Deutscher Bundestag Drucksache 18/3422 18. Wahlperiode 03.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Oliver Krischer, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3240 – Zulassung von Binnenschiffen durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Als sogenannte weitere Dienststelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) ist die Zentralstelle Schiffsuntersuchungskommission/Schiffseichamt (ZSUK) für die „Leitung, Koordinierung, Verwaltung und Beantwortung besonderer technischer Fragen“ zuständig. Im Jahr 1996 wurde sie aus bis dahin elf selbstständigen Untersuchungskommissionen gegründet (www.elwis.de/ Schifffahrtsrecht/ZSUK/). Die ZSUK ist damit vor allem für die Erlaubniserteilung zur Fahrt von Binnenschiffen auf Bundeswasserstraßen und damit mit den im Zusammenhang stehende Zulassungen zuständig. Die ZSUK ist die einzige Institution in Deutschland , die Fahrtzulassungen für Schiffe über 20 m Länge auf Binnenwasserstraßen erteilen darf. Allerdings gewähren die europäischen Vorgaben in der Umsetzung einen Spielraum; dieser wird nach Kenntnis der Fragesteller in Deutschland durch die ZSUK jedoch nicht bzw. nur selten wahrgenommen. Außerdem scheint im Bereich der Kommunikation der ZSUK nach außen Nachholbedarf zu bestehen. Dieses Problem und weitere im Zusammenhang stehende Probleme wurden in der Vergangenheit bereits bei verschiedenen Fachverbänden im Binnenschifffahrtsbereich diskutiert. Im Rahmen der Reform der WSV und der aktuellen Erstellung eines neuen Standortkonzepts bzw. einer Personalbedarfsermittlung scheint auch eine Evaluation der ZSUK-Aufgaben und deren öffentlicher Wahrnehmung notwendig. 1. An welcher Stelle in der WSV ist die ZSUK eingerichtet, und welche Aufgaben nimmt sie genau und mit wie vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an welchen Standorten wahr? Die Zentralstelle Schiffsuntersuchungskommission/Schiffseichamt (ZSUK/ Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 1. Dezember 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. SEA) ist derzeit als Sonderstelle am Sitz der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Außenstelle Südwest in Mainz eingerichtet. Die ZSUK/SEA betreut ca. 10 000 Wasserfahrzeuge und ist zuständig für Drucksache 18/3422 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – die Untersuchung und Zulassung von Wasserfahrzeugen zum Verkehr auf den Bundeswasserstraßen, – die Zulassung von Wasserfahrzeugen zum Transport gefährlicher Güter auf den Binnenwasserstraßen, – die Schiffseichung (Schiffsvermessung) von Binnenschiffen auf Bundeswasserstraßen , – die Führung der zentralen Binnenschiffsbestandsdatei über Wasserfahrzeuge und – die Erteilung von Typgenehmigungen für Dieselmotoren und Bordkläranlagen für den Einsatz an Bord von Binnenschiffen. Die ZSUK/SEA hat neben dem Hauptsitz in Mainz Außenstellen in Hamburg, Berlin, Magdeburg, Duisburg und Mannheim. Bei der ZSUK/SEA sind aktuell 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon 18 im Außendienst. 2. Aus welchen Gründen werden im Binnenschifffahrtsbereich in Deutschland die technischen Untersuchungen und Abnahmen (also nichthoheitliche Aufgaben) in staatlicher Hand durchgeführt, während diese Aufgaben im Ausland oder in der Seeschifffahrt durch die Schiffs-Klassifizierungsgesellschaften durchgeführt werden (www.bg-verkehr.de „Anerkannte Klassifikationsgesellschaften “)? In Deutschland werden die technischen Untersuchungen und Abnahmen in Übereinstimmung mit nationalen und internationalen Vorschriften grundsätzlich durch die ZSUK/SEA, d. h. in staatlicher Hand durchgeführt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, eine Untersuchung durch eine anerkannte Klassifikationsgesellschaft ganz oder teilweise durchführen zu lassen. Diese Untersuchung kann von der ZSUK/SEA anerkannt werden, wenn aus der Bescheinigung ersichtlich ist, dass die Bestimmungen der Binnenschiffsuntersuchungsordnung eingehalten wurden. Aus Kostengründen und mangelnder Verfügbarkeit des Personals bei den Klassifikationsgesellschaften wird davon kein Gebrach gemacht . 3. Welcher Terminvorlauf für Besichtigungen, Besprechungen oder Abnahmen mit den Kunden ist bei der ZSUK jeweils nötig (bitte nach Standorten aufschlüsseln)? Für eine Untersuchung zum Erlangen einer Fahrtauglichkeitsbescheinigung ist zurzeit durchschnittlich mit einer Vorlaufzeit von acht Wochen zu rechnen. Hamburg: SUK: 16 Wochen Berlin: SUK: 6 Wochen Magdeburg SUK: 8 Wochen Duisburg SUK: 8 Wochen. Mannheim SUK: 6 Wochen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3422 4. Aus welchen Ausbildungsbereichen bzw. Studiengängen werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der ZSUK eingestellt, und welche Aufgabenbereiche müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in welchen Abteilungen jeweils wahrnehmen? In der Zentralstelle SUK/SEA und ihren Außenstellen sind Schiffbau- und Maschinenbauingenieure , Inhaber eines nautischen Patents sowie Verwaltungsfachwirte und Verwaltungsfachangestellte sowie technische Beschäftigte eingestellt . Die Aufgabenbereiche sind der Antwort zu Frage 1 zu entnehmen. 5. Welche Schnittstellen der ZSUK gibt es zu den Kunden, und durch welche Maßnahmen versucht man, sich vermehrt gegenüber der Kundenseite zu öffnen? Die ZSUK/SEA wird auf schriftlichen oder telefonischen Antrag der Schiffseigner und Schiffseignerinnen tätig. Sie ist aufgrund des Verwaltungsverfahrensgesetzes verpflichtet und auch selbst bestrebt, eingehende Anträge oder Anfragen schnellstmöglich zu bearbeiten. Ausführliche Informationen für Kunden, wie rechtzeitige Beteiligung der ZSUK/SEA, Kontaktmöglichkeiten usw., gibt es z. B. auf der Internetseite www.elwis.de der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung . 6. a) Welche Alternativen gibt es nach Kenntnissen der Bundesregierung zum Beispiel, um den Kundenkontakt bei der Erteilung von Fahrterlaubnissen für Binnenschiffe zu regeln und nötigenfalls zu verbessern? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. b) Kann die Bundesregierung die nichthoheitlichen Aufgaben der ZSUK auch ganz oder teilweise an private Organisationen abgeben, und wenn ja, in welchem Umfang, an welche Institutionen (etwa Klassifizierungsgesellschaften oder Zertifizierungsstellen), und aus welchen Gründen wurde dieser Weg bisher in Deutschland nicht verfolgt? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 7. a) Aus welchen Gründen stellt die ZSUK nach Informationen der Fragesteller vorrangig vorläufige Schiffsatteste für Binnenschiffe aus, und welche Nachteile können diese bei Kunden der ZSUK in der Praxis mit sich bringen? Zur Bearbeitung werden die Schiffsatteste im Rahmen einer Schiffsuntersuchung eingezogen und durch vorläufige Schiffsatteste ersetzt. Vorläufige Schiffsatteste sind vollwertige Fahrtauglichkeitsbescheinigungen und berechtigen zur Fahrt auf den Bundeswasserstraßen und im europäischen Ausland. Ein Nachteil für die Kunden ist nicht zu erkennen. b) Aus welchen Gründen werden endgültige Schiffsatteste nach Information der Fragesteller erst nach langer Bearbeitungszeit ausgestellt (bitte durchschnittliche Bearbeitungsdauer nennen)? Die Schiffsatteste werden erst erteilt, wenn die bei der Untersuchung festgestellten Mängel abgestellt wurden. Die Bearbeitungszeit hängt daher von der Män- gelabstellung durch den Eigentümer des Fahrzeugs ab. In der Regel erfolgt die Drucksache 18/3422 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode abschließende Bearbeitungsdauer innerhalb der Laufzeit der vorläufigen Fahrtauglichkeitsbescheinigung von vier Monaten. 8. Aus welchen Gründen zögert die ZSUK nach Information der Fragesteller mit der Zulassung der von an Land erfolgreich zugelassenen Maschinen und verlangt zusätzliche Tests für deren Betrieb auf dem Binnenschiff, obwohl der Unterschied zwischen Betrieb an Land und Betrieb auf dem Binnenschiff in den bisherigen Fällen nur theoretisch war? Die Bestimmungen für Binnenschiffe sind auf die speziellen Anforderungen der Binnenschifffahrt abgestimmt. Soweit die an Land zugelassenen Maschinen uneingeschränkt die Anforderungen der Binnenschifffahrt erfüllen, werden sie auch in der Binnenschifffahrt zugelassen. Ist eine Zulassung nicht ausdrücklich geregelt, aber wünschenswert oder beantragt, dann kann dies über das Instrument einer Empfehlung erfolgen, wenn die Maschine als gleichwertig anerkannt wird. 9. Welche Bearbeitungsdauer gibt es aktuell bei der Abnahme von Binnenschiffen ? Auf die Antwort zu Frage 7b wird verwiesen. 10. a) Begleitet man den Kunden vonseiten der ZSUK von Anfang an bei der Projektbearbeitung (Neubauten) und klärt auch technische Fragen vor Baubeginn, und wenn nein, aus welchen Gründen werden technische Fragen erst zum Schluss der Bauphase hin geklärt? Sofern vom Kunden gewünscht und beantragt, werden technische Fragen vor Baubeginn beantwortet und geklärt. b) Begleitet man den Kunden vonseiten der ZSUK von Anfang an bei technischen Neuerungen, und wenn nein, in welchem Zeitrahmen kann die ZSUK solche Anfragen in der Regel beantworten? Sofern sich Kunden bei technischen Neuerungen von Anfang an an die ZSUK gewandt haben, begleitet sie diese bis zur Erteilung der Fahrtauglichkeitsbescheinigung oder des Zulassungszeugnisses bzw. des Eichscheins. Schriftliche Anfragen werden schnellstmöglich bearbeitet. 11. Kam es in der Vergangenheit vor, dass Eichaufnahmen direkt bei der ZSUK oder einer ihrer Außenstellen vorgenommen werden mussten, und wenn ja, wie oft, und mit welchem zeitlichen Vorlauf können in der Regel Termine zur Eichaufnahme vor Ort in den Werften vorgenommen werden? Die Eichaufnahme ist keine Aufgabe der ZSUK/SEA. Sie wird von privaten Eichaufnehmern zur Feststellung der im Einzelfall vorhandenen Beförderungsmenge an Ladegut auf einem Binnenschiff durchgeführt. Die Eichung wird von der ZSUK/SEA zur Feststellung der Tragfähigkeit von Binnenschiffen durchgeführt. Sie kann am ständigen Eichplatz des Schiffseichamtes oder an einem anderen geeigneten Eichplatz stattfinden. Circa 70 Prozent der Eichungen finden trotz zusätzlicher Belastung wegen erhöhter Fahrzeiten an anderen geeigneten Eichplätzen statt. Die Vorlaufzeit für eine Eichung beträgt zwei bis vier Wochen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333