellt. Anlässlich einer Begehung des Abfalllagers Gorleben haben Vertreter der Atomaufsicht des Landes Niedersachsen festgestellt, dass sich Feuchtstellen auf dem Hallenboden des Abfalllagers Gorleben befinden. Darüber hinaus wurden Farbabplatzungen an einigen dickwandigen Gussbehältern entdeckt. Nach bisherigen Erkenntnissen der Betreiberin könnte die Ursache für die Feuchtstellen eine erhöhte Luftfeuchtigkeit mit Kondenswasserbildung sein, die auf ein Starkregenereignis im Juli 2014 zurückgeführt wird. Auch im externen Zwischenlager des Kernkraftwerkes Unterweser wurden im Rahmen einer Übertragbarkeitsprüfung durch die Betreiberin Gussbehälter mit Farbablösungen festgestellt. Die Atomaufsicht stellte hierzu fest, dass die betroffenen dickwandigen Gussbehälter weder durchgerostet sind noch eine radiologische Gefahr von ihnen ausgeht. Das weitere Vorgehen wird derzeit zwischen der Aufsichtsbehörde und den Betreiberinnen erörtert. Im Zwischenlager Leese wurde 2013 bei einer Inspektion ein 200-Liter-Fass mit auffälligen Korrosionsspuren identifiziert, das inzwischen aus dem Fassstapel geborgen werden konnte. Sowohl der Fassinhalt als auch das Fass selbst sollen untersucht werden, um die Ursache der Korrosion festzustellen und daraus Rückschlüsse für weitere evtl. betroffene Fässer zu ziehen. Das Fass gehört zu einer Charge von 1 485 Altabfallfässern aus der ehemaligen Landessammelstelle Steyerberg, die von 1981 bis 2000 in Niedersachsen betrieben wurde. Im Drucksache 18/3053 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Rahmen der regelmäßig stattfindenden Inspektionen wurden noch weitere Steyerberg-Fässer mit leichteren Korrosionserscheinungen festgestellt. Die damals verwendeten 200-Liter-Fässer stehen bereits zum Teil seit über 30 Jahren in einem Zwischenlager. Die damalige Art der Konditionierung entsprach nicht den heutigen Anforderungen der aktuellen Endlagerungsbedingungen. Aus diesem Grund strebt das zuständige Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz die Nachqualifizierung der Altabfälle an. 8. Ist es mittlerweile möglich, für den gesamten deutschen Atommüllbestand gebindescharf anzugeben, wie jeweils der Gebindezustand ist? Falls nein, warum nicht, und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung , um dies bis wann zu ändern? Falls ja, wie ist jeweils der Zustand welchen Gebindes (bitte mit Angabe des Gebindealters, -inhalts und -verursachers/-eigentümers)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antwort zu den Fragen 6 und 7 wird verwiesen. 9. Ist es mittlerweile zumindest möglich, für einen Teil des deutschen Atommüllbestands gebindescharf anzugeben, wie jeweils der Gebindezustand ist? Falls nein, warum nicht, und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung , um dies bis wann zu ändern? Falls ja, wie ist jeweils der Zustand welchen Gebindes (bitte mit Angabe des Gebindealters, -inhalts und -verursachers/-eigentümers)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antwort zu den Fragen 6 und 7 wird verwiesen. 10. Welche Umkonditionierungsmaßnahmen für Rost- bzw. Problemfässer und -gebinde sind jeweils an welchem Atommülllagerstandort möglich, und welche Kapazitäten haben diese jeweiligen Konditionierungsanlagen? Die einzelnen genehmigten Konditionierungsanlagen können dem Verzeichnis radioaktiver Abfälle – Stand 31. Dezember 2013 –, das vom BMUB am 28. Oktober 2014 (www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/ Atomenergie/verzeichnis_radioaktiver_abfaelle_bf.pdf) veröffentlicht wurde, entnommen werden. Darüber hinaus besteht an allen Standorten die Möglichkeit , einzelne Gebinde in Overpacks, in der Regel 280-l-Überfässer, für den Transport zu geeigneten Konditonierungsanlagen zu verpacken. Größere Zwischenlager oder Zwischenlager an Standorten von Kernkraftwerken verfügen in der Regel über umfassende Konditionierungseinrichtungen. Angesichts der geringen Zahl von bislang festgestellten Defiziten bei der Lagerung von Gebinden mit radioaktiven Abfällen ist die Kapazität der in Deutschland verfügbaren Konditionierungseinrichtungen nach gegenwärtiger Einschätzung ausreichend. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3053 11. Welche falschdeklarierten Abfälle wurden in den letzten zehn Jahren an welchen Standorten in welchem Umfang durch welchen Anlass entdeckt? Vom wem stammten die Abfälle jeweils, und was war jeweils ihre (falsche) Deklaration und ihr tatsächlicher Gebindeinhalt? Der Bundesregierung wurden innerhalb der letzten zehn Jahre keine falsch deklarierten Abfälle bekannt. 12. Jeweils wo lagern welche der bereits angefallenen deutschen Abfälle und Stoffe, die weder Konradgängig noch hochradioaktiv wärmeentwickelnd sind, aber von der Bundesregierung als endzulagern bzw. vorsorglich als endzulagern eingestuft werden (bitte mit jeweiliger Mengenangabe)? Welchen geschätzten künftigen Mengenanfall an derartigen Abfällen bzw. Stoffen erwartet die Bundesregierung jeweils bezogen auf welchen Abfallverursacher ? Zum 31. Dezember 2013 wurden von den Abfallverursachern die folgenden, nach Planfeststellungsbeschluss nicht konradgängigen und nicht hochradioaktiv wärmeentwickelnden radioaktiven Abfälle gemeldet, die in einem Endlager zu entsorgen sind: KKW Gundremmingen: 7,56 m3 WAK GmbH: 130,66 m3 Unter Bezugnahme auf den zweiten Teil der Frage wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 203 auf Bundestagsdrucksache 17/6954 und auf die Antwort zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 17/14599 verwiesen. 13. Jeweils welche jährlichen Kosten haben in den letzten zehn Jahren die Zwischenlager verursacht, die vom Bund bzw. von bundeseigenen Unternehmen oder von vom Bund getragenen Einrichtungen betrieben verursacht wurden (falls möglich, bitte nach Betriebskosten und Sonderaufwendungen für Nachrüstmaßnahmen etc. differenzieren)? Für das Zwischenlager Nord sind im Zeitraum von 2004 bis einschließlich 2013 folgende Betriebskosten angefallen: Jahr Betriebskosten in Euro 2004 5 048 000 2005 5 282 000 2006 5 486 000 2007 5 982 000 2008 5 977 000 2009 5 817 000 2010 6 225 000 2011 6 583 000 2012 7 944 000 2013 10 536 000 Drucksache 18/3053 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Da das Jahr 2014 noch nicht abgeschlossen ist, liegen hierfür noch keine Jahresergebnisse vor. Zusätzlich sind für Nachrüstmaßnahmen folgende Kosten angefallen : Für die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle an den Standorten in Karlsruhe, Geesthacht und Jülich sind im Zeitraum 2004 bis 2013 die in nachfolgender Tabelle aufgeführten Kosten entstanden. Eine weitere Differenzierung der Kosten war aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich: Zeitraum Kosten in Euro Zweck 2006 bis 2011 5 600 000 Erneuerung Sicherungszentrale 2011 bis heute 1 900 000 Sicherungsmaßnahmen Jahr Zwischenlagerkosten (Mio. Euro) 2004 116 2005 116 2006 116 2007 117 2008 117 2009 118 2010 120 2011 123 2012 122 2013 122 Summe 187 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333