Deutscher Bundestag Drucksache 18/3113 18. Wahlperiode 07.11.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Höger, Christine Buchholz, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2961 – Auswirkungen der NATO-Übungen auf Sardinien Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die NATO, Israel und private Sicherheitsfirmen nutzen seit den 1950er-Jahren mehrere Standorte der italienischen Insel Sardinien für Militärübungen. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Kontroversen, weil sich Hinweise verdichteten, wonach die USA in der NATO-Base Salto di Quirra Übungen mit Uranmunition durchgeführt haben sollen. Eine extrem hohe Krebsrate und Missbildungen bei Tieren seien die Folge davon, so etwa die Ärzteorganisation IPPNW (www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/IPPNW_ICBUW_Report_ DU_Munition_2012.pdf). Laut italienischen Medienberichten haben deutsche Bundeswehr-Tornados bei einer Militärübung am 4. September 2014 35 Hektar Land im Süden Sardiniens verbrannt (www.ilfattoquotidiano.it/2014/09/10/sardegna-roghi-dopo-esercitazioni -militari-settemila-ettari-in-meno-alla-difesa/1116172/). Dabei ist in der Nähe der Stadt Capo Fresca auch Ackerland für Jahre unbrauchbar gemacht worden (www.m.repubblica.it/mobile/r/sezioni/cronaca/2014/09/05/news/caccia _a_un_passo_dalle_spiagge_in_sardegna_polemica_dopo_l_incendio_a_capo _ frasca-95071044). Zudem haben Raketen zahlreiche sardische Kulturdenkmäler , sogenannte Nuraghen, zerstört (www.videolina.it/video/servizi/69715/ servitu-si-estende-la-protesta-pili-da-teulada-nuraghi-bombardati.html). Der jüngste Vorfall hat vermehrt öffentliche Kritik an Militärmanövern auf Sardinien laut werden lassen. Am 13. September 2014 fand in Capo Fresca eine Demonstration statt, an der über 5 000 Menschen teilgenommen haben. Italienweit solidarisieren sich Aktivisten mit kleineren Kundgebungen (www.lanuovasardegna. gelocal.it/regione/2014/09/14/news/oltre-5mila-per-dire-no-ai-poligoni-festaidentitaria -davanti-ai-cancelli-1.9932445). Zudem berichten Medien über den Besuch eines ABC-Waffen-Spezialteams nahe des Militärstützpunktes Teulada (www.sardiniapost.it/cronaca/teuladapili -sbarca-nucleo-biologico/). Anwohner fürchten, dass es dort eventuell zu Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 5. November 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vergiftungen o. Ä. infolge einer Uranwaffenübung oder einer Übung mit Nuklearwaffen kommen könnte. Drucksache 18/3113 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. An welcher Art von Militärübung haben sich deutsche Bundeswehr-Tornados am 4. September 2014 nahe der Stadt Capo Frasca beteiligt? Am 4. September 2014 haben deutsche Luftfahrzeuge vom Typ Tornado Ausbildungsflüge mit Übungsmunition auf dem Luft-Boden-Schießplatz „Capo Frasca“ durchgeführt. Bei diesen Trainingsflügen handelte es sich um eine Routinenutzung der gemeinsam mit der italienischen Luftwaffe betriebenen Einrichtungen der Air Weapons Training Installation (AWTI) auf Sardinien. 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zerstörung von Naturund Kulturgütern infolge der Militärübung bei Capo Frasca am 4. September 2014? Nach Angaben der italienischen Streitkräfte sind bei einem Brand auf dem LuftBoden -Schießplatz „Capo Frasca“ am Nachmittag des 4. September 2014 ca. 26 Hektar Buschland verbrannt. Über eine Zerstörung von Kulturgütern liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Welche weiteren Armeen waren nach Kenntnis der Bundesregierung neben der Bundeswehr an dieser Militärübung beteiligt? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde der Luft-Boden-Schießplatz „Capo Frasca“ am 4. September 2014 nur durch deutsche Luftfahrzeuge genutzt. 4. Wie bewertet die Bundesregierung diesen Vorfall, und welche Vorkehrungen trifft sie, damit sich derartiges nicht wiederholt? Die bei dem Ausbildungsvorhaben eingesetzte Übungsmunition ist für den Einsatz auf dem Luft-Boden-Schießplatz „Capo Frasca“ freigegeben. Der Einsatz von Übungsmunition trägt grundsätzlich zur Reduzierung des Brandrisikos bei. Der italienischen Luftwaffe wurden im Nachgang zum entstandenen Brand zwei Exemplare der benutzten Kartuschen zur Prüfung überlassen. Die deutschen Kartuschen sind von italienischer Seite auch weiterhin für die Nutzung freigegeben . Derzeit wird der Einsatz von Übungsmunition mit sogenanntem kalten Rauch geprüft, um das Brandrisiko weiter zu minimieren. 5. Welche Maßnahmen hat die Bundeswehr zur Räumung von Raketen und ähnlichem Gerät nach der Militärübung bei Capo Frasca am 4. September 2014 ergriffen? Entsprechend der „Technischen Vereinbarung zwischen dem Verteidigungsministerium der Italienischen Republik und dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland über die Nutzung des Luftwaffenübungsplatzes in Decimomannu“ ist die italienische Luftwaffe für Leitung, Betrieb und Instandhaltung, Dienstleistungen, logistische Unterstützung sowie die Sicherheit zuständig. Dies beinhaltet auch die Räumung des Luft-BodenSchießplatzes „Capo Frasca“ von Munitionsresten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3113 6. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zum Schutze der an der Räumung beteiligten Soldatinnen und Soldaten, auch angesichts der in der Region Capo Frasca vorhandenen nicht explodierten Raketen, ergriffen (www.m.republica.it vom 5. September 2014)? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 7. Welche Entschädigungszahlungen leistet die Bundeswehr an die Regionalregierung Sardinien bzw. die italienische Regierung aufgrund der Zerstörung von Natur- und Kulturgütern bei Militärübungen auf Sardinien? Der Bundesregierung liegen keine solchen Forderungen vor. 8. Wie informiert die Bundesregierung deutsche Bürgerinnen und Bürger, die nach Sardinien reisen möchten, über die dortigen Lärm- und gesundheitlichen Belastungen, die sich aus den Militärübungen auf der Insel ergeben (www.cagliaripad.it/videogallery.php?page_id=1187&p=1)? Gegebenenfalls werden Einzelanfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu Sardinien vom Bürgerservice des Auswärtigen Amts, Botschaft Rom sowie der für Sardinien zuständigen Honorarkonsulin beantwortet. 9. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Protesten gegen die NATO-Basen auf Sardinien? Der Bundesregierung ist hierzu nichts bekannt. 10. Wie schätzt die Bundesregierungen die Möglichkeit von Standortschließungen auf der Insel ein? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zu möglichen Stationierungsentscheidungen der italienischen Seite vor. 11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Grund, Ablauf und Ergebnis des Besuches eines ABC-Waffen-Spezialteams am Standort Teulada (www.sardiniapost.it/cronaca/teulada-pili-sbarca-nucleo-biologico/)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor. 12. Welche Waffen mit toxischer Wirkung benutzt die Bundeswehr bei Militärübungen auf Sardinien? Die Bundeswehr verfügt über keine verbotenen toxischen Waffen im Sinne von chemischen Waffen gemäß des Chemiewaffen-Übereinkommens (CWÜ). Drucksache 18/3113 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Inwiefern versucht die Bundesregierung, die US-Regierung und andere NATO-Partner zu überzeugen, auf die Benutzung toxischer Waffen bei Militärübungen auf Sardinien zu verzichten? Alle NATO-Staaten sind Mitglied des CWÜ. Toxische Waffen im Sinne von chemischen Waffen gemäß CWÜ sind ausnahmslos verboten. Die Bundesregierung hat keine Veranlassung, an der Vertragstreue von NATO-Partnern zu zweifeln . 14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der gesundheitlichen Situation der Bewohnerinnen und Bewohner der Region um Salto di Quirra hinsichtlich ihrer Positionierung zum Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran? Der Bundesregierung liegen keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Informationen über die gesundheitliche Situation der Bevölkerung der Region um Salto di Quirra vor. Die Bundeswehr besitzt keine Munition mit abgereichertem Uran. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333