Deutscher Bundestag Drucksache 18/3516 18. Wahlperiode 08.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3244 – Transporte hochradioaktiver Brennelemente aus der Atomforschungsanlage Garching II in das Zwischenlager Ahaus Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut einer Mitteilung der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) sollen Brennelemente der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) ab dem Jahr 2018 in das Atommüll-Zwischenlager Ahaus (Nordrhein -Westfalen) transportiert und eingelagert werden (www.gns.de/language =de/taps= 2060/22694). Die Brennelemente für den Einsatz im Forschungsreaktor Garching II enthalten hochangereichertes Uran (HEU). Laut Genehmigung soll mittelfristig auf eine andere Brennstoffversorgung umgestellt werden, die mit niedrigerer Anreicherung auskommt. In der Zeitung „junge welt“ wird am 19. Oktober 2014 berichtet: „Eine Auflage für den FRM II war denn auch die Umstellung bis 2010, die – angeblich aus technischen Gründen – bis heute nicht erfolgte. Laut Vertrag zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern muss die Umrüstung bis Ende 2018 stattfinden“ (www.jungewelt.de). Die Transporte sollen entsprechend der „GNS-Meldung“ etwa im Jahr 2018 erfolgen , ein neuer Behälter für die Brennelemente ist derzeit offenbar in Planung , aber noch nicht genehmigt. Die Aufbewahrungsgenehmigung hochradioaktiver Abfälle im Zwischenlager Ahaus ist laut Bundesamt für Strahlenschutz bis zum 31. Dezember 2036 befristet . Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) wird durch die Technischen Universität München (TUM) in Garching betrieben. Sie befinDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 3. Dezember 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. det sich nicht in Bundesbesitz und wird nicht durch den Bund betrieben. Es besteht lediglich eine finanzielle Beteiligung des Bundes an der wissenschaftlichen Nutzung. Die atomrechtliche Verantwortung der TUM als Betreiberin des FRM II und ihre technische Verantwortung für den Reaktorbetrieb bleiben da- Drucksache 18/3516 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode von unberührt. Die Beantwortung erfolgt auf Basis von Informationen der TUM soweit möglich. 1. Welche Art von Brennelementen werden im FRM II seit Betriebsbeginn eingesetzt, wie hoch sind diese jeweils mit welchen Spaltstoffen angereichert , und wie viele davon sind bis heute angefallen (bitte das Gewicht eines Brennelements insgesamt, das Gewicht des darin enthaltenen Spaltstoffs insgesamt und den Anteil des hochangereicherten Spaltstoffs angeben)? Seit Betriebsbeginn wird der FRM II jeweils mit einem Kompaktbrennelement mit einem jeweiligen Gesamtgewicht von 53 kg betrieben. Jedes Kompaktbrennelement ist mit jeweils 8,1 kg hochangereichertem Uran (93 Prozent U-235, 7 Prozent U-238) beladen. Zurzeit wird der FRM II mit dem sechsunddreißigsten Kompaktkern betrieben. 2. Wer hat diese Brennelemente hergestellt, wo ist das erfolgt (Ort, Firma), und auf welchen Wegen mit welchen Transportmitteln sind diese zum Forschungsreaktor geliefert worden? 3. Aus welchen Gründen werden diese Brennelemente nach Kenntnis der Bundesregierung nicht in den USA beschafft? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Kompaktbrennelemente werden u. a. wegen des deutlich kürzeren Transportweges in Frankreich hergestellt und auf dem Landweg auf das Gelände des FRM II transportiert. 4. Was kostet nach Kenntnis der Bundesregierung die Herstellung eines solchen Brennelements jeweils inklusive Uranbeschaffung, Anreicherung, Fertigung und Transport zum FRM II? Zurzeit belaufen sich die Kosten für den Bezug eines Brennelements (Brennstoffbeschaffung , Lagerung, Fertigung inkl. Transporte) auf 1,1 Mio. Euro. 5. Wie viele Brennelemente werden im Durchschnitt pro Jahr in den Reaktor eingesetzt, und wie lange dauert es in der Regel, bis diese abgebrannt sind und ausgetauscht werden müssen? Der FRM II wird mit einem einzigen Kompaktbrennelement betrieben. In den ersten Jahren seines Betriebs wurde ein Brennelement jeweils 52 Tage benutzt mit maximal fünf Brennelementen pro Jahr, heute wird ein Brennelement 60 Tage benutzt mit in der Regel vier Brennelementen pro Jahr. 6. Welche Proliferationsrisiken gibt es bei den vorhandenen Brennelementen, und wie hoch ist der verbleibende Anreicherungsgrad der in den abgebrannten Brennelementen enthaltenen Kernbrennstoffen? Die Sicherheitsmaßnahmen für die vorhandenen Brennelemente sind auf international höchstem Standard. Der FRM II unterliegt entsprechend internationaler Vereinbarungen strikter Aufsicht durch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) und Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) durch Maß- nahmen der Kernmaterialüberwachung (Safeguards). Die Anlage wird mehrfach Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3516 im Jahr durch deren Inspektoren überprüft, unter anderem durch Zufallsinspektionen . Der Anreicherungsgrad mit U-235 eines über 60 Tage bei Volllast benutzten Brennelements beträgt ca. 88 Prozent. 7. Aus welchen Gründen wird eine Zwischenlagerung der abgebrannten Brennelemente nicht vor Ort weiter betrieben? Hat es einen Vergleich von alternativen Varianten einer Zwischenlagerung vor Ort (z. B. neue Lagerhalle) gegeben, und wenn ja, welche Kriterien wurden betrachtet, und welche Gründe waren ausschlaggebend, dass diese nicht umgesetzt werden? Wenn nein, warum nicht? 8. Ist es vorgesehen, diese abgebrannten Brennelemente zu einem späteren Zeitpunkt in die USA zur weiteren Verwendung, Lagerung oder zu sonstigen Zwecken zu liefern? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, was soll mit diesen abgebrannten Brennelementen weiterhin geschehen, und kann die Bundesregierung einen späteren Export in die USA ausschließen? Die Fragen 7 und 8 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Auf dem Gelände des FRM II erfolgt eine Abklinglagerung der bestrahlten Brennelemente bis zum Erreichen der Transportfähigkeit. In der Betriebsgenehmigung des FRM II ist dargelegt, dass die bestrahlten Brennelemente nach erfolgtem Abklingen zur Zwischenlagerung in das Transportbehälterlager Ahaus verbracht werden. Ein entsprechender Vertrag zwischen der Brennelement Zwischenlager Ahaus GmbH und der TUM wurde bereits vor der Inbetriebnahme des FRM II geschlossen. 9. Welche Maßnahmen sind nach der Zwischenlagerung vorgesehen, und ist eine Konditionierung dieser Abfälle vorgesehen? Wenn ja, aus welchen Gründen, und in welcher Weise, bzw. wo wird diese erfolgen? Nach der Zwischenlagerung ist eine Endlagerung der bestrahlten Brennelemente als wärmeentwickelnde, radioaktive Abfälle geplant. Eine Konditionierung ist bislang nicht vorgesehen. 10. Wie viele abgebrannte Brennelemente passen jeweils in den neuen Behälter , wann ist mit dessen Genehmigung zu rechnen, und wie viele Transporte werden dann ab dem Jahr 2018 erforderlich, um alle Brennelemente nach Ahaus zu schaffen? Die im aktuellen Genehmigungsverfahren befindlichen Transportbehälter MTR 3 können jeweils fünf bestrahlte Brennelemente des FRM II aufnehmen. Mit der Genehmigung wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2018 gerechnet. Ein erster Transport ist für das Jahr 2018 vorgesehen; für weitere Transporte liegen derzeit keine Planungen vor. Drucksache 18/3516 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Mit welchen Verkehrsmitteln soll der Transport jeweils durchgeführt werden ? Nach derzeitigem Stand der Planungen wird der Transport über die Straße erfolgen . 12. Wie viel wird ein Transport- und Lagerbehälter für die abgebrannten Brennelemente aus FRM II kosten? Wie hoch werden die Kosten für den Transport der Brennelemente in das Zwischenlager Ahaus sein, und wie hoch die Kosten für die dortige Lagerung ? Ein Transport- und Lagerbehälter MTR 3 wird voraussichtlich 800 000 Euro kosten. Die Kosten für den Transport der abgebrannten Brennelemente nach Ahaus sind noch nicht bekannt. Für die Zwischenlagerung wird mit Kosten von ca. 25 000 Euro pro Jahr und MTR 3-Behälter gerechnet. 13. Welche Vereinbarungen zwischen dem Bund und dem Land Bayern bestehen hinsichtlich des Einsatzes von Brennelementen mit niedrigeren Anreicherungsgraden von Spaltstoffen für den FRM II, von wann sind diese Vereinbarungen jeweils, und was sind die wesentlichen Absichten hinsichtlich der Anreicherung? Bis wann müssen diese Vereinbarungen umgesetzt werden, und wie ist der Stand der Dinge derzeit? In der Vereinbarung zwischen Bund und dem Land Bayern vom 30. Mai 2003, fortgeschrieben mit der Vereinbarung vom 22. Oktober 2010, wird festgehalten, dass die TUM als Betreiberin des FRM II im internationalen Forschungsverbund die Entwicklung hochdichter Uranbrennstoffe vorantreibt mit dem Ziel, am FRM II ein Brennelement mit einem Anreicherungsgrad von unter 50 Prozent einsetzen zu können. Ferner haben der Bund und das Land Bayern vereinbart, sich spätestens bis zum 31. Dezember 2016 darüber zu verständigen, ob eine Umrüstung zum Termin 31. Dezember 2018 nach dem dann erreichten Stand von Wissenschaft und Technik möglich erscheint. Zum aktuellen Stand der internationalen Forschung wird insbesondere auf die Tagungsbände der alljährlich zum Thema stattfindenden internationalen Konferenzen Reduced Enrichment for Research and Test Reactors (RERTR) und Research Reactor Fuel Management (RRFM) verwiesen. 14. Wo sind die Vereinbarungen zwischen dem Bund und dem Land Bayern hinsichtlich des Einsatzes von Brennelementen mit niedrigeren Anreicherungsgraden von Spaltstoffen für den FRM II einsehbar (z. B. Internet)? Die Bund-Landvereinbarungen sind öffentlich nicht einsehbar. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333