Deutscher Bundestag Drucksache 18/3425 18. Wahlperiode 03.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3224 – Die Aktivitäten des V-Mannes „Tarif“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz und seine V-Mann-Führer (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/2722) Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 2. Oktober 2014 hat die Bundesregierung ihre Antwort (Bundestagsdrucksache 18/2722) auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu den „Aktivitäten des V-Mannes ,Tarif‘ (VM ,Tarif‘) des Bundesamtes für Verfassungsschutz und seine V-Mann-Führer“ mit der Vorbemerkung versehen, dass „Fragen zur Art und Weise der Quellenführung sowie zu konkreten Aufträgen des ehemaligen VM ,Tarif‘, die über die bislang veröffentlichten Informationen hinausgehen, den operativen Kernbereich der Nachrichtendienste“ beträfen. Weiter heißt es in der Vorbemerkung: „Der Schutz von Details zu Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes stellt für deren Aufgabenerfüllung einen überragend wichtigen Grundsatz dar.“ Mit Verweis auf diese Vorbemerkung weigert sich die Bundesregierung sodann, insgesamt zwölf der 35 Fragen der Fraktion DIE LINKE. zu den Aktivitäten des V-Mannes „Tarif“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und seiner V-Mann-Führer zu beantworten. Im April 2014 hat der ehemalige Neonazi M. v. D. (ehemals M. S.) im Magazin „DER SPIEGEL“ (Ausgabe 9/2014) erklärt, dass er der ehemalige V-Mann des BfV „Tarif“ sei. M. v. D. gab an, er sei im Jahr 1994 vom BfV angeworben worden , habe jahrelang die wichtige neonazistische Publikation „Sonnenbanner“ erstellt und deren Texte seinem V-Mann-Führer vorab zur Kenntnis gegeben. Er habe zudem in Thüringen in den Jahren 1996 und 1997 sogenannte Liederabende organisiert, an denen u. a. der langjährige Bekannte und Unterstützer des NSU-Kerntrios (NSU – Nationalsozialistischer Untergrund) André K. (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600) teilgenommen habe. Im Jahr 1998 sei er Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 1. Dezember 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. nach dem Untertauchen des mutmaßlichen NSU-Kerntrios Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt von André K. gefragt worden, ob er ein Versteck für Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt zur Verfügung stellen könne. Er habe daraufhin seinen V-Mann-Führer „Alex“ über die Anfrage informiert. Drucksache 18/3425 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Dieser habe um Zeit gebeten, um Rücksprache mit einem Vorgesetzten zu halten , und habe ihm dann wenig später eine Absage erteilt (vgl. DER SPIEGEL 9/2014). „DER SPIEGEL“ berichtet weiterhin, man habe im September 2012 – zu einem Zeitpunkt, als im 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des 17. Deutschen Bundestages zum Nationalsozialistischen Untergrund gerade bekannt geworden war, dass der Referatsleiter im BfV, Lothar Lingen, im November 2011 u. a. die Vernichtung der Akten des V-Mannes „Tarif“ angeordnet hatte – nach mehrjähriger Unterbrechung erstmals wieder Kontakt zu M. v. D., der zu diesem Zeitpunkt in Schweden lebte, aufgenommen. Laut M. v. D. habe ihm sein ehemaliger V-Mann-Führer „Alex“ geraten, nicht auf die Anfrage des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ einzugehen. Wenige Wochen später sei M. v. D. nach Deutschland gereist, um sich u. a. mit „Alex“ und zwei weiteren Mitarbeitern des BfV zu treffen. Diese hätten ihm die Aufnahme in ein Schutzprogramm versprochen. Zudem habe M. v. D. auch berichtet , dass A. K. ihn im Jahr 1998 gefragt habe, ob er das untergetauchte mutmaßliche NSU-Kerntrio unterbringen könne. M. v. D. habe den Eindruck gehabt, die Mitarbeiter des BfV seien darüber informiert gewesen. Während „DER SPIEGEL“ erst im April 2014 (vgl. DER SPIEGEL 9/2014) über M. v. D. und dessen Aktivitäten als neonazistischer V-Mann „Tarif“ berichtete, hatte das ARD-Magazin „FAKT“ schon im Oktober 2013 erstmals einen Bericht über M. v. D. und seine Aktivitäten als Neonazi und V-Mann „Tarif“ gesendet (vgl. FAKT, „V-Mann mit Verbindungen zum NSU-Trio“, Sendung vom 1. Oktober 2013, www.mdr.de/fakt/verfassungsschutz-vmann-tarif-nsu100.html). In dem Beitrag wird auch eine Einschätzung des BfV zu den Verbindungen zwischen V-Mann „Tarif“ und dem mutmaßlichen NSU-Kerntrio zitiert, wonach „ein Kennverhältnis nicht ausgeschlossen werden könne“. Bei der polizeilichen Durchsuchung einer Garage des Trios im Januar 1998 in Jena wurden neben 1,4 kg TNT auch zahlreiche neonazistische Publikationen, darunter auch eine Ausgabe des von M. S. herausgegebenen Neonazimagazins „Sonnenbanner“, beschlagnahmt. Darin wird die Neonazibewegung u. a. zur Bildung von konspirativen „Zellen“ aufgerufen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600). Als Reaktion auf den Beitrag im ARD-Magazin „FAKT“ habe M. v. D. ebenfalls Kontakt zum BfV aufgenommen und sich dann erneut mit Vertretern des BfV in Deutschland getroffen. Ein bei diesem Treffen unterbreitetes Angebot des BfV, ihn in einem Schutzprogramm unterzubringen, sei im November 2013 jedoch vom BfV zurückgezogen worden. Im Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“, Ausgabe 10/2014, erklärte M. v. D. dann öffentlich, er sei bereit, als Zeuge im Prozess vor dem OLG München auszusagen , und beharrte darauf, dass er seinen V-Mann-Führer „Alex“ über die Anfrage von A. K. zur Unterbringung des gesuchten Trios informiert habe. Auf die Frage 33 der Kleinen Anfrage „Der V-Mann ,Tarif‘ im Bundesamt für Verfassungsschutz und seine V-Mann-Führer“, ob der V-Mann-Führer „Alex“ gegenüber dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des 17. Bundestages als Zeuge benannt worden sei, antwortet die Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/2722, der seinerzeit zuständige V-Mann-Führer wäre Mitte Mai 2013 als Zeuge geladen gewesen. Ausweislich des Abschlussberichts des 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Nationalsozialistischen Untergrund, Bundestagsdrucksache 17/14600, wurden am 13. Mai 2013 die im BfV arbeitenden Zeugen Richard Kaldrack (V-Mann-Führer) und Sebastian Egerton gehört; der vom BfV ebenfalls benannte Zeuge Rüdiger Grasser wurde nicht mehr gehört; am 16. Mai 2013 wurden die im BfV arbeitende Zeugin Rita Dobersalzka, ehemalige Leiterin der Abteilung Rechtsterrorismus im BfV, der ehemalige Sachbearbeiter im Referat Rechtsterrorismus im BfV, Bert Kippenborck, und der ehemalige Auswerter im Referat Rechtsterrorismus, Michael Renzewitz, gehört. Unter dem Titel „Ich hätte den NSU stoppen können“ berichtete auch die Zeitung „WELT am SONNTAG“ am 18. Oktober 2014 (www.welt.de/politik/ deutschland/article133415915/Ich-haette-den-NSU-stoppen-koennen.html) über die Aktivitäten des ehemaligen V-Mannes „Tarif“ des BfV und dessen Behauptungen, er habe im Sommer 1998 einen Anruf eines Unterstützers des Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3425 mutmaßlichen NSU-Kerntrios erhalten mit der Anfrage, ob er Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe unterbringen könne. Darüber hinaus berichtet die „WELT am SONNTAG“, mittlerweile sei bekannt geworden, dass doch mehr Akten über die Aktivitäten des V-Mannes „Tarif“ im BfV vorhanden seien, als bislang öffentlich bekannt gewesen sei, und dass das BfV im Archiv über alle „Quellenberichte“ des V-Mannes „Tarif“ verfüge. Weiter heißt es in dem Artikel: „Mitglieder des Bundestags-Untersuchungsausschusses weisen aber darauf hin, dass die rekonstruierte Akte ,Tarif‘, die man ihnen vorgelegt habe, nachdem die Schredder-Aktion bekannt geworden sei, nur aus einem einzigen Ordner bestanden“ habe. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung hat die vorliegenden Nachfragen zur Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/2722 zum Anlass genommen, die in Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 18/2722) beschriebene Abwägung erneut durchzuführen. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass Fragen zur Art und Weise der Quellenführung sowie zu konkreten Aufträgen des ehemaligen V-Mannes (VM) „Tarif“, die über die bislang veröffentlichten Informationen hinausgehen, den operativen Kernbereich der Nachrichtendienste betreffen. Der Schutz von Details zu Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes stellt für deren Aufgabenerfüllung einen überragend wichtigen Grundsatz dar. Von seiner Einhaltung hängt die Aufrechterhaltung der Effektivität nachrichtendienstlicher Informationsbeschaffung ab. Der Einsatz spezifischer Fähigkeiten ist evident geheimhaltungsbedürftig, da im Übrigen die nachrichtendienstliche Aufgabenerfüllung nicht möglich wäre. Die sich daraus ergebenden negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sowie Gefährdungen für die Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörden und etwaiger hinweisgebender V-Personen müssen mit den verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechten des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten abgewogen werden. Vor diesem Hintergrund gilt, dass für die Fragen 9 und 12 weiterhin auch eine Beantwortung unter VS-Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre, ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie und der Bedeutung der betroffenen Grundrechtspositionen hält die Bundesregierung die Informationen der erfragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. Zu den Fragen 10 bis 18 hat eine erneute Abwägung mit den in Frage stehenden Individualrechtsgütern geschützter Personen bzw. den dargestellten Staatswohlerwägungen ergeben, dass eine eingestufte Beantwortung als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Geheim“ möglich ist, da es sich insoweit um Einzelfälle handelt, in denen die beschriebenen negativen Folgen und Gefährdungen für die Funktionsfähigkeit nachrichtendienstlicher Tätigkeit nunmehr ausgeschlossen werden können. Das gilt auch für die Antwort zu den Fragen 25 bis 28. Auf die entsprechend eingestuften Antwortteile wird ausdrücklich verwiesen. Drucksache 18/3425 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Auf welchen vom Bundesverfassungsgericht als aus dem Grundgesetz folgend anerkannten Rechtfertigungsgrund für eine Auskunftsverweigerung gegenüber dem unmittelbar aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) folgenden Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten gegenüber der Bundesregierung, dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert (vgl. nur jüngst BVerfG, 2 BvE 5/11 vom 21. Oktober 2014), beruft sich die Bundesregierung bei der von ihr jeweils unter Verweis auf die Nummer 2 ihrer Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 18/2722 verweigerten Beantwortung der Fragen 1 bis 6, 12 und 13 sowie 17 und 34 (teilweise) der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE., wonach über die bereits veröffentlichten Informationen hinaus wegen Betroffenheit des „operativen Kernbereich[s] der Nachrichtendienste“ im Ergebnis einer Abwägung mit diesen verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechten des Deutschen Bundestages „auch eine Beantwortung unter VS-Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre,“ ausscheide? 2. Gehört nach Auffassung der Bundesregierung der von ihr in Nummer 2 ihrer Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 18/2722 zur Rechtfertigung der Nichtbeantwortung der Fragen 1 bis 6, 12 und 13 sowie 17 und 34 (teilweise ) der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. herangezogene „operative Kernbereich der Nachrichtendienste“ zum normativen Gehalt des vom Bundesverfassungsgericht als Rechtsfertigungsgrund für die Nichtbeantwortung Kleiner Anfragen anerkannten „Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung“? 3. Handelt es sich bei der unter Verweis auf Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/2722 versagten Beantwortung der Fragen 1 bis 6, 12 und 13 sowie 17 und 34 (teilweise) der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2722 um einen hiervon unabhängigen, weiteren, aus dem Grundgesetz folgenden Rechtfertigungsgrund für die Nichtbeantwortung von parlamentarischen Fragen, die auf das aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 GG folgende Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten gegenüber der Bundesregierung, dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert (vgl. nur jüngst BVerfG, 2 BvE 5/11 vom 21. Oktober 2014), gestützt werden? 4. Inwiefern betrifft die operative Arbeit der Nachrichtendienste, etwa der „Einsatz spezifischer Fertigkeiten“ (Bundestagsdrucksache 18/2722, Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung), nach Auffassung der Bundesregierung die Willensbildung und Entscheidungsfindung der Bundesregierung im Kabinett bzw. diesbezügliche Abstimmungsprozesse zwischen den einzelnen Ressorts im Vorfeld einer Kabinettsentscheidung? 5. Inwiefern wäre nach Auffassung der Bundesregierung eine Beantwortung der Fragen 1 bis 6, 12 und 13 sowie 17 und 34 (teilweise) der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2722 in der Sache geeignet, die Willensbildung und Entscheidungsfindung der Bundesregierung im Kabinett bzw. diesbezügliche Abstimmungsprozesse zwischen den einzelnen Ressorts zu beeinträchtigen? 6. Inwiefern kann der „Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie“ (Bundestagsdrucksache 18/2722, Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung ) nach Auffassung der Bundesregierung generell geeignet sein, im Zuge einer Abwägung die Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten gegenüber der Bundesregierung einzu- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3425 schränken bzw. die Versagung der Beantwortung hierauf gestützter parlamentarischer Fragen an die Bundesregierung zu rechtfertigen? 7. Weshalb ist der „Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie“ (Bundestagsdrucksache 18/2722, Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung ) im Falle der Nichtbeantwortung der Fragen 1 bis 6, 12 und 13 sowie 17 und 34 (teilweise) der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2722 unter Verweis auf Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung nach Auffassung der Bundesregierung geeignet , im Ergebnis einer Abwägung mit diesem Grundsatz sowie dem von der Bundesregierung postulierten „operativen Kernbereich der Nachrichtendienste “ und der Bedeutung der betroffenen Grundrechtspositionen die Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten gegenüber der Bundesregierung einzuschränken bzw. die Versagung der Beantwortung hierauf gestützter parlamentarischer Fragen an die Bundesregierung mit der Begründung zu rechtfertigen, dass „Informationen der angefragten Art so sensibel [seien], dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann“ (Bundestagsdrucksache 18/2722, Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung )? Die Fragen 1 bis 7 werden gemeinsam beantwortet. Aus dem Gesamtzusammenhang der Vorbemerkung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2722 vom 6. Oktober 2014 ergibt sich, dass die Bundesregierung den operativen Kernbereich der Nachrichtendienste nicht mit dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung gleichsetzt. Aus der Vorbemerkung der Bundesregierung wird deutlich, dass unter dem operativen Kernbereich der Nachrichtendienste der Schutz von Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen verstanden wird, die für die nachrichtendienstliche Aufgabenerfüllung von überragender Wichtigkeit sind. Ebenso wurde dargelegt, dass vom Schutz entsprechender Informationen die Effektivität nachrichtendienstlicher Informationsbeschaffung abhängt. Sofern die Bundesregierung in diesem Zusammenhang darauf verwiesen hat, dass der Einsatz spezifischer Fähigkeiten evident geheimhaltungsbedürftig ist, bezieht sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach in Fällen evidenter Geheimhaltungsbedürftigkeit eine Begründung für eine Antwortverweigerung entbehrlich ist (vgl. BVerfGE 124, 161 <193>). Das Bundesverfassungsgericht hat grundsätzlich auch die Möglichkeit anerkannt, dass eine Beantwortung unterbleiben kann, wenn damit eine Offenlegung von Einzelheiten zu Arbeitsweisen, Strategien, Methoden und Erkenntnisstand der Nachrichtendienste einherginge, die deren Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung gefährde (vgl. BVerfGE 124, 161 <194>). In diesem Zusammenhang weist die Bundesregierung darauf hin, dass der Grundsatz der wehrhaften bzw. streitbaren Demokratie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich anerkannt ist und dort auch in Zusammenhang mit der in Artikel 87 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) vorgesehenen Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gebracht wird, so dass das Gebot der Effektivität des Verfassungsschutzes grundgesetzlich verankert ist (vgl. BVerfGE 30, 1 <18 f.>). Dabei erkennt das Bundesverfassungsgericht auch an, dass gegen die Verfassungsordnung und gegen die Sicherheit und den Bestand des Staates gerichtete Bestrebungen, Pläne und Maßnahmen meist von Gruppen ausgehen, die ihre Arbeit tarnen und im Geheimen leisten, die wohlorganisiert sind und in besonderer Weise auf ungestört funktionierende Nachrichtenverbindungen angewiesen sind, weshalb solchen Gruppen gegenüber der Verfassungsschutz nur wirksam arbeiten kann, wenn seine Überwachungsmaßnahmen geheim sind. Deshalb muss es auch vermieden werden, dass eine Identifizierung bisher unbekannt gewesener Angehöriger des Verfassungsschutzes ermöglicht und dadurch dessen Wirksamkeit in hohem Maße beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG ebenda). Drucksache 18/3425 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Welche nach den jeweiligen Artikeln des Grundgesetzes benannten konkreten Grundrechtspositionen wären nach Auffassung der Bundesregierung im Hinblick auf ihre Bedeutung bei Beantwortung der Fragen 1 bis 6, 12 und 13 sowie 17 und 34 (teilweise) der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/2722 in einer derart gravierenden Weise betroffen, dass im Ergebnis einer Abwägung hiermit sowie mit dem „operativen Kernbereich der Nachrichtendienste“ die Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten gegenüber der Bundesregierung einzuschränken wären bzw. die Versagung der Beantwortung hierauf gestützter parlamentarischer Fragen an die Bundesregierung mit der Begründung zu rechtfertigen seien, dass „Informationen der angefragten Art so sensibel [seien], dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann“ (Bundestagsdrucksache 18/2722, Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung )? Die in den bezeichneten Fragen erwünschten Informationen lassen indirekt Rückschlüsse auf Erkenntnisstand sowie Aufklärungsbedarf des BfV zu bestimmten Personen bzw. Gruppierungen der rechtsextremistischen Szene zu bzw. legen Details zur konkreten Ausgestaltung von VM-Verhältnissen offen. In beiden Fällen steigt in der Folge die Gefahr einer Enttarnung von Quellen erheblich . Quellenenttarnungen gehen mit einer konkreten Gefahr für Leib und Leben von V-Leuten einher und stellen daher einen schweren Eingriff in das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG dar. In diesen Fällen muss der Schutz des betroffenen Individualrechtsguts dem Recht des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten auf Informationen vorangehen. Ob die Gefahr einer Enttarnung droht, ist Frage einer Abwägung im Einzelfall. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 9. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen , wann und wo nach Kenntnis der Bundesregierung der V-Mann „Tarif“ durch das BfV angeworben und mit welchen konkreten Aufträgen er wann verpflichtet wurde? Die Beantwortung der Frage nach den Umständen der Anwerbung und den Aufträgen von „Tarif“ lässt indirekt Rückschlüsse auf Erkenntnisstand sowie Aufklärungsbedarf des BfV zu bestimmten Personen bzw. Gruppierungen der rechtsextremistischen Szene zu. Bei Bekanntwerden würden die betroffenen Personen bzw. Gruppierungen in die Lage versetzt werden, Gegenmaßnahmen zu treffen und würde zudem die Möglichkeit der Enttarnung weiterer Quellen erleichtert. Für das BfV würde dies zu Erkenntnisverlusten führen und hätte bei Quellenenttarnungen aufwändige Maßnahmen zum Schutz von Leib und Leben von V-Leuten zur Folge. Eine Beantwortung der Frage muss daher zum Schutz von Leib und Leben aktuell für V-Leute des BfV und zur Gewährleistung der Auftragserledigung durch das BfV unterbleiben. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3425 10. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen , wie viele V-Mann-Führer der V-Mann „Tarif“ nach Kenntnis der Bundesregierung im BfV während seiner V-Mann-Tätigkeit hatte und wenn die Fragesteller die Bundesregierung nach Arbeitsnamen und Tätigkeitszeiträumen der V-Mann-Führer und deren Tätigkeit fragen? 11. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen , wann der im Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ 9/2014 genannte V-Mann-Führer „Alex“ des BfV erstmals Kontakt zu M. v. D. (vormals M. S.) gehabt hat? Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Die Antwort ist als „VS – Geheim“ eingestuft und wird bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.* 12. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen, wie viele Kontakte und Treffen es nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen dem V-Mann-Führer „Alex“ des BfV und M. v. D. (vormals M. S.) gegeben hat? Die Gesamtzahl der Kontakte und Treffen über einen bestimmten Führungszeitraum lassen Rückschlüsse auf die regelmäßige Trefffrequenz von VM mit dem VM-Führer und damit auf Details zur konkreten Ausgestaltung von VM-Verhältnissen zu. Im Falle des Bekanntwerdens dieser operativen Details wird die Gegenseite in die Lage versetzt, ihre eigenen Überwachungsmaßnahmen bei Personen, die der Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz verdächtigt werden , entsprechend anzupassen; die Wahrscheinlichkeit der Enttarnung weiterer Quellen wird damit erhöht. Eine Beantwortung der Frage muss daher zum Schutz von Leib und Leben aktuell für V-Leute des BfV und zur Gewährleistung der Auftragserledigung durch das BfV unterbleiben. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 13. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen, wie viele Kontakte und Treffen es nach Kenntnis der Bundesregierung nach dem 4. November 2011 zwischen dem V-Mann-Führer „Alex“ des BfV und M. v. D. (vormals M. S.) gegeben hat? 14. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen, wann nach Kenntnis der Bundesregierung der letzte Kontakt und * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Drucksache 18/3425 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode das letzte Treffen des V-Mann-Führers „Alex“ des BfV und M. v. D. (vormals M. S.) stattfand? 15. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen, wie viele Treffen und Kontakte es nach dem 4. November 2011 zwischen Vertretern des BfV und M. v. D. (vormals M.S.) bis zum 1. Oktober 2013 gegeben hat? 16. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen, wie viele V-Mann-Führer des V-Mannes „Tarif“ zu welchem Zeitpunkt durch den Sonderbeauftragten der Bundesregierung, Ministerialrat Hans-Georg Engelke, im Rahmen von dessen Untersuchung der Aktenvernichtungen im BfV befragt wurden und die Bundesregierung nach dem Datum der jeweiligen Befragung unter Angabe des jeweiligen Arbeitsnamens des jeweiligen V-Mann-Führers gefragt wird? 17. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen, wann und wie oft der V-Mann-Führer „Alex“ durch den Sonderbeauftragten der Bundesregierung, Hans-Georg Engelke, im Rahmen von dessen Untersuchung der Aktenvernichtungen im BfV befragt wurde, und wann dies geschehen ist? 18. Kann die Bundesregierung konkret darstellen, welche Details zu Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden der Nachrichtendienste des Bundes und welche spezifischen Fähigkeiten betroffen sind, wenn die Fragesteller fragen, wann der V-Mann-Führer „Alex“ erstmals durch Vertreter des BfV zu Kontakten des V-Mannes „Tarif“ zu mutmaßlichen Unterstützern des mutmaßlichen NSU-Kerntrios befragt wurde? Die Fragen 13 bis 18 werden gemeinsam beantwortet. Die Antwort ist als „VS – Geheim“ eingestuft und wird bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen.* 19. Wie viele Ordner umfassen die Quellenberichte des V-Mannes „Tarif“ im BfV? Die Zahl der zur VM-Akte „Tarif“ gehörenden Ordner lässt sich aufgrund der Aktenvernichtung nicht mehr feststellen. 20. Wie viele Quellenberichte liegen dem BfV vom V-Mann „Tarif“ vor (bitte unter Angabe des Datums des ersten und des letzten Quellenberichtes des V-Mannes „Tarif“)? Es wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. * Das Bundesministerium hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3425 21. Hat die Bundesregierung dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund Quellenberichte des V-Mannes „Tarif“ zur Verfügung gestellt? 22. Für den Fall, dass Frage 21 bejaht wird, unter welchem Beweisbeschluss bzw. unter welchen Beweisbeschlüssen hat die Bundesregierung dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund Quellenberichte des V-Mannes „Tarif“ zur Verfügung gestellt? Die Fragen 21 und 22 werden gemeinsam beantwortet. Ja. Die Zulieferung erfolgte im Rahmen der Erfüllung des Beweisbeschlusses BfV 11. 23. Für den Fall, dass Frage 21 bejaht wird, zu welchen Themen- und Organisationskomplexen hat die Bundesregierung dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund Quellenberichte des V-Mannes „Tarif“ zur Verfügung gestellt? Die Zulieferung erfolgte im Zusammenhang mit den vernichteten Akten der Operation Rennsteig. 24. Für den Fall, dass Frage 21 verneint wird, welche Gründe lagen aus Sicht der Bundesregierung vor, dass dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss unter keinem der Beweisbeschlüsse eine Quellenmeldung des V-Mannes „Tarif“ vorgelegt wurde? Entfällt. Auf die Antwort zu den Fragen 21 und 22 wird verwiesen. 25. Wurde der seinerzeit zuständige V-Mann-Führer „Alex“ des V-Mannes „Tarif“ Mitte Mai 2013 als Zeuge vor dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss vernommen? 26. Falls die Bundesregierung die Frage 25 bejaht, existiert eine personelle Identität zwischen dem V-Mann-Führer „Alex“ und dem Zeugen Richard Kaldrack, der am 13. Mai 2013 vor dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gehört wurde? 27. Falls die Bundesregierung die Frage 25 bejaht, existiert eine personelle Identität zwischen dem V-Mann-Führer „Alex“ und dem Zeugen Sebastian Egerton, der am 13. Mai 2013 vor dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gehört wurde? 28. Falls die Bundesregierung die Frage 25 bejaht, hatte der seinerzeit zuständige V-Mann-Führer „Alex“ als Zeuge vor dem 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine dienstliche Anweisung, seine Beziehung zum V-Mann „Tarif“ und seine Kontakte zu „Tarif“ nach dem 4. November 2011 zu verschweigen? Die Fragen 25 bis 28 werden gemeinsam beantwortet. Die Antwort wird als „VS – Geheim“ eingestuft und wird bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen.* * Das Bundesministerium hat die Antwort als „VS – Geheim“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333