Deutscher Bundestag Drucksache 18/3131 18. Wahlperiode 11.11.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2801 – Kenntnisse der Bundesregierung über Aktivitäten des IS in der Türkei Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die türkische Regierung steht seit Langem im Verdacht, die Aktivitäten der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS, davor auch ISIS/ISIG), auf ihrem Territorium zu tolerieren oder sogar aktiv zu unterstützen. Der IS hat im Juni 2014 in Teilen des Iraks und Syriens ein Kalifat ausgerufen und begeht schwerste Verbrechen , vor allem gegenüber Angehörigen religiöser Minderheiten, wie Jesiden, Alaviten und Christen, sowie generell gegenüber Frauen. „Das Gespann Erdogan/ Davutoglu hat regelrecht ,Geburtshilfe‘ für den ,Islamischen Staat‘ an der gesamten Südgrenze zu unserem Land geleistet“, schrieb der bekannte türkische Journalist Cengiz Çandar über den früheren Minister- und jetzigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan und seinen Nachfolger als Ministerpräsident, den früheren Außenminister Ahmet Davutoglu (Radikal, 9. August 2014). Der Islamische Staat verdanke insbesondere der Türkei seinen gegenwärtigen Erfolg, bekundete auch ein Kommandant der dschihadistischen Organisation freimütig gegenüber Journalisten der Washington Post (www.washingtonpost.com/world/ how-turkey-became-the-shopping-mall-for-the-islamic-state/2014/08/12/ 5eff70bf-a38a-4334-9aa9-ae3fc1714c4b_story.html). Die Türkei ist wegen ihrer kaum kontrollierten Ein- und Ausreise für westliche Staatsangehörige entlang ihrer mehr als 1 200 Kilometer langen Grenzen zum Irak und Syrien zum zentralen Transitland für Dschihadisten aus aller Welt geworden . Die Ein- und Durchreise geschieht Medienberichten zufolge nicht nur mit Wissen und Billigung türkischer Behörden, diese stellten auch die nötige logistische Unterstützung einschließlich Wohn- und Trainingsmöglichkeiten bereit. In Syrien bei Gefechten verwundete Dschihadisten werden in türkischen Krankenhäusern versorgt. Über den türkischen Nachrichtendienst Millî İstihbarat Teşkilâtı (MİT) sollen zudem hunderte Wagenladungen mit Waffen und Munition an die in Syrien kämpfenden Oppositionsgruppen gebracht worden sein, die auch in die Hände des IS gelangten (www.kurdistan-report.de/index. php/archiv/2014/32-kr-175-september-oktober-2014/176-an-der-brust-der-akp; Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 7. November 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. www.en.firatajans.com/news/news/akp-opens-hospital-for-isis-members-inantep .htm). Diese Waffen- und Munitionslieferungen gingen nach Informationen des „Kurdischen Büros für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad“ in Frankfurt am Main, aber auch des Vorsitzenden der in Rojava (Nordsyrien) einflussreichen Drucksache 18/3131 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Partei der Demokratischen Union (PYD), Salih Muslim, auch während des am 15. September 2014 begonnenen Großangriffs des IS auf den kurdischen Kanton Kobani im Norden Syriens, durch den eine Massenflucht in die Türkei ausgelöst wurde, weiter. Augenzeugen berichten von Zügen, mit denen Waffen und Munitionskisten an die Grenze gegenüber der unter IS-Kontrolle stehenden Stadt Til Abyad gebracht und von IS-Kämpfern abgeholt wurden (www.civaka-azad.org/ die-militaerischen-auseinandersetzungen-verschaerfen-sich-anti-oder-antirojava -koalition/; www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/islamischerstaat -in-syrien-ziel-des-is-ist-ein-genozid-an-den-kurden-13165171.html). Einen Tag vor Beginn der Großoffensive auf Kobani sollen bis zu 3 000 IS-Kämpfer unter Aufsicht des türkischen Militärs mit Bussen an die Grenze gebracht worden sein (www.en.firatajans.com/news/news/thousands-of-isis-memberscrossed -border-with-turkish-support.htm). Die Türkei gehört zudem zu den Abnehmern von geschmuggeltem Öl aus den vom IS kontrollierten Ölquellen im Irak und Syrien, das zur Haupteinnahmequelle der Terrororganisation geworden ist (www.wsj.de/nachrichten/SB1182838321178423387650458015733330350 4038?mg=reno64-wsjde). Gegenüber dem „Deutschlandfunk“ sprach der Nahostexperte der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Guido Steinberg, von einer „sehr ambivalenten Politik“ der Türkei gegenüber dem IS. In Grenzgebieten westlich und östlich der syrisch-kurdischen Stadt Kobani (Ain al Arab), die der IS schon kontrolliere, komme es zu einem „regen Grenzaustausch“. Der IS könne Kämpfer in die Türkei zurückziehen und umgekehrt neue Kämpfer nach Syrien einschleusen. Bereits zuvor habe die türkische Regierung die IS-Vorläuferorganisation in Syrien, die zum Al-Qaida-Netzwerk zählende Al-NusraFront , unterstützt und dulde weiterhin deren Aktivitäten. Ziel Ankaras sei weiterhin der Sturz der syrischen Regierung von Präsident Bashar al Assad, und der IS stelle eine wichtige aufständische Organisation in Syrien da, erklärt der SWPMitarbeiter die türkische Politik. Zudem gehe es der türkischen Regierung darum , zu verhindern, dass die PYD als syrische Schwesterorganisation der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in den kurdischen Siedlungsgebieten im Norden Syriens weiter erstarkt und eine Autonomiezone errichtet. „Diese beiden Motive scheinen für die Türkei bisher immer noch wichtiger gewesen zu sein, als der Wunsch, eine terroristische Organisation wie IS in die Schranken zu weisen, und es gibt bisher noch keine Hinweise darauf, dass sich an diesen Grundlinien der türkischen Politik etwas geändert hat“, erklärte Guido Steinberg (www.deutschlandfunk.de/vormarsch-der-is-milizen-die-tuerkei-muss-sichsorgen -machen.694.de.html?dram:article_id=298183). Die türkische Regierung hat stets eine Unterstützung des IS bestritten. Sie weigerte sich allerdings bislang, die Organisation als terroristisch zu bezeichnen. Unter Verweis auf 49 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des türkischen Generalkonsulats in Mosul, die im Juni 2014 vom IS als Geiseln genommen wurden und nach dreimonatiger Gefangenschaft am 20. September 2014 nach Verhandlungen des MİT mit dem IS freikamen, verweigerte die türkische Regierung lange einen Beitritt zu der unter Federführung der USA gebildeten Allianz gegen den IS. Wie ein das der armenisch-türkischen Wochenzeitung „Agos“ zugespieltes Dokument der US-Administration zeigt, hält die US-Regierung dies nur für vorgeschoben. Die Türkei habe die Grenzen für die Dschihadisten vielmehr bewusst geöffnet und diese mit Waffen und Logistik versorgt, um ihre eigene Stellung in der Region zu stärken (www.agos.com.tr/makale.php?seo= erdoganobama-gorusmesinin-gercek-metnini-acikliyorum&detay=957&fb_ action_ids=10202921580624051&fb_action_types=og.likes; www.derkosmopolit .de/2014/09/usa-veroffentlicht-internen-bericht-zu.html). Auf der UN-Generalversammlung in New York am 24. September 2014 schloss der türkische Präsident Recep Erdogan eine Beteiligung seines Landes an militärischen Maßnahmen gegen den IS nicht mehr aus (www.spiegel.de/politik/ausland/ islamischer-staat-in-syrien-erdogan-deutet-beteiligung-der-tuerkei-an-a- 993461.html). Das türkische Parlament erteilte am 2. Oktober 2014 der Regierung ein Mandat für grenzüberschreitende Militäreinsätze in den Irak und nach Syrien, das auch die mögliche Errichtung einer Sicherheitsszone in Nordsyrien enthält. Eine solche Maßnahme käme einer „Unterstützung und Komplementierung der Angriffe des IS“ gleich, erklärte die Gemeinschaft der Gesellschaften Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3131 Kurdistans (KCK), der sowohl die in Rojava führende PYD als auch die mit ihren Kämpfern ebenfalls an der Verteidigung Kobanis beteiligte PKK angehört. Die KCK ruft die Bevölkerung in den kurdischen Gebieten der Türkei und von Rojava dazu auf, mit allen Mitteln gegen diese Pläne, die blanker Ausdruck einer Feindschaft zu Rojava seien, Widerstand zu leisten (www.nadir.org/nadir/ initiativ/isku/pressekurdturk/2014/39/08.htm). Damit droht ein Ende des seit rund zwei Jahren laufenden Friedensprozesses und Waffenstillstandes zwischen der PKK und der türkischen Regierung. Da der IS über keine Flugzeuge verfügt, würde sich die Durchsetzung einer von der türkischen Regierung geforderten Flugverbotszone alleine gegen die Luftwaffe der syrischen Regierung richten (www.hurriyetdailynews.com/lack-of-no-fly-zone-in-syria-aided-isil-turkishpm -says.aspx?PageID=238&NID=71956&NewsCatID=338). Die Fragesteller fürchten zudem, dass den in der Türkei stationierten Patriotraketen-Einheiten der NATO, darunter auch Bundeswehr-Einheiten, eine zentrale Rolle bei der Errichtung einer solchen Flugverbotszone zukommen wird, die durch das augenblickliche Mandat für den Patrioteinsatz nicht gedeckt ist. Die niederländischen Einheiten ziehen sich nach dem Jahresende zurück, da die „Bedrohungslage, die dem Bundestagsmandat zugrunde gelegt wurde, [nicht existiert]“ (www.neuesdeutschland .de/artikel/943798.niederlande-ziehen-raketen-aus-tuerkei-ab.html). Der IS nutzt nicht nur die Türkei als Transitland und logistische Basis, sondern ist längst auch in der Türkei aktiv und rekrutiert dort neue Anhänger. In einem Bericht des türkischen Geheimdienstes MİT heißt es bezüglich der Aktivitäten der Terrororganisation in der Türkei: „Der ISIS ist sehr stark geworden und wir haben ihn nicht mehr unter Kontrolle.“ In dem Bericht heißt es, dass weiterhin Freiwillige aus aller Welt über die Türkei nach Syrien gelangen. Türkische Sicherheitskräfte befürchten zudem Anschläge durch IS-Zellen in der Türkei (www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-im-kampf-gegen-islamischen-staaterdoans -zoegern-im-kampf-gegen-is-1.2142693; www.tagesspiegel.de/politik/ angriffe-auf-is-in-syrien-tuerkei-geht-auf-distanz-zu-den-usa/10743572.html). Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Terrororganisation „Islamischer Staat in Irak und Syrien“ (ISIS) war bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2133 vom 16. Juli 2014. In ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 18/2369 führte die Bundesregierung u. a. aus, dass nicht trennscharf zu definieren ist, ab wann von einem vollintegrierten ISIS-Terroristen gesprochen werden muss und wo die Peripherie der Unterstützerszene beginnt. Weiterhin teilte die Bundesregierung mit, dass keine Erkenntnisse über eine mögliche Zusammenarbeit der Türkei mit ISIS vorliegen. Seit dieser Antwort hat die Bundesregierung keine neuen eigenen Erkenntnisse erlangt, die zu einer anderen Beantwortung führen würden. 1. Liegen der Bundesregierung Hinweise auf eine Duldung oder sogar aktive Unterstützung der Aktivitäten des IS und seiner Vorläuferorganisationen einschließlich der Al-Nusra-Front durch die türkische Regierung oder türkischen Behörden vor, und wenn ja, welche, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie daraus? Die türkische Regierung hat durch Ministerratsbeschluss 2013/5428 vom 30. September 2013 nach den Richtlinien der VN-Resolutionen 1267 (199), 1988 (2011) und 1989 (2011) das Vermögen von zahlreichen Terrororganisationen und Personen bzw. Firmen in der Türkei eingefroren, die im Verdacht stehen, in Verbindung mit den in der Frage genannten Terrororganisationen zu stehen. Die Liste der betroffenen Organisationen, Personen und Firmen wurde am 10. Oktober 2013 im Amtsblatt veröffentlicht. In der Liste wird auch „Isla- mic State of Iraq and the Levant“ (ISIL) genannt. Der entsprechende Minister- Drucksache 18/3131 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ratsbeschluss wurde am 3. Juli 2014 mit Beschluss 2014/6388 aktualisiert, wobei ISIL weiterhin in der Liste der Terrororganisationen geführt wird. Der Bundesregierung sind u. a. Medienberichte und auch Publikationen aus dem Umfeld der PKK bekannt, die eine Duldung oder sogar eine aktive Unterstützung von ISIS-Aktivitäten durch die türkische Regierung behaupten. Die türkische Regierung weist in Gesprächen darauf hin, dass es schwierig sei, Bewegungen an der Grenze – sowohl von Personen als auch Gütern – einem bestimmten Personenkreis zuzuordnen. Vor diesem Hintergrund liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor, dass die türkische Regierung bewusst Aktivitäten von ISIS duldet bzw. solche aktiv unterstützt. 2. Hat die Bundesregierung gegenüber der türkischen Regierung die mögliche Duldung oder sogar aktive Unterstützung von Aktivitäten des IS durch türkische Behörden thematisiert, und wenn ja, wann, bei welcher Gelegenheit und mit welchem Ergebnis? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Vor diesem Hintergrund führt die Bundesregierung auch keine Gespräche im Sinne der Fragestellung. Allerdings sprachen der Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier und der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoǧlu am 18. September 2014 in Berlin über die Möglichkeiten, einen Zustrom von Kämpfern zu ISIS zu unterbinden . Dabei führte der Außenminister Mevlüt Çavuşoǧlu aus, dass die Türkei bereits etwa 6 000 der Nähe zu ISIS verdächtige Personen auf eine Einreisesperrliste gesetzt und etwa 1 000 solcher Personen aus der Türkei ausgewiesen habe. 3. Hält die Bundesregierung das bisherige Engagement der türkischen Regierung und ihrer Behörden gegen den IS und die Al-Nusra-Front für glaubwürdig und ausreichend, und wenn nicht, welche Schritte erwartet sie sich von ihrem türkischen NATO-Partner bei der Bekämpfung des dschihadistischen Terrorismus? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Türkei den in der Antwort zu Frage 1 näher bezeichneten Ministerratsbeschluss in der Praxis umsetzt und Aktivitäten in der Türkei, die sich ISIS zuordnen lassen, gegebenenfalls unterbindet bzw. strafrechtlich verfolgt. Nach Ansicht der Bundesregierung kommt der Türkei beim Vorgehen gegen den dschihadistischen Terrorismus – insbesondere bei der Überwachung der Reisetätigkeit und der Verhinderung von Möglichkeiten der Finanzierung, unter anderem durch illegale Ölverkäufe – eine besondere Verantwortung zu. Die Bundesregierung ist mit der türkischen Regierung dazu im Gespräch. 4. Hat die Bundesregierung Kenntnis von den im Magazin „FOCUS“ genannten Klagen aus dem Bundeskriminalamt (BKA), wonach es Politikern auch in Deutschland aus Angst vor Konflikten mit Recep Tayyip Erdogan „an Mumm“ fehle, um die Unterstützung türkischer Behörden für „islamistische Gewalttäter“ und die Nutzung des NATO-Landes als „Basis“ für IS-Kämpfer zu thematisieren, und wenn ja, wie reagiert sie auf derartige Unterstellungen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3131 aus dem BKA (www.focus.de/politik/ausland/report-abflug-in-den-terror_ id_3969459.html)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes die im Artikel des Magazins „FOCUS“ zitierten Äußerungen gemacht hat. 5. Inwieweit sind der Bundesregierung Klagen oder Beschwerden von NATOund EU-Staaten über ein zu geringes Engagement der Türkei im Kampf gegen den IS, das Dulden von IS-Aktivitäten oder eine direkte Unterstützung des IS durch türkische Behörden bekannt? Die Bundesregierung äußert sich grundsätzlich nicht zu vertraulichen Einlassungen von Partnern über Drittstaaten. 6. Hat die Bundesregierung Kenntnis von einem in der armenisch-türkischen Wochenzeitung „Agos“ am 12. September 2014 veröffentlichten internen Papier der US-Administration, in dem die türkische Regierung beschuldigt wird, absichtlich die Grenzen für IS-Kämpfer offen zu halten und diese mit Waffen auszustatten, um so ihre eigene Stellung in der Region zu stärken, und wenn ja, ist dieses Papier aus ihrer Sicht authentisch und der darin geschilderte Sachverhalt zutreffend, und welche Konsequenzen bezüglich ihres Verhältnisses zur Türkei zieht die Bundesregierung in diesem Fall? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis eines solchen internen Dokuments der US-Administration. 7. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Türkei-Experten der SWP, Guido Steinberg, wonach die Motive des Sturzes der syrischen Regierung von Präsident Bashar al-Assad einerseits und die Verhinderung einer kurdischen Autonomieregion unter Führung einer PKK-Schwesterpartei im Norden Syriens für die türkische Regierung andererseits „bisher immer noch wichtiger gewesen zu sein“ scheinen, „als der Wunsch, eine terroristische Organisation wie IS in die Schranken zu weisen, und es gibt bisher noch keine Hinweise darauf, dass sich an diesen Grundlinien der türkischen Politik etwas geändert hat“, und welche Schlussfolgerungen bezüglich ihres Verhältnisses zur Türkei zieht die Bundesregierung aus so einer Einschätzung? Die türkische Regierung hat wiederholt deutlich gemacht, dass sie einen Sturz des Regimes des syrischen Präsidenten Bashar al-Assads anstrebt. Sie wirbt für ein umfassendes Konzept zum Kampf gegen ISIS, das auch ein gleichzeitiges Vorgehen gegen Bashar al-Assad beinhaltet. Die Bundesregierung macht in Gesprächen mit der türkischen Seite stets deutlich, dass das Vorgehen gegen ISIS kein Nachlassen im Ringen um eine politische Lösung in Syrien bedeutet. Ziel in Syrien bleibt eine inklusive Regierung in Damaskus. 8. Welche Maßnahmen hat die türkische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung bislang getroffen, um ein Überqueren der türkisch-syrischen Grenze durch Kämpfer des IS zu verhindern? Sowohl an den offiziellen Grenzübergängen als auch abseits davon setzt die Türkei technische sowie personelle Sicherungsmaßnahmen ein. Drucksache 18/3131 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Wurden diese Maßnahmen entlang der gesamten türkisch-syrischen Grenze oder nur in Teilbereichen getroffen? Die Absicherung erstreckt sich grundsätzlich über die gesamte türkisch-syrische Grenze, wobei Art und Umfang lokal differieren. b) Inwieweit sind diese Maßnahmen nach Kenntnis der Bundesregierung erfolgreich? Über den Erfolg der getroffenen Maßnahmen liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. c) Welche weitergehenden Maßnahmen zur Absicherung der türkisch-syrischen Grenze gegen die Ein- und Ausreise von IS-Kämpfern müssten nach Ansicht der Bundesregierung von der Türkei getroffen werden? Die Bundesregierung erteilt grundsätzlich keine öffentlichen Ratschläge an andere Staaten in sicherheitsrelevanten Fragen. d) Inwieweit kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnislage einen vom Nahost-Experten der SWP, Guido Steinberg, behaupteten „regen Grenzaustausch “ von IS-Kämpfern über die türkisch-syrische Grenze im Gebiet um die syrisch-kurdische Region Kobani (Ain al Arab) bestätigten? Die Beantwortung der Frage kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen . Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung – VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Eine zur Veröffentlichung bestimmte Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen würde Informationen zur Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich machen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Zudem können sich in diesem Fall Nachteile für die zukünftige Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten ergeben. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und als separater Anhang verschickt.* e) Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass mehrere Tausend IS-Kämpfer vor dem IS-Großangriff auf Kobani unter Aufsicht des türkischen Militärs auf türkischer Seite der Grenze in die Region gebracht wurden? Der Bundesregierung sind derartige Berichte, vorwiegend kurdischer und PKKnaher Medien, bekannt. Ihr liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. 9. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Waffen- und Munitionslieferungen durch den türkischen Geheimdienst MİT oder die türkischen Streitkräfte an den IS und die Al-Nusra-Front in Syrien? Der Bundesregierung sind die hierzu in der türkischen, kurdischen und PKK-nahen Presse veröffentlichten Berichte zur angeblichen Lieferung von Waffen und * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Anlage ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3131 Munition durch staatliche türkische Stellen sowie den MİT bekannt. Ihr liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. a) Welche und wie viele Waffen und wie viel Munition wurden wann und auf welchem Weg von türkischen Behörden oder unter deren Aufsicht an welche in Syrien kämpfenden Gruppierungen geliefert? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. b) Sind der Bundesregierung Berichte kurdischer Politikerinnen und Politiker sowie Medienberichte über Waffen- und Munitionslieferungen durch Züge und Militärfahrzeuge an den IS vor und während des Großangriffs der Terrororganisation auf den kurdischen Kanton Kobani in der dritten Septemberwoche 2014 bekannt, und wenn ja, wie und aufgrund welcher Erkenntnisse beurteilt sie den Wahrheitsgehalt dieser Behauptungen? Der Bundesregierung sind hierzu Berichte bekannt. Diesbezüglich liegen ihr aber keine bestätigenden Erkenntnisse vor. 10. Inwieweit hat die Bundesregierung Erkenntnisse über die Versorgung verwundeter IS-Kämpfer in türkischen Krankenhäusern sowie die Existenz eigener Dschihadisten-Krankenhäuser bzw. über abgetrennte Stationen in Krankenhäusern? Die Beantwortung der Frage kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen . Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung – VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Eine zur Veröffentlichung bestimmte Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen würde Informationen zur Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich machen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Zudem können sich in diesem Fall Nachteile für die zukünftige Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten ergeben. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und als separater Anhang verschickt.* a) Wie viele Dschihadisten – und wie viele IS-Mitglieder darunter – wurden seit Beginn des syrischen Bürgerkrieges nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei behandelt? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. b) Inwieweit stehen die Krankenhäuser und Krankenstationen für verwundete Syrien-Kämpfer nach Kenntnis der Bundesregierung mit der türkischen Regierung oder von der Regierungspartei AKP regierten * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Anlage ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 18/3131 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Kommunen in Verbindung, und welche Unterstützung erhalten sie von dieser Seite? Türkischen Pressemeldungen vom September 2014 zufolge soll die Nichtregierungsorganisation IMKANDER in Gaziantep ein privates Krankenhaus betreiben , in dem Kämpfer aus Syrien behandelt werden und das angeblich von der AKP unterstützt werden soll. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. c) Inwieweit sind der Bundesregierung Erklärungen der türkischen Regierung über die medizinische Versorgung verwundeter Syrien-Kämpfer in türkischen Krankenhäusern bekannt? Laut der Bundesregierung vorliegenden Informationen soll der türkische Gesundheitsminister Mehmet Müezzinoglu verlautbart haben, dass Kämpfer aus Syrien in türkischen Krankenhäusern versorgt werden. 11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Existenz von Ausbildungscamps des IS auf türkischem Territorium? Die Beantwortung der Frage einschließlich der Fragen 11a und 11b kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung – VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen . Eine zur Veröffentlichung bestimmte Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen würde Informationen zur Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich machen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Zudem können sich in diesem Fall Nachteile für die zukünftige Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten ergeben. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und als separater Anhang verschickt.* a) Wo befinden bzw. befanden sich diese Camps nach Kenntnis der Bundesregierung , und wie viele IS-Kämpfer halten sich dort auf? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. b) Welche Maßnahmen hat die türkische Regierung gegenüber diesen Camps nach Kenntnis der Bundesregierung ergriffen? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. c) Ist der Bundesregierung ein Bericht des türkischen Menschenrechtsvereins İnsan Hakları Derneği (İHD) bekannt, wonach das KarkamisFlüchtlingslager bei Sanliurfa-Birecik im Juli 2014 als Ausgangsbasis für IS-Angriffe auf Kobani gedient habe, und wenn ja, für wie zutreffend hält die Bundesregierung diese Darstellung? Der Bundesregierung ist der genannte Bericht nicht bekannt. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Anlage ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3131 12. Ist der Bundesregierung ein von der prokurdischen Tageszeitung „Yeni Özgür Gündem“ veröffentlichtes Schreiben des damaligen türkischen Innenministers Muammer Güler an den Gouverneur der Provinz Hatay vom 15. März 2013 bekannt, in dem die Behörden angewiesen werden, die unter Kontrolle des türkischen Geheimdienstes MİT stehenden ausländischen dschihadistischen Kämpfer bei ihrem Transit nach Syrien durch die Bereitstellung von Wohn- und Trainingsmöglichkeiten, etwa in Gebäuden des staatlichen Religionsamtes, zu unterstützen, da diese im Einklang mit regionalen Interessen der Türkei kämpfen (www.ozgur-gundem.com/index.php? haberID=84651&haberBaslik=%C4%B0%C5%9ETE%20EL%20NUSR A%E2%80%99YA%20DESTEK%20BELGES%C4%B0!&action=haber _detay&module=nuce), und wenn ja, a) wie beurteilt die Bundesregierung den Wahrheitsgehalt dieses Briefes, b) welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Inhalt dieses Schreibens bezüglich der Glaubwürdigkeit der Türkei im Kampf gegen als terroristisch eingestufte dschihadistische Gruppierungen ? Die Fragen 12a und 12b werden aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen zum genannten Schreiben keine Kenntnisse vor. 13. Welche Kräfte (IS, Freie Syrische Armee, YPG/PYD, syrische Regierung etc.) kontrollieren nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit die Grenzübergänge zwischen Syrien und der Türkei auf syrischer Seite? Nach Kenntnis der Bundesregierung kontrollieren derzeit Kräfte des ISIS drei, die Freie Syrische Armee zwei, die Islamische Front drei, eine Kooperation der FSA mit IF drei, die YPG/PYD fünf und die syrische Regierung zwei syrischtürkische Grenzübergänge. a) Seit wann stehen die jeweiligen Grenzübergänge unter Kontrolle welcher Gruppierung? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. b) Über welche dieser Grenzübergänge findet nach Kenntnis der Bundesregierung Grenzverkehr statt, und um welche Art von Grenzverkehr handelt es sich? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. c) Über welche dieser Grenzübergänge passierten und passieren nach Kenntnis der Bundesregierung IS-Kämpfer und Kämpfer anderer dschihadistischer Gruppierungen? Nach Kenntnis der Bundesregierung nutzen die Kämpfer grundsätzlich die Grenzübergänge, die die jeweilige Gruppierung von syrischer Seite aus kontrolliert und von türkischer Seite passierbar ist. Darüber hinaus wird die Grenze abseits der offiziellen Grenzübergänge (Grüne Grenze) mit Unterstützung von Schleusern übertreten. Drucksache 18/3131 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d) Über welche dieser Grenzübergänge können Transporte mit humanitären Gütern passieren, und inwieweit gibt es hier Einschränkungen durch die türkischen Grenzposten oder die jeweiligen Grenzkontrolleure auf syrischer Seite? Transporte humanitärer Güter nutzen primär die Grenzübergänge Cilvegözü/ Bab al-Hawa sowie Öncüpinar/Bab al-Salam. Über Einschränkungen liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. e) Welche Grenzübergänge nach Syrien wurden wann und aus welchem Grund vonseiten der Türkei geschlossen, zugemauert oder sind nur eingeschränkt nutzbar? Der Bundesregierung liegen keine tagesaktuellen Informationen hinsichtlich der Passierbarkeit der einzelnen Grenzübergänge vor. 14. Welche Erkenntnisse über den Verkauf von geschmuggeltem Öl, das aus von IS-kontrollierten Quellen im Irak und Syrien stammt, in der Türkei hat die Bundesregierung? Der Schmuggel von Öl (Rohöl und weiterverarbeiteter Treibstoff) durch ISIS über die Südgrenze der Türkei ist kein isoliertes Phänomen, sondern Bestandteil eines seit Jahrzehnten (u. a. zur Umgehung von VN-Sanktionen gegen das Hussein -Regime) anhaltenden kriminell motivierten Schmuggels. a) Auf welche Weise und über welche Wege wird Öl aus IS-kontrollierten Quellen nach Kenntnis der Bundesregierung in die Türkei transportiert ? Die Verbringung erfolgt mittels kleiner Rohrleitungen (eigentlich für Bewässerung gedacht), mit Tankwagen, einzelnen Kanistern in Kraftfahrzeugen oder auf Eselstransporten. b) Auf wie hoch schätzt die Bundesregierung die Einnahmen des IS durch Ölschmuggel in die Türkei? Zur Höhe etwaiger Einnahmen für ISIS durch den Ölschmuggel über die Türkei liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. c) Inwieweit sind türkische Behörden oder das Militär nach Kenntnis der Bundesregierung an diesem Ölschmuggel bzw. dem Kauf geschmuggelten Öls aus IS-kontrollierten Quellen beteiligt? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über eine Beteiligung offizieller türkischer Stellen oder des staatlichen Raffineriebetreibers Tüpras als Aufkäufer von Rohöl vor. d) Inwieweit haben türkische Behörden bislang Maßnahmen gegen einen solchen Ölschmuggel getroffen? Die Türkei führt Maßnahmen gegen die Verbringung des Öls im Rahmen der Grenzsicherung durch. Die Kontrollen des türkischen Zolls an der türkisch-syrischen Grenze sind im Laufe des Jahres 2014 verstärkt worden. Das türkische Zollministerium hat in den vergangenen sechs Monaten über neun Millionen Liter Treibstoff und Rohrleitungssysteme konfisziert. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/3131 e) Sind der Bundesregierung die Vorwürfe der Botschafterin der Europäischen Union (EU) im Irak, Jana Hybaskova, bekannt, wonach mehrere Mitgliedstaaten der EU über Zwischenhändler geschmuggeltes Öl aus Quellen, die vom IS kontrolliert werden, kaufen und damit die Terrororganisation finanzieren, und wenn ja, um welche EU-Staaten handelt es sich dabei nach Kenntnis der Bundesregierung (www.bz-berlin.de/ welt/eu-laender-finanzieren-isis-durch-oelimport-2)? Die Bundesregierung nimmt solche Äußerungen zur Kenntnis, kommentiert oder bewertet diese jedoch nicht. 15. Inwiefern treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Medienberichte zu, wonach europäische Staaten, darunter Deutschland, Großbritannien, Frankreich , die Niederlande und Belgien, über Interpol mit der Türkei Informationen von 4 700 mutmaßlichen Dschihadisten, die über die Türkei nach Syrien einreisen wollten, geteilt haben (www.hurriyetdailynews.com/turkeysends -back-830-european-jihadists-.aspx?PageID=238&NID=71565&News CatID=510)? Die genannte Zahl zu einem angeblichen Austausch von Personendaten mutmaßlicher Dschiihadisten mit der Türkei kann von der Bundesregierung nicht nachvollzogen werden. Deutsche Sicherheitsbehörden haben in staatsschutzrelevanten Sachverhalten keine Informationen mit der Türkei über Interpol ausgetauscht. a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass türkische Behörden in den letzten zwei Jahren 830 Bürger aus EU-Staaten, die sich dschihadistischen Gruppen in Syrien anschließen wollten, festgenommen und abgeschoben haben sollen? b) Aus welchen EU-Staaten stammten diese Personen nach Kenntnis der Bundesregierung? Die Fragen 15a und 15b werden aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zu der Anzahl der laut türkischer Presse in den letzten zwei Jahren festgenommenen Europäer (830) liegen der Bundesregierung keine korrespondierenden Daten vor. c) Inwieweit, wann und bei welcher Gelegenheit hat die türkische Regierung die Bundesregierung über die Festnahme und Abschiebung von EU-Bürgern, die sich dschihadistischen Gruppen in Syrien anschließen wollten, informiert? Informationen über Festnahmen und Abschiebungen von EU-Bürgern werden den Bundessicherheitsbehörden in der Regel nicht mitgeteilt. Sofern es sich um deutsche Staatsbürger handelt, erfolgt ein anlassbezogener Austausch über die deutsche Botschaft in der Türkei, in Ausnahmefällen auch direkt zwischen den Sicherheitsbehörden. Drucksache 18/3131 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Inwieweit treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Recherchen des Magazins „FOCUS“ bei Polizei- und Geheimdienstbehörden mehrerer EUStaaten zu, wonach türkische Regierungsstellen „wichtige Informationen über junge fanatische Islamisten aus Deutschland, Frankreich, Belgien oder Großbritannien, die über das Transitland Türkei ungehindert zu den Schlachtfeldern im Irak und in Syrien anreisen können“, verweigerten (www.focus.de/politik/ausland/report-abflug-in-den-terror_id_3969459. html)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu den Recherchen des Magazins „FOCUS“ vor. 17. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, dass 91 IS-Mitglieder aus Tadschikistan am 2. Juli 2014 mit Flug 254 von Turkish Airlines von Dushanbe nach Istanbul geflogen seien und von dort in den Irak transferiert worden sein sollen und bis zu diesem Zeitpunkt bereits rund 1 000 tadschikische IS-Kämpfer von Turkish Airlines in den Irak gebracht worden sein sollen (www.diclehaber.com/en/news/content/view/410973?from= 4261604361)? Die Bundesregierung hat keine eigenen Erkenntnisse bezüglich der Meldung von Dicle News Agency am 16. Juli 2014 über die Beförderung von 91 Tadschiken mit Flug Nr. TK 254 am Mittwoch, den 2. Juli 2014, von Duschanbe nach Istanbul. Sie hat aber Zweifel an der Richtigkeit der Meldung, da Turkish Airlines im Juli dieses Jahres mittwochs nicht von Duschanbe nach Istanbul geflogen ist. Der tadschikische Innenminister hat Mitte Oktober dieses Jahres in einer Pressekonferenz festgestellt, dass sich mehr als 200 tadschikische Extremisten dem Kampf des „Islamischen Staates“ angeschlossen hätten; von ihnen seien nach Schätzungen der tadschikischen Regierung 50 getötet worden. 18. Welche Informationen hat die Bundesregierung über türkische Pläne zur Errichtung einer Puffer- und Flugverbotszone entlang der türkisch-syrischen Grenze? Der türkische Premierminister Ahmet Davutoǧlu hat hierzu erläutert, dass sogenannte Sicherheitszonen dicht bevölkerte Gegenden entlang der syrisch-türkischen Grenze umfassen sollten. Die internationale Koalition zur Bekämpfung von ISIS solle den Luftraum über diesen Sicherheitszonen schützen. a) Hat die türkische Regierung die Bundesregierung direkt – oder indirekt über NATO-Gremien – über ihre Pläne zur Errichtung einer Puffer- und Flugverbotszone informiert, und wenn ja, wann und bei welcher Gelegenheit ? Die Bundesregierung steht in regelmäßigem Kontakt mit der türkischen Regierung , auch zu dieser Frage, nimmt jedoch keine Stellung über den Inhalt vertraulicher Gespräche. b) Welche Reichweite soll nach Kenntnis der Bundesregierung eine solche Puffer- und Flugverbotszone haben, und wie weit soll sie sich auf syrisches Territorium erstrecken? Auf die Antwort zu Frage 18 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/3131 c) Welche Ziele im Einzelnen verfolgt die türkische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung mit der geplanten Errichtung einer Puffer - und Flugverbotszone? Die türkische Regierung führt für ihren Vorschlag humanitäre Gründe an und stellt ihn in den Gesamtzusammenhang ihrer Syrien-Politik. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. d) Inwieweit sind der Bundesregierung Forderungen von Oppositionsgruppen aus Syrien, der Selbstverwaltungsregierung in Rojava oder von Vertretern der in Nordsyrien lebenden Bevölkerungsgruppen nach Errichtung einer Puffer-, Flugverbots-, oder Schutzzone (bitte einzeln benennen) oder auch explizite Ablehnungen solcher Maßnahmen bekannt ? Zu den Forderungen zur Einrichtung einer Puffer- oder Sicherheitszone gibt es unterschiedliche Stellungnahmen: Vertreter der PYD haben – ebenso wie die Regierung in Damaskus – wiederholt die Einrichtung einer Pufferzone abgelehnt . Vertreter der oppositionellen Nationalen Koalition, in deren Reihen auch Kurden vertreten sind, unterstützen die Forderung nach Einrichtung einer Flugverbotszone . e) Wie steht die Bundesregierung zu türkischen Forderungen nach Einrichtung einer Puffer- und Flugverbotszone? f) Inwiefern hat die Bundesregierung schon selbst Überlegungen über die Sinnhaftigkeit einer Flugverbotszone angestellt, und zu welchen Schlussfolgerungen kam sie dabei? Die Fragen 18e und 18f werden aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Einrichtung einer Flugverbotszone würde im Kampf gegen ISIS bzw. zum Schutz vor ISIS keinen Mehrwert erbringen, da ISIS bislang nicht über relevante Luftangriffskapazitäten verfügt. Bislang lässt sich keine internationale Bereitschaft zur Einrichtung einer Flugverbotszone erkennen. 19. Inwiefern bereitet die Bundesregierung eine Neuformulierung des Mandats für den Bundeswehreinsatz in der Türkei vor, bzw. inwiefern bereitet sie ein neues Mandat in Zusammenhang mit einer Flugverbotszone in Syrien vor? Der Einsatz der deutschen Kräfte im Rahmen der NATO-Operation „Active Fence“ ist ein defensiver Einsatz zum Schutz der türkischen Bevölkerung und dient nicht der Einrichtung oder Überwachung einer Flugverbotszone. Die Bundesregierung hält eine Neuformulierung des Mandats für den Bundeswehreinsatz in der Türkei nicht für erforderlich. 20. Inwiefern hat der Vormarsch der IS-Terrorgruppe im Irak und in Syrien direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Bundeswehrmission in der Türkei? Die Bundesregierung sieht derzeit keine Auswirkungen für die in der Türkei stationierten Bundeswehrsoldaten. Die im Rahmen des „Active-Fence“-Einsatzes der NATO stationierten deutschen Patriot-Systeme in Kahramanmaraş sind sowohl von der Beschlusslage (Bundestagsmandat und NATO-Beschluss) als auch von den Einsatzparametern rein defensiv. Sie sind von ihrer Reichweite nicht in der Lage, in den syrischen Luftraum einzuwirken. Drucksache 18/3131 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Hat die Bundeswehr im Hinblick auf Auftragserfüllung und Sicherheit der Bundeswehrmission in der Türkei Überlegungen und/oder Szenarien für den Fall entwickelt, dass es zu einem weiteren Vormarsch des IS und/oder weiteren Luftangriffen der USA und/oder einem Einmarsch türkischer Bodentruppen in die Region Rojava kommt, und wenn ja, was kann die Bundesregierung hierzu mitteilen? Die Türkei hat im Rahmen der Stationierung von Patriot-Luftabwehrsystemen zur Verstärkung der integrierten NATO-Luftverteidigung gegenüber der NATO die Übernahme der Force Protection vertraglich zugesagt. Bezogen auf das deutsche Einsatzkontingent im Rahmen des „Active Fence“-Einsatzes in der Türkei ist sie damit verantwortlich für die Gewährleistung der Sicherheit der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten oberhalb der Fähigkeit zur Selbstverteidigung. Es liegen derzeit weder Informationen vor, die Zweifel an der Wahrnehmung dieser Verantwortung durch die Türkei aufkommen ließen, noch solche, aus denen sich eine konkrete direkte Bedrohung des deutschen Einsatzkontingentes ableiten ließe. 22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Umstände, die im Juni 2014 trotz vorangegangener Warnungen irakischer Behörden über eine absehbare Einnahme der Stadt durch den IS zur Geiselnahme von 49 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des türkischen Generalkonsulats in Mosul durch den IS geführt haben sowie zu den Hintergründen ihrer Freilassung am 20. September 2014 sowie zu möglichen Verhandlungen der türkischen Regierung bzw. des türkischen Geheimdienstes mit dem IS und möglichen Zugeständnissen oder Gegenleistungen für die Freilassung? Die Bundesregierung hat keine eigenen Erkenntnisse über die Umstände der Geiselnahme und Freilassung der Mitarbeiter des türkischen Generalkonsulats in Mossul. 23. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von Warnungen des türkischen Geheimdienstes MİT, wonach der MİT die Kontrolle über den IS verloren habe und Anschläge in der Türkei befürchte? Die Bundesregierung hat hierüber keine Kenntnisse. a) Für wie hoch schätzt die Bundesregierung das Risiko von Anschlägen und Gewalttaten durch den IS in der Türkei derzeit ein? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über konkrete Anschlagsplanungen vor. b) Welche Gewalttaten in der Türkei, die mutmaßlich von IS-Mitgliedern zu verantworten waren oder für die sich der IS und seine Vorläufer bekannt haben, sind der Bundesregierung bekannt? Die Bundesregierung hat hierüber keine Kenntnisse. c) Welche Drohungen des IS gegenüber der Türkei sind der Bundesregierung bekannt, und für wie realistisch hält sie diese Drohungen? Es wird auf die Antwort zu Frage 23a verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333