Deutscher Bundestag Drucksache 18/3217 18. Wahlperiode 14.11.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3003 – Reform der sogenannten Endverbleibskontrolle beim Export von Rüstungsgütern Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung beschränkt sich bei der Kontrolle des Verbleibs von ins Ausland gelieferten Rüstungsgütern bislang auf die schriftliche Zusage des Empfängers, die gelieferten Güter nicht ohne vorherige Rückfrage weiter zu exportieren. Zahlreiche Fälle in der Vergangenheit – wie das Auftauchen von Sturmgewehren des Typs G36 in Georgien und Libyen oder von Milan-Panzerabwehrraketen in Libyen – verdeutlichen, dass dieser Versuch einer Kontrolle unzureichend ist. Alternativen zum deutschen System existieren. So vereinbaren beispielsweise die USA mit den Empfängern ihrer Rüstungsgüter das Recht auf eine Vor-Ort-Kontrolle. Die Bundesregierung hat mittlerweile erkannt, dass die deutsche Endverbleibskontrolle die illegale Weitergabe von gelieferten Gütern nicht wirksam behindert . Im Vorwort zum Rüstungsexportbericht 2013 formulierte der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, daher: „So wird innerhalb der Bundesregierung gegenwärtig über mögliche Verbesserungen bei der Endverbleibskontrolle , einschließlich der möglichen Durchführung sogenannter Post-shipment-Kontrollen, diskutiert – ein Thema, dass vor allem für den besonders sensiblen Bereich der Kleinwaffen, aber auch darüber hinaus, außerordentlich relevant ist.“ 1. Welche Tatbestände haben die Bundesregierung veranlasst, eine Reform der Endverbleibskontrolle (in der Folge kurz: „Reform“) zu diskutieren? Die in jüngerer Zeit bekannt gewordenen Fälle mutmaßlicher Verstöße gegen eingegangene Endverbleibsverpflichtungen haben die Erörterung der Thematik im Kreis der betroffenen Ressorts der Bundesregierung ausgelöst. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 12. November 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/3217 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Bis wann plant die Bundesregierung die Einführung neuer Verfahren der Endverbleibskontrolle? Die Prüfung, ob und gegebenenfalls wie das System der Endverbleibssicherung bei deutschen Rüstungsexporten geändert oder ergänzt wird, ist noch nicht abgeschlossen . Daher kann zum jetzigen Zeitpunkt kein Datum für die Einführung neuer Verfahren der Endverbleibskontrolle genannt werden. 3. Hat die Bundesregierung bereits Konsultationen, z. B. mit Vertreterinnen und Vertretern der Rüstungsindustrie (inkl. Interessensverbänden der Rüstungsindustrie ) und/oder mit potentiellen Empfängern deutscher Rüstungsgüter durchgeführt, und wenn ja, wann, und mit wem in welchem Format? Nein, derartige Gespräche wurden bislang nicht geführt. 4. Haben Vertreterinnen und Vertreter der Rüstungsindustrie eigene Vorschläge zur Reform der Bundesregierung unterbreitet, und falls ja, welchen Unternehmen bzw. Organisationen o. Ä. gehören sie an, und in welcher Form (schriftlich oder mündlich) wurden diese Vorschläge unterbreitet? Nein. 5. Hat die Bundregierung Kontakt zu den mit dem Thema Rüstungsexport beschäftigten Nichtregierungsorganisationen – national wie international – aufgenommen, um von diesen Vorschläge und/oder Beratung bezüglich der Reform zu erhalten? Falls ja, wer sind diese Organisationen, und wann hat die Bundesregierung zu ihnen Kontakt aufgenommen? Falls nein, warum verzichtet die Bundesregierung auf diese Expertise? Nein. Die Bundesregierung hat es vorgezogen, die ihr bekannten Exportkontrollsysteme anderer Staaten im Hinblick auf eine stärkere Endverbleibssicherung und deren Erfahrungen damit auszuwerten. 6. Hat die Bundesregierung externe Beraterinnen und Berater hinsichtlich der Reform hinzugezogen bzw. beauftragt, bzw. plant die Bundesregierung externe Beraterinnen und Berater hinzuziehen bzw. zu beauftragen, und falls ja, welche Unternehmen, Kanzleien u. a. waren dies bzw. werden dies sein, und welche Kosten waren damit verbunden bzw. werden voraussichtlich damit verbunden sein? Nein. 7. Welche Endverbleibskontrollsysteme welcher anderen Staaten hat die Bundesregierung im Hinblick auf die eigene Diskussion studiert, und zu welchen Ergebnissen ist sie dabei gelangt? Die Bundesregierung hat sich über das von der Schweiz praktizierte Verfahren nachträglicher Vor-Ort-Kontrollen bei bestimmten Rüstungsexporten informiert . Basis für dieses Verfahren ist das Einverständnis des jeweiligen Empfängerlandes , das seine Zustimmung zur Durchführung derartiger Kontrollen auf der jeweiligen Endverbleibserklärung des gelieferten Rüstungsgutes abgegeben hat. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3217 8. Welche unterschiedlichen Modelle der Endverbleibskontrolle werden gegenwärtig zwischen den beteiligten Ressorts diskutiert? Derzeit wird die Machbarkeit eines Verfahrens nachträglicher Vor-Ort-Kontrollen (Post-shipment-Kontrollen) erörtert. 9. Welche weiteren Kontrollinstrumente neben der Vor-Ort-Kontrolle sind der Bundesregierung bekannt? Welche davon werden gegenwärtig diskutiert? Derzeit werden neben der Vor-Ort-Kontrolle keine weiteren Kontrollinstrumente erörtert. 10. Welche Einrichtungen der Bundesregierung (Botschaften, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle u. a.) kommen aus Sicht der Bundesregierung generell zur Durchführung einer Endverbleibskontrolle vor Ort infrage? Sollte die Einführung von Vor-Ort-Kontrollen beschlossen werden, kommen grundsätzlich vor allem Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretungen im jeweiligen Land zu ihrer Durchführung in Betracht, in Einzelfällen gegebenenfalls auch Experten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). 11. Hält die Bundesregierung das „Blue Lantern Program“ der USA für ein geeignetes Instrument zur Sicherung des Endverbleibs? Falls nein, warum nicht? Falls ja, was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen die Einführung eines analogen Systems in Deutschland? Das Blue Lantern Programm der USA basiert auf der weltweiten, extraterritorialen Anwendung von US-Exportkontrollrecht und lässt sich nicht auf deutsches Recht übertragen. Die extraterritoriale Anwendung deutschen Außenwirtschaftsrechts würde die Souveränität anderer Länder beeinträchtigen. 12. Sind der Bundesregierung andere Beispiele für eine Endverbleibskontrolle vor Ort aus anderen Ländern bekannt, die die Rüstungsexporte oder andere sensible Exporte betreffen? Auf die Antworten zu den Fragen 7 und 11 wird verwiesen. 13. Ist die Dienstanweisung für Militärattachés aus dem Jahr 2010, nach der diese auch kommerzielle Rüstungsexporte zu begleiten bzw. zu unterstützen haben (ARD-Sendung „Kontraste“, 5. September 2013), weiterhin in Kraft? Falls ja, ist eine Neufassung der Anweisung geplant, und wann wird diese gegebenenfalls in Kraft treten? Die „Ständige Weisung für den Deutschen Militärattachédienst“ aus dem Jahr 2010 ist nicht mehr in Kraft. Sie wurde ersetzt durch die „Ständige Weisung für den Deutschen Militärattachédienst“ vom 9. Mai 2014. Drucksache 18/3217 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Gelten ähnliche Dienstanweisungen im Hinblick auf kommerzielle Rüstungsexporte auch für vom Auswärtigen Amt gestelltes diplomatisches Personal? Sofern nein, fallen kommerzielle Rüstungsexporte nach Auffassung der Bundesregierung in den Bereich des allgemeinen Exports, den deutsche Botschaften bzw. ihr Personal zu unterstützen beauftragt sind? 15. Unterstützen bzw. begleiten neben den Militärattachés Angehörige der deutschen Botschaften in irgendeiner Form kommerzielle Rüstungsexporte , und falls ja, wie sieht diese Unterstützung bzw. Begleitung im Detail aus? Die Fragen 14 und 15 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Auslandsvertretungen sind grundsätzlich angewiesen, bei entsprechenden Anfragen auf das Erfordernis einer Ausfuhrgenehmigung hinzuweisen. Eine etwaige Unterstützung von Rüstungsexportvorhaben durch die Auslandsvertretungen , z. B. durch Vermittlung von Kontakten, erfolgt nur auf Weisung des Auswärtigen Amts im Einzelfall. Auf entsprechende Weisung kann die Unterstützung von der Beantwortung von Verfahrensfragen bis hin zur politischen Flankierung reichen. 16. Welche Treffen zwischen dem diplomatischen Personal in den deutschen Botschaften und Vertretern deutscher Rüstungskonzerne haben seit dem 17. Dezember 2013 stattgefunden (bitte unter Angabe des Gastlandes, der Stellenbezeichnung des diplomatischen Vertreters, des Namens des Rüstungsunternehmens , dem Ort des Treffens – z. B. Botschaft, Messe o. Ä. – und des Datums)? Gespräche zwischen Unternehmen und Angehörigen der Auslandsvertretungen unterliegen grundsätzlich der Vertraulichkeit, da bereits das Bekanntwerden solcher Gespräche Rückschlüsse auf schützenswerte Geschäftsinteressen zuließe. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333