Deutscher Bundestag Drucksache 18/3380 18. Wahlperiode 01.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3222 – Umsetzung des Verkehrssicherheitsprogramms in den Jahren 2011 bis 2020 (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/2793) Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Qualität und Tiefe der Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Umsetzung des Nationalen Verkehrssicherheitsprogramms (Bundestagsdrucksache 18/2793) der Bundesregierung macht eine Nachfrage insbesondere zur Umsetzung konkreter Einzelmaßnahmen bei der Verbesserung der Verkehrssicherheit notwendig . 1. Wie teilen sich die jährlichen Forschungsmittel für die Straßenverkehrssicherheit in Höhe von rund 3,7 Mio. Euro auf die Bundesanstalt für Straßenwesen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf? Der dargestellte Betrag bezieht sich auf den Haushaltstitel 12 11 544 01-176 Nummer 1 und steht ausschließlich der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) für Forschungsaufträge zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zur Verfügung. 2. Welche Informationen liegen der Bundesregierung zur Entwicklung der Helmtragequote bei Fahrradfahrern vor? Helmtragequoten werden jährlich im Auftrag der BASt erhoben und veröffentlicht . Im Jahr 2013 trugen über alle Altersgruppen hinweg 15 Prozent der FahrradfahDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 28. November 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. rer einen Schutzhelm (2012: 13 Prozent). Im Jahr 2013 trugen 75 Prozent der Kinder von sechs bis zehn Jahren einen Fahrradhelm (2012: 66 Prozent). Die Quote erreichte damit einen bisherigen Höchststand. Bei den elf- bis 16-jährigen Radfahrern trugen 28 Prozent einen Helm (2012: 29 Prozent). Für Radfahrer ab Drucksache 18/3380 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17 Jahren lagen die Helmtragequoten in den jeweiligen Altersgruppen zwischen 6 und 16 Prozent (Quelle: BASt). 3. Welchen Zeithorizont strebt die Bundesregierung bei der Einführung des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD festgehaltenen MehrPhasen -Modells für die Verbesserung der Fahranfängerausbildung an? Bei der Erarbeitung von weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Fahranfängersicherheit werden derzeit in einer Projektgruppe der BASt Vorschläge für eine mehrphasige Vorbereitung von Fahranfängern erarbeitet. Im ersten Halbjahr 2015 soll der zuständige Bund-Länder-Fachausschuss über diese Vorschläge beraten. Nach Maßgabe der dortigen Empfehlungen sollen die Maßnahmen anschließend konkretisiert und ggf. für eine Erprobung vorbereitet werden . Anschließend sind die erforderlichen rechtlichen Änderungen auf den Weg zu bringen. 4. Welche Vorschläge der Fahrlehrerverbände sollen bei der Verbesserung der pädagogischen Qualität der Fahrlehrerausbildung geprüft werden? Es werden alle vorliegenden Vorschläge geprüft. 5. Von welchen Fahrlehrerverbänden liegen der Bundesregierung entsprechende Vorschläge vor? Es liegen Vorschläge von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BvF) e. V., dem Bundesverband deutscher Fahrschulunternehmen (BdFU) e. V. sowie dem Interessenverband deutscher Fahrlehrer (IDF) e. V. vor. 6. Plant die Bundesregierung bei der Verbesserung der pädagogischen Qualität der Fahrlehrerausbildung auch die Vorschläge anderer Organisationen, die sich in diesem Bereich engagieren, zu berücksichtigen? Wenn ja, welche sollen Berücksichtigung finden? Wenn nein, warum nicht? Neben den Vorschlägen der Fahrlehrerverbände liegen auch Vorschläge der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fahrlehrerausbildungsstätten e. V. (BAGFA) und der MOVING International Road Safety Association e. V. (MOVING) vor. Bei der Verbesserung der pädagogischen Qualität der Fahrlehrerausbildung werden alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisse bzw. Quellen genutzt, die eine Qualitätsverbesserung bei der Fahrlehrerausbildung erwarten lassen. Eine Entscheidung darüber, welche Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden, ist noch nicht gefallen. 7. Wie will die Bundesregierung künftig den Erfolg freiwilliger Gesundheitschecks bewerten, wenn dazu keine Erhebungen geplant sind? Die Bundesregierung wird die Entwicklung der Unfallzahlen und Unfallfolgen weiterhin aufmerksam verfolgen. Bisher deutet nichts darauf hin, dass ältere Verkehrsteilnehmer ein besonders hohes Risiko im Straßenverkehr darstellen. Aufgrund der demografischen Entwicklung sieht die Bundesregierung es dennoch als zielführend an, besondere Verkehrssicherheitsmaßnahmen für diese Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3380 Zielgruppe zu fördern. Hierzu zählt die Werbung für freiwillige Gesundheitschecks und die Verbesserung der Beratungskompetenz der Ärzte. 8. Auf welche wissenschaftliche Erkenntnisse stützt sich die Aussage der Bundesregierung, dass obligatorische Gesundheitschecks ab einem bestimmten Alter nicht zu rechtfertigen seien? Wissenschaftliche Studien aus verschiedenen Ländern sowie die Ergebnisse des EU-Projekts „MEDRIL“ zeigen, dass ein Nutzen solcher obligatorischen Untersuchungen , die in vielen Ländern bereits durchgeführt werden, bisher nicht belegt werden konnte. 9. Welchen Zeithorizont strebt die Bundesregierung bei der Einführung des Abbiegeassistenten für schwere Lkw an? Die Bundesregierung hat ein Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Testverfahrens für Abbiege-Assistenzsysteme für Lastkraftwagen in Auftrag gegeben. Basierend auf einer Analyse der Straßenverkehrs-Unfallstatistik soll der Entwurf für ein Testverfahren bis Dezember 2014 abgeschlossen werden. Danach ist die Weiterentwicklung des Verfahrens geplant, um im Jahr 2015 bei der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) für die erstmalige Beratung einen Vorschlag für die verpflichtende Ausrüstung von schweren Lastkraftwagen mit Abbiege-Assistenzsystemen einzureichen. Zu den dafür vorzusehenden Übergangsfristen für die Hersteller kann noch keine Aussage gemacht werden . 10. Welche wesentlichen Inhalte kennzeichnen die geplante Verordnung zur situativen Winterreifenpflicht, und bis wann will die Bundesregierung die Verordnung vorlegen? Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bereitet derzeit einen Verordnungsentwurf vor, der die situative Winterreifenpflicht, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an Winterreifen, präzisieren soll. Mit der Kennzeichnung von Winterreifen mit dem sogenannten Alpine-Symbol ist ein definierter Test für Winterreifen verbunden. Damit sollen die Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit eines Winterreifens bei schneebedeckten Straßen festgelegt werden. Der Entwurf wird bald in die Ressortabstimmung gehen. 11. Warum hält die Bundesregierung die Berufung eines Verkehrssicherheitsbeauftragten bei der Stärkung der Verkehrssicherheitsarbeit nicht für zielführend ? Wie schon in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/2793 erläutert, ist die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von zahlreichen Akteuren in Deutschland getragen wird. Abstimmungen des Bundes mit den Ländern beispielsweise in entsprechenden Fachausschüssen erfolgen regelmäßig ebenso wie intensive Abstimmungen mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat und der Deutschen Verkehrswacht und anderen Institutionen. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat verfügt über mehr als 200 Mitglieder aus allen Bereichen von Gesellschaft und Wirtschaft. Auch im Bereich der Forschung bestehen enge Verbindungen zwischen der Bundesanstalt für Straßenwesen und zahlreichen nationalen wie internationalen Forschungseinrichtungen, so dass neueste wis- Drucksache 18/3380 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode senschaftliche Erkenntnisse für die Verkehrssicherheit genutzt werden können. Diese Form der Kooperationen hat sich eindeutig bewährt. Die Schaffung weiterer und unter Umständen kostspieliger bürokratischer Strukturen ist daher nicht sinnvoll. 12. Durch welche konkreten Maßnahmen will die Bundesregierung „Regelkenntnis “ und „Regelakzeptanz“ bei den Verkehrsteilnehmern erhöhen? Grundsätzlich zielen alle Programme und Aktionen der Straßenverkehrssicherheit auch auf eine Erhöhung der Regelkenntnis und der Regelakzeptanz ab. Insbesondere die Kampagnen des BMVI „Runter vom Gas“ und „Rücksicht im Straßenverkehr“ haben die Regelbefolgung zum Inhalt. Darüber hinaus geht es darum, Toleranz und gegenseitiges Verständnis der Verkehrsteilnehmer untereinander zu fördern. 13. Erwartet die Bundesregierung durch die ab dem Jahr 2016 geplante Autobahnvignette „Mautausweichverkehre“, also die Verdrängung von PkwVerkehr von sicheren Autobahnen auf vergleichsweise unsichere Bundesund Landesstraßen? Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Verlagerungseffekte unter Verkehrssicherheitsaspekten? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung erwartet keine nennenswerten Ausweichverkehre vom abgabepflichtigen Straßennetz auf das nicht-abgabepflichtige, untergeordnete Straßennetz. Es besteht daher kein Grund, abgabepflichtige Straßen zu meiden. Halter von ausländischen Fahrzeugen dürften aufgrund der geplanten moderaten Vignettenpreise wenig Anreize haben, in das nachgeordnete Streckennetz auszuweichen . Positiv wirkt sich hier auch aus, dass es sich um eine zeitbezogene Vignette und nicht um eine streckenbezogene Maut handelt. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, dass das BMVI ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung die Abgabepflicht für Kraftfahrzeuge, die nicht in Deutschland zugelassen sind, auf genau bezeichnete Abschnitte von Bundesstraßen auszudehnen, wenn dies zur Vermeidung von Ausweichverkehren oder aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs gerechtfertigt ist. 14. Plant die Bundesregierung die Einführung eines Grenzwertes für Tetrahydrocannabinol (THC) im Straßenverkehr? Falls nein, warum nicht? Die Diskussion dazu ist noch nicht abgeschlossen. 15. Wie beabsichtigt die Bundesregierung, die Ergebnisse der Studie „Driving Under Influence of Drugs, Alcohol and Medicines“ (DRUID) umzusetzen ? Soll eine Stärkung der Verkehrssicherheit durch Umsetzung der Empfehlungen erfolgen? Die wissenschaftlichen Erkenntnisse von DRUID sind in den relevanten Fachgremien vorgestellt worden. So wird die Möglichkeit der Einführung einer Kennzeichnung von Medikamenten hinsichtlich ihrer beeinträchtigenden Wir- kungen im Straßenverkehr diskutiert. Die Ergebnisse zum effektiven und kos- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3380 teneffizienten Einsatz von Verkehrskontrollen zu Alkohol und Drogen und zum Einsatz von Drogenschnelltests wurden bei der Hochschule der Polizei vorgestellt . Über eine Umsetzung des in DRUID empfohlenen Einsatzes von AlkoholInterlocks in Verbindung mit Rehabilitationsmaßnahmen bei alkoholauffälligen Kraftfahrern wird derzeit beraten. Die Erkenntnisse über den Einfluss psychoaktiver Substanzen auf die Verkehrssicherheit werden in der Grenzwertkommission diskutiert (siehe auch Antwort zu Frage 14) und werden in die Überarbeitung der entsprechenden Kapitel (Alkohol, Drogen und Medikamente) der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung eingehen, die Anfang 2015 beginnen wird. Die DRUID-Ergebnisse zur zielgruppenspezifischen Ansprache verschiedener Adressaten (z. B. Ärzte, Apotheker, junge Fahrer) fließen in die Arbeit der einschlägigen Verbände und Institutionen ein. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333