Deutscher Bundestag Drucksache 18/3259 18. Wahlperiode 24.11.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele, Irene Mihalic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3117 – Oktoberfest-Attentat – Wiederaufnahme der Ermittlungen zu Nazi-Hintermännern Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 26. September 1980 tötete auf dem Münchner Oktoberfestplatz eine explodierende Bombe 13 Menschen – darunter drei kleine Kinder – und verletzte 211 Menschen, darunter 68 schwer. Auch 34 Jahre später bestehen heute weiterhin gewichtige Zweifel am damaligen Ergebnis bayrischer Ermittler und des Generalbundesanwalts (GBA), wonach der junge Rechtsextremist Gundolf Köhler die Tat allein geplant und ausgeführt habe (vgl. Ulrich Chaussy, OktoberfestAttentat , Berlin 2014; www.story.br.de/oktoberfest-attentat vom 20. September 2014; www.schorlau.com/muenchen-materialien.html). Bereits im Jahr 2011 forderten daher der Münchner Stadtrat und der bayrische Landtag, der GBA solle sein Ermittlungsverfahren wieder aufnehmen. Dies beantragt nun – wie schon in den Jahren 1984 und 2005 – auch der Münchner Rechtsanwalt Werner Dietrich als Vertreter vieler Opfer und Angehöriger, gestützt auf neue Beweismittel nach Einsicht in lange zurückgehaltene Ermittlungsakten (vgl. SZ-online, 8. September 2014). Dies geschieht, nachdem im Jahr 2011 offenbar wurde, wie lange Sicherheitsbehörden auch des Bundes andere rechtsextreme Organisationsverbrechen nicht als solche erkannt hatten, nämlich die des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU). Bereits in der Vergangenheit hatte die Bundesregierung Anfragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Oktoberfest-Attentat beantwortet, u. a. am 17. Mai 1991 (Bundestagsdrucksache 12/560), am 19. Juni 2009 (Bundestagsdrucksache 16/13527) und am 11. Juli 2008 (Bundestagsdrucksache 16/9960, Schriftliche Frage 3); vgl. ferner zu Waffen-/Munitionsdepots für rechte „Geheimarmee “ Gladio/SBO: Bundestagsdrucksachen 18/1028, 18/1732, 18/1942 und Keßelrings Studie vom 9. September 2014 „Die Organisation Gehlen“). Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 21. November 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/3259 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das Ermittlungsverfahren wegen des Sprengstoffanschlags auf dem Oktoberfest in München am 26. September 1980 ist vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof mit Verfügung vom 23. November 1982 gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden, nachdem zuvor 850 Spuren verfolgt, 16 vorläufige Festnahmen vollzogen, mehr als 1 700 Zeugen vernommen , 52 Durchsuchungen durchgeführt und über 100 Sachverständigengutachten erstellt worden waren. Gleichwohl geht der Generalbundesanwalt seitdem den von verschiedenen Seiten vorgebrachten Verdachtsmomenten jeweils mit dem Ziel der Feststellung nach, ob die Voraussetzungen für eine förmliche Wiederaufnahme der Ermittlungen gegeben sind. Eine solche Wiederaufnahme der Ermittlungen ist allerdings nur möglich, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine strafbare Beteiligung noch lebender Personen an dem Anschlag vorliegen. Die Prüfung des am 27. September 2014 eingegangenen erneuten Antrags des Verletztenbeistandes Rechtsanwalt Werner Dietrich auf Wiederaufnahme der Ermittlungen dauert an. Die Fragen 1 bis 8 der Kleinen Anfrage beziehen sich weitgehend auf den Inhalt der Sachakten der eingestellten Ermittlungsverfahren wegen des Sprengstoffanschlags auf dem Oktoberfest in München am 26. September 1980 (1 BJs 201/ 80-2) und der im Zusammenhang mit diesem Anschlag entstandenen polizeilichen Spurenakten des Bayerischen Landeskriminalamts sowie den Inhalt der Sachakten des eingestellten Ermittlungsverfahrens wegen der Funde von Waffen , Sprengstoff, Munition, Giften und Schriften im Oechtringer Forst bei Uelzen in Depots des Heinz Lembke (1 BJs 546/81). Die Sachakten dieser Ermittlungsverfahren sind bereits im Jahr 1998 an das Bundesarchiv abgegeben worden und liegen dem Generalbundesanwalt daher nicht vor. Die polizeilichen Spurenakten wurden seitens des Generalbundesanwalts nicht zum Sachaktenbestand genommen und wurden bis zu ihrer Abgabe ans Bayerische Hauptstaatsarchiv beim Bayerischen Landeskriminalamt verwahrt. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage erfolgt daher auf Grundlage des derzeit zur Prüfung der Voraussetzungen der förmlichen Wiederaufnahme der Ermittlungen im Verfahren wegen des Sprengstoffanschlags auf dem Oktoberfest am 26. September 1980 vorliegenden Handaktenbestandes. Die Sachakten der Ermittlungsverfahren 1 BJs 201/80-2 und 1 BJs 546/81 wurden nicht vom Bundesarchiv beigezogen, weil dies zur Prüfung der Voraussetzungen der Wiederaufnahme bislang nicht erforderlich erschien. Darüber hinaus kann der Generalbundesanwalt Fragen zu den Motiven tatsächlich oder vermeintlich unterlassener oder nicht gebührend intensiv geführter Ermittlungen (Fragen 1a bis 1o) naturgemäß nicht beantworten , da die seinerzeit zuständigen Beamten des Generalbundesanwalts nicht mehr im Dienst und zum Teil auch schon verstorben sind. Die Beantwortung dieser Fragen kann lediglich auf Grundlage der skizzierten Aktenlage erfolgen. Die Bundesregierung weist weiter auf zahlreiche bereits beantwortete Anfragen im Zusammenhang mit den Themen Oktoberfest-Attentat und „Stay-behindOrganisation “ der NATO (Organisation des Nordatlantikvertrages) hin, vgl. etwa die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen „Oktoberfest -Attentat – Stasi-Notizen und Indizien betreffend einer Beteiligung der ,Wehrsportgruppe Hoffmann‘ sowie Verbindungen zu ,Gladio‘“ (Bundestagsdrucksache 16/13527 vom 22. Juni 2009), „Mögliche Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes an Bombenanschlägen im Rahmen der ,Stay-behind‘-Organisation der NATO“ (Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/13615 vom 22. Mai 2013), „Maßnahmen der Bundesregierung zur Aufdeckung der Tätigkeiten von Gladio“ (Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/14815 vom 4. Oktober 2013), „Weitere Erkenntnisse über die Geheimorganisation ,Gladio‘“ (Antwort auf Bundestagsdrucksache 18/701 vom 3. März 2014) sowie die Antwort vom 16. Mai 2013 auf die Schriftliche Frage 6 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (Bundestagsdrucksache 17/13579, S. 6). Soweit die Anfrage Altakten- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3259 bestände des Bundesnachrichtendienstes betrifft, weist die Bundesregierung nochmals darauf hin, dass diese noch nicht vollständig erschlossen sind und daher im Zuge der fortschreitenden Erschließung dieser Bestände in Zukunft möglicherweise weitere einschlägige Unterlagen gefunden werden könnten. Da Bundeskanzleramt und Bundesnachrichtendienst Teile ihrer Akten aus dieser Zeit bereits an das Bundesarchiv abgegeben haben, kann sich die Beantwortung der Anfrage nur auf Erkenntnisse stützen, die sich aus den verfügbaren Akten ergeben . Darüber hinaus werden beim Bundeskriminalamt befindliche Altakten, deren Vernichtungsdatum bereits überschritten ist, derzeit auf ihre Inhalte und deren rechtliche Verwertbarkeit hin geprüft. Sollten sich hieraus relevante, verwertbare Informationen im Sinne der Anfrage ergeben, wird nachberichtet. 1. Warum wurde im Strafermittlungsverfahren auch des Generalbundesanwalts (27. September 1980 bis 23. November 1982) a) bisher nicht das Tagebuch berücksichtigt, in dem Gundolf Köhlers Bruder akribisch nachzeichnete, was der Attentäter in den letzten drei Monaten vor dem Attentat unternahm und wen er traf (www.story.br.de „Oktoberfest -Attentat.Spurensuche“), Die in der Fragestellung enthaltene Behauptung trifft nicht zu. Bei dem als „Tagebuch“ bezeichneten Gegenstand handelt es sich um einen Ringbuchkalender mit offenbar rekonstruktiven Eintragungen von Angehörigen der Familie Köhler zu Terminen und Aufenthalten des Gundolf Köhler in der Zeit vom 1. Januar bis 26. September 1980. Dieser Ringbuchkalender lag den Ermittlungsbehörden vor und diente zur Erstellung eines Bewegungsbildes des Gundolf Köhler. b) nicht vertieft den mehrfachen Hinweisen des Zeugen Frank L. auf mögliche Mittäter nachgegangen, er habe Köhler 30 Minuten vor der Explosion intensiv mit zwei jungen Männern in grünen Parkas diskutieren und eine Plastiktüte mit zylinderförmigem Inhalt in einen Mülleimer stellen sehen (vgl. SZ-online vom 8. September 2014), Die in der Fragestellung enthaltene Tatsachenbehauptung trifft nicht zu. Die Bekundungen des Zeugen Frank L. sind seinerzeit als glaubhaft und seine tatbezogenen Wahrnehmungen als zuverlässig bewertet worden. Er ist mehrfach vernommen worden. Eine Identifizierung der zwei von Frank L. beobachteten Gesprächspartner des Gundolf Köhler ist allerdings nicht gelungen, obwohl auch Maßnahmen der Öffentlichkeitsfahndung getroffen wurden. Dazu dürfte beigetragen haben, dass der Zeuge Frank L. keine genaueren Wahrnehmungen zum Erscheinungsbild dieser Personen gemacht hatte. Darüber hinaus ist anzumerken , dass zu der Frage, ob und gegebenenfalls mit welchen Personen Gundolf Köhler innerhalb einer Zeitspanne von 40 bis 60 Minuten vor der Tatausführung Kontakt hatte, divergierende Zeugenaussagen vorliegen. Die überwiegende Zahl der Zeugen bekundet, ihn ohne Begleitung gesehen zu haben. Soweit andere Zeugen Gundolf Köhler in Kontakt mit Personen gesehen haben wollen, differieren die Angaben zu deren Geschlecht und Anzahl. Sämtliche Zeugenaussagen zu Kontaktpersonen des Gundolf Köhler wurden überprüft, ohne dass deren Identifizierung gelungen wäre. c) nicht vertieft der Umstand berücksichtigt, dass jener Frank L. mindestens bis zum Jahr 1965 beim rechtsextremen Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) „Zweiter Bundesführer“ und „Standortführer“ war, dort als Provokateur des Verfassungsschutzes verdächtigt sowie ausgeschlossen wurde und sich danach dem Berliner Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) anschloss (DER SPIEGEL vom 13. September 2010), diente er Drucksache 18/3259 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tatsächlich dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) je als Quelle bzw. Auskunftsperson, d) nicht dem Verdacht nachgegangen (vgl. DER SPIEGEL vom 23. September 2010), dass L. im Auftrag einer Sicherheitsbehörde Köhler länger vor dem Attentat beobachtete, beauftragte ihn tatsächlich eine Bundessicherheitsbehörde , und wenn ja, welche und womit, Abgesehen von dem Umstand, dass der Zeuge in der NPD und dem SDS aktiv war, liegen dem Generalbundesanwalt zu den in der Fragestellung enthaltenen Tatsachenbehauptungen keine Erkenntnisse vor. Mit Schreiben vom 21. Februar 2011 hat der Generalbundesanwalt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) um Beantwortung der Frage ersucht, ob und gegebenenfalls welche Erkenntnisse zu den Hintergründen des Oktoberfestanschlags dort noch vorliegen. Das BfV hat insofern mitgeteilt, dass der dortige Datenbestand im Wesentlichen aus – jedenfalls der Sache nach aktenkundigen – Erkenntnismitteilungen der seinerseits eingebundenen Ermittlungsbehörden besteht und daher keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn bieten dürfte. Das BayLfV hat mitgeteilt, nicht mehr über Daten betreffend den Oktoberfestanschlag zu verfügen. e) nicht die Aussage einer Zeugin berücksichtigt, sie habe Köhler mit einem weiteren Mann an einem weißen Gegenstand zerren und nach der Explosion letzteren Mann weglaufen gesehen (Thomas Lecorte „OktoberfestAttentat 1980 – Eine Revision“) sowie eine Selbstbezichtigung gegenüber einem anderen Mann vernommen („Ich wollt’s nicht, ich kann nichts dafür, bringt’s mich um.“; vgl. Ulrich Chaussy, Oktoberfest-Attentat , 2014, S. 21), Die in der Fragestellung enthaltene Tatsachenbehauptung trifft nicht zu. Im Sinne der Fragestellung kommen zwei Zeuginnen (M. V. und A. O.) in Betracht. Die Zeugin M. V. berichtete, ein später von ihr als Gundolf Köhler identifizierter Mann habe gemeinsam mit einem weiteren Mann hektisch an einem weißen Gegenstand gezerrt bevor dieser explodiert und eine Person aus dem explosionsbedingt entstandenen Lichtball geflohen sei. Die Zeugin A. O. gab an, unmittelbar nach der Explosion habe ein Mann in Tatortnähe weinend gerufen: „Ich kann nicht mehr! I wolltʼs nicht! I kann nichts dafür! Helftʼs ma!“. Die Bekundungen der Zeugin M. V. fanden durch andere Zeugen keine Entsprechung, insbesondere auch nicht durch deren Ehemann und Schwiegereltern, die sich zum Detonationszeitpunkt an derselben Stelle wie die Zeugin aufgehalten hatten. Eine zuverlässige Bestätigung der Bekundung der Zeugin A. O., die sich insoweit nicht mit den Angaben des Zeugen Frank L. deckt, konnte ebenfalls nicht erlangt werden . Gleichwohl wurden die Aussagen beider Zeuginnen in der Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts als in besonderer Weise bedeutsam hinsichtlich einer möglichen Beteiligung Dritter an dem Anschlag gewürdigt. f) nicht den Hinweisen der inhaftierten Mitglieder der neonazistischen „Deutschen Aktionsgruppen“ Hörnle und Vorderbrügge schon einen Tag nach dem Attentat intensiver und schneller gefolgt, dass der rechtsradikale Heinz Lembke aus seinen zahlreiche Waffenlagern unter Umständen Sprengstoff für die „Wiesn-Bombe“ geliefert und Attentäter ausgebildet habe, jedoch die Ermittler jene Depots nahe seines Hauses nicht bei der Durchsuchung am 29. September 1980, sondern erst ein Jahr später am 26. Oktober 1981 durch Hinweis eines Försters zufällig entdeckten und die Umgebung erstmals genauer untersuchten (Spur 253, vgl. SZ-online vom 3. Juni 2014), Die in der Fragestellung enthaltene Tatsachenbehauptung trifft nicht zu. Am 27. und 28. September 1980 erreichte die beim Bayerischen Landeskriminalamt eingerichtete Sonderkommission (Soko) „Theresienwiese“ ein vom Bundeskri- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3259 minalamt aufgenommener Hinweis, demzufolge zwei inhaftierte Mitglieder der terroristischen Vereinigung um Manfred Roeder, Raymund Hörnle und Sibylle Vorderbrügge im Rahmen einer Befragung hinsichtlich deren möglicher Kenntnis zu den Hintergründen des Oktoberfestanschlags mitgeteilt hatten, Heinz Lembke habe Manfred Roeder und ihnen Sprengmittel gezeigt und dabei von mehreren Waffendepots gesprochen. Konkrete Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang mit dem Oktoberfestanschlag vermochten sie nicht zu geben. Der Name Köhler sei ihnen unbekannt. Die Heinz Lembke betreffende Information gab die Soko „Theresienwiese“ mit Fernschreiben vom 28. September 1980 an das Landeskriminalamt Niedersachsen weiter. Am 29. September 1980 erfolgte sodann in der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Lüneburg in dem wegen dieses Hinweises gegen Heinz Lembke eingeleiteten Ermittlungsverfahren 10 Js 318/80 auf Grundlage eines Beschlusses des Amtsgerichts Uelzen eine von der Kriminalpolizei Uelzen vollzogene Durchsuchung bei Heinz Lembke, an der insgesamt zwei Staatsanwälte und 13 Polizeibeamte teilnahmen. Unter zu Hilfenahme eines Minensuchgeräts wurde in den Wohnräumen und Nebengelassen sowie auf dem Grundstück der Eheleute Lembke einschließlich dessen näherer Umgebung nach Waffen und Sprengmitteln gesucht. Sichergestellt wurde lediglich ein leeres Magazin zu einem Gewehr des Typs G 3 sowie zwei Zündkabelrollen. In seiner Beschuldigtenvernehmung vom selben Tag gab Heinz Lembke an, ihm sage der Name Köhler nichts und er habe keine Ahnung, in welcher Beziehung dieser zum Sprengstoffanschlag auf dem Oktoberfest stehe. Die durch diese Maßnahmen angefallenen Erkenntnisse wurden der Soko „Theresienwiese“ mitgeteilt. Am 26. Oktober 1981 fand ein Revierförster in der Nähe des Grundstücks der Eheleute Lembke zufällig ein Erddepot mit mehreren Munitionskisten, was zur sofortigen Festnahme Heinz Lembkes führte. Am 28. Oktober 1981 wurde im Rahmen einer polizeilichen Nachsuche ein weiteres Erddepot entdeckt, in dem sich unter anderem ein von Heinz Lembke erstelltes Verzeichnis über 31 weitere Erddepots befand. Heinz Lembke, der bei seiner richterlichen Vernehmung am 27. Oktober 1981 die Aussage verweigert hatte und insofern nicht intensiv vernommen werden konnte, erklärte sich am 30. Oktober 1981 zur Vermeidung von Gefahren für Personen bereit, die bisher nicht aufgefunden Depots anhand seiner Aufzeichnungen vor Ort zu lokalisieren. Weiterführende Angaben zu Beschaffungswegen und Hintergründen verweigerte er jedoch weiterhin. Ebenso verweigerte er die Lokalisierung eines als „Depot 82“ bezeichneten Verstecks, weil dessen Inhalt geeignet sei, andere Personen zu belasten. Dieses Versteck konnte nicht aufgefunden werden. g) Lembke nach dem ersten Hinweis vom 27. September 1980 auf ihn zunächst fünf Wochen lang gar nicht intensiv vernommen und auf seine Ankündigung hin, seine Hintermänner zu nennen, nicht polizeilich wirksam davor geschützt, unmittelbar tags darauf am 1. November 1981 erhängt in seiner Gefängniszelle gefunden zu werden (vgl. SZ-online vom 3. Juni 2014), Vernehmungen im Sinne der Fragestellung waren nicht möglich, da sich der damalige Beschuldigte Heinz Lembke auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen hat. Auf die Antwort zu Frage 1f wird insoweit Bezug genommen. Heinz Lembke ist nach den Erkenntnissen des Generalbundesanwalts freiwillig aus dem Leben geschieden. Zu der Frage, ob und inwieweit Suizidabsichten hätten erkennbar sein können, liegen dem Generalbundesanwalt keine Erkenntnisse vor. Drucksache 18/3259 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode h) die Hinweise von Hörnle bzw. Vorderbrügge sowie Lembke weder in dem Schlussbericht des GBA noch in dem Schlussvermerk der Sonderkommission Theresienwiese überhaupt erwähnt (Chaussy, OktoberfestAttentat , S. 216), Der unter „Spur 253“ bearbeitete Hinweis auf Heinz Lembke ist bereits deshalb nicht zur Sachakte genommen worden, weil sich letztlich ein Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Oktoberfestanschlag nicht ergeben hatte. Daher hat dieser Hinweis auch weder in der Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts noch im Schlussbericht des Bayerischen Landeskriminalamts Erwähnung gefunden. i) die in den Spurenakten befindlichen Hinweise auf weitere Verbindungen Köhlers zu möglichen rechten Mittätern, wie etwa dem Neonazi Odfried Hepp, nicht verfolgt und dessen angebliches Alibi eines Libanon-Aufenthalts zur Tatzeit nie überprüft (vgl. SZ-online vom 8. September 2014), Wie in der Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts hervorgehoben, haben die durchgeführten Ermittlungen zu rechtsextremistischen Organisationen keine Hinweise auf Verbindungen zum Tatgeschehen ergeben. Dies gilt nach den Ausführungen in der Einstellungsverfügung insbesondere auch für den Personenkreis um Odfried Hepp. Bei den Ermittlungen sind unter anderem Asservate aus einer vorhergehenden Durchsuchung bei Odfried Hepp ausgewertet worden. Darunter befand sich etwa eine handschriftliche Notiz, deren Inhalt zufolge Gundolf Köhler an zwei Übungen der „Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG)“ teilgenommen und der letzte Kontakt zwischen der WSG und Gundolf Köhler am 19. Mai 1977 stattgefunden hatte. Den Ermittlungen zufolge handelt es sich bei dieser Notiz um die schriftliche Fixierung von Informationen aus dem Umfeld der WSG. Diese stammten aus dem Jahr 1979 und sollten der Werbung neuer Anhänger dienen. Zu einer Kontaktaufnahme zwischen Gundolf Köhler und der Gruppe um Odfried Hepp ist es den Ermittlungen zufolge nicht gekommen . Im Rahmen der seit geraumer Zeit andauernden Prüfung der Voraussetzungen der förmlichen Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen des Oktoberfestanschlags hat der Generalbundesanwalt darüber hinaus die umfänglichen, Odfried Hepp betreffenden Akten des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ausgewertet . Auch nach dem Inhalt dieser Akten bestand eine persönliche Bekanntschaft zwischen Odfried Hepp und Gundolf Köhler nicht. Ebenso ergaben sich daraus keine sonstigen Anhaltspunkte für eine Verstrickung Odfried Hepps in den Oktoberfestanschlag. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 Bezug genommen. j) Asservate (u. a. Splitter der Bombe, 48 Zigaretten sechs verschiedener Marken offenbar mehrerer Raucher aus Köhlers Auto, Teile einer durch die Explosion abgetrennten, zunächst niemand zuordenbaren Hand) im Jahr 1997 offenbar im Bundeskriminalamt (BKA) vernichtet, obwohl sie mit modernen Labormethoden noch hätten ausgewertet werden können (vgl. SZ vom 3. Juni 2014), Die Vernichtung der im Jahr 1997 noch beim Generalbundesanwalt verwahrten Asservate ist auf Vorschlag der Asservatenverwaltung nach Rücksprache mit dem Leiter der Abteilung Terrorismus erfolgt. Unter den vernichteten Asservaten befanden sich weder Zigarettenkippen noch das Fragment einer am Tatort sichergestellten Hand, wohl aber Metallsplitter. Der mögliche Bedarf einer erneuten kriminaltechnischen Untersuchung der einliegenden Asservate oder die Möglichkeit zukünftiger verbesserter Untersuchungsmethoden ist nach Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3259 Aktenlage seinerzeit nicht in Betracht gezogen worden. Der Verbleib des am Tatort sichergestellten Handfragments ist nicht restlos geklärt. Es muss nach Aktenlage davon ausgegangen werden, dass es seinerzeit dem Institut für Rechtsmedizin der Universität München zur – nicht erfolgreichen – Durchführung serologischer Untersuchungen übergeben worden war und dort als Leichenteil zur Vernichtung gelangt ist. Vor der Vernichtung waren mit dem am Handfragment noch befindlichen Finger jedoch daktyloskopische Untersuchungen durchgeführt worden (siehe Antwort zu Frage 5). Die 48 in dem von Gundolf Köhler genutzten Pkw sichergestellten Zigaretten- und Zigarillokippen wurden bereits im Februar 1981 vernichtet. k) zunächst in einer Lagebesprechung u. a. mit GBA, BKA, BfV sowie bayrischen Stellen am 8. Oktober 1980 von mehreren rechtsmilitanten Tätern ausgegangen, jedoch – ohne nachvollziehbaren Grund und neuere Erkenntnis – am 14. Oktober 1980 nicht mehr und seither einseitig statt ergebnisoffen nur noch in Richtung eines Einzeltäters ermittelt (vgl. SZ vom 3. Juni 2014), Für die Annahme, der Generalbundesanwalt habe nicht ergebnisoffen, sondern nur in Richtung eines Einzeltäters ermittelt, gibt die Aktenlage unabhängig vom Zeitpunkt der Ermittlungen nichts her. Ausweislich der vorliegenden Vermerke hatte sowohl die Lagebesprechung am 8. Oktober 1980 als auch die Lagebesprechung am 14. Oktober 1980, an denen neben Beamten des Generalbundesanwalts auch Vertreter des Bayerischen Landeskriminalamts , des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, des Bundeskriminalamts und – am 14. Oktober 1980 – des Bundesnachrichtendienstes, nicht aber des BfV teilgenommen haben, ausdrücklich mögliche Bezüge Gundolf Köhlers zu rechtsextremistischen Gruppierungen zum Gegenstand. Vermerke über an diesen Tagen stattgefundene Lagebesprechungen unter Beteiligung des BfV mit den in der Fragestellung skizzierten Inhalten konnten indes in der zur Verfügung stehenden Zeit in den vorliegenden Akten nicht aufgefunden werden. Allerdings folgt aus anderen Vermerken des Generalbundesanwalts, etwa vom 3. November 1980, dass sich zwar keine ausreichenden, im Zusammenhang mit dem Oktoberfestanschlag stehenden Erkenntnisse über anschlagsbezogene Verbindungen Gundolf Köhlers zu rechtsradikalen Gruppierungen ergeben hatten, jedoch weiterführende Ermittlungen zu möglichen Bezügen Gundolf Köhlers zur WSG, zur Gruppe Roeder sowie zur Gruppe Hepp insoweit ausdrücklich beabsichtigt und in Vorbereitung waren. Der Generalbundesanwalt hat es noch zum Zeitpunkt der Einstellung des Ermittlungsverfahren als lediglich nicht nachgewiesen erachtet, dass Gundolf Köhler aus einer Gruppierung heraus gehandelt hat oder es sonstige Mitwisser gab, und insoweit auf das Fehlen konkreter Anhaltspunkte für die Verbindung rechtsextremistischer Organisationen zu dem Anschlag abgestellt. Zudem hat der Generalbundesanwalt noch in der Einstellungsverfügung ausgeführt, dass sich weder die Beweggründe Gundolf Köhlers noch der unmittelbar tatauslösende Anlass mit völliger Sicherheit haben aufklären lassen. l) das Sprengwaffenbeseitigungskommando der Bundeswehr die bei Lembke gefundenen Waffen und Kampfmittel (u. a. 156 Kilo Sprengstoff , 230 Kilo Sprengkörper, 258 Handgranaten, 50 Panzerfäuste und 13 520 Schuss Munitionen in 33 Depots) so schnell vernichtet, ohne sie zuvor mit der Oktoberfestbombe abgeglichen zu haben (DER SPIEGEL vom 9. November 1981), Der bei der Oktoberfestbombe verwendete Sprengstoff konnte kriminaltechnisch nicht sicher bestimmt werden. Gaschromatografische bzw. massenspek- trografische Untersuchungen an Tatmittelresten und anderen Asservaten blieben insoweit ohne Ergebnis. Vergleichsmaterial in Bezug auf den von Heinz Lembke Drucksache 18/3259 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode versteckten Sprengstoff lag demnach nicht vor. Das Spurenbild insgesamt deutet allerdings mit Sicherheit auf die Verwendung gewerblichen Sprengstoffs, wahrscheinlich TNT, hin. m) nicht die Herkunft des verwendeten Sprengstoffs geprüft, Herkunftsermittlungen zu den verwendeten Tatmitteln wurden durchgeführt. Hinsichtlich des verwendeten Sprengstoffs wird auf die Antwort zu Frage 1l Bezug genommen. n) die Kontakte Köhlers zur Wehrsportgruppe Hoffmann und deren bundesweite Delikte – v. a. durch Bundesbehörden – nie systematisch untersucht , bevor Hinweise darauf in 80 Aktenordnern routinemäßig an das bayrische Hauptstaatsarchiv abgegeben, welches erst die Brisanz erkannte und die Akten zum Ausermitteln zurücksandte (vgl. SZ-online vom 8. September 2014), Die Kontakte Gundolf Köhlers zur WSG waren Gegenstand intensiver Ermittlungen . Dem Generalbundesanwalt liegen im Übrigen Erkenntnisse zu den in der Frage enthaltenen Tatsachenbehauptungen nicht vor. Nach den dem Generalbundesanwalt vorliegenden Informationen trifft die Behauptung, das Bayerische Hauptstaatsarchiv habe erstmals die Brisanz von Akten erkannt und diese dann „zum Ausermitteln“ zurückgesandt, nicht zu. o) der dem Opferanwalt erst im Jahr 2014 bekannt gewordene Zeuge R. O., dem vor der Explosion mehrere nicht wie Festbesucher aussehende Männer in Köhlers Nähe aufgefallen waren, erst sechs Wochen nach dem Attentat überhaupt nur knapp fünf Minuten vernommen und bezüglich jener Männer explizit nicht (vgl. SZ-online vom 8. September 2014)? Die Frage bezieht sich offenbar auf den Zeugen R. A. (nicht R. O.). Nach den dem Generalbundesanwalt vorliegenden Erkenntnissen wurde der Zeuge R. A. aufgrund seiner Verletzungen unmittelbar nach dem Anschlag in das Krankenhaus Starnberg verbracht und sollte dort am 28. September 1980 zeugenschaftlich vernommen werden. Da die Behandlung jedoch ambulant erfolgt und der Zeuge daher nach der Behandlung nach Hause entlassen worden war, musste dessen Wohnort erst ermittelt werden, so dass dessen Vernehmung schließlich erst am 20. Oktober 1980 durchgeführt wurde. Bei dieser Vernehmung konnte der Zeuge nach Aktenlage keine weiterführenden Erinnerungen generieren. Allerdings konnte er sich daran erinnern, dass sich im Bereich des Haupteingangs zum Festgelände viele Personen aufhielten. 2. a) War Lembke ein V-Mann einer (gegebenenfalls welcher) Sicherheitsbehörde des Bundes oder – nach Kenntnis der Bundesregierung – eines Landes? Der Informationsanspruch des Parlaments findet eine Grenze bei geheimhaltungsbedürftigen Informationen, deren Bekanntwerden das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden kann. Nachrichtendienste sammeln im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags Informationen und werten diese aus. Die Führung von V-Leuten gehört zu den wichtigsten nachrichtendienstlichen Mitteln, die den Verfassungsschutzbehörden und dem Bundesnachrichtendienst zur Informationsbeschaffung zur Verfügung stehen . Würden Einzelheiten hierzu oder Namen einzelner V-Leute bekannt, könnten dadurch Rückschlüsse auf den Einsatz von V-Leuten und die Arbeitsweise der Nachrichtendienste gezogen werden. Es entstünde die Gefahr, dass Fähig- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3259 keiten, Methoden und Informationsquellen der Nachrichtendienste bekannt würden und damit ihre Funktionsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigt wäre. Zudem ist zu beachten, dass sich V-Leute regelmäßig in einem extremistischen und gewaltbereiten Umfeld bewegen. Die Aufdeckung ihrer Identität könnte dazu führen, dass das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der jeweiligen betroffenen Personen gefährdet wäre. Aufgrund der Hochrangigkeit dieser Rechtsgüter, der möglichen Irreversibilität und der erhöhten Wahrscheinlichkeit ihrer Beeinträchtigung muss jede noch so geringe Möglichkeit des Bekanntwerdens zu Fragen des Einsatzes von V-Leuten ausgeschlossen werden. Die Auskunft muss auch dann verweigert werden, wenn die betreffende Person kein V-Mann ist oder war oder der Vorgang zeitlich weit zurückliegt, da ansonsten in allen übrigen Fällen aus der Antwortverweigerung auf das Vorliegen eines V-Leute-Einsatzes geschlossen werden könnte. Aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und der Gefährdung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nachrichtendienste sowie der V-Leute folgt, dass auch eine Beantwortung unter VS-Einstufung ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie und der Bedeutung der betroffenen Grundrechtspositionen hält die Bundesregierung die Informationen der angefragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. b) Warum steht in den Spurenakten ein Vermerk („Erkenntnisse über Lembke sind nur zum Teil gerichtsverwertbar“), wie er laut Anwalt sonst nur bezüglich V-Leuten oder anderen verdeckten Mitarbeitern von Geheimdiensten angefertigt würde (vgl. SZ-online vom 3. Juni 2014)? Der zitierte Satz „Erkenntnisse sind nur zum Teil gerichtsverwertbar“ wurde seitens des polizeilich mit den Ermittlungen gegen Heinz Lembke befassten Kriminalkommissariats Uelzen in einem unter anderem an die Soko „Theresienwiese“ gerichteten Fernschreiben vom 29. September 1980 verwendet. Der Satz bezieht sich auf die darin enthaltene Mitteilung staatsschutzbezogener Erkenntnisse zu Heinz Lembke, insbesondere zu dessen Aktivitäten in rechtsextremistischen Organisationen. Der in behördlichem Schriftverkehr enthaltene Hinweis auf eine nicht oder nur teilweise bestehende Gerichtsverwertbarkeit mitgeteilter Erkenntnisse gibt den beteiligten Strafverfolgungsbehörden lediglich den Hinweis, dass hinsichtlich bestimmter Informationen eine förmliche Sperrerklärung der zuständigen obersten Dienstbehörde gemäß § 96 StPO in Betracht kommen könnte und von der forensischen Verwendung einer solchen Information in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zunächst abgesehen werden soll. Ein solcher Hinweis auf die nachrichtendienstliche oder polizeiliche Schutzbedürftigkeit einer Information legt im Übrigen nicht den Schluss nahe, dass es sich bei einer in der Erkenntnismitteilung genannten Person um eine nachrichtendienstliche Quelle oder eine verdeckte Quelle der Polizei (V-Mann) handelt. Soweit ersichtlich haben die in Rede stehenden Informationen im Übrigen in dem Ermittlungsverfahren wegen der Funde von Waffen, Sprengstoff, Munition, Giften und Schriften im Oechtringer Forst bei Uelzen in Depots des Heinz Lembke (1 BJs 546/81) letztlich in gerichtsverwertbarer Weise Verwendung gefunden . Drucksache 18/3259 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. a) Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Lembke die bei ihm aufgefundenen Waffen und den Sprengstoff, die zum Teil mit Aufklebern einer Firma Dr. B. in Karwitz/Ortsteil Dragahn/Kreis Lüchow-Dannenberg versehen waren, von einem dort tätigen Mitarbeiter erhielt (vgl. DER SPIEGEL vom 9. November 1981)? Der Generalbundesanwalt geht sicher davon aus, dass der weitaus größte Teil der von Heinz Lembke in Erddepots vergrabenen Munition aus dem von der Firma Dr. B. & Co GmbH KG betriebenen Delaborierungswerk Draghan stammt und von dort in den Jahren 1975 bis 1980 entwendet worden ist. Das Ergebnis der Ermittlungen zwingt nicht zu dem Schluss, dass die von Heinz Lembke versteckte Munition zuvor notwendigerweise von einem der damals 32 Mitarbeiter der Firma Dr. B. beiseite geschafft worden sein muss. Den Ermittlungen zufolge kommen hierfür grundsätzlich auch betriebsfremde Personen in Betracht. b) Wie viele Einheiten je Waffen, Sprengstoff bzw. Munition ließ die deutsche „Stay Behind Organisation“ (SBO) bzw. „Lehr- und Ausbildungsgruppe für das Fernspähwesen der Bundeswehr“ (LAFBw 404/III) in Niedersachsen, konkret in der Munitions-Delaborierungsanlage bei Dragahn, oder wo sonst jeweils delaborieren, insbesondere 1979? Im Sinne der Fragestellung liegen keine Erkenntnisse vor. Allerdings hat sich im Ermittlungsverfahren 1 BJs 546/81 ergeben, dass die in den Erddepots des Heinz Lembke gelagerte Munition im Wesentlichen aus dem Bestand der Bundeswehr herrührte. Konkrete Herkunftsnachweise konnten lediglich in folgendem Umfang erbracht werden: An die Firma Dr. B. waren seitens der Bundeswehr danach übergeben worden – aus dem Munitionsdepot der Bundeswehr in Schierling 5 504 Sprengkapseln am 17. September 1975 – aus dem Munitionsdepot der Bundeswehr in Urlau 49 920 Sprengkapseln am 15. September 1975, 516 000 Patronen des Kalibers 7,62 mm am 29. August 1975 sowie 2 997 Panzerfaustgranaten zwischen Ende 1979 und Februar 1980 – aus verschiedenen anderen Munitionsdepots der Bundeswehr zwischen dem 5. Oktober 1979 bis zum 11. Februar 1980 weitere 46 887 Panzerfaustgranaten sowie aus dem Munitionsdepot der Bundeswehr in Walsrode 1 000 Handgranatenzünder . c) Wieviel Waffen, Sprengstoff bzw. Munition jeweils kamen dabei ohne Nachweis geordneter Unschädlichmachung abhanden (bitte differenzierte Auflistung mit Mengen- und Kilo-Angaben)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. d) Welche Beziehungen unterhielt Lembke nach Kenntnis der Bundesregierung zur SBO bzw. LAFBw? Wird die Bundesregierung dies nun durch den Generalbundesanwalt weiter aufklären lassen? Zu der Frage, welche Beziehungen Heinz Lembke zu SBO und LAFBw unterhielt , liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof wird sich der Frage annehmen, soweit sie für die Prüfung relevant ist, ob die förmliche Wiederaufnahme der Ermittlungen geboten ist, also zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine strafbare Beteili- gung noch lebender Personen an diesem Anschlag vorliegen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/3259 e) Wann ließ die Bundesregierung je welche Teile der SBO bzw. LAFBw vollständig auflösen (bereits ab dem Jahr 1972, wie das Bundesverteidigungsministerium – BMVg – Ende des Jahres 1990 mitteilte – vgl. DER SPIEGEL vom 19. November 1990 und Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 17/13615 –, oder erst durch Verfügung des BMVg-Staatssekretär Dr. Joachim Hiehle im Jahr 1978 – vgl. „Geheimarmee Stay Behind“, Bayrischer Rundfunk 4. bzw. 5. Oktober 2014: http://bit.ly/1pGxz4m)? Die von den Alliierten in Deutschland im Zusammenhang mit den Stay-behindAktivitäten angelegten Depots sollten bereits bis 1972 aufgelöst werden (vgl. dazu Bundestagsdrucksache 17/13615, S. 3, Antwort zu Frage 3). Die LAFBw wurde nach Kenntnis der Bundesregierung mit Auflösungsbefehl des BMVg vom Oktober 1979 zum 31. Oktober 1979 aufgelöst. Die Abwicklung der Staybehind -Organisation des Bundesnachrichtendienstes (SBO) wurde im Oktober 1990 im Vertrauensgremium des Deutschen Bundestages und am 22. November 1990 in der Parlamentarischen Kontrollkommission erörtert und per Organisationsverfügung vom 19. November und 21. Dezember 1990 verkündet. Die Auflösung der SBO erfolgte zum 30. September 1991 (vgl. Bundestagsdrucksache 17/13615, S. 2, Vorbemerkung der Bundesregierung, Buchstabe b). f) An welche Privatpersonen gelangten nach Kenntnis der Bundesregierung die Waffen, Munition, Sprengstoffe und andere Depotbestände von der SBO bzw. der LAFBw? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 4. a) Ist der Bundesregierung bekannt, dass der bayrische Innenminister den Opfer-Anwalt Dietrich über weitere Unterlagen seiner nachgeordneten Behörden zum „Wiesn-Attentat“ sowie zu möglichen Hintermännern, etwa der WSG-Hoffmann, lange nicht informierte und diese Unterlagen zur Einsicht angeboten hat und deren Existenz erst am 13. Juni 2014 offenbarte (vgl. SZ-online vom 8. September 2014)? Dem Generalbundesanwalt ist bekannt, dass der Bayerische Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr am 13. Juni 2014 ein Schreiben an Rechtsanwalt Werner Dietrich gerichtet hat, in dem er auf dessen Schreiben vom 14. Juni 2013, 7. November 2013 und 6. Mai 2014 Bezug nimmt. In seinem Schreiben dankt der Bayerische Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr Rechtsanwalt Werner Dietrich für dessen Mitteilung, dass dieser zwischenzeitlich Einsicht in die Spurenakten des Bayerischen Landeskriminalamts hat nehmen können . Darüber hinaus unterrichtet er Rechtsanwalt Werner Dietrich davon, welche Akten des Bayerischen Staatsministeriums des Innern mit möglichen Bezügen zum Oktoberfestanschlag derzeit zum Zwecke der Übergabe an das Bayerische Hauptstaatsarchiv aufbereitet werden. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine weiteren Erkenntnisse vor, die über die in den Medien dargestellten Vorgänge hinausgehen. b) Welche Bundesbehörden haben unter Umständen ebenso noch derartige Unterlagen, die sie Rechtsanwalt Dietrich noch nicht mitteilten und zur Einsicht anboten? Um welche Unterlagen handelt es sich gegebenenfalls? Dem BfV liegen – weiterhin geheimhaltungsbedürfte – Dokumente zum Oktoberfest -Attentat vor. Diese enthalten jedoch keine Hinweise auf mögliche „Hin- termänner“ des Bombenanschlags. Drucksache 18/3259 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundesnachrichtendienst hat Teile seiner Unterlagen zur fragegegenständlichen Thematik („Oktoberfest-Attentat“) mit dem Betreff „Erkenntnisse zur Wehrsportgruppe Hoffmann“ im Februar 2014 an das Bundesarchiv abgegeben. Sie sind dort unter der Signatur B206/2084 für jedermann einsehbar. Weitere Unterlagen, die noch der Verschlusssachenanweisung unterliegen, befinden sich sowohl noch in der Registratur des Bundeskanzleramtes als auch noch im Archiv des Bundesnachrichtendienstes. Zu diesen Unterlagen wird im Rahmen und nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Zugang gewährt. 5. Was geschah mit den Resten der abgerissenen Hand, die am Tatort gefunden wurde und die zu keiner der Leichen passte, auch nicht zu Gundolf Köhler? Die in der Fragestellung enthaltene Tatsachenbehauptung trifft nicht zu. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist sicher davon auszugehen, dass es sich bei dem in Tatortnähe sichergestellten Handfragment um ein Teil des Leichnams des Gundolf Köhler handelt. Dies folgt aus den durchgeführten daktyloskopischen Untersuchungen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1j verwiesen. 6. Welche Personen haben nach Kenntnis der Bundessicherheitsbehörden kurz vor dem Attentat am Nachmittag und am Abend des 26. September 1980 Gundolf Köhler begleitet bzw. Kontakt mit ihm gehabt? Den Ermittlungen zufolge hat Gundolf Köhler das elterliche Anwesen am 26. September 1980 mit dem Pkw seines Vaters spätestens gegen 15.30 Uhr verlassen . Personen, die nach diesem Zeitpunkt noch in Kontakt zu Gundolf Köhler gestanden haben könnten, konnten nicht identifiziert werden. 7. Wer verschaffte nach Kenntnis der Bundesregierung Gundolf Köhler den beim Attentat verwendeten Sprengstoff, welcher nicht in dessen so genannter Bombenwerkstatt im Keller seiner Eltern zu finden war? Die Herkunft des bei der Tat verwendeten Sprengstoffs ist nicht geklärt. Selbiges gilt hinsichtlich des zur Zündung des Sprengstoffs mit hoher Wahrscheinlichkeit verwendeten Nitrozellulosepulvers. Allerdings konnte Nitrozellulosepulver seinerzeit im benachbarten Ausland ohne behördliche Erlaubnis erworben werden. 8. Inwieweit trifft die Schilderung des Magazins „DER SPIEGEL“ vom 24. November 2011 (nach Sichtung von 46 000 Seiten Ermittlungsakten) zu, dass a) Köhler schon als Jugendlicher mit Wissen der Sicherheitsbehörden NPD-Veranstaltungen besuchte, die Judenvernichtung öffentlich begrüßte und der militant-rechten Wiking-Jugend beitrat, deren Mitglieder in den Jahren 1977 bzw. 1978 Soldaten in mindestens drei Bundeswehreinrichtungen bewaffnet überfielen und ihnen Waffen sowie Munition stahlen (vgl. DER SPIEGEL vom 15. Mai 1978), b) Köhler auch als Student in Tübingen die Nähe eines rechtradikalen Studentennetzes suchte, das ihm auf Hoffmanns Weisung hin helfen sollte, Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/3259 dort eine Wehrsport-Ortsgruppe zu eröffnen (vgl. DER SPIEGEL vom 24. Oktober 2011), c) Sicherheitsbehörden auch des Bundes schon vor dem Attentat Köhlers Kontakte zur WSG-Hoffmann kannten, d) etwa der Militärische Abschirmdienst (MAD) über bis heute geheim gehaltene entsprechende Korrespondenz verfügt (vgl. DER SPIEGEL, a. a. O.)? Worum handelt es sich dabei genau? Wird die Bundesregierung dies nun umgehend den Fragestellern und dem Opferanwalt Dietrich zugänglich machen? Die Fragen 8a bis 8d werden gemeinsam beantwortet. Auf Grundlage der strafprozessualen Ermittlungen kann im Sinne der Fragestellung 8a bis 8c bestätigt werden, dass Gundolf Köhler als Jugendlicher Veranstaltungen der NPD besuchte, den Völkermord an den europäischen Juden im sogenannten Dritten Reich befürwortete, in den Jahren 1975 und 1976 an zwei paramilitärischen Übungen der WSG teilnahm, zeitweise die Absicht hegte, in der Region Donaueschingen eine Wehrsportgruppe nach dem Vorbild der WSG zu gründen, eigenen Verlautbarungen zufolge – vermutlich im Dezember 1976 – in Tübingen an tätlichen Ausschreitungen von Angehörigen rechtsextremistischer Gruppierungen aktiv beteiligt war und von Anfang 1979 bis Oktober desselben Jahres Verbindungen zu dem rechtsextremistischen „Hochschulring Tübinger und Reutlinger Studenten“ unterhielt. Weitere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 9. a) Wird die Bundesregierung sich nun gegenüber dem GBA für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen einsetzen, was dieser bereits zu prüfen begann (vgl. SZ-online vom 9. September 2014)? Die Prüfung, ob ein hinreichender Anfangsverdacht für das Vorliegen einer in die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft liegenden Straftat gegeben ist, obliegt dem Generalbundesanwalt. § 152 Absatz 2 StPO knüpft das Einschreiten wegen verfolgbarer Straftaten an das Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte . b) Wird insbesondere Bundesminister Heiko Maas mit diesem Ziel nun unverzüglich ein Gespräch mit dem GBA suchen, nachdem der Minister am 15. Januar 2014 der bayrischen Landtagsabgeordneten Margarete Bause versprochen hatte, dass „beim Vorliegen neuer Erkenntnisse die Ermittlungen wieder aufgenommen werden“ (SZ-online vom 9. September 1981)? Die Darstellung in der genannten Online-Veröffentlichung ist insoweit nicht zutreffend , als der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas mit Schreiben vom 15. Januar 2014 an das Mitglied des Bayerischen Landtags Katharina Schulze auf deren Schreiben vom 19. Dezember 2013 geantwortet hat. In dem Schreiben weist er darauf hin, dass der Generalbundesanwalt seit geraumer Zeit intensiv prüfe, ob die förmliche Wiederaufnahme der Ermittlungen geboten ist. Weiter führt Bundesjustizminister Heiko Maas aus: „Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine strafbare Beteiligung noch lebender Personen an diesem Anschlag . Im Rahmen dieser Prüfung geht der Generalbundesanwalt fortwährend den von verschiedenen Seiten – teils auch öffentlich – vorgebrachten Spuren und Hinweisen nach. Bisher haben sich jedoch keine tragfähigen neuen Ermittlungs- Drucksache 18/3259 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ansätze ergeben. Seien Sie aber gewiss, dass auch weiterhin allen Hinweisen nachgegangen wird und beim Vorliegen neuer Erkenntnisse die Ermittlungen wieder aufgenommen werden.“ Diese Aussage hat nach wie vor Bestand. 10. Wird die Bundesregierung bei Wiederaufnahme der Ermittlungen darauf dringen, a) die Akten der Untersuchungskommission „Terrorismus und Massaker“ des italienischen Senats (1994 bis 2000) beiziehen zu lassen, worin sich Aussageprotokolle dreier deutscher Rechts-Militanten über ihre Verbindungen zum Oktoberfest-Attentat und deutsche Waffenlieferungen befinden (DER SPIEGEL vom 11. April 2005), Die Bundesregierung nimmt zu hypothetischen Fragen keine Stellung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. b) dass der Opferanwalt bzw. die Opferanwälte rechtzeitig und vollständig Akteneinsicht erhalten? Die Gewährung von Akteneinsicht an Verletztenbeistände ist gesetzlich in § 406e StPO geregelt; darüber entscheidet der Generalbundesanwalt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333