Deutscher Bundestag Drucksache 18/352 18. Wahlperiode 28.01.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Bärbel Höhn, Peter Meiwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/266 – Auswirkungen der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD definierten Ausbaukorridore für erneuerbare Energien auf die Netzausbauplanungen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Es besteht politischer Konsens darüber, dass die Energiewende einen Ausbau der Höchstspannungsleitungen in Deutschland erfordert. Der Deutsche Bundestag hat am 25. April 2013 nach einem breiten Beteiligungsverfahren gemäß §12 des Energiewirtschaftsgesetzes das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) beschlossen , welches 51 Maßnahmen mit rund 2 800 Kilometern Neubautrasse und 2 900 Kilometern Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen vorsieht. Dieser Ausbauplanung lag das Leitszenario B des Szenariorahmens 2012 zugrunde , welches einen Anteil von 45 Prozent erneuerbare Energien am Bruttostromverbrauch in 2022 und für das Jahr 2032 sogar einen Anteil von 63 Prozent vorsah. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht nun jedoch deutlich geringere Ausbauzahlen für erneuerbare Energien vor. Konkret ist im Koalitionsvertrag ein gesetzlich festgelegter Ausbaukorridor von 40 bis 45 Prozent erneuerbare Energien im Jahr 2025 und 55 bis 60 Prozent erneuerbare Energien im Jahr 2035 vorgesehen. Auch vor dem Hintergrund, dass das BBPlG nur 51 der ursprünglich 74 von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) vorgeschlagenen Maßnahmen enthält, liegt es nahe, dass der von der großen Koalition vorgesehene deutlich geringere Ausbaupfad für erneuerbare Energien auch Auswirkungen auf den Bedarf an neuen Höchstspannungsleitungen haben wird. Die Notwendigkeit der im BBPlG enthaltenen Leitungen wird durch die verringerten Ausbaupfade für erneuerbare Energien faktisch in Frage gestellt. 1. Welche Auswirkungen haben die verringerten Ausbaukorridore für erneuerbare Energien nach Informationen der Bundesregierung auf die Netzausbauplanung für Höchstspannungsleitungen in Deutschland? Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 23. Januar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Grundsätzlich kann jede Änderung der Szenarien Auswirkungen auf die Netzausbauplanung der Übertragungsnetzbetreiber haben. Eine verlässliche Aussage zu den konkreten Auswirkungen ist erst nach einer Netzberechnung möglich. Vor diesem Hintergrund ist im Gesetz eine jährliche Erstellung von Szenario- Drucksache 18/352 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rahmen und Netzentwicklungsplan vorgesehen. Bei der Fortschreibung der Netzentwicklungspläne soll bereits im Rahmen von Sensitivitätsberechnungen der Übertragungsnetzbetreiber zu den Netzentwicklungsplänen 2014 festgestellt werden, welche Auswirkungen die nach dem Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode geplante Umsetzung der Ausbaukorridore für erneuerbare Energien auf die Netzausbauplanung für Höchstspannungsleitungen in Deutschland hat. 2. Ist der Ausbau sämtlicher im BBPlG vorgesehenen Höchstspannungsleitungen nach Informationen der Bundesregierung angesichts der verringerten Ausbaukorridore für erneuerbare Energien überhaupt noch notwendig, und wenn ja, warum? Wenn nein, bei welchen Leitungen prüft die Bundesregierung, ob deren Bau angesichts der geringeren Ausbaukorridore noch notwendig ist? Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Vorhaben des Bundesbedarfsplans ergibt sich direkt aus § 1 Absatz 1 des Bundesbedarfsplangesetzes. Eine Änderung des Ausbaupfads für erneuerbare Energien beeinträchtigt grundsätzlich nicht die gesetzliche Bedarfsfeststellung im Bundesbedarfsplangesetz. Die Auswirkungen der veränderten Ausbaukorridore auf einzelne Netzausbauvorhaben auf Übertragungsnetzebene wird im Detail bei der Fortschreibung der Netzentwicklungspläne geprüft. Auf dieser Grundlage wird die Bundesregierung dann einen Anpassungsbedarf im Bundesbedarfsplangesetz prüfen. Nach § 12e Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes muss der Gesetzgeber mindestens alle drei Jahre den Bundesbedarfsplan fortschreiben. 3. Stimmt die Bundesregierung der Aussage des Präsidenten der Bundesnetzagentur , Jochen Homann, zu, dass angesichts der geringeren Ausbaukorridore für erneuerbare Energien nicht nur „die Ausbauszenarien neu berechnet werden müssten, sondern auch Rückzieher von im Dialog (mit Bürgern) angesprochenen Vorhaben erforderlich seien (siehe: www.zfk.de/ politik/artikel/homann-kritisiert-koalitionsvertrag.html)? Wenn nein, warum nicht? Um die Auswirkungen der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Ausbaukorridore für erneuerbare Energien auf die Netzausbauplanung der Übertragungsnetzbetreiber festzustellen, ist eine neue Netzberechnung erforderlich. Diese erfolgt im Rahmen der Fortschreibung der Netzentwicklungspläne. Die Ergebnisse der Netzberechnung werden im Rahmen der Konsultation der Netzentwicklungspläne mit der Öffentlichkeit diskutiert. Soweit die Netzberechnungen der Übertragungsnetzbetreiber zeigen, dass die energiewirtschaftliche Notwendigkeit für einzelne Vorhaben des Bundesbedarfsplans dauerhaft entfällt, wird die Bundesregierung eine entsprechende Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes vorschlagen . 4. Stimmt die Bundesregierung der Aussage des Präsidenten der Bundesnetzagentur , Jochen Homann, zu, dass der Netzausbauplanung in Deutschland ein Glaubwürdigkeitsproblem „spätestens dann drohe“, wenn ein Ausbauvorhaben erst revidiert würde, „und dann später noch ein Rückzieher vom Rückzieher erfolge“ (siehe: www.zfk.de/politik/artikel/homann-kritisiertkoalitionsvertrag .html)? Wenn nein, warum nicht? Aus Sicht der Bundesregierung ist eine regelmäßige Überprüfung der Netzausbauplanung notwendig, damit Änderungen beim Netzausbaubedarf zeitnah Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/352 nachvollzogen werden können. Allerdings könnte die Glaubwürdigkeit des Prozesses zur Netzentwicklungsplanung beeinträchtigt werden, wenn die energiewirtschaftliche Notwendigkeit eines Vorhabens im Laufe der jährlichen Fortschreibung des Netzentwicklungsplanes mehrfach unterschiedlich beurteilt würde. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur in der Vergangenheit sämtliche Vorhaben des Netzentwicklungsplans einer Robustheitsprüfung unterzogen , um zu vermeiden, dass eher geringfügige Änderungen des Szenariorahmens den grundsätzlichen Bedarf für die genehmigten Vorhaben in Frage stellen können. Dies stärkt aus Sicht der Bundesregierung die Glaubwürdigkeit des Prozesses und fördert allgemein die Akzeptanz für den Netzausbau, zumal der Prozess insgesamt darauf ausgelegt ist, das Risiko eines überdimensionierten Netzausbaus zu reduzieren. 5. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine Revision der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen die faktische Notwendigkeit einzelner neuer Höchstspannungsleitungen in Frage stellt und damit die Akzeptanz des Netzausbaus insgesamt gefährdet, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung kann derzeit keine verlässliche Aussage darüber treffen, welche konkreten Auswirkungen die im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode vorgesehenen energiepolitischen Zielsetzungen auf die energiewirtschaftliche Notwendigkeit einzelner Höchstspannungsleitungen hat. Durch die gesetzlich vorgesehene jährliche Erstellung von Szenariorahmen und Netzentwicklungsplan hat der Gesetzgeber bereits eine regelmäßige Überprüfung der Netzausbauplanung vorgegeben. Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, dass durch eine zweckmäßige Änderung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und eine darauffolgende Überprüfung der Auswirkungen auf den Netzausbau die Akzeptanz des Netzausbaus ingesamt gefährdet wird. Im Gegenteil , die Akzeptanz für die Energiewende insgesamt könnte beeinträchtigt werden, wenn ein erkannter Korrekturbedarf an den energiepolitischen Rahmenbedingungen nicht umgesetzt wird und dies sich daraus ergebenden Konsequenzen für den Netzausbau ignoriert werden würden. 6. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die neu definierten Ausbaukorridore für erneuerbare Energien noch Eingang in den Netzentwicklungsplan 2015 finden werden, welcher die Grundlage für das zweite Bundesbedarfsplangesetz sein wird, angesichts der Tatsache, dass der erste Entwurf der ÜNB für den Szenariorahmen 2015 bereits im April 2014 vorgestellt werden wird? Die Bundesregierung hat am 22. Januar 2014 die Eckpunkte für die geplante Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes verabschiedet. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Übertragungsnetzbetreiber die in den Eckpunkten enthaltenen Vorgaben für die künftigen Ausbaukorridore der erneuerbaren Energien noch in ihrem Entwurf des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan 2015 berücksichtigen werden. Um frühzeitig eine erste Abschätzung zu den Auswirkungen der energiepolitischen Zielsetzungen des Koalitionsvertrags auf den Netzausbaubedarf zu erhalten, ist die Bundesnetzagentur mit den Übertragungsnetzbetreibern darüber im Gespräch, wie die Zielsetzungen des Koalitionsvertrags bereits im Rahmen der Sensitivitätsberechnungen zum Netzentwicklungsplan 2014 berücksichtigt werden können. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333