Deutscher Bundestag Drucksache 18/3540 18. Wahlperiode 16.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3364 – Transparenz und parlamentarische Kontrolle bei der Verwendung von Bundesmitteln durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) verfügt über Haushaltsmittel aus dem Bundeshaushalt des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Höhe von ca. 60 Mio. Euro und setzt u. a. Forschungsvorhaben im Bundesauftrag um. Als privatwirtschaftliche Organisation unterliegt sie jedoch keiner parlamentarischen Kontrolle und ist der Einflussnahme von Interessenverbänden (www.fnr.de/fnr-ueber-uns/fnr/mitglieder/) bis hin zum Vorstand (www.fnr.de/fnr-ueber-uns/fnr/vorstand/) ausgesetzt. Zahlreiche Forschungsvorhaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zum Thema Nachwachsende Rohstoffe werden von der BLE zusammen mit der FNR als Forschungsvorhabenträger durchgeführt. Die Transparenz der Mittelflüsse und der Entscheidungen über Bundeshaushaltsmittel ist aufgrund der privatwirtschaftlichen Struktur der FNR jedoch eingeschränkt. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob Gelder aus dem Bundeshaushalt an privatwirtschaftliche Institutionen fließen, deren Verwendung keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt. 1. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der privatwirtschaftliche Verein FNR e. V. die Haushaltshoheit über ca. 60 Mio. Euro aus dem Bundeshaushalt besitzt? Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) ist im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit der Bundesrepublik Deutschland als juristische Person des Privatrechts nach § 44 Bundeshaushaltsordnung Beliehene – Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 12. Dezember 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. sowie als Treuhänderin des Bundes ermächtigt, in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts Zuwendungen durch Verwaltungsakte im eigenen Namen zu bewilligen, Verwaltungsakte zu ändern, zurückzunehmen oder zu widerrufen, Drucksache 18/3540 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zuwendungen zurückzufordern und Anträge abzulehnen. Sie untersteht der Rechts- und Fachaufsicht des BMEL. Der FNR wurden im Jahr 2014 rund 81,7 Mio. Euro (61 Mio. Euro aus Kapitel 10 05 Titelgruppe 01 und 20 Mio. Euro aus Kapitel 60 92 Titel 683 01 und 0,7 Mio. Euro aus Kapitel 16 02 Titel 686 24) zur Bewirtschaftung zugewiesen. Die FNR verausgabt die Mittel entsprechend den gesetzlichen Regelungen, den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften sowie dem Förderprogramm nachwachsende Rohstoffe – einer vom BMEL erlassenen Verwaltungsvorschrift – unter der Fachaufsicht des BMEL. Rechtliche Bedenken gegen dieses Verfahren bestehen nicht. 2. In welcher Höhe hat die FNR seit dem Jahr 2005 Mittel aus dem Bundeshaushalt erhalten (bitte nach Haushaltsjahren aufschlüsseln)? Als institutionelle Förderung standen der FNR folgende Mittel (in Mio. Euro) aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung: Zur Bewirtschaftung des Förderprogramms nachwachsende Rohstoffe (Kapitel 10 05 Titelgruppe 01) standen der FNR folgende Mittel (in Mio. Euro) zur Verfügung: Zur Bewirtschaftung der Mittel aus dem Energie- und Klimafonds (Kapitel 60 92 Titel 683 01), die im Rahmen des Förderprogramms nachwachsende Rohstoffe abgewickelt werden, standen der FNR folgende Mittel (in Mio. Euro) zur Verfügung: Aus Kapitel 16 02, Titel 686 24, Projektförderung im Bereich der Energetischen Nutzung der Biomasse, Disporahmen FNR601 Sondervermögen Energie- und Klimafonds (EKF), standen der FNR folgende Mittel (in Mio. Euro) zur Verfügung : 3. Inwieweit hat die Bundesregierung rechtliche Bedenken hinsichtlich der Tatsache, dass die FNR über Mittel in dieser Größenordnung die Haushaltshoheit besitzt? Wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 1,5 1,5 1,5 1,5 1,7 1,7 1,8 1,7 1,9 1,9 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 53,45 52,2 50 50 45 51,5 53 59 60 61 2011 2012 2013 2014 9 3,3 10,7 20,1 2011 2012 2013 2014 0,6 0,8 1,4 0,7 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3540 4. Wie rechtfertigt die Bundesregierung eine Vergabe von Bundeshaushaltsmitteln an einen Verein, dessen Vorsitzender und Stellvertreter Mitglieder von Interessenverbänden sind? Gemäß der Satzung hat der Vorstand den Entwurf des Arbeitsprogramms der FNR und den Entwurf des Wirtschaftsplans zu beschließen, die Liste der für die Aufnahme von Mitgliedern vorschlagsberechtigten Verbände und Institutionen zu erstellen, die für die Geschäftsführung verantwortliche Person zu bestellen und die Organisation der Geschäftsstelle der FNR festzulegen. Darüber hinaus obliegt dem Vorstand die Überwachung der Geschäftsführung. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. Fragen der Projektträgerschaft und insbesondere der Mittelvergabe sind hingegen nicht Gegenstand der Entscheidungsbefugnis des Vorstandes. Die Projektträgerschaft und damit die Mittelvergabe sind im Rahmen des in der Antwort zu Frage 1 genannten öffentlich-rechtlichen Vertrages geregelt und unterliegen allein der Rechts- und Fachaufsicht des BMEL. 5. Nach welchem Verfahren werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Mitglieder und der Vorstand der FNR bestimmt? Die Satzung sieht vor, dass – das BMEL, – das Bundesministerium für Bildung und Forschung, – das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, – das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und – die für Ernährung und Landwirtschaft zuständigen obersten Landesbehörden je ein Mitglied bestimmen können. Institutionen und Verbände, die an der nachhaltigen Entwicklung und dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe Interesse haben, können Mitglieder zur Aufnahme in die FNR vorschlagen. Der Vorstand erstellt eine Liste derjenigen Institutionen und Verbände, die vorschlagsberechtigt sind. Diese Liste sowie jede Änderung der Liste wird durch die Mitgliederversammlung festgestellt. Zudem können auch einzelne Mitglieder die Aufnahme neuer Mitglieder vorschlagen . Die vorgeschlagenen Mitglieder werden durch Beschluss der Mitgliederversammlung aufgenommen. Das vom BMEL bestimmte Mitglied der FNR ist gleichzeitig ständiges Vorstandsmitglied . Die übrigen Mitglieder des Vorstandes werden von der Mitgliederversammlung für die Dauer von drei Jahren gewählt. 6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Verwendung von Haushaltsmitteln durch einen privatwirtschaftlichen Verein ohne parlamentarische Kontrolle die Transparenz der Mittelverwendung gefährdet und eine Verwendung der Mittel aus dem Bundeshaushalt zugunsten Dritter ermöglicht ? Die Bundesregierung teilt die Auffassung nicht. Da die FNR der Rechts- und Fachaufsicht des BMEL unterliegt, sieht die Bundesregierung die Transparenz der Mittelverwendung nicht gefährdet. Die Bewirtschaftung von Mitteln aus dem Bundeshaushalt im Rahmen einer Projektträgerschaft ist ein bewährtes Verfahren . Drucksache 18/3540 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Inwieweit ist nach Auffassung der Bundesregierung die Praxis, den Haushalt eines privatwirtschaftlichen Vereins aus Bundeshaushaltsmitteln zu finanzieren, mit dem EU-Recht kompatibel? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse bezüglich einer EU-Rechtswidrigkeit vor. Der FNR werden insbesondere im Rahmen des Förderprogramms Nachwachsende Rohstoffe (FPNR) Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt. EUbeihilferechtliche Grundlage dafür ist das Genehmigungsschreiben der Europäischen Kommission N 654/2007 vom 30. April 2008. 8. Gibt es Überlegungen seitens der Bundesregierung, die FNR zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts umzustrukturieren, so dass sie der politischen Kontrolle des Parlamentes unterliegt und eine transparente Struktur dieser parlamentarischen Kontrolle gewährleistet wäre? Wenn nein, warum nicht? Die FNR hat eine Umstrukturierung zu einer reinen Bundeskörperschaft eingeleitet . 9. Inwieweit kann die Bundesregierung bestätigen, dass die BLE und die FNR gemeinsame Träger von Forschungsvorhaben zu nachwachsenden Rohstoffen sind? Die Bundesregierung kann nicht bestätigen, dass die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und die FNR gemeinsame Träger von Forschungsvorhaben zu nachwachsenden Rohstoffen sind. 10. Inwieweit kann die Bundesregierung bestätigen, dass die FNR Drittmittelgeber zu Forschungsvorhaben der BLE im Bereich nachwachsender Rohstoffe ist und dass darüber Forschungsmittel der BLE als Drittmittel deklariert werden, die aus dem Bundeshaushalt kommen? Die Bundesregierung kann nicht bestätigen, dass die FNR Drittmittelgeber für Forschungsvorhaben der BLE im Bereich nachwachsende Rohstoffe ist. 11. In welcher Höhe wurden in den Jahren 2012, 2013 und 2014 Forschungsvorhaben der BLE im Bereich nachwachsender Rohstoffe von der FNR als Drittmittmittelgeber gefördert, und aus welchen Quellen stammten nach Kenntnis der Bundesregierung diese Mittel? In den Jahren 2012, 2013 und 2014 wurden keine Forschungsvorhaben der BLE im Bereich nachwachsende Rohstoffe von der FNR als Drittmittmittelgeber gefördert . 12. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis bestätigen, dass der Geschäftsführer der FNR bis zur Höhe von 600 000 Euro über Bundeshaushaltsmittel verfügen kann – ohne Kontrolle durch Bundeseinrichtungen oder das Parlament? Die Bundesregierung kann dies nicht bestätigen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3540 13. Wenn nein, bis zu welcher Höhe verfügt nach Kenntnis der Bundesregierung der Geschäftsführer der FNR ohne parlamentarische oder Bundeskontrolle über Mittel, die der FNR aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt wurden? Der Geschäftsführer der FNR verfügt über keinerlei Mittel aus dem Bundeshaushalt , die nicht der Kontrolle durch den Bund unterliegen. 14. Inwieweit ist aus Sicht der Bundesregierung die Kontrolle der FNR durch das Parlament oder Bundesinstitutionen gewährleistet? Im öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der FNR aus dem Jahr 2002 ist die Rechtsund Fachaufsicht des BMEL festgelegt. Zudem sind verschiedene Kontroll- und Einflussmöglichkeiten des Bundes in der Satzung verankert, wie z. B. Benennung von Mitgliedern durch die Ressorts, Vetorecht des BMEL bei bestimmten Beschlüssen der Mitgliederversammlung, Besetzung des Vorstands mit einem ständigen Mitglied, das von BMEL benannt wird; Vetorecht des BMEL-Vorstandsmitglieds bei der Besetzung der Geschäftsführung. Zudem ist der Geschäftsführer bei seinen Aufgaben nach § 7 Absatz 1 der Satzung (Verwaltungsaufgaben u. a.) dem Vorstand verantwortlich und an dessen Weisung gebunden. Die Durchführung von Projektträgerschaften und damit der Mittelvergabe sind im Rahmen des in der Antwort zu Frage 1 genannten öffentlich-rechtlichen Vertrages geregelt und unterliegt allein der Rechts- und Fachaufsicht des BMEL. 15. Gibt es vonseiten der Bundesregierung rechtliche Bedenken hinsichtlich der jetzigen Zusammenarbeit von FNR und BLE? 16. Entspricht die jetzige Form der Zusammenarbeit zwischen FNR und BLE geltendem EU-Recht? Die Fragen 15 und 16 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Hinsichtlich einer Zusammenarbeit zwischen der FNR und der BLE gibt es seitens der Bundesregierung keine rechtlichen Bedenken. 17. Wie viele Mitarbeiter sind aktuell bei der BLE beschäftigt? Mit Stichtag zum 30. November 2014 sind in der BLE 1 231 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. 18. Gibt es personelle Ressourcen, die über die notwendigen Kapazitäten hinausgehen ? Nein, die zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen entsprechen den Aufgaben. Drucksache 18/3540 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Inwiefern ist vonseiten des BMEL eine Organisationsreform der BLE angestrebt (Zeitplan, Inhalt, Ziel), und inwieweit haben diese Pläne Auswirkungen auf den Personalbestand der BLE? In den Jahren 2012 und 2013 wurden umfangreiche Reorganisationen der BLE durchgeführt. Dabei wurde neben anderen Organisationsmaßnahmen eine Straffung der Aufbauorganisation von sechs auf fünf Abteilungen vorgenommen und Aufgabenbereiche zur Konzentration von Kompetenzen aufbauorganisatorisch gebündelt. Vor diesem Hintergrund strebt das BMEL derzeit keine weitere Organisationsreform der BLE an. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333