Deutscher Bundestag Drucksache 18/3392 18. Wahlperiode 02.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Möhring, Sabine Zimmermann (Zwickau), Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3028 – Sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit rücken seit der Weltbevölkerungskonferenz im Jahr 1994 in Kairo zunehmend in den politischen und gesellschaftlichen Fokus. Definiert wird sexuelle und reproduktive Gesundheit durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „ein Zustand des körperlichen , emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität und nicht nur das Fehlen von Krankheit, Funktionsstörungen oder Gebrechen.“ (www.euro.who.int/de/health-topics/Life-stages/sexual-andreproductive -health/news/news/2011/06/sexual-health-throughout-life/ definition, abgerufen am 12. September 2014). Sexuelle Gesundheit ist aus diesem Grund auch untrennbar mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden. Sie „setzt eine positive und respektvolle Haltung zu Sexualität und sexuellen Beziehungen voraus sowie die Möglichkeit, angenehme und sichere sexuelle Erfahrungen zu machen, und zwar frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt . Sexuelle Gesundheit lässt sich nur erlangen und erhalten, wenn die sexuellen Rechte aller Menschen geachtet, geschützt und erfüllt werden.“ (www.euro.who.int/de/health-topics/Life-stages/sexual-and-reproductivehealth /news/news/2011/06/sexual-health-throughout-life/definition, abgerufen am 12. September 2014). Laut des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die Verwirklichung sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte über die konkrete Situation der und des Einzelnen hinaus als „auch Implikationen für gesellschaftliche Prozesse und nachhaltige Entwicklung . Entscheidend ist ein sozio-politisches und kulturelles Umfeld, das verheirateten und nichtverheirateten Frauen, Männern und Jugendlichen beiderlei Geschlechts ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung den gleichen Zugang zu Informationen und Diensten gewährt und diesen fördert.“ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, Bevölkerungsdynamik. Berlin und Bonn 2008, Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 28. November 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. S. 4). Auf internationaler Ebene fordern die Überprüfungsverfahren von CEDAW (Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau) Drucksache 18/3392 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode und CESCR (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, auch ICESCR) „bestmögliche Standards sexueller und reproduktiver Gesundheit“ als ein Menschenrecht. Dazu zählen nicht nur das Recht auf Gesundheit , sondern auch das Recht auf Zugang zu Verhütungsmitteln und umfassenden Informationen über diese sowie das Recht auf Gesundheitsvorsorge. Zugang zu Verhütungsmitteln und Informationen 1. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell Jungen und Männer über die Verhinderung von ungewollten Schwangerschaften aufzuklären? 2. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell Mädchen und Frauen über die Verhinderung von ungewollten Schwangerschaften aufzuklären? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) setzt den gesetzlichen Auftrag nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz um, indem Mädchen und Jungen in den Medien zur Sexualaufklärung geschlechtersensibel und altersgerecht informiert werden. Neben den Medien und Materialien, die sich allgemein an Jugendliche richten, werden Mädchen und Jungen zu geschlechterspezifischen Themen gezielt angesprochen, um ihren unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Diese Informationen fördern Mädchen und Jungen in ihrem Wissen und ihrer Kompetenz und bestärken sie in eigenverantwortlichem Handeln. Folgende Medien und Materialien richten sich direkt an Jungen als Zielgruppe: – „Wie geht’s? Wie steht’s?“ Broschüre mit ausführlichen Informationen zum männlichen Körper für Jungen und junge Männer. – „Sex’n’Tipps – Jungenfragen“ Broschüre mit kurzen Informationen über Körperentwicklung, Sexualität und Verhütung für Jungen und junge Männer. – www.loveline.de Online-Angebot für Jugendliche mit Informationen zu Kör- per, Liebe, Partnerschaft, Sexualität und Verhütung, mit Themenbereich speziell für Jungen. Folgende Medien und Materialien richten sich direkt an Mädchen als Zielgruppe : – „Jules Tagebuch“ Broschüre mit ausführlichen Informationen für Mädchen zu Beginn der Pubertät. – „Sex’n’Tipps – Mädchenfragen“ Broschüre mit kurzen Informationen über Körperentwicklung, Sexualität und Verhütung für Mädchen und junge Frauen. – www.loveline.de Online-Angebot für Jugendliche mit Informationen zu Körper , Liebe, Partnerschaft, Sexualität und Verhütung, mit Themenbereich speziell für Mädchen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3392 3. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell behinderten Menschen den Zugang zu Informationen und Beratungsangeboten zur Verhinderung von ungewollten Schwangerschaften zu gewährleisten ? Seit dem Jahr 2010 verbreitet die BZgA Medien und Maßnahmen, um Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung als Zielgruppe zu erreichen. Zu diesem Zweck hat die BZgA Studien in Auftrag gegeben, um einen zielgruppenspezifischen Bedarf zu ermitteln („Jugendsexualität und Behinderung“ sowie „Familienplanung bei jungen Menschen mit Behinderung“). Um Menschen mit Behinderung zu unterstützen, in Fragen zu Sexualität, Verhütung, Partnerschaft, Familie und Elternschaft selbstbestimmt zu entscheiden, wurde das Integrationsprojekt „Sexualaufklärung inklusive“ initiiert. Darüber hinaus werden aktuell folgende Maßnahmen der BZgA auf die Zielgruppe auf Menschen mit Behinderung erweitert: – Die Nutzung von www.loveline.de wird im Hinblick auf den Abbau techni- scher Barrieren und der Erweiterung von Texten und Bildwelten angepasst. – Die Thematik wird in die zu überarbeitenden Medien und Materialien aufge- nommen, aktuell in Medien und Materialien wie der Kindergartenbox und „Dem Leben auf der Spur“ (für die Grundschule). Texte werden den Bedarfen der Zielgruppe angepasst, u. a. stehen die Startseiten der webbasierten Angebote in Leichter Sprache zur Verfügung. 4. Plant die Bundesregierung, Verhütungsmittel in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) auch für Versicherte, die das 20. Lebensjahr vollendet haben, aufzunehmen? 5. Falls nein, welche Argumente werden geltend gemacht? Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach § 24a Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte der GKV Anspruch auf ärztliche Beratung über Fragen der Empfängnisregelung . Zur ärztlichen Beratung gehören auch die erforderliche Untersuchung und die Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln. Außerdem haben Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr nach § 24a Absatz 2 SGB V Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln, soweit sie ärztlich verordnet werden. Im Hinblick auf den Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung, Krankheitsrisiken abzudecken, ist eine Ausweitung des Leistungsanspruchs derzeit nicht geplant. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 6. Welche Verhütungsmittel werden nach Kenntnis der Bundesregierung unter welchen Umständen von der GKV erstattet? Wie sich aus der Antwort zu Frage 5 ergibt, können von den Krankenkassen an Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr ärztlich verordnete empfängnisverhütende Mittel erstattet werden. Hierzu gehören insbesondere hormonell wirkende Verhütungsmittel. Drucksache 18/3392 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Inwiefern sind der Bundesregierung verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzlichen und untergesetzlichen Erstattungsregelungen für gesetzlich Versicherte bekannt, insbesondere bezüglich der Altersgrenzen und der Begrenzung auf bestimmte Verhütungsmittel? 8. Aus welchen Erwägungen heraus wurde als Altersgrenze für die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln zur Verhütung das vollendete 20. Lebensjahr gewählt? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Regelung des § 24a SGB V, nach der Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln haben, soweit sie ärztlich verordnet werden, wurde durch das Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) vom 27. Juli 1992 eingeführt. Nach der gesetzlichen Begründung sollte mit dieser Regelung der Kreis der Frauen erfasst werden, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage, insbesondere, weil sie sich noch in Ausbildung befinden würden, am wenigsten in der Lage seien, die Kosten für Empfängnisverhütungsmittel aufzubringen (Bundestagsdrucksache 12/2605, S. 20). Insoweit hat der Gesetzgeber wichtige Gründe für die Feststellung des Leistungsanspruchs genannt, die eine besondere Behandlung orientiert an einer Altersgruppe rechtfertigen. 9. Aus welchen Erwägungen heraus wurde die Erstattungsfähigkeit auf Arzneimittel zur Verhütung begrenzt? Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen empfängnisverhütende Mittel nur dann von der Krankenkasse übernommen werden, wenn sie mit Arzneimitteln vergleichbar sind (Bundestagsdrucksache 12/3608, S. 78). 10. Inwiefern gibt es bei dieser Begrenzung nach Ansicht der Bundesregierung rechtliche Bedenken bezüglich Frauen, bei denen aus medizinischen Gründen die Anwendung von hormonellen oder anderen Arzneimitteln zur Verhütung ausgeschlossen ist? 11. Welche Argumente sprechen nach Ansicht der Bundesregierung für oder gegen eine Verschiebung der Altersgrenze oder für die Aufnahme weiterer bzw. anderer Kriterien als das Alter? Die Fragen 10 und 11 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Wie in den vorhergehenden Antworten dargestellt, ist die Einschränkung des Leistungsanspruchs sachlich begründet und eine Leistungsausweitung derzeit vor dem Hintergrund nicht geplant, dass bereits der bestehende Leistungsanspruch nicht zum originären Aufgabenbereich der GKV gehört. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3392 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Erstattungsfähigkeit von Kontrazeptiva durch private Krankenversicherungen? Inwiefern ist ihr insbesondere bekannt, ob die entsprechenden Regelungen in der GKV hier teils unterschritten werden? Bei privat krankenversicherten Frauen besteht grundsätzlich nur im Fall einer medizinischen Notwendigkeit bzw. medizinischen Indikation ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für Kontrazeptiva. Nach Stellungnahme des Verbands der privaten Krankenversicherung kann eine medizinische Notwendigkeit von Kontrazeptiva z. B. dann angenommen werden, wenn es um die Vermeidung von Risikoschwangerschaften oder um den Ausgleich hormonell bedingter gesundheitlicher Störungen geht. Anders ist die Situation bei einer Versicherung im brancheneinheitlichen Basistarif, in dem die Kosten für Kontrazeptiva im Umfang der Leistungspflicht der GKV erstattet werden. 13. Warum bekommen Jungen und Männer im Gegensatz zu Mädchen und Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr die Kosten für Verhütungsmittel durch die GKV nicht erstattet? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 14. Wie viel Geld ist nach Kenntnis der Bundesregierung im Regelsatz für das Arbeitslosengeld II (ALG II) für Verhütungsmittel eingeplant? In welchem Posten sind diese Ausgaben bei der Regelsatzberechnung subsummiert ? Bei der Ermittlung der Regelbedarfe im Rahmen des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 wurden Ausgaben der Referenzhaushalte aus Sonderauswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 für Verhütungsmittel in vollem Umfang bei den durchschnittlichen monatlichen Aufwendungen für Gesundheitspflege (Abteilung 06) in Höhe von 15,55 Euro berücksichtigt. Die Ausgaben der Referenzhaushalte für die Antibabypille beinhaltet die in Abteilung 06 mit 5,07 Euro als regelbedarfsrelevant berücksichtigte Position „Pharmazeutische Erzeugnisse – ohne Rezept gekauft“ (Code 0611 900). Die Ausgaben der Referenzhaushalte für Empfängnisverhütungsmittel aus Gummi (mechanisch) und Kondome enthält die in Abteilung 06 mit 1,44 Euro als regelbedarfsrelevant berücksichtigte Position „Andere medizinische Erzeugnisse – ohne Rezept gekauft“ (Code 0612 900). Die angegebenen Beträge für regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben beziehungsweise für einzelne darin enthaltene Verbrauchspositionen entsprechen dem Stand des Jahres 2008. Im Rahmen der seither durchgehenden Fortschreibung der Regelbedarfe mit der Veränderungsrate des Mischindexes ist die Angabe von Einzelbeträgen nach dem Stand des Jahres 2014 nicht möglich. Bei den genannten Beträgen ist ferner zu berücksichtigen, dass der Regelbedarf auch weiterhin als pauschaler Gesamtbetrag zur freien Verfügung gewährt wird. Dementsprechend wird mit der Ermittlung von Regelbedarfen nicht entschieden , wofür oder in welchem Umfang Leistungsberechtigte das ihnen zustehende Budget verwenden. Individuelle Mehrausgaben im Vergleich zu den regelbedarfsrelevanten Durchschnittsausgaben müssen somit durch Minderausgaben an anderer Stelle ausgeglichen werden. Drucksache 18/3392 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Wie viel kostet nach Kenntnis der Bundesregierung eine hormonelle Verhütung durchschnittlich pro Monat? Ausgehend von einer Packungsgröße mit einer Reichdauer von sechs Monaten kosten hormonelle Verhütungsmittel abhängig vom verordneten Produkt zwischen 4 Euro und 15,50 Euro pro Monat. 16. Wie viel Geld wurde bis zum Jahr 2004 jährlich nach den §§ 36 und 36a des Bundessozialhilfegesetzes (Hilfe zur Familienplanung und Hilfe zur Sterilisation) für die Erstattung von Verhütungsmitteln bzw. der Sterilisation ausgegeben? In der Statistik des Statistischen Bundesamts für die Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe wurden bis zum Jahr 2004 die Ausgaben für die Hilfe zur Familienplanung und die Hilfe zur Sterilisation zusammengefasst mit den Ausgaben für die Krankenhilfe ausgewiesen. Die Nettoausgaben der Sozialhilfe für Krankenhilfe, Hilfe bei Sterilisation und Hilfe zur Familienplanung (Fünftes Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII) in und außerhalb von Einrichtungen in den Jahren 2000 bis 2004 sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Nettoausgaben der Sozialhilfe für Krankenhilfe, Hilfe bei Sterilisation und Hilfe zur Familienplanung in und außerhalb von Einrichtungen, 2000 bis 2004 Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe 17. Inwiefern sieht die Bundesregierung seit der Abschaffung dieser Regelungen die Gewährung der durch die von Deutschland unterzeichnete Erklärung der sexuellen und reproduktiven Rechte der Weltgesundheitsorganisation anerkannten Rechts auf Familienplanung bei Familien in ALG-IIBezug für nicht mehr gewährleistet (bitte begründen)? Die Vorschriften zur Familienplanung nach dem bis Jahresende 2004 geltenden Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wurden nicht abgeschafft, sondern sind in das 2005 in Kraft getretene SGB XII übernommen und dort im Fünften Kapitel des SGB XII als „Hilfen zur Gesundheit“ aufgegangen. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Fünften Kapitel des SGB XII kann auch für Leistungsberechtigte nach dem SGB II bestehen (§ 5 SGB II). Grundsätzlich entsprechen die Vorgaben der „Hilfen zur Gesundheit“ (§§ 47 bis 51 SGB XII) den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 52 Absatz 1 Satz 1 SGB XII) und sind vorrangig in Anspruch zu nehmen. Damit entsprechen die sozialhilferechtlichen Regelungen den für alle gesetzlich Krankenversicherten geltenden Vorschriften. Jahr Nettoausgaben 2000 2 375 690 598 DM (1 214 671 315 EUR) 2001 1 259 174 256 EUR 2002 1 345 291 702 EUR 2003 1 469 608 954 EUR 2004 1 371 442 439 EUR Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3392 18. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus Ergebnissen der in 13 Ländern der Europäischen Union durchgeführten Studie, denen zufolge der Anteil der Frauen, die keine Familienplanungsangebote wahrgenommen haben, unter HIV-infizierten Frauen mit 28 Prozent erheblich höher lag als in der Allgemeinbevölkerung mit 10 Prozent (www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0007/257983/ 64td05g_WomensHealth_140596.pdf)? Der Hinweis auf die Studie findet sich in einem Vorbereitungsdokument für eine der parallel stattfindenden Satellitenveranstaltungen, die am Rande der letzten Sitzung des WHO-Regionalkomitees für Europa stattgefunden haben. Die in dem Dokument erwähnte Studie liegt der Bundesregierung bislang nicht vor. 19. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um im Sinne eines ganzheitlichen und geschlechtergerechten Ansatzes zur Verhütung von Schwangerschaften und sexuell übertragbaren Krankheiten, Jungen und Männer stärker einzubeziehen? In den Medien und Materialien der BZgA zum Thema Verhütung von Schwangerschaften für die Zielgruppe der Jugendlichen werden immer beide Geschlechter angesprochen. Dabei wird die gemeinsame Verhütungsverantwortung durchgehend betont und begründet. In Medien, wie der Broschüre „Sex’n’Tipps – Verhütung eine gemeinsame Sache“ und dem Text „Verhüten geht beide an!“ auf dem Jugendportal www.loveline.de wird die Thematik explizit aufgegriffen und Jugendliche werden darin bestärkt, die Wahl des für sie geeigneten Verhütungsmittels mit ihrer Partnerin bzw. ihrem Partner zu besprechen und die Entscheidung gemeinsam zu treffen. Die BZgA nimmt zudem in zahlreichen Medien und Materialien Jungen und Männer speziell in den Blick. Die BZgA setzt im Auftrag der Bundesregierung Maßnahmen, Programme und Kampagnen zur Prävention von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) unter dem Dach der Kampagne GIB AIDS KEINE CHANCE um. Die Kampagne ist ebenfalls darauf ausgerichtet, alle Menschen anzusprechen. Sie zielt auf beide Geschlechter und verschiedene Altersgruppen. 20. Welche Modelle für die Kostenerstattung von Verhütungsmitteln (auch über das vollendete 20. Lebensjahr hinaus) sind der Bundesregierung bekannt , und welche administrativen Hürden gibt es jeweils? 21. Inwieweit findet bei den einzelnen Modellen der Kostenerstattung von Verhütungsmitteln eine Bedürftigkeitsprüfung statt, und welche Gruppe von Mädchen und Frauen ist jeweils betroffen? 22. In welchen Bundesländern und Kommunen in Deutschland besteht nach Kenntnis der Bundesregierung insbesondere für Beziehende von Hartz IV und Menschen mit ähnlich niedrigem Einkommen die Möglichkeit, die Kosten für Verhütungsmittel ersetzt zu bekommen (bitte nach Geschlecht und Höhe der Erstattung aufschlüsseln)? 23. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass eine Erstattungsfähigkeit von Verhütungsmitteln, etwa durch kommunale oder Landesbehörden , in Abhängigkeit vom Wohnort dem Verfassungsziel, gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland herzustellen, widerspricht? Die Fragen 20 bis 23 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Drucksache 18/3392 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundesregierung sind aus Umfragen bzw. Publikationen (z. B. pro familia Bundesverband 2009/2010, Deutscher Städtetag 2011/2012, Hochschule Merseburg 2013) und aus Berichten der Länder unterschiedliche Modelle auf kommunaler und lokaler Ebene für die Kostenerstattung von empfängnisverhütenden Mitteln bekannt geworden. Dabei handelte es sich u. a. um Kostenübernahmeund Zuschussmodelle in den Ländern Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, die in der Ausgestaltung sehr heterogen sind, u. a. freiwillige Leistung oder Pflichtleistung, Finanzierung aus Stiftungsfonds, Spendenmitteln oder auf Darlehensbasis, Art und Höhe der Leistung, Personenkreis der Leistungsempfängerinnen , Altersgrenzen, Dauer der Leistungen. Teilweise haben betroffene Kommunen im Zeitpunkt der Erhebungen Kosten bei geringem Einkommen nach einer Bedürftigkeitsprüfung bzw. nach einer Berechnung der Einkommensgrenzen des SGB XII erstattet bzw. bezuschusst. Weitere Einzelheiten, insbesondere zu Höhe und Geschlecht der Erstattungen, sind nicht bekannt. Das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat vor dem Hintergrund des in einigen Kommunen und Ländern wahrgenommenen Bedarfs einer Kostenübernahme oder Kostenbezuschussung von Verhütungsmitteln für einen bestimmten Personenkreis den pro Familia Bundesverband mit einer Bestandsaufnahme zur aktuellen Versorgungssituation beauftragt . 24. Beruht die heterogene Erstattungslandschaft nach Kenntnis der Bundesregierung auch auf einer unterschiedlichen Auslegung von § 49 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)? Inwiefern sieht die Bundesregierung hier rechtlichen Klarstellungsbedarf? Gemäß § 49 SGB XII (Hilfe zur Familienplanung) werden die Kosten für empfängnisverhütende Mittel übernommen, wenn diese ärztlich verordnet worden sind. Wie alle „Hilfen zur Gesundheit“ (§§ 47 ff. SGB XII) so entspricht auch die „Hilfe zur Familienplanung“ den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 52 Absatz 1 Satz 1 SGB XII). Die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen sind unmissverständlich formuliert und bedürfen insoweit aus Sicht der Bundesregierung nicht der rechtlichen Klarstellung. 25. Zu welchen Ergebnissen bezüglich der Kostenübernahme von Verhütungsmitteln kam der im Jahr 2011 auf der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen eingerichtete Arbeitskreis „Kostenübernahme für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung“? Der Bund hat bei der Jugend- und Familienministerkonferenz einen Beobachterstatus , der sorgfältig wahrgenommen wird. Ergebnisberichte des Arbeitskreises „Kostenübernahme für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung “ liegen der Bundesregierung nicht vor. 26. In wie vielen Fällen werden nach Kenntnis der Bundesregierung sozial benachteiligte Mädchen und Frauen schwanger, weil sie die finanziellen Belastungen für ein zuverlässiges Verhütungsmittel nicht tragen können? Die amtliche Statistik für Schwangerschaftsabbrüche enthält keine Aussagen zu den Ursachen ungewollter Schwangerschaften. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3392 27. Welchen Ansatz verfolgt das BMZ hinsichtlich der Förderung von Maßnahmen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit in Entwicklungsländern ? Der Ansatz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zur Förderung von sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten in Entwicklungsländern ist im Positionspapier „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, Bevölkerungsdynamik“ (BMZ Spezial 148, www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/strategiepapiere/ spezial148pdf.pdf) sowie in weiteren Positionspapieren zu einzelnen Themen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte dargelegt (z. B. zu weiblicher Genitalverstümmelung: www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/ strategiepapiere/Strategiepapier340_01_2014.pdf). Die deutsche entwicklungspolitische Zusammenarbeit verfolgt dabei stets einen menschenrechtsbasierten Ansatz. Als internationaler Rahmen dienen das Aktionsprogramm der Weltbevölkerungskonferenz von Kairo im Jahr 1994, die diesbezüglichen Millenniumsentwicklungsziele sowie die Globale Strategie des UN-Generalsekretärs zur Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Kindern von 2010. 28. Welche Organisationen und Programme fördert das BMZ in welcher Höhe im Rahmen seiner Tätigkeiten für reproduktive und sexuelle Gesundheit in Entwicklungsländern? Seit der Weltbevölkerungskonferenz von Kairo hat Deutschland rund 3 Mrd. Euro für die Umsetzung des dort vereinbarten Aktionsprogramms bereitgestellt. Ein aktueller Schwerpunkt stellt u. a. die BMZ-Initiative „Selbstbestimmte Familienplanung und Müttergesundheit“ dar (www.bmz.de/de/zentrales_ downloadarchiv/themen_und_schwerpunkte/gesundheit/bmz_initiative_ familienplanung_1107.pdf). Zu den internationalen Organisationen, die eine Förderung über das BMZ erhalten, gehören insbesondere der Weltbevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA, deutscher Beitrag in 2014: 20 Mio. Euro) und die International Planned Parenthood Federation (IPPF, deutscher Beitrag in 2014: 6,6 Mio. Euro). Verhütungsmittel 29. Wie viele Arzneimittel und medizinische Produkte zur Schwangerschaftsverhütung wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2009 verschrieben (bitte nach Alter, Bundesländern und nach Pillengeneration sowie nach vaginalen, dermalen und implantativen hormonellen Antikontrazeptiva aufschlüsseln)? Die Verordnungszahlen für Kontrazeptiva (ohne „Pille danach“) seit dem Jahr 2009 (Quelle: INSIGHT Health ODV National) sind wie folgt: Eine Aufschlüsselung nach Alter, Ländern, „Pillengeneration“ und Darreichungsform liegt nicht vor. Jahr 2009 Jahr 2010 Jahr 2011 Jahr 2012 Jahr 2013 15 998 783 15 692 425 15 918 308 16 057 886 15 398 118 Drucksache 18/3392 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 30. Wie hoch war der Umsatz mit nichthormonellen Kontrazeptiva seit dem Jahr 2009 nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte nach Art des Verhütungsmittels aufschlüsseln)? Ausgaben für die Kontrazeption (§ 24a SGB V) fallen rechtssystematisch nicht unter die Leistungen bei Krankheit. Die Bundesregierung hat darum keine Kenntnisse über Umsätze von nicht hormonellen Kontrazeptiva. 31. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung bezüglich des Krebsrisikos von Mädchen und Frauen bei der Einnahme der hormonellen Kontrazeptiva ? Im Hinblick auf das Krebsrisiko sind so genannte kombinierte hormonale Kontrazeptiva , die ein Estrogen und ein Gestagen enthalten, von Gestagen-Monopräparaten zur Kontrazeption zu unterscheiden. Kombinierte hormonale Kontrazeptiva Bei Anwenderinnen von kombinierten hormonalen Kontrazeptiva wurde ein gering erhöhtes Risiko von Brustkrebs und von Gebärmutterhalskrebs im Vergleich zu Frauen, die keine hormonalen Kontrazeptiva anwenden, beobachtet. Dies ist seit längerer Zeit bekannt. Anzumerken ist, dass nicht abschließend geklärt ist, inwieweit die beobachteten Risikoerhöhungen auf die Anwendung kombinierter hormonaler Kontrazeptiva oder auf andere Faktoren zurückgehen. Beispielsweise können Anwenderinnen von Kontrazeptiva häufigere Arztkontakte haben als Nichtanwenderinnen und damit besser medizinisch überwacht sein, so dass bei ihnen mehr Brustkrebserkrankungen gefunden werden. Im Hinblick auf Gebärmutterhalskrebs kann auch ein unterschiedliches Sexualverhalten und Infektionen mit dem humanen Papillomavirus eine Rolle spielen. Auf der anderen Seite wird für Anwenderinnen kombinierter hormonaler Kontrazeptiva ebenfalls schon seit Längerem ein geringeres Risiko für Eierstockkrebs beschrieben. Die zugrundeliegenden Daten betreffen zu einem wesentlichen Teil ältere, relativ hoch dosierte kombinierte hormonale Kontrazeptiva. Die Risikominderung scheint jedoch auch für die heute üblichen geringeren Dosierungen zuzutreffen. Auch das Risiko von Endometriumkarzinomen (Krebs der Gebärmutterschleimhaut) und Darmkrebs ist bei Anwenderinnen kombinierter oraler Kontrazeptiva vermindert. Gestagen-Monopräparate zur Kontrazeption Zu erhöhten oder verminderten Risiken von verschiedenen Krebserkrankungen bei Anwenderinnen von Gestagen-Monopräparaten zur Kontrazeption liegen insgesamt sehr viel weniger Daten als für Anwenderinnen kombinierter hormonaler Kontrazeptiva vor. Das Risiko von Brustkrebs ist möglicherweise ähnlich erhöht wie bei Anwenderinnen kombinierter hormonaler Kontrazeptiva. Weitere gesicherte Aussagen zu anderen Krebserkrankungen sind gegenwärtig aufgrund der limitierten Datenlage nicht möglich. Zu Lebertumoren wird auf die Antwort zu Frage 33 verwiesen. 32. In welchem Maß erhöhen hormonelle Antikontrazeptiva nach Kenntnis der Bundesregierung das Risiko von Thrombosen und schweren HerzKreislauf -Erkrankungen? Venöse Thromboembolien (VTE) entstehen überwiegend in den tiefen Bein- venen. Eine gefährliche Komplikation der tiefen Beinvenenthrombose ist die Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/3392 Lungenembolie, die tödlich verlaufen kann (siehe Antwort zu Frage 34). Grundsätzlich erhöht die Einnahme eines hormonellen Kontrazeptivums das Risiko des Auftretens von thromboembolischen Ereignissen. Das Thrombose-Risiko zwischen einzelnen kombinierten hormonalen Kontrazeptiva unterscheidet sich in Abhängigkeit vom enthaltenen Gestagen. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat hochgerechnet, mit wie vielen venösen Thromboembolien in Deutschland jeweils gerechnet werden müsste, wenn alle Frauen, die derzeit ein Kontrazeptivum einnehmen, ein Präparat aus einer bestimmten Risikogruppe einnehmen würden (siehe www.aerzteblatt.de/archiv/161547/ Arzneimittelkommission-der-Deutschen-Aerzteschaft-UAW-NewsInternational -Bei-der-Verschreibung-von-kombinierten-hormonalenKontrazeptiva -sollte-das-Risiko-fuer-thromboembolische-Ereignisseberuecksich ?s=Kontrazeptiva). 33. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Erhöhung des Risikos für Erkrankungen der Gallenblase und sehr selten auftretender Lebertumore bei der Einnahme von hormonellen Antikontrazeptiva (www.profamilia.de „Verhütungsmethoden – Die Pille“, 9. Auflage 2010)? Hormonale Kontrazeptiva können das Risiko für die Bildung von Gallensteinen leichtgradig erhöhen und sollten deshalb bei Vorliegen von Gallensteinen oder einer Entzündung der Gallenblase eher nicht bzw. nur unter ärztlicher Kontrolle verwendet werden. In Anbetracht der Seltenheit von Lebertumoren und der in den Fach- und Gebrauchsinformationen enthaltenen adäquaten diesbezüglichen Informationen sieht das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Nutzen -Risiko-Verhältnis von hormonalen Kontrazeptiva weiterhin als günstig an. Weitere Konsequenzen im Hinblick auf die Thematik Lebertumoren werden gegenwärtig nicht für erforderlich gehalten. 34. Wie viele Fälle von Thromboembolien, Schlaganfällen und Herzinfarkten treten nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich in Deutschland bei Frauen unter 45 Jahren auf (bitte nach Erkrankung und Alter der Patientinnen aufschlüsseln)? Daten zu den Erkrankungshäufigkeiten von Thromboembolien, Schlaganfällen und Herzinfarkten ergeben sich aus der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (siehe www.gbe-bund.de/) und den Angaben des Statistischen Bundesamtes (siehe www.destatis.de). 35. Wie viele Fälle von Thromboembolien, Schlaganfällen und Herzinfarkten stehen nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Einnahme hormoneller Antikontrazeptiva (bitte nach Erkrankung und Alter der Patientinnen aufschlüsseln)? In der Antwort zu Frage 32 wurde über Schätzungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berichtet. Zur Beantwortung der Fragestellung wurde darüber hinaus eine Recherche in der Datenbank des BfArM zu Nebenwirkungen (Unerwünschten Arzneimittelwirkungen – UAW; Recherchedatum: 10. November 2014) durchgeführt. Es wurden im Rahmen einer umfassenden Recherchestrategie alle UAW-Verdachtsfälle zu embolischen und thrombotischen Ereignissen abgefragt. Hierbei Drucksache 18/3392 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sind die Fälle von Thromboembolien, Schlaganfällen und Herzinfarkten enthalten . Über die Ergebnisse der Recherche informiert die unten stehende Tabelle. Die Suchstrategie folgte dabei den folgenden Kriterien: – Hormonelle Kontrazeptiva (alle Anwendungsarten) – Inland – Zeitraum seit Bestehen der UAW-Datenbank (ab dem Jahr 1978) – alle Berichte, auch aus Literatur und Studien – Stoff bzw. Stoffkombination wird verdächtigt oder es wird eine Wechselwir- kung mit einem anderen Stoff vermutet – Unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) übersetzt in MedDRA-Vokabu- lar – Reaktion: UAW der Gesamt-SMQ „Embolic and thrombotic events“. Tabellarische Übersicht der Berichte und UAW für embolische und thrombotische Ereignisse: Hinweise zur Interpretation der Daten Es handelt sich bei den Berichten sowohl um Spontanmeldungen als auch um Berichte aus systematisierten Untersuchungen, aus Projekten oder aus der Literatur. Die Meldungen sind dem BfArM durch pharmazeutische Unternehmer, durch die Arzneimittelkommissionen der Heilberufe, direkt durch niedergelassene oder in Krankenhäusern tätige Ärzte sowie durch sonstige Meldequellen, z. B. von Patienten, berichtet worden. Es muss beachtet werden, dass es sich um Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen handelt, dass also ein Kausalzusammenhang im Einzelfall nicht sicher belegt ist. Ferner lassen sich auf der Grundlage von Spontanberichten keine Aussagen darüber machen, wie häufig eine bestimmte unerwünschte Wirkung unter der Anwendung eines Arzneimittels vorkommt, und auch vergleichende Angaben darüber, wie viel häufiger eine bestimmte unerwünschte Wirkung bei einem Arzneimittel im Verhältnis zu einem anderen Medikament auftritt, sind anhand solcher Berichte kaum möglich. Das BfArM prüft alle Eingänge zu Fallberichten aus Deutschland dahingehend, ob der Verdachtsfall bereits aus anderen Quellen gemeldet wurde. Durch fehlende oder ungenaue Informationen in den Meldungen können Mehrfachregistrierungen dennoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Das BfArM ist kontinuierlich bemüht, solche Mehrfachregistrierungen zu bereinigen und die entsprechenden Fallberichte zusammenzuführen. Andererseits muss darauf hingewiesen werden, dass im Spontanmeldesystem nur ein Teil der entstandenen UAW gemeldet wird. Insbesondere über bekannte Altersgruppe Berichte (Embolische und thromboembolische Ereignisse) insgesamt UAW aus den Berichten insgesamt Davon: UAW Schlaganfälle Davon: UAW Herzinfarkte < 25 1033 1454 59 4 25 bis 34 777 992 55 14 35 bis 44 630 807 64 28 45 bis 54 254 336 39 15 >= 55 7 9 0 0 UAW wird tendentiell weniger häufig berichtet, was die Unterschiede zwischen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/3392 den Zahlen in der UAW-Datenbank und den Schätzungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft erklärt. 36. Wie viele Fälle von Thromboembolien, Schlaganfällen und Herzinfarkten stehen nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Einnahme hormoneller Antikontrazeptiva und dem Konsum von Tabakprodukten (bitte nach Erkrankung und Alter der Patientinnen aufschlüsseln)? Angaben zum Tabakkonsum werden dem BfArM nicht regelhaft berichtet. Ebenso sind quantitative Aussagen zum Umfang des Tabakkonsums in den Berichten i. d. R. nicht enthalten. Aus den Berichten ist daher nicht abzuleiten, ob bzw. inwieweit im Einzelfall ein Zusammenhang zwischen Tabakkonsum, der Anwendung hormonaler Kontrazeptiva und dem Auftreten der thromboembolischen Ereignisse besteht. Daher können zu dieser Fragestellung keine verlässlichen Angaben gemacht werden. Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch 37. Wie viele Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche von Teenagern gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2009 (bitte nach Jahren, Alter der Mädchen und jungen Frauen sowie dem jeweiligen Bundesland aufschlüsseln)? 38. Wie viele Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche von Frauen ab dem 40. Lebensjahr gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2004 (bitte nach Jahren, Alter der Frauen sowie dem jeweiligen Bundesland aufschlüsseln)? Die Fragen 37 und 38 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In der amtlichen Statistik gibt es keine systematische und methodisch einheitliche Erfassung von Schwangerschaften. Rückschlüsse über deren Anzahl sind im Wesentlichen über Ergebnisse aus der amtlichen Geburtenstatistik und aus der Schwangerschaftsabbruchstatistik möglich. Zu den Geburten im Jahr 2013 liegt noch keine amtliche Statistik vor. Die Einzelheiten sind den nachfolgenden Tabellen des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen: uunter 20 2009 12 883 1 282 1 331 985 470 189 420 961 342 1 189 2 933 618 163 581 454 541 368 56 2010 11 942 1 267 1 265 896 380 190 459 964 293 1 144 2 678 549 159 511 355 470 294 68 2011 10 913 1 166 1 196 853 326 162 405 874 264 1 033 2 473 494 124 409 315 454 276 89 2012 10 489 1 287 1 168 751 305 175 400 901 213 959 2 248 491 123 419 311 428 250 60 uunter 20 2009 19 688 776 355 2 050 213 4 808 1 121 1 100 1 725 2 089 302 1 020 748 563 1 197 934 687 2010 18 634 717 365 1 902 199 4 633 1 149 1 017 1 618 2 096 273 965 690 543 1 024 817 626 2011 16 658 613 357 1 758 178 4 126 1 099 882 1 443 1 854 295 891 555 441 938 674 554 2012 16 001 603 337 1 648 178 3 963 1 033 864 1 480 1 916 221 917 519 348 808 627 539 uunter 20 2009 32 571 2 058 1 686 3 035 683 4 997 1 541 2 061 2 067 3 278 3 235 1 638 911 1 144 1 651 1 475 1 055 X 2010 30 576 1 984 1 630 2 798 579 4 823 1 608 1 981 1 911 3 240 2 951 1 514 849 1 054 1 379 1 287 920 X 2011 27 571 1 779 1 553 2 611 504 4 288 1 504 1 756 1 707 2 887 2 768 1 385 679 850 1 253 1 128 830 X 2012 26 490 1 890 1 505 2 399 483 4 138 1 433 1 765 1 693 2 875 2 469 1 408 642 767 1 119 1 055 789 X Hamburg Hessen LL ebend- und T otgeborene 2009 - 2012 nach eexaktem A lter der Mutter SSumme Schw angerschaftsabbrüche und L ebend- u.T otgeburten 2009 - 2012 J ahr Alter von ... bis unter ... J ahren Deutschland BadenW ürttemberg Niedersachsen NordrheinW estfalen Ausland 1) R heinland- P falz Saarland Sachsen SachsenAnhalt SchleswigHolstein T hüringen J ahr Alter von ... bis unter ... J ahren Deutschland BadenW ürttemberg Bayern MecklenburgVorpommern Bayern Berlin Brandenburg Bremen T hüringenBremen Hamburg Hessen MecklenburgVorpommern Niedersachsen NordrheinW estfalen Schw angerschaftsabbrüche in Deutschland 2009 bis 2012 nach L and des W ohnsitzes und A ltersgruppen der F rauen Ausland 1) R heinland- P falz Saarland Sachsen SachsenAnhalt Berlin Brandenburg Schleswig- Holstein 1) F rauen mit W ohnsitz im Ausland Drucksache 18/3392 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 39. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Zwischenergebnissen des im Jahr 2011 von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Auftrag gegebenen Forschungsvorhabens „frauen leben 3: Familienplanung von 20- bis 44-jährigen Frauen – Schwerpunkt Schwangerschaftskonflikte“? Die Zwischenergebnisse der vom BMFSFJ bei der BZgA veranlassten Studie „frauen leben 3“, durchgeführt von Prof. Dr. Cornelia Helfferich, haben u. a. gezeigt , dass die Möglichkeit von Beratung bei ca. 70 Prozent der Frauen mit ungewollter Schwangerschaft nicht wahrgenommen wurde. Auch vor diesem Hintergrund beabsichtigt das BMFSFJ die in Umsetzung des Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt laufende Öffentlichkeitskampagne im Jahr 2015 mit dem Fokus auf die Bekanntmachung des Angebotes der Schwangerschaftsberatung fortzusetzen. Die BZgA entwickelt zudem ein zielgruppenspezifisches Medienset, das zur stärkeren Bewerbung des Angebotsspektrums von Schwangerschaftsberatung geeignet ist und den Beratungsstellen 2015 zur Verfügung stehen wird. Die am 29. Oktober 2014 in Berlin auf der wissenschaftlichen Fachtagung der BZgA „Familienplanung: Ja! Aber?“ vorgestellten Ergebnisse des noch unveröffentlichten Abschlussberichts zeigen die große Bedeutung sicherer Verhütung für alle Frauen, sofern sie aktuell keinen Kinderwunsch haben, bereits schwanger sind oder ein Kind geboren haben. Dennoch tritt jede dritte aller Schwangerschaften im Lebenslauf der befragten Frauen ohne Absicht ein. Mehr als jede zweite der ungewollten Schwangerschaften wurde ausgetragen. Den Ergebnissen zufolge ist neben einer guten Partnerschaft die eigene berufliche und finanzielle Sicherheit maßgebend bei der Entscheidung für das Kind. Das gilt auch für familienorientierte und niedrig qualifizierte Frauen. Die Ergebnisse bestätigen somit, dass die Bundesregierung mit der Politik der gleichberechtigten Teil- 40 und älter 2004 9 058 1 114 1 203 670 320 133 221 740 241 735 1 790 319 107 495 346 251 348 25 2005 9 097 1 118 1 163 712 308 82 260 736 273 810 1 735 318 89 532 353 267 317 24 2006 8 867 1 058 1 143 666 307 102 234 690 221 757 1 778 340 106 545 317 282 286 35 2007 8 809 1 034 1 088 721 292 122 267 660 190 714 1 814 301 102 532 307 312 323 30 2008 8 807 1 074 1 145 719 297 118 244 659 196 769 1 747 304 112 499 287 301 294 42 2009 8 447 981 1 016 663 308 95 271 661 200 761 1 692 336 94 463 261 299 302 44 2010 8 530 1 028 1 031 712 296 97 292 663 207 681 1 667 334 93 485 293 326 273 52 2011 8 207 1 037 1 083 640 242 85 254 626 187 736 1 563 283 84 463 286 286 287 65 2012 8 145 928 1 094 660 252 97 328 682 194 695 1 561 241 76 448 260 296 250 83 40 und älter 2004 20 863 742 674 2 029 172 4 695 1 754 1 010 3 075 3 423 229 1 123 416 261 641 298 321 2005 22 390 794 749 2 130 197 4 897 1 919 1 078 3 478 3 746 224 1 195 448 247 694 319 275 2006 24 188 863 793 2 241 225 5 397 2 093 1 139 3 559 4 054 246 1 339 479 305 735 356 364 2007 26 074 965 901 2 410 226 5 913 2 276 1 172 3 843 4 378 266 1 432 511 261 812 332 376 2008 27 943 1 057 913 2 591 230 6 199 2 441 1 275 4 054 4 818 301 1 548 566 280 867 416 387 2009 28 372 1 031 977 2 669 241 6 191 2 440 1 230 4 118 4 860 285 1 624 619 317 919 428 423 2010 29 067 1 067 1 036 2 661 241 6 449 2 457 1 263 4 382 4 822 266 1 582 630 317 1 010 465 419 2011 28 613 957 983 2 612 232 6 173 2 475 1 289 4 132 4 980 261 1 717 627 307 992 423 453 2012 28 626 941 1 017 2 480 254 6 272 2 452 1 299 3 987 5 034 261 1 671 630 336 1 067 455 470 40 und älter 2004 29 921 1 856 1 877 2 699 492 4 828 1 975 1 750 3 316 4 158 2 019 1 442 523 756 987 549 669 X 2005 31 487 1 912 1 912 2 842 505 4 979 2 179 1 814 3 751 4 556 1 959 1 513 537 779 1 047 586 592 X 2006 33 055 1 921 1 936 2 907 532 5 499 2 327 1 829 3 780 4 811 2 024 1 679 585 850 1 052 638 650 X 2007 34 883 1 999 1 989 3 131 518 6 035 2 543 1 832 4 033 5 092 2 080 1 733 613 793 1 119 644 699 X 2008 36 750 2 131 2 058 3 310 527 6 317 2 685 1 934 4 250 5 587 2 048 1 852 678 779 1 154 717 681 X 2009 36 819 2 012 1 993 3 332 549 6 286 2 711 1 891 4 318 5 621 1 977 1 960 713 780 1 180 727 725 X 2010 37 597 2 095 2 067 3 373 537 6 546 2 749 1 926 4 589 5 503 1 933 1 916 723 802 1 303 791 692 X 2011 36 820 1 994 2 066 3 252 474 6 258 2 729 1 915 4 319 5 716 1 824 2 000 711 770 1 278 709 740 X 2012 36 771 1 869 2 111 3 140 506 6 369 2 780 1 981 4 181 5 729 1 822 1 912 706 784 1 327 751 720 X 1) F rauen mit W ohnsitz im Ausland L ebend- und T otgeborene 2004 - 2012 nach exaktem A lter der Mutter Summe Schw angerschaftsabbrüche und L ebend- u.T otgeburten 2004 - 2012 J ahr Alter von ... bis unter ... J ahren Deutschland BadenW ürttemberg Bayern Berlin Brandenburg T hüringenBremen Hamburg Hessen MecklenburgVorpommern Niedersachsen NordrheinW estfalen Ausland 1) R heinland- P falz Saarland Sachsen SachsenAnhalt SchleswigHolstein J ahr Alter von ... bis unter ... J ahren Deutschland BadenW ürttemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen MecklenburgVorpommern Schw angerschaftsabbrüche in Deutschland 2004 bis 2012 nach L and des W ohnsitzes und A ltersgruppen der F rauen SchleswigHolstein T hüringen Ausland 1) Niedersachsen NordrheinW estfalen R heinlandP falz Saarland Sachsen Sachsen- Anhalt habe von Frauen und Männern in Beruf und Familie sowie der kontinuierlichen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/3392 Weiterentwicklung der partnerschaftlichen Vereinbarkeit auf dem richtigen Weg ist. Eine detaillierte Auswertung der Ergebnisse wird nach Vorlage des Abschlussberichts erfolgen. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 26 verwiesen. 40. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung, um die Zahl von ungewollten Schwangerschaften zu reduzieren? Trotz der sinkenden Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland mit historisch niedrigstem Stand im Jahr 2013 seit der gesetzlichen Neuregelung von 1996 überprüft die Bundesregierung laufend Handlungsbedarf zur Reduzierung ungewollter Schwangerschaften in Umsetzung des gesetzlichen Auftrags nach § 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG). Dieser ist zielgruppen - und altersspezifisch zu betrachten. Die Informationsmaterialien und Maßnahmen der BZgA sind hieran entsprechend ausgerichtet. Die Endergebnisse der Studie „frauen leben 3“ zeigen, dass von den Schwangerschaften , die im Alter von unter 20 Jahren eingetreten sind, jede zweite ungewollt ist. Deshalb führt die BZgA für Schülerinnen und Schüler verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen zur Berufs- und Lebensplanung durch. Für betroffene schwangere Jugendliche unter 20 Jahren und deren Partner stellt die BZgA zudem das Internetportal www.schwanger-unter-20.de zur Verfügung. In jugendgerechter Sprache werden sowohl die jungen Schwangeren als auch ihre Partner angesprochen und ermutigt, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Außerdem finden sie dort praktische Informationen. Studien zeigen außerdem einen erhöhten Handlungsbedarf bei Frauen mit Migrationshintergrund , soweit sie aufgrund fehlenden Körperwissens und mangelnder Aufklärung wenig oder keinen Zugang zu Verhütung haben. Hier entwickelt die Bundeszentrale aktuell ein webbasiertes Angebot zu verschiedenen Aspekten der sexuellen Gesundheit. 41. Wie viele minderjährige Mädchen und wie viele Frauen sterben nach Kenntnis der Bundesregierung während einer Schwangerschaft oder Geburt (bitte seit dem Jahr 2009 aufschlüsseln und in absoluten und relativen Zahlen angeben)? Die nachfolgende Tabelle enthält die Müttersterbefälle während der Schwangerschaft oder der Geburt der Jahre 2009 bis 2012 und die Anzahl der insgesamt geborenen Kinder. (Datenquelle: Statistisches Bundesamt) Danach liegt die relative Häufigkeit von Müttersterbefällen (bezogen auf die Gesamtzahl geborener Kinder) in allen Altersgruppen deutlich unter 0,0001. Jahr Insgesamt 15 – 20 20 – 25 25 – 30 30 – 35 35 – 40 40 – 45 45 und mehr Geborene Kinder 2009 28 1 3 – 13 9 2 – 667 464 2010 19 1 4 4 4 4 2 – 680 413 2011 20 – 2 6 2 7 3 – 665 072 2012 24 1 – 1 7 9 4 2 675 944 Drucksache 18/3392 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 42. Welche Daten werden in der Bundesstatistik zu Schwangerschaftsabbrüchen erhoben? Die in § 16 SchkG geregelte Bundessstatistik über Schwangerschaftsabbrüche, die vierteljährlich durchgeführt wird, umfasst folgende Erhebungsmerkmale: 1. Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen im Berichtszeitraum (auch Fehl- anzeige), 2. rechtliche Voraussetzungen des Schwangerschaftsabbruchs (Beratungsrege- lung oder nach Indikationsstellung), 3. Familienstand und Alter der Schwangeren sowie die Zahl ihrer Kinder, 4. Dauer der abgebrochenen Schwangerschaft, 5. Art des Eingriffs und beobachtete Komplikationen, 6. Bundesland, in dem der Schwangerschaftsabbruch vorgenommen wird, und Bundesland oder Staat im Ausland, in dem die Schwangere wohnt, 7. Vornahme in Arztpraxis oder Krankenhaus und im Falle der Vornahme des Eingriffs im Krankenhaus die Dauer des Krankenhausaufenthaltes. 43. Wie bewertet die Bundesregierung Übergriffe gegen Arztpraxen und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, gegen Ärztinnen und Ärzte, wie sie in zahlreichen Presseveröffentlichungen (exemplarisch „Marsch durch die Institutionen“, taz.die tageszeitung vom 13. Januar 2013) dokumentiert sind? Zur Durchsetzung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte muss der ungehinderte Zugang zur Beratung und der Inanspruchnahme von medizinischen Dienstleistungen auf der Grundlage des Schwangerschaftskonfliktgesetzes gewährleistet sein. Sofern mit diesen Übergriffen die Begehung von Straftaten – insbesondere etwa von Körperverletzungen nach §§ 223 ff. oder von Sachbeschädigungen nach § 303 des Strafgesetzbuchs – verbunden ist, werden diese von den Strafverfolgungsbehörden geahndet. 44. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der unterschiedlichen Strafverfolgungspraxis nach § 219a des Strafgesetzbuchs (StGB, vgl. Sybill Schulz „Information oder Werbung? Juristische Verfahren zum Schwangerschaftsabbruch“)? Die Strafverfolgung obliegt den Strafverfolgungsbehörden der Länder. Die Bundesregierung nimmt dazu deshalb keine Stellung. 45. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus sogenannten Gehsteigberatungen, bei denen Frauen gezielt vor Beratungsstellen und Arztpraxen auf Schwangerschaft und Schwangerschaftsunterbrechung angesprochen werden und ihnen unaufgefordert Bilder , Broschüren oder Gegenstände zu diesem Thema gezeigt oder überreicht werden (vgl. hierzu „Abtreibungsgegner dürfen demonstrieren“, Süddeutsche Zeitung vom 29. Juni 2010)? Die Bundesregierung nimmt im referenzierten Fall das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2010 (Az. 1 BvR 1745/06) zur Kenntnis. Bei der geltenden Regelung zum Schwangerschaftsabbruch hat sich der Bundesgesetzgeber für eine gesetzliche Regelung entschieden, die den Schwerpunkt auf die Beratung legt. Diese hat nach den Regelungen des Schwangerschaftskonflikt- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/3392 gesetzes jede nach Sachlage erforderliche medizinische, soziale und juristische Information, die Darlegung der Rechtsansprüche von Mutter und Kind und möglichen praktischen Hilfen, insbesondere solcher, welche die Fortsetzung der Schwangerschaft und die Lage von Mutter und Kind erleichtern, zu umfassen. Die Beratung soll die Frau ermutigen und Perspektiven für ein Leben mit dem Kind aufzeigen und Verständnis wecken. Sie ist in jedem Fall ergebnisoffen zu führen und darf weder belehren oder bevormunden. Sofern mit den genannten Gehsteigberatungen die Begehung von Straftaten verbunden ist, werden diese von den Strafverfolgungsbehörden geahndet. 46. In welcher Höhe und für welche konkrete Tätigkeit und Zielsetzung erhält der Verein „Kooperative Arbeit Leben ehrfürchtig bewahren“ (Kaleb e. V.) eine Zuwendung im Rahmen der Beschäftigungsphase des Modellprojekts „Bürgerarbeit“ im Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis zum 30. November 2014 (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/2393)? Im Rahmen der Beschäftigungsphase der „Bürgerarbeit“ wurden Unterstützungsarbeiten in der Kleiderkammer des Vereins Kaleb e. V. Berlin gefördert (Annehmen, Sortieren und Ausgeben der gespendeten Kleidung, Spielzeug, Kleinmöbel, Kinderwagen etc.). Der Verein erhielt insgesamt 37 229,56 Euro für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eines „Bürgerarbeiters“ im Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis zum 30. November 2014. Des weiteren wurde der Träger „Kaleb Dresden e. V.“ im Rahmen der Beschäftigungsphase der „Bürgerarbeit“ für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eines „Bürgerarbeiters“ im Förderzeitraum 1. Juni 2011 bis 30. Mai 2014 mit insgesamt 25 706,12 Euro gefördert. Folgende Tätigkeiten der Familienbildung wurden bewilligt: ● Unterstützungsarbeiten in der Kleiderkammer, ● Organisation des Angebotes: „offenes Frühstück für Eltern mit Kleinkin- dern“, ● Unterstützungsarbeiten bei der Vorbereitung von Gruppenangeboten, ● Unterstützungsarbeiten bei der Vorbereitung und Durchführung von Veran- staltungen (z. B. Basare, Kinderfeste), zusätzliche Unterstützung bei Arbeiten in der Bibliothek, die sich in der Kleiderkammer befindet. Reproduktionsmedizin 47. Wie viele Sterilisationen wurden seit dem Jahr 2009 nach Kenntnis der Bundesregierung zum Zwecke der Empfängnisverhütung durchgeführt (bitte nach Geschlecht und Alter aufschlüsseln)? Die Gesamtzahl der durchgeführten Sterilisationen wird nicht zentral statistisch erfasst. In der Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamtes sind Frauen und Männer nach Alter und Geschlecht erfasst, die Sterilisation entweder privat oder mit medizinischer Indikation vollstationär im Krankenhaus vornehmen ließen . Demnach unterzogen sich 108 Männer und 271 Frauen einer Sterilisation im Jahr 2009, 98 Männer und 274 Frauen im Jahr 2010, 63 Männer und 242 Frauen im Jahr 2011 und 33 Männer und 270 Frauen im Jahr 2012. Drucksache 18/3392 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 48. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Erstattungsfähigkeit durch die GKV von Sterilisationen auf eigenen Wunsch? Nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung haben Versicherte nach § 24b Absatz 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Leistungen bei einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation. Laut aktueller Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch soll die Ärztin/der Arzt unter Beachtung des ärztlichen Berufsrechts über die Ausführung einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalles und nach einer ärztlichen Untersuchung zur Klärung der technischen Ausführbarkeit und Wahl der geeigneten Operationsmethode und nach Maßgabe des Vertrages nach § 115b Absatz 1 SGB V (Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus ) entscheiden. Bei Kostenübernahme durch das Sozialamt muss das Einkommen der Betroffenen zudem unterhalb der Einkommensgrenze nach §§ 85 ff. SGB XII liegen. Für Sterilisationen ohne medizinische Notwendigkeit werden die Kosten durch die GKV nicht übernommen. 49. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung, um auch unverheirateten Paaren Zuschüsse zur künstlichen Befruchtung, wie von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig, anlässlich eines gegenteiligen Urteils (Aktenzeichen L 1 KR 435/12 KL) des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Juni 2014 gefordert (www. tagesspiegel.de vom 15. Juni 2014 „Schwesig will Kostenzuschuss auch für Unverheiratete“), zu gewähren? Nach § 27a SGB V haben nur Personen, die miteinander verheiratet sind, einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zur künstlichen Befruchtung. Zur Frage einer Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises ist eine Rechtsänderung im Koalitionsvertrag nicht vereinbart. Das Bundessozialgericht hat die Revision in dem in der Frage genannten Verfahren am 18. November 2014 zurückgewiesen (Az. B 1 A 1/14R). Das Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat mit Inkrafttreten der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion“ seit dem 1. April 2012 zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, ungewollt kinderlosen Paaren bei der Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer Behandlungen ergänzende finanzielle Unterstützung zu gewähren – soweit die sonstigen Voraussetzungen nach § 27a SGB V erfüllt sind. Das Bundesfamilienministerium prüft derzeit eine Öffnung der Förderrichtlinie für die ergänzende finanzielle Unterstützung nichtverheirateter Paare. 50. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung, um auch verpartnerten/unverpartnerten Paaren Zuschüsse zur künstlichen Befruchtung zu ermöglichen ? Nach § 27a SGB V haben Personen, die miteinander verheiratet sind (§ 27a Absatz 1 Nummer 3 SGB V) und zwar ausschließlich unter Verwendung der Eiund Samenzellen der Ehegatten (§ 27a Absatz 1 Nummer 4 SGB V) Anspruch auf Kostenübernahme für eine künstliche Befruchtung. Insoweit stehen der Anwendung der Kostenübernahme nach § 27a SGB V für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften zwei Voraussetzungen für diesen Leistungsanspruch ent- gegen. Eine Erweiterung des § 27a SGB V auf eingetragene Lebenspartnerschaften ist derzeit nicht beabsichtigt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/3392 51. Plant die Bundesregierung in dieser Wahlperiode die Vorlage eines Reproduktionsmedizingesetzes oder anderer Gesetze zur Regulierung der Eizellspende, der Leihmutterschaft, des Embryonentransfers, des Umgangs mit „überzähligen“ Embryonen oder der Kryokonservierungen von Eizellen? Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode wird das bestehende Verbot der Leihmutterschaft bekräftigt. Darüber hinaus wurde vereinbart, das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspenden gesetzlich zu regeln. Weitergehende Regelungsvorhaben sind derzeit nicht vorgesehen. 52. Welche Fragestellung und welche Zielstellung verfolgt der Arbeitskreis Abstammung, der vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz , Heiko Maas, eingesetzt wurde? Der Arbeitskreis Abstammungsrecht soll ganz allgemein einen etwaigen Reformbedarf im Abstammungsrecht prüfen. Dabei sollen auch die abstammungsrechtlichen Folgefragen der verschiedenen Methoden künstlicher Fortpflanzung besprochen werden, sofern sie sich für das deutsche Recht stellen, entweder weil entsprechende reproduktionsmedizinische Methoden hier – erlaubt oder unerlaubt – praktiziert werden oder weil solche Methoden im Rahmen des sogenannten reproduktionsmedizinischen Tourismus im Ausland vorgenommen wurden, anschließend aber rechtliche Probleme im Inland aufwerfen. Dagegen soll Gegenstand des Arbeitskreises nicht die rechtliche Zulässigkeit bestimmter heute nicht erlaubter Fortpflanzungsmethoden sein. 53. Welche Mitglieder aus welchen Bundesministerien, Organisationen und Verbänden arbeiten im Arbeitskreis Abstammung mit, und wann ist mit ersten Ergebnissen zu rechnen? An dem Arbeitskreis Abstammungsrecht nehmen zehn Sachverständige aus unterschiedlichen Berufsgruppen teil, die als Expertinnen und Experten für die Bereiche Familienrecht, Verfassungsrecht, Ethik und Medizin bzw. Psychologie geladen sind. Daneben werden – abgesehen von Vertreterinnen und Vertretern des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Vertreterinnen und Vertreter aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem BMFSFJ und dem Bundesministerium des Innern an den Sitzungen als Gäste teilnehmen sowie für die Länder Vertreter der Landesjustizministerien in Bayern , Niedersachsen, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Der Arbeitskreis soll seine Tätigkeit im Februar 2015 aufnehmen und voraussichtlich im Sommer 2017 seinen Abschlussbericht vorlegen. 54. Mit welchen personellen und finanziellen Mitteln ist der Arbeitskreis Abstammung ausgestattet? Die Sachverständigen erhalten auf Antrag Ersatz der Reisekosten in entsprechender Anwendung des Bundesreisekostengesetzes (BRKG); hierfür werden für die geplanten zehn Sitzungen ca. 50 000 Euro veranschlagt. Im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird der Arbeitskreis durch das Referat „Kindschaftsrecht“ im Rahmen seiner vorhandenen personellen Ausstattung mitbetreut. Drucksache 18/3392 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Sexuell übertragbare Krankheiten 55. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell Jungen und Männer über die Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten aufzuklären? 56. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell Mädchen und Frauen über die Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten aufzuklären? 57. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell nichtheterosexuelle Menschen über die Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten aufzuklären? Die Fragen 55, 56 und 57 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. Die HIV/STI-Präventionskampagne der BZgA „Mach’s Mit“ informiert in der aktuellen Motivstaffel über Großflächenplakate und Anzeigen unter anderem über das Chlamydien-Screening und die HPV-Impfung (zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs). Diese Motive richten sich speziell an Mädchen und junge Frauen. Zusätzlich erhält die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) von der Bundesregierung finanzielle Zuwendungen zur Förderung ihrer Präventionsarbeit. Die DAH hält im Rahmen der Prävention von HIV und anderen STI folgende Maßnahmen vor, die sich speziell an Männer richten, die Sex mit Männern haben: Die Kampagne „ICH WEISS WAS ICH TU“ (www.iwwit.de) informiert über verschiedene Medienformate zur HIV/STI-Prävention. Qualifikations- und Fortbildungsangebote für Berater und Multiplikatoren Telefon- und Onlineberatung . Des Weiteren informiert die DAH zu Risiken und Schutzmöglichkeiten sexuell übertragbarer Infektionen beim Sexualverkehr zwischen Frauen. Transsexuelle Menschen werden ebenfalls mit spezifischen Angeboten angesprochen. 58. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell behinderte Menschen über die Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten aufzuklären? 59. Welche Maßnahmen plant oder bietet die Bundesregierung an, um speziell behinderten Menschen den Zugang zu Informationen und Beratungsangeboten zu sexuell übertragbaren Krankheiten zu gewährleisten? Die Fragen 58 und 59 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Maßnahmen, Programme und Kampagnen der BZgA zur Prävention von HIV und anderen STI sind in der Regel in einfacher und leicht verständlicher Sprache verfasst. Die Internetseiten www.gib-aids-keine-chance.de und www.machsmit.de beachten die Regeln der Barrierefreiheit. Damit stellt die BZgA sicher, dass sich auch Menschen mit Beeinträchtigungen über HIV und andere STI informieren können. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/3392 60. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung, um ihre Maßnahmen zur Verhütung von sexuell übertragbaren Krankheiten zu verbessern? Die Aktivitäten, Maßnahmen und Kampagnen der BZgA und der DAH werden regelmäßig an aktuelle Erkenntnisse angepasst. Die Verringerung von HIV- und STI-Infektionen bleibt eine zentrale Zielsetzung der Bundesregierung, die nur gemeinsam mit weiteren Akteuren (u. a. Länder, Kommunen, Ärzteschaft, Nichtregierungsorganisationen) erfolgreich umgesetzt werden kann. 61. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Änderung der Empfehlungen zur Impfung von Mädchen gegen Humane Papillomviren (HPV) der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (vgl. Epidemiologisches Bulletin Nr. 35 vom 1. September 2014)? Die geänderte Empfehlung der STIKO, Mädchen bereits im Alter von 9 bis 14 Jahren (anstatt wie bislang im Alter von 12 bis 17 Jahren) gegen humane Papillom -Viren (HPV) zu impfen, stellt eine Angleichung an die WHO-Empfehlungen dar. Dadurch wird die Impfung zu einem Zeitpunkt durchgeführt, zu dem Kinder und Jugendliche in Deutschland Kontakt zum Gesundheitssystem im Rahmen von Routine-Vorsorgeuntersuchungen haben. Nach Ergebnissen von Modellrechnungen verschiedener hypothetischer Impfszenarien kann die HPVassoziierte Krankheitslast am deutlichsten gesenkt werden, wenn möglichst hohe Impfquoten im jüngeren Jugendalter erreicht werden. Ziel der Herabsetzung des Impfalters war es daher, einerseits Mädchen möglichst vor ihren ersten sexuellen Kontakten zu impfen und andererseits die Inanspruchnahme der Impfung insgesamt zu steigern und die HPV-Impfquote weiter zu erhöhen. 62. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung bei der Impfung gegen Humane Papillomviren bei Jungen und Männern? Die STIKO entwickelt wissenschaftliche Empfehlungen auf Basis aller verfügbaren wissenschaftlichen Daten zu einer Fragestellung. Sie diskutiert auch über eine Impfung von Jungen gegen HPV. Aufgrund der Vielzahl von Fragestellungen zu Impfthemen ist jedoch nicht kurzfristig mit einer Veröffentlichung einer entsprechenden Empfehlung zu rechnen. Die Erarbeitung einer Evidenzbasis und eines entsprechenden Beschlussentwurfs zur HPV-Impfung von Jungen ist derzeit nicht unter den fünf am höchsten priorisierten Fragestellungen gelistet. 63. Welche Maßnahmen wurden zur Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit der STIKO-Empfehlungen ergriffen, und sieht die Bundesregierung hier weiteren Handlungsbedarf? Bei der Bewertung von Impfstoffen und der Erarbeitung von Impfempfehlungen wendet die STIKO die Methodik systematischer Übersichtsarbeiten im Sinne der Evidenzbasierten Medizin (EbM) an und bedient sich für die Erstellung der Empfehlungen des Ansatzes der „Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation“ (kurz GRADE) Arbeitsgruppen. Die STIKO-Mitglieder haben vor ihrer Berufung gegenüber dem BMG Umstände offenzulegen, die einen möglichen Interessenkonflikt oder die Besorgnis der Befangenheit im Aufgabenbereich der STIKO begründen könnten. Das BMG prüft, ob Umstände von einem solchen Gewicht vorliegen, dass eine Berufung ausgeschlossen ist. Drucksache 18/3392 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Mitglieder sind ferner verpflichtet, ihre vor der Berufung gemachten Angaben regelmäßig zu aktualisieren und vor jeder Sitzung mitzuteilen, ob zu einzelnen Tagesordnungspunkten Umstände vorliegen, die zu einem Ausschluss von der Beratung und Beschlussfassung führen könnten. Wenn dies bei einem Mitglied der Fall ist, darf das Mitglied an der Beratung und Beschlussfassung zu einzelnen Tagesordnungspunkten oder an der Sitzung insgesamt nicht mitwirken . Die STIKO-Mitglieder haben vor allem zu folgenden Punkten Angaben zu machen : ● Inhaberschaft von Patenten, Lizenzen o. Ä. an Impfstoffen, Aktienbesitz oder sonstige finanzielle Beteiligungen an impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmen außer Kleinaktionärs- oder Fondsanteile, ● berufliche Tätigkeiten bei einem impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmen (z. B. als Beschäftigter oder Mitglied geschäftsleitender Gremien wie z. B. Vorstand oder Aufsichtsrat), ● Erstellung von Gutachten auf dem Gebiet des Impfwesens für ein impfstoffherstellendes oder -vertreibendes Unternehmen, ● Durchführung von bzw. Mitwirkung an Studien auf dem Gebiet des Impfwesens im Auftrag oder Interesse eines impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmens (z. B. Studien im Zusammenhang mit der Impfstoffentwicklung oder -zulassung, Risikostudien, epidemiologische Studien), ● Tätigkeiten in Beratungsgremien, Beiräten oder Ausschüssen eines impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmens, ● Vorträge auf Fortbildungs- oder sonstigen Veranstaltungen auf Einladung eines impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmens, ● Teilnahme an Fachtagungen auf Einladung eines impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmens (Übernahme von Reisekosten und Tagungsgebühren durch das Unternehmen), ● sonstige Tätigkeiten, die von impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmen durchgeführt oder finanziell unterstützt werden (z. B. Impfaufklärung im Internet). Die Mitglieder haben aktuelle und vergangene Tätigkeiten anzugeben. Zu beruflichen Tätigkeiten bei einem impfstoffherstellenden oder -vertreibenden Unternehmen und zu Zulassungs- und Entwicklungsstudien für Impfstoffe haben die Mitglieder Angaben über die zehn Jahre vor der Berufung zu machen. Zu den übrigen Tätigkeiten haben die Mitglieder Angaben über die sechs Jahre vor der Berufung zu machen. Im Interesse eines transparenten Entscheidungsprozesses und zur Stärkung des Vertrauens in eine von sachfremden Interessen unbeeinflusste Tätigkeit der STIKO werden von den STIKO-Mitgliedern offengelegte Umstände, die zum Ausschluss wegen Anscheins der Befangenheit führen könnten, auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (www.stiko.de). Weiteren Handlungsbedarf zur Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit der STIKO-Empfehlungen und -Mitglieder sieht die Bundesregierung aktuell nicht. 64. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Einschätzung des HPV Management Forums und der Sächsischen Impfkommission aus dem Jahr 2011, die HPV-Impfungen bei Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/3392 Frauen auch nach dem 18. Lebensjahr bis einschließlich dem 26. Lebensjahr für sinnvoll erachten (www.aerzteblatt-sachsen.de, Ausgabe 1/2011)? Die STIKO hat bereits in ihrer Empfehlung zur Impfung gegen HPV von 2007 darauf aufmerksam gemacht, dass Frauen, die innerhalb des von der STIKO empfohlenen Impfalters keine Impfung gegen HPV erhalten haben, ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren können. Es liegt in der Verantwortung des betreuenden Arztes, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassungen darauf hinzuweisen . Die STIKO gibt Empfehlungen dazu ab, wie durch eine Impfung der größte Nutzen in einer Bevölkerung erzielt werden kann: Entweder durch Impfung der gesamten Bevölkerung oder bestimmter Alters- oder Risikogruppen. Wie unter der Antwort zu Frage 61 ausgeführt, berücksichtigt die aktuelle STIKO-Empfehlung zur HPV-Impfung unter anderem, dass eine Impfstrategie auf Bevölkerungsebene den größten Erfolg hat, wenn vornehmlich Mädchen vor dem 16. Lebensjahr geimpft werden. Wie auf den Internetseiten des „European Centre for Disease Control and Prevention“ (ECDC) ersichtlich, wird diese Ansicht von der Mehrheit europäischer Impfkommissionen geteilt. Aktuell ist die HPV-Impfung nur in zwei von 31 europäischen Ländern (Griechenland und Tschechien) Frauen im Alter von 19 bis 26 Jahren als Nachhol-Impfung empfohlen . Maßnahmen bei sexueller und sexualisierter Gewalt 65. Wann soll der Nationale Aktionsplan III gegen Gewalt an Frauen vorliegen ? Die Bundesregierung arbeitet an der Umsetzung der Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Ein sog. Aktionsplan III zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist derzeit nicht geplant. 66. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus Modellprojekten zur anonymen Spurensicherung bei sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungen, wie sie zum Beispiel aus NordrheinWestfalen bekannt ist (www.frauennotrufe-nrw.de „Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten und Häuslicher Gewalt: Hintergründe – Ziele – Handlungsbedarf“, Januar 2012)? Die Bundesregierung nimmt die Modellprojekte zur anonymen Spurensicherung bei sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungen in den Kommunen und Gemeinden der jeweiligen Bundesländer zur Kenntnis. Etwaige Konsequenzen aus diesen Projekten obliegen aber nicht der Bundesregierung, sondern den Bundesländern . 67. Inwiefern ist nach Kenntnis der Bundesregierung bei allen ambulant oder stationär arbeitenden Ärztinnen und Ärzten gesichert, dass nach Vergewaltigungen , falls durch die betroffene Frau gewünscht, eine Notfallkontrazeption („Pille danach“) verordnet wird? Sind nach Ansicht der Bundesregierung aus den diesbezüglichen Vorfällen in katholischen Krankenhäusern ausreichende und praxisrelevante Konsequenzen gezogen worden? Art und Umfang der ärztlichen Leistung werden regelmäßig von der Ärztin oder vom Arzt selbst bestimmt, die aufgrund ihrer medizinischen Kenntnisse und des ärztlichen Gewissens eine Entscheidung über die Behandlungsmethode treffen. Drucksache 18/3392 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ärztinnen und Ärzte üben ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit aus; sie dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen (siehe § 2 Absätze 1 und 4 der (Muster-)Berufsordnung). Die ärztliche Therapiefreiheit ist verfassungsrechtlich durch Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 (Freiheit der Wissenschaft ) und Artikel 12 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes (Berufsfreiheit) geschützt und bildet eine der wesentlichen Säulen des ärztlichen Heilauftrages und des ärztlichen Berufsrechts. Die Regelungen der ärztlichen Berufsausübung unterliegen nach dem Grundgesetz der Zuständigkeit der Länder, die auch die Einhaltung des ärztlichen Berufsrechts überwachen. 68. Plant die Bundesregierung Maßnahmen zur Reformierung der §§ 177 und 179 StGB? Die Bundesregierung prüft derzeit, durch welche Veränderungen bei den Tatbeständen des Sexualstrafrechts bestehende Schutzlücken geschlossen werden können. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333