Deutscher Bundestag Drucksache 18/3488 18. Wahlperiode 08.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sigrid Hupach, Harald Petzold (Havelland), Dr. Rosemarie Hein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3105 – Aktueller Stand der Arbeit der Taskforce Schwabinger Kunstfund ein Jahr nach deren Einsetzung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 4. November 2013 veröffentlichte das Magazin „FOCUS“ den Artikel „Der gerettete Schatz“ und machte so den so genannten Schwabinger Kunstfund bekannt. Ein Jahr nachdem der spektakuläre Fund öffentlich wurde, stellt sich die Frage nach dem aktuellen Stand der Erforschung der Werke der Sammlung Cornelius Gurlitt und den Konsequenzen, die sich aus dem Fund ergeben haben. 1. Wann wird die zwischen der Schweiz, dem Kunstmuseum Bern und den deutschen Behörden ausgehandelte Annahmevereinbarung über das Erbe von Cornelius Gurlitt veröffentlicht? Die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und der Stiftung Kunstmuseum Bern vom 24. November 2014 ist seit diesem Tag veröffentlicht, u. a. unter www.kulturstaatsministerin.de. 2. Wie viele und welche Werke (bitte mit Titel, Künstler und Entstehungsjahr auflisten) werden bei Antritt des Erbes durch das Kunstmuseum Bern an dieses übergehen? Die tatsächliche Übernahme von Werken steht unter dem Vorbehalt der vorerst im Hinblick auf das eingeleitete Erbscheinverfahren fortbestehenden Nachlasspflegschaft . Von den Werken des Schwabinger Fundes wird das KunstDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 5. Dezember 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. museum Bern (KMB) gemäß der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und der Stiftung Kunstmuseum Bern vom 24. November 2014 diejenigen übernehmen, bei denen nach dem Ergebnis der Taskforce kein Raubkunstverdacht vorliegt (vgl. Antwort zu Frage 4). Hinsicht- Drucksache 18/3488 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lich der Werke des Salzburger Fundes hat das Kunstmuseum Bern gemäß § 3 Absatz 2 der Vereinbarung drei Monate Zeit zu entscheiden, welche Werke es an die Taskforce übergibt. Die Veröffentlichung von Listen der Werke, die das Kunstmuseum Bern übernimmt, liegt in dessen Verantwortung als Eigentümer. 3. Bei wie vielen Werken der Sammlung Cornelius Gurlitt konnte bisher von der Taskforce Schwabinger Kunstfund eindeutig die Provenienz festgestellt werden (bitte mit Titel, Künstler und Entstehungsjahr auflisten)? Drei Werke wurden bislang von der Taskforce als mit höchster Wahrscheinlichkeit NS-verfolgungsbedingt entzogen identifiziert: „Reiter am Strand/Zwei Reiter am Strand“ von Max Liebermann, entstanden 1901; „Sitzende Frau/In einem Sessel sitzende Frau/Femme assise“ von Henri Matisse, entstanden 1921; „Das Klavierspiel/Musizierendes Paar“ von Carl Spitzweg, entstanden um 1840. Die entsprechenden Provenienzberichte sind unter www.lostart.de veröffentlicht . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 4. Bei wie vielen Werken der Sammlung Cornelius Gurlitt konnte die Taskforce Schwabinger Kunstfund den Verdacht, dass es sich um NS-Raubkunst handelt, definitiv ausschließen? Die Taskforce konnte bisher einen Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug für 507 der aus dem „Schwabinger Kunstfund“ stammenden Werke ausschließen . Dabei handelt es sich um 276 Werke, die wegen ihrer Entstehungsumstände – etwa von Mitgliedern der Familie Gurlitt geschaffen – dem Familieneigentum Gurlitt zuzurechnen sind, sowie 231 Werke, die dem Bestand der bei der NS-Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmten Werke zugehören, aber schon vor 1933 im Besitz öffentlicher Museen und Sammlungen waren. 5. An welche Museen sollen laut Annahmevereinbarung zwischen den deutschen Behörden und dem Kunstmuseum Bern Werke aus der Sammlung Cornelius Gurlitt, die der „Entarteten Kunst“ zuzuordnen sind, als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt werden (bitte mit Namen der Museen und Titel der Werke auflisten)? In § 8 Absatz 3 der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und der Stiftung Kunstmuseum Bern vom 24. November 2014 ist bestimmt, dass das KMB „Leihanfragen von deutschen, österreichischen und polnischen Museen, die bis zur NS-Aktion ‚Entartete Kunst‘ Besitzer der angefragten Werke waren, prioritär behandeln und diesen, sofern konservatorisch verantwortbar und kein Eigenbedarf vorliegt, entsprechen“ wird. 6. Wie viele Werke der Sammlung Cornelius Gurlitt konnten bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht von der Taskforce Schwabinger Kunstfund im Hinblick auf einen NS-Raubkunst-Verdacht überprüft werden? Die Taskforce Schwabinger Kunstfund hat die insgesamt 1 258 bei Cornelius Gurlitt in München aufgefundenen Werke (1 224 Werke aus dem „Schwabinger Kunstfund“ und 34 weitere Werke aus dem Nachlass) einer ersten Prüfung unterzogen und konnte 1 230 Werke jeweils einem bestimmten Künstler zuschreiben . Die Zuschreibung ist die Voraussetzung für die weitere Provenienzrecherche . Dabei wurden die Werke, die wegen ihrer Entstehungsumstände dem Familieneigentum Gurlitt zuzurechnen sind (vgl. Antwort zu Frage 4), aus der weiteren Untersuchung ausgesondert. Bei den vertieften Einzelrecherchen hat- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3488 ten diejenigen Werke, für die Anfragen und Ansprüche von Holocaust-Überlebenden vorlagen, Vorrang. Bei drei Werken mit insgesamt neun unterschiedlichen Anspruchstellern konnten die Recherchen abgeschlossen werden (vgl. Antwort zu Frage 3). Für über 270 weitere Werke sind zum Teil sehr umfassende Vorprüfungsberichte erstellt worden, welche die Basis für weitere Recherchen bilden. 7. In welcher Höhe wird die Arbeit der Taskforce Schwabinger Kunstfund aus Mitteln des Haushalts der Beauftragten für Kultur und Medien, Monika Grütters, in den Jahren 2014 und 2015 finanziert (bitte mit Angabe des Haushaltstitels)? Das Projekt „Provenienzrecherche durch die Taskforce ‚Schwabinger Kunstfund ‘“ wurde im Haushaltsjahr 2014 aus Kapitel 04 05 Titel 681 11 „Rückführung von Kulturgut sowie Sicherung und Erwerb von national wertvollem Kulturgut, Provenienzrecherche und -forschung zu NS-Raubkunst“ mit Bundesmitteln in Höhe von 36 000 Euro sowie mit Mitteln aus dem Haushaltsjahr 2013 in Höhe von 255 000 Euro gefördert. Für projektbezogene Förderungen im Zusammenhang mit dem „Schwabinger Kunstfund“ wurden der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ der Freien Universität Berlin im Haushaltsjahr 2014 Mittel aus dem Haushaltsjahr 2013 aus demselben Titel in Höhe von 105 000 Euro gewährt. Die Arbeit der Taskforce wird in Umsetzung der getroffenen der Vereinbarung vom 24. November 2014 im Haushaltsjahr 2015 fortgeführt werden; in welcher Höhe dafür Bundesmittel voraussichtlich insgesamt im Jahr 2015 erforderlich sein werden, ergibt sich in Abhängigkeit von den weiteren Fortschritten der Arbeit. 8. Welche Mitglieder der Taskforce Schwabinger Kunstfund arbeiten konkret und mit entsprechender wissenschaftlicher Qualifikation an der Klärung der Provenienzen der einzelnen Werke der Sammlung Cornelius Gurlitt? Mitglieder der Taskforce sind: – Ministerialdirektorin a. D. Dr. Ingeborg Berggreen-Merkel Leiterin – Dr. Andrea Baresel-Brand Wissenschaftliche Koordination – Thierry Bajou Projektleiter „Musées Nationaux Récupération“, Französisches Ministerium für Kultur und Kommunikation, Direction générale des patrimoines – Dr. Magnus Brechtken Stellv. Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, München/Berlin – Dr. Meike Hoffmann Projektkoordinatorin der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin – RDin Heike Impelmann Referatsleiterin Referat C1 im Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen – Roland Kempfle LL.M. (VUW) Staatsanwalt – Dr. Monika Kuhnke Polnisches Außenministerium Rechts- und Vertragsabteilung Drucksache 18/3488 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – Anne Liskenne Conservateur du patrimoine Französisches Außenministerium, Archivdirektion – Sophie Lillie Provenienzforscherin, Wien – Jane Milosch Director, Provenance Research Initiative Office of the Under Secretary for History, Art and Culture Smithsonian Institution, Washington – Agnes Peresztegi Rechtsanwältin, Paris/Budapest – Dr. Stephanie Tasch Dezernentin bei der Kulturstiftung der Länder – Yehudit Shendar Deputy Director and Senior Art Curator, Museums Division, Yad Vashem, Jerusalem, Israel – Shlomit Steinberg Hans Dichand Curator of European Art am Israel Museum in Jerusalem Alle Mitglieder der Taskforce arbeiten auf unterschiedliche Weise an der Klärung der Provenienz der einzelnen Werke. Die Qualifikationen der Mitglieder der Taskforce entsprechen diesen Aufgaben – es handelt sich um namhafte und erfahrene Provenienzforscher und -forscherinnen sowie um entsprechende Vertreter ausländischer Ministerien und Einrichtungen sowie Juristen. Die vorhandenen Qualifikationen umfassen u. a. die Kunstgeschichte, die Zeitgeschichte, das Museumswesen und einschlägiges Expertenwissen im internationalen Recht. Zudem werden die umfassenden Recherchearbeiten nicht nur von den Mitgliedern der Taskforce wahrgenommen. Wegen der oftmals erforderlichen speziellen Recherche- und Sprachkenntnisse arbeitet der Taskforce eine wechselnde Zahl von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zu, die einzeln oder als Rechercheteam in unterschiedlichen Vertragskonstellationen (Abordnung, Werkvertrag, Amtshilfe etc.) und mit unterschiedlichen Zeitbudgets beschäftigt werden. Nicht in die eigentliche Recherchearbeit eingebunden sind die Leiterin der Taskforce sowie der Vertreter des Freistaates Bayern. Sie überprüfen aber alle Berichte, die erstellt werden, und stimmen diese mit den übrigen Mitgliedern der Taskforce ab. Im Büro der Taskforce arbeiten zwei weitere Mitarbeiterinnen, die die Taskforce neben der administrativen Arbeit mit eigenverantwortlichen Abgleichen und Erstellen von Listen etc. unterstützen. Ein dritter Mitarbeiter des Taskforcebüros ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie für das IT-System und anfallende Sonderaufgaben (z. B. Liegenschaft) verantwortlich. 9. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Taskforce Schwabinger Kunstfund über ausreichend Mitglieder mit einschlägiger fachlicher Qualifikation im Bereich der Provenienzforschung verfügt, um das öffentlich genannte Ziel, bis Ende des Jahres 2014 alle Werke der Sammlung Cornelius Gurlitt im Hinblick auf ihre Provenienz zu überprüfen, zu erreichen? Provenienzforschung, insbesondere zu den lange der Forschung verschlossenen Werken aus dem Schwabinger Kunstfund, ist eine komplexe Aufgabenstellung, die aufwendige, auch zeitaufwendige Recherchen erfordert. Bei Abschluss der Vereinbarung zwischen dem Bund, dem Freistaat Bayern und Cornelius Gurlitt im April 2014 gingen die Beteiligten zwar davon aus, dass es möglich sein könne, eine Erfüllung der Aufgabe der Taskforce in wesentlichen Teilen bis zum Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3488 Ende des Jahres 2014 zu erreichen. Da aber die Komplexität der Arbeiten schon zum damaligen Zeitpunkt deutlich war, wurde bereits in dieser Vereinbarung sichergestellt, dass die Taskforce ihre Tätigkeit erforderlichenfalls auch nach 2014 fortführen kann. Aufgrund der seitherigen Entwicklung und nicht zuletzt auch aufgrund des Todes von Cornelius Gurlitt und der dadurch eingetretenen neuen, auch rechtlich komplexen Situation wird eine Fortsetzung der Arbeit der Taskforce im Jahr 2015 notwendig sein. In der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und der Stiftung Kunstmuseum Bern vom 24. November 2014 ist deshalb vorgesehen, dass die Taskforce die Provenienzforschung an den ihr übergebenen Werken im Laufe des Jahres 2015 im Wesentlichen abgeschlossen haben wird. Sie wird bis dahin zu den Werken eine Begutachtung (Provenienzbericht oder Bericht über den Stand der Arbeiten) vorlegen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 10. Kann die Bundesregierung ein Datum nennen, bis zu dem die Arbeit der Taskforce abgeschlossen sein wird? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. 11. Entspricht es den Tatsachen, dass die Taskforce Schwabinger Kunstfund auch im Fall der Annahme des Erbes von Cornelius Gurlitt durch das Kunstmuseum Bern ihre Arbeit im Bereich der Provenienzforschung zur Sammlung von Cornelius Gurlitt fortsetzen wird? Ja, dies ist in der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und der Stiftung Kunstmuseum Bern vom 24. November 2014 vorgesehen. 12. Kann die Bundesregierung begründen, warum bis heute die Geschäftsunterlagen und die Korrespondenz der Familie Gurlitt nicht digitalisiert und veröffentlicht wurden (FOCUS vom 3. November 2014 „Wohin mit dem Jahrhundertfund?“, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Oktober 2014 „Wann gibt es endlich Resultate?“), und wann plant die Bundesregierung diese Unterlagen der Öffentlichkeit, den Erben und der Forschung zur Verfügung zu stellen? Die bei Cornelius Gurlitt aufgefundenen Geschäftsbücher von Hildebrand Gurlitt sind in Umsetzung der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und der Stiftung Kunstmuseum Bern vom 24. November 2014 und dem damit nunmehr vorliegenden Einverständnis der Eigentümerin seit diesem Tag auf www.lostart.de veröffentlicht. Auch die geschäftliche Korrespondenz von Hildebrand Gurlitt soll dort veröffentlicht werden, soweit keine Rechte Dritter entgegenstehen. Sie wird zu diesem Zweck zunächst von Experten ausgewertet. 13. Wie viele Anfragen von Erben bzw. von Erbenvertretern wurden seit Einrichtung der Taskforce Schwabinger Kunstfund an diese gestellt? Die rund 200 von den ca. 300 bei der Taskforce eingegangenen Schreiben zum Kunstfund, die sich unmittelbar auf Kunstwerke bezogen, enthielten geltend gemachte Ansprüche und Anfragen sehr unterschiedlicher Art. Sie umfassten zum Teil sehr konkrete Ansprüche mit einer guten Dokumentenlage, zum Teil aber auch nur vage Anfragen nach bestimmten Kunstwerken oder nur zu bestimmten Künstlern. Auch vage Anfragen werden als Ansprüche behandelt. Drucksache 18/3488 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Wie viele Anfragen von Erben bzw. von Erbenvertretern wurden innerhalb welcher Frist seit Eingang der Anfrage von Seiten der Taskforce beantwortet ? In der Zeitspanne von Dezember 2013 bis heute wurde im Laufe des Recherchefortschritts etwa die Hälfte der auf Kunstwerke bezogenen Anfragen abschließend beantwortet. Umfangreiche Provenienzberichte gingen an die Vertreter der Erben in den Fällen der Werke von Henri Matisse, Max Liebermann und Carl Spitzweg (vgl. Antwort zu Frage 3) sowie an die Vertreter derjenigen, die dazu konkurrierende Ansprüche gestellt hatten. Die übrigen Antworten betrafen Anfragen, die nach oftmals aufwändiger Recherche negativ beantwortet werden mussten. 15. Entspricht es den Tatsachen, dass Familien von Erben des Öfteren monatelang auf eine Antwort auf eine von ihnen gestellte Anfrage an die Taskforce warten mussten? Das trifft laut Mitteilung der Taskforce nicht zu. Alle Anspruchsteller haben danach eine Bestätigung des Eingangs ihrer Schreiben erhalten. Darin wurde auf die Komplexität der Recherche und die damit verbundene längere Dauer der Nachforschung hingewiesen. Für Rückfragen kann die Taskforce über eine zentrale E-Mail-Adresse sowie telefonisch und postalisch jederzeit kontaktiert werden. Mit den anwaltlichen Vertretern vieler Anspruchsteller wurden zum Teil sehr ausführliche Gespräche geführt. 16. Warum wird die Forschungsstelle „Entartete Kunst“ an der Freien Universität Berlin, die seit ihrer Gründung vor elf Jahren durch private Drittmittel , wesentlich von der Ferdinand-Möller-Stiftung (Berlin), finanziert wird, nicht in das geplante „Deutsche Zentrum Kulturgutverluste“ integriert und mit Bundesmitteln finanziert? Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste führt die bislang gemeinsam von Bund und allen Ländern getragenen Einrichtungen – Koordinierungsstelle Magdeburg und Arbeitsstelle für Provenienzforschung – zusammen und setzt deren Arbeit fort. Die Forschungsstelle „Entartete Kunst“ ist ein Drittmittelprojekt der Freien Universität Berlin, die eine Einrichtung des Landes Berlin ist. Eine Kooperation zwischen dem Zentrum und der Forschungsstelle ist nicht ausgeschlossen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Entscheidungen zur Gestaltung und Durchführung eines derartigen Drittmittelprojekts Sache der betreffenden Hochschule sind und zudem der Kulturhoheit der Länder unterliegen. 17. Plant die Bundesregierung, die Anrufungsregularien der sog. LimbachKommission dahingehend zu verändern, dass diese im Streitfall auch einseitig anrufbar ist, und wenn nein, warum nicht? Nein. Die Notwendigkeit der Zustimmung beider Parteien zur Anrufung der „Beratenden Kommission“ entspricht deren Ziel und Charakter als Mediatorin. Sie soll die vorgelegten Fälle aus moralischer Perspektive und nicht als juristische Instanz bewerten sowie eine nicht bindende Empfehlung aussprechen. Eine unfreiwillige Unterwerfung einer Partei unter ein Verfahren vor der „Beratenden Kommission“ würde dessen Sinn und Zweck konterkarieren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3488 18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Experten, geäußert im Oktober dieses Jahres im Rahmen der Tagung „Markt und Macht. Kunsthandel im Dritten Reich“ in Hamburg, dass zu Koordination, Strukturierung und Ausbau der Provenienzforschung die Schaffung von drei neuen Professuren an den Universitäten der Standorte Berlin, Hamburg und München wünschenswert ist und zeitnah realisiert werden sollte? Die Bundesregierung unterstreicht die Bedeutung einer weiteren Professionalisierung der Provenienzforschung in Deutschland, zu der auch die Stärkung der universitären Ausbildung und Forschung beitragen kann. Die vom Bund, den Ländern und den Kommunalen Spitzenverbänden getragene Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste kann in diesem Sinne tätig werden und ihren Stiftungszweck auch durch Kooperationen mit der universitären und außeruniversitären Forschungslandschaft, insbesondere mit einschlägigen Professuren, wie auch den Einsatz für den Auf- und Ausbau entsprechender Forschungsverbünde unter Einbeziehung der betroffenen Einrichtungen umsetzen. Über Art, Umfang und Partner einer wissenschaftlichen Kooperation entscheiden die Gremien des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste nicht zuletzt im Austausch mit geeigneten Hochschulen und/oder Forschungsinstitutionen und deren Trägern. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333