Deutscher Bundestag Drucksache 18/3111 18. Wahlperiode 07.11.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Dr. Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2828 – Situation der Erdgasversorgung vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Durch die Ukraine-Krise und die damit verbundenen politischen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine als auch zwischen Russland und der Europäischen Union warnen Experten vor einer zu starken Abhängigkeit von Erdgasimporten aus Russland. Bestärkt wird dies durch den Verkauf der RWE DEA AG an die Luxemburger Investmentgesellschaft LetterOne Group unter Führung des russischen Oligarchen Michail Fridman sowie den Verkauf der BASF-Tochter Wintershall mit seinen Gasspeichern an den russischen Staatskonzern Gazprom. Vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte und zur Erreichung der Klimaschutzziele kann Energiesicherheit aus Sicht der Fragesteller mittel- bis langfristig nur über mehr Energieeffizienz, mehr erneuerbare Energien und eine leistungsfähige und intelligente Energieinfrastruktur gesichert werden. 1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ankündigungen des russischen Energieministers Alexander Nowak, der der Europäischen Union (EU) bei einer weiteren Lieferung von Erdgas an die Ukraine mit einem Lieferstopp droht? Für einen Lieferstopp russischen Gases gibt es derzeit keine Anhaltspunkte. Gazprom ist an vertragliche Verpflichtungen gebunden. Die Bundesregierung geht davon aus, dass diese Verpflichtungen erfüllt werden. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 30. Oktober 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/3111 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Teilt die Bundesregierung die Aussagen von Gazprom-Chef Alexej Miller in einem Interview im russischen TV-Sender „Rossija 24“ vom 29. September 2014, wonach die Ukraine bisher zu wenig Erdgas in ihre Speicheranlagen gepumpt hätte und es dadurch zu Lieferunterbrechungen in die EU kommen kann, und falls ja, was unternimmt die Bundesregierung dagegen? Nach hiesiger Einschätzung reichen die bisher eingespeicherten Gasmengen für eine komplette Versorgung der Ukraine im kommenden Winter noch nicht aus. Dies ist auch Gegenstand der trilateralen Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, Russland und der Ukraine (siehe Antwort zu Frage 3). Die Bundesregierung geht davon aus, dass alle Parteien ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Die Ukraine hat im Übrigen auch zugesagt, den Transit nicht zu beeinträchtigen. 3. Haben die Regierungen in Moskau und Kiew nach Kenntnis der Bundesregierung die am 26. September 2014 in Berlin getroffene Einigung zwischen der Ukraine, Russland und der EU zum Gasstreit bereits offiziell bestätigt , und falls nein, wann rechnet die Bundesregierung mit einer Bestätigung ? Russland und die Ukraine haben die am 26. September 2014 von EU-Kommissar Günther Oettinger vorgelegten Vorschläge bisher nicht angenommen. Die trilateralen Gasverhandlungen werden auf Basis dieses Vorschlags fortgesetzt. 4. Mit welchen konkreten Anforderungen hat die Bundesregierung das im „Handelsblatt“ (siehe Handelsblatt vom 17. September 2014 „Speicher in russischer Hand“) erwähnte Gutachten in Auftrag gegeben, und wann soll von welchem Institut das Ergebnis vorliegen? 5. Plant die Bundesregierung eine nationale Erdgasreserve – analog zur nationalen Erdölreserve – einzuführen, und falls ja, wann und in welcher Größenordnung , und falls nein, warum nicht? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vergibt derzeit eine Studie mit dem Titel: „Möglichkeiten zur Verbesserung der Gasversorgungssicherheit und der Krisenvorsorge durch Regelungen der Speicher (strategische Reserve, Speicherverpflichtungen), einschließlich der Kosten sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Markt“. Mit dem Endergebnis ist im Frühjahr 2015 zu rechnen. Das Gutachten soll als politische Entscheidungsgrundlage für eine mögliche Speicherregelung dienen. Die Diskussionen hierüber sollte dann auch die Vorgaben und Überlegungen auf europäischer Ebene berücksichtigen . 6. Welche Prüfkriterien hat nach Informationen der Bundesregierung die EUWettbewerbsbehörde für den RWE DEA AG Verkauf an die LetterOne Group zugrunde gelegt, und auf welcher Grundlage hat die Europäische Kommission dem Verkauf zugestimmt? Die Europäische Kommission hat am 3. Juli 2014 nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates entschieden, keine Einwände gegen den Erwerb von RWE Dea AG durch die LetterOne Holding S.A. zu erheben und ihn für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt. Nach Auffassung der Europäischen Kommission führt die Übernahme zu keinen wettbewerbli- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3111 chen Problemen, insbesondere da sich die Aktivitäten der beiden Unternehmen nicht überschneiden. 7. Hat die Bundesregierung der LetterOne Group die von dieser beantragte Unbedenklichkeitsbestätigung für den Kauf der RWE DEA AG erteilt, und welche Begründung lag dieser Entscheidung zugrunde? Das BMWi hat Letter One am 18. August eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Erwerb der RWE Dea AG gemäß § 58 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) ausgestellt. Die Entscheidung wurde mit Blick auf die klaren Grenzen getroffen, die europäisches und deutsches Recht (§§ 55 ff. AWV) vorgibt. Grundsätzlich besteht außenwirtschaftsrechtlich keine Eingriffsmöglichkeit, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Erwerb durch einen unionsansässigen Investor erfolgt. Das BMWi hätte den Erwerb also nur dann untersagen können, wenn er nachweislich auf missbräuchlicher Gestaltung oder einem Umgehungsgeschäft beruht hätte. In diesem Fall wäre außerdem eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland erforderlich gewesen. Das BMWi hat den Antrag im Hinblick auf diese Voraussetzungen gründlich geprüft und musste unter den konkreten Umständen die Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen. Zur näheren Aufklärung hat sich das BMWi die dafür erforderliche Zeit genommen und von der Erwerberin die für die komplexe Erwerbsstruktur relevanten gesellschaftsrechtlichen Nachweise und Erläuterungen vorlegen lassen. Zum einen hat sich dadurch bestätigt, dass der Erwerb tatsächlich durch ein unionsansässiges Unternehmen getätigt wurde und keine missbräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft vorlagen. Maßstab hierfür waren die vom damaligen Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Technologie am 11. Februar 2009 auf Bundestagsdrucksache 16/11898 festgelegten Kriterien. Den genannten Unterlagen und sonst vorliegenden Informationen ließen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass es sich bei der Erwerberin um eine „rein künstliche Konstruktion ohne nennenswerte eigenständige Wirtschaftstätigkeit“ handelt . Zum anderen wären selbst bei Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung oder eines Umgehungsgeschäfts Beschränkungen bzw. Untersagungen nur unter sehr hohen Hürden möglich gewesen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes müsste eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen , die ein „Grundinteresse der Gesellschaft“ berührt. Eine entsprechende Gefährdungslage ist vorliegend nicht gegeben. Durch das Erwerbsvorhaben ist insbesondere keine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit zu erwarten. Das im Inland geförderte Gas wird ausschließlich für den deutschen Markt produziert und kann wegen seiner spezifischen Gasqualität auch nur hier abgesetzt werden. Der Anteil der von RWE Dea direkt vertriebenen Speicherkapazität beträgt lediglich 1,8 Prozent der deutschen Speicherkapazitäten. Hinsichtlich der verbleibenden, indirekt gehaltenen Speicherkapazitäten von RWE Dea hat das BMWi Einblick in die dazu gehörigen Gasspeicher-Pachtverträge genommen. Vertragspartner sind zwei Betreiber, deren Pachtdauer sich bis zum Jahr 2027 erstreckt. Der gesamte Marktanteil von RWE Dea, also einschließlich der verpachteten Erdgasspeicher, liegt bei unter 8 Prozent der gesamten in Deutschland vorhandenen Kapazitäten. Der Anteil von RWE Dea an der deutschen Gasförderung deckt lediglich 2 Prozent des deutschen Gesamtbedarfs, der Anteil an der deut- schen Ölförderung sogar nur 0,75 Prozent. Drucksache 18/3111 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zugleich unterfallen die in Deutschland befindlichen Erdgasspeicher deutschem Recht und damit dem Anwendungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes. Speicherbetreiber sind danach verpflichtet, Dritten diskriminierungsfreien Zugang zu gewähren. Sie können von Fernleitungsnetzbetreibern sogar angewiesen werden, Erdgas auszuspeichern, um das Netz stabil zu halten, wenn die Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Gasversorgungssystems gefährdet oder gestört sein sollte. 8. Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung die Eigentümerstruktur für die RWE DEA AG nach dem Erwerb bei der LetterOne Group konkret aus? Unmittelbare Erwerberin ist die deutsche L1E Aquisitions GmbH, die ihrerseits mittelbar über eine Reihe deutscher, luxemburgischer und britischer Zwischengesellschaften im Eigentum der luxemburgischen LetterOne Holdings S.A. steht. 9. Hält die Bundesregierung die Transparenz dieser Eigentümerstruktur für ausreichend, und wenn nein, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Wie in der Antwort zu Frage 7 ausgeführt liegen der Bundesregierung keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der Erwerberin um eine rein künstliche Konstruktion ohne nennenswerte eigenständige Wirtschaftstätigkeit handelt. 10. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die behördlichen Genehmigungen in den verschiedenen Ländern (bitte nach Land und Genehmigungsstand aufschlüsseln) zum Verkauf der RWE DEA AG an die LetterOne Group? Die Bundesregierung hat außer im Fall Großbritannien keine Informationen zu Einzelheiten und Stand ausländischer Genehmigungsverfahren. 11. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über das Zögern des britischen Energieministeriums bezüglich des Verkaufs der RWE DEA AG (www.handelsblatt.com vom 28. September 2014 „Briten wollen DeaVerkauf nach Russland verhindern“) vor, und welche Auswirkungen hätte ein Veto der britischen Regierung auf den Verkaufsdeal? Das britische Energieministerium DECC ist allein mit der Frage befasst, wie sich ein Verkauf ggf. auf die von RWE Dea UK gehaltenen britischen Gasförderlizenzen auswirken würde. Es führt also keine mit dem deutschen Recht vergleichbare Investitionsprüfung durch. Nach Informationen der Bundesregierung haben die Vertragsparteien vereinbart, eine Zusicherung zum Fortbestand der Förderlizenzen nach einem Verkauf zu beantragen (so genannter Comfort Letter). Bislang wurde eine solche Zusicherung nicht erteilt. Nach Einschätzung der Vertragsparteien ist unsicher, ob dies noch erfolgt. Die Parteien arbeiten weiter auf einen Vollzug der Transaktion hin. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3111 12. Liegt der Bundesregierung mittlerweile der Kaufvertrag über den Erwerb der RWE DEA AG vor, und falls ja, ist dieser öffentlich bzw. in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar, und falls nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegt der Kaufvertrag vor. Dieser enthält jedoch schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die auch nach Abwägung mit gegenläufigen Informationsinteressen weiterhin besonderer Vertraulichkeit bedürfen . Erwerber und Veräußerer haben mit Blick auf noch ausstehende Vollzugsschritte nachvollziehbar dargelegt, dass ein Bekanntwerden des Kaufvertrags zu schweren Schäden bei ihnen führen könnte. Beide Parteien haben deshalb auf Nachfrage einer Zugänglichmachung ausdrücklich widersprochen. Vor diesem Hintergrund könnten einschlägige Informationen gegebenenfalls nur zur Einsichtnahme in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages bereitgestellt werden. 13. Mit welchen zwei Gasspeicherpächtern hat die RWE DEA AG nach Informationen der Bundesregierung bis 2027 einen Pachtvertrag zu welchem Zeitpunkt geschlossen, und wie viel Gasspeicherkapazitäten besitzen die Pächter damit? Der Speicher in Breitbrunn/Egstätt mit einer Kapazität von ca. 1 Milliarde Kubikmetern ist bis zum Jahr 2027 an EON Gas Storage (EGS) verpachtet. Der Speicher in Wolfersberg mit einer Kapazität von 0,365 Milliarde Kubikmetern ist bis zum Jahr 2027 an Bayerngas verpachtet. 14. Welche weiteren Firmen(-anteile) besitzt die LetterOne Group nach Informationen der Bundesregierung innerhalb der EU, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus diesen Ankäufen? Der Bundesregierung liegt keine umfassende Übersicht über Firmenbeteiligungen der LetterOne Group vor. LetterOne Holdings S.A. hält nach eigenen Angaben Anteile am Telefonunternehmen VimpelCOM, das u. a. auf dem italienischen Markt tätig ist. Ankäufe von Firmenanteilen innerhalb der EU bewertet die Bundesregierung grundsätzlich nicht. 15. Liegt der Bundesregierung der Kaufvertrag über den Erwerb der Wintershall Holding GmbH durch Gazprom vor, und falls ja, ist dieser öffentlich bzw. in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar , und falls nein, warum nicht? Der Kaufvertrag liegt der Bundesregierung nicht vor. Alle für die Investitionsprüfung erforderlichen Informationen ergaben sich bereits aus anderen Quellen. 16. Verzögert sich der Verkauf der Wintershall Holding GmbH an Gazprom nach Informationen der Bundesregierung, und wenn ja, warum? Der Asset Tausch zwischen der Wintershall und Gazprom soll nach Unternehmensangaben möglichst noch in diesem Jahr angeschlossen werden. Die Verzögerung hat lt. Unternehmensangaben organisatorische Gründe. Drucksache 18/3111 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Ist es aus Sicht der Bundesregierung unproblematisch, wenn der russische Staatskonzern Gazprom durch den Erwerb von Wintershall 20 Prozent der Gasspeicherkapazität kontrolliert, und wenn ja, warum? Die in Deutschland liegenden Speicher unterliegen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen deutschem Recht. Nach den rechtlichen Vorgaben ist der diskriminierungsfreie Zugang zu Speichern, deren Nutzung und der sichere Betrieb sicherzustellen. 18. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über weitere Verkäufe bzw. Joint Ventures von Energierohstoff-Unternehmen oder Infrastrukturen zwischen deutschen und russischen Unternehmen bzw. von durch russischen Investoren dominierten Unternehmen vor? 19. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über weitere Verkäufe bzw. Joint Ventures von Energierohstoff-Unternehmen oder Infrastrukturen zwischen europäischen und russischen Unternehmen bzw. von durch russischen Investoren dominierten Unternehmen vor? Die Fragen 18 und 19 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 20. Welche konkreten Maßnahmen (bitte einzeln benennen) will die Bundesregierung im Laufe der aktuellen Legislaturperiode unternehmen, um die Rohstoffabhängigkeit von Russland zu verringern? Deutschland und die EU insgesamt sind in hohem Maße auf Energieimporte insbesondere von Öl und Gas aus Russland angewiesen. Eine kurzfristige Substitution dieser Energieträger ist nicht möglich. Vor diesem Hintergrund unterstützt die Bundesregierung die Bestrebungen der Europäischen Union zur Reduzierung der Energieimportabhängigkeit und hat sich in diesen Prozess entsprechend eingebracht. 21. Inwieweit hält die Bundesregierung verbindliche und ambitionierte Energieeffizienzziele für geeignet, die Rohstoffabhängigkeit zu mindern, und welche Konsequenzen zieht sie daraus für die Beschlüsse um einen EUEnergie - und Klimarahmen für 2030? Die Steigerung der Energieeffizienz und der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien leisten aus Sicht der Bundesregierung einen wichtigen Beitrag die Rohstoffabhängigkeit und insbesondere die Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger zu mindern. Die jüngst veröffentlichte Folgenabschätzung der Europäischen Kommission vom Juli 2014 kommt zu dem Schluss, dass jeder zusätzliche Prozentpunkt eingesparte Energie die Gasimporte der EU um 2,6 Prozent reduziert. Mit Bezug auf die Beschlüsse des Europäischen Rats zum Jahr 2030 Klima- und Energierahmen ist es daher aus Sicht der Bundesregierung ein Erfolg, dass erneut eigenständige Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz beschlossen wurden und dass bezüglich des Effizienzziels bereits eine Überprüfung der Höhe mit Blick auf eine Erhöhung von 30 Prozent angelegt worden ist. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3111 22. Erachtet die Bundesregierung eine zügige Vollendung des europäischen Energiebinnenmarktes als wichtigen Schritt, um die Rohstoffabhängigkeit von Russland zu senken, und wenn ja, wie will sie den Prozess der Vollendung beschleunigen? Aus Sicht der Bundesregierung ist ein funktionierender europäischer Energiebinnenmarkt ein zentrales Instrument zur Stärkung der Versorgungssicherheit und somit zur Reduzierung der Abhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe. Er ist außerdem zentrales Instrument für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung. Die konsequente Umsetzung des dritten Binnenmarktpaketes, die rasche Verabschiedung weiterer Netzwerkcodes sowie der Ausbau einer strategischen, intelligenten und flexiblen Infrastruktur einschließlich der Umsetzung der Liste von Projekten von gemeinsamen Interesse („Projects of Common Interest“) sind aus Sicht der Bundesregierung wichtig, um einen funktionierenden EU-weiten Energiebinnenmarkt weiter voranzubringen. Die Bundesregierung hat hierzu einen regelmäßigen Dialog mit allen Nachbarstaaten angestoßen, um diesen Prozess politisch und auf technischer Ebene kontinuierlich weiter voranzutreiben . 23. Wie wird sich der Erdgasbedarf Deutschlands nach Schätzungen der Bundesregierung bis 2030 bzw. bis 2050 entwickeln, und auf welche Grundlagen stützt sie ihre Annahmen diesbezüglich? Es gibt verschiedene Analysen, die die Entwicklung der Erdgasnachfrage prognostizieren . Die kürzlich im Auftrag des BMWi von mehreren Instituten fertiggestellte „Energiereferenzprognose“ ermöglicht eine Einschätzung der Entwicklungen bis zum Jahr 2030 und einen Ausblick bis zum Jahr 2050. Dabei wird seitens der Gutachter eine Verbrauchsminderung bei Erdgas um minus 26 Prozent bis zum Jahr 2030 und um minus 31 Prozent bis zum Jahr 2050 als wahrscheinlich angesehen. Die Bundesregierung macht sich die Ergebnisse dieser und anderer Analysen jedoch grundsätzlich nicht zu eigen. 24. Welche konkreten Maßnahmen (insbesondere im Wärmebereich) will die Bundesregierung ergreifen, um die Abhängigkeit von Erdgas bis 2020 bzw. bis 2050 zu verringern? Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Dies kann mit der Kombination aus gut wärmegedämmter Gebäudehülle, effizienter Anlagentechnik und dem Einsatz Erneuerbarer Energie für die Gebäudewärme/Wärmenetze erfüllt werden . Auf dem Pfad bis zum Jahr 2050 wird der Erdgasverbrauch so kontinuierlich gesenkt. Entsprechende Strategien werden derzeit erarbeitet. 25. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die durchschnittlich verursachten Treibhausgasemissionen (u. a. Methanschlupf bei Förderung und Transport, Energieverbrauch bei Förderung und Transport etc.) des nach Deutschland importierten Erdgases vor? Auf welche Annahmen stützt sie sich bei diesen Angaben? In Deutschland werden etwa 10 Prozent des eingesetzten Erdgases selbst gefördert und rund 90 Prozent importiert. Der Erdgasverbrauch in Deutschland liegt bei knapp 100 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Drucksache 18/3111 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In Deutschland verursachte die Verbrennung von Erdgas für hauptsächlich Strom- und Wärmeerzeugung im Jahr 2012 rund 162 Millionen Tonnen CO2- Äquivalente. Unter der Annahme dass etwa 90 Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases importiert sind, wären dies für das Jahr 2012 ca. 146 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente durch importiertes Erdgas in diesem Bereich. Nach den jüngsten Emissionsdaten für das Jahr 2012 (Nationaler Inventarbericht 2014 zum Deutschen Treibhausgasinventar 1990 bis 2012) wurden schätzungsweise 0,7 Prozent der Gesamttreibhausgasemissionen Deutschlands durch Transport und die Verteilung von Erdgas verursacht, dabei entfallen 90 Prozent anteilig auf das importierte Gas. Der Bundesregierung liegen derzeit keine detaillierten Daten über die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen des nach Deutschland importierten Erdgases vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333