Deutscher Bundestag Drucksache 18/3646 18. Wahlperiode 22.12.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3295 – Treffen der informellen Struktur der „Gruppe der Sechs+1“ in Paris und dort behandelte Inhalte Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 6. und 7. November 2014 trafen sich die Innenminister der sechs einwohnerstärksten Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) in Paris. Zur heutigen „Gruppe der Sechs“ gehören seit ihrer Gründung im Jahr 2003 die Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Spaniens. Mit dem EU-Beitritt wurde auch Polen im Jahr 2006 Mitglied des informellen Zirkels . Auf Initiative des damaligen Bundesministers des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, nimmt seit dem Jahr 2007 auch das US-Ministerium für „Heimatschutz “ sowie die US-Generalbundesanwaltschaft an den Treffen teil. Die Zusammenkunft firmiert seitdem als „G6+1“. Beim Treffen in Paris war auch der neue EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos eingeladen (Pressemitteilung Dimitris Avramopoulos, 6. November 2014). Zu den Aufgaben der jeweils ausrichtenden Regierung gehört die Gestaltung der Tagesordnung. In diesem Falle war also Frankreich hierfür verantwortlich. Die Gruppe ist mitunter auch mit geheimdienstlichen Aktivitäten und der Telekommunikationsüberwachung befasst. Dies hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) bestätigt (Bundestagsdrucksache 17/9904). Inhaltliche Schwerpunkte waren laut einer Mitteilung des BMI (6. November 2014) „die Weiterentwicklung europäischer Maßnahmen in Zusammenhang mit dem Thema ‚Foreign Fighters‘ sowie die damit einhergehende Frage hinsichtlich eines gemeinsamen Vorgehens gegen die Radikalisierung durch das Internet“. Außerdem stehe „das Thema ‚Migrationsströme im Mittelmeer‘ auf der Tagesordnung“. Weitere Angaben werden nicht gemacht. Nach Agenturmeldungen (Neues Deutschland, 6. November 2014) seien neben den Ministerien aus den USA auch die Regierungen Kanadas und der Türkei eingeladen worden. Es sei verabredet worden, einen „strukturierten Dialog mit den großen Netzbetreibern“ zu beginnen. Diese sollen Inhalte von sich aus sperren oder Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 19. Dezember 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. löschen. Laut des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière, sollen sie demnach „aus eigenem Interesse diese Quelle des digitalen Dschihad dadurch austrocknen, dass sie solche Inhalte selbst aus dem Netz entfernen“. Die Konzerne sind vom „eigenen Interesse“ offensichtlich nicht überzeugt, denn es Drucksache 18/3646 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode handele sich laut des Bundesinnenministers noch um einen „dringenden Appell “. Dieser war offensichtlich auf der Oktober-Sitzung der Innenminister der EU-Mitgliedstaaten diskutiert worden, wozu die Europäische Kommission auch die Internetkonzerne Twitter, Google, Microsoft und Facebook einlud (taz.die tageszeitung, 9. Oktober 2014). Ziel eines informellen Abendessens war, „Instrumente und Techniken“ zu entwickeln, um „terroristischen Onlineaktivitäten “ entgegenzutreten. Diskutiert wurden Filtertechnologien, um Inhalte präventiv zu löschen. Die Rede war auch vom Platzieren von „counter-narratives “. Ausweislich einer Mitteilung des Innenministeriums Österreich vom 27. Oktober 2014 hat ein „Arbeitstreffen“ von Innenministerien aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg ebenfalls zu „terroristischen Inhalten“ im Internet getagt. So sei ein „Workshop zur Erarbeitung von Präventionsvideos“ in Wien verabredet worden. Auch Deutschland will sich ausweislich der Mitteilung daran beteiligen. Allerdings gehe es laut der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor allem darum, dass „terroristische Inhalte möglichst rasch aus dem Internet genommen werden, um keinen Keim zu säen“. In der gleichen Mitteilung ist davon die Rede, dass Johanna Mikl-Leitner hierzu das „Google Entwicklungszentrum Zürich“ besucht habe, das als der „größte Entwicklungsstandort der Firma außerhalb der USA“ beschrieben wird. Die Innenministerin habe sich dort angesehen, „an welchen Entwicklungen Google-Experten arbeiten, um verhetzende Inhalte zu erkennen“. Die Treffen der „G6+1“ sind intransparent und deshalb undemokratisch. In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fragesteller hatte die Bundesregierung ihren informellen Charakter sogar hervorgehoben (Bundestagsdrucksache 17/9904): Demgemäß gehe es den Beteiligten darum, sich über „Problemlagen in ihren Ländern“ auszutauschen. Die Bundesregierung bestätigt, „eine Vertiefung der erörterten Themen“ erfolge „in zahlreichen bi- und multilateralen Foren formeller und informeller Art“. Die Fragesteller bleiben daher bei ihrer Auffassung zum Demokratiedefizit des Treffens, da über den konkreten Inhalt, also die Gespräche im Verborgenen, nichts berichtet wird. Der „informelle Gedankenaustausch “ dient der Anbahnung oder Umsetzung konkreter gemeinsamer Initiativen. 1. Wo hat das Treffen der „G6+1“ in Paris stattgefunden? Das Treffen hat in Paris im französischen Innenministerium, Hôtel de Beauvau, stattgefunden. 2. Welche Stellen der Bundesregierung waren konkret in die Vorbereitung, Durchführung oder Nachbereitung des Treffens eingebunden (bitte auch die Abteilungen und die benötigte Personalstärke angeben)? Die inhaltliche Vorbereitung des Treffens erfolgte durch das dafür zuständige Referat der Grundsatzabteilung des BMI unter Beteiligung der für die einzelnen Tagesordnungspunkte zuständigen Referate des Hauses. Die technisch-logistische Unterstützung erfolgte durch die deutsche Botschaft in Paris. Eine Übersicht aller beteiligten Personen wurde nicht erstellt. 3. Welche weiteren Treffen am Rande der „G6+1“ haben nach Kenntnis der Bundesregierung in zeitlicher Nähe stattgefunden, sofern diese im organisatorischen und/oder inhaltlichen Bezug zum Treffen in Paris standen? Keine. Auf die Antwort zu Frage 35 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3646 4. Welche Angehörigen anderer Regierungen, EU-Agenturen, sonstiger Institutionen oder „Wissenschaftler und Experten“ nahmen nach Kenntnis der Bundesregierung mit welchem Personal an dem G6-Treffen bzw. den in zeitlicher Nähe stattfindenden Treffen teil, und um welche konkreten Personen handelte es sich dabei (bitte auch deren Zugehörigkeit zu Behörden bzw. anderen Einrichtungen angeben)? An dem Treffen nahmen der EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos, der türkische Innenminister Efkan Ala, der kanadische Innenminister Steven Blaney und der EU-Anti-Terror-Koordinator Gilles de Kerchove teil. 5. Zu welchen Themen waren diese anderen Teilnehmenden eingeladen, und welche Beiträge steuerten diese bei? Zur Frage, zu welchen Themen die anderen Teilnehmenden eingeladen waren, siehe die Antwort zu Frage 7. Mangels eines Protokolls und wegen des informellen Charakters des Treffens können deren Beiträge nicht mitgeteilt werden. 6. Welche deutschen Behörden oder sonstigen Stellen nahmen mit welchen Kräften teil, und welchen Abteilungen bzw. Referaten gehören diese an? Außer dem BMI waren keine deutschen Behörden oder sonstigen Stellen vertreten . 7. Welche Tagesordnung hatte das G6-Treffen (bitte nicht nur Titel und Untertitel nennen, sondern alle zu behandelnden Themen jeweils in groben Zügen skizzieren)? Zu einem ersten Teil im Kreis der Mitgliedstaaten fand ein Austausch zum Thema Foreign Fighters statt. Dabei wurden die Themen Passenger Name Record (PNR), Verhinderung der Ausreise und Monitoring der Wiedereinreise besprochen . Anschließend wurde im Rahmen des Mittagessens gemeinsam mit EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos das Thema Migrationsströme Mittelmeer erörtert. Der dritte Teil, an dem auch die Vertreter der USA, EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos, der kanadische Innenminister Steven Blaney und der türkische Innenminister Efkan Ala teilnahmen, befasste sich mit dem Thema Digitaler Djihad, Radikalisierung durch das Internet und die Zusammenarbeit mit Industrie und Providern. Schließlich widmete sich der vierte Teil der internationalen Zusammenarbeit beim Thema Foreign Fighters unter Teilnahme der USA, des EU-Kommissars Dimitris Avramopoulos, des kanadischen Innenministers Steven Blaney, des türkischen Innenministers Efkan Ala und des EUAnti -Terror-Beauftragten Gilles de Kerchove. a) Nach welchem Verfahren sowie nach welchen Kriterien hat der französische Vorsitz nach Kenntnis der Bundesregierung festgelegt, an welchen Tagesordnungspunkten oder Arbeitsgruppen die Europäische Kommission, die teilnehmenden US-Behörden sowie die übrigen Regierungen anwesend sein dürfen? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. Drucksache 18/3646 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis, nach welchen Kriterien die Teilnahme der Europäischen Kommission sowie Behörden der USA seitens des Vorsitzes zu einzelnen Themen als hilfreich eingeschätzt wurde und sie deshalb hinzugezogen wurden? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. c) An welchen Tagesordnungspunkten oder Arbeitsgruppen haben die USA sowie die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung schließlich mit welchem Personal teilgenommen? Vergleiche hierzu die Antwort zu Frage 7. Arbeitsgruppen haben nicht stattgefunden . d) Welche eigenen Beiträge haben diese nach Kenntnis der Bundesregierung hierzu verteilt oder gehalten (bitte nicht nur Titel und Untertitel nennen, sondern in groben Zügen skizzieren)? Es wurden keine eigenen Beiträge verteilt. Vergleiche im Übrigen die Antwort zu Frage 5. 8. Wie und mit welchem Inhalt hat die Bundesregierung zuvor von der Gelegenheit Gebrauch gemacht, sich zur Themensetzung und zur Teilnahme der USA zu äußern? Die Bundesregierung hat sich weder zur Themensetzung noch zur Teilnahme der USA geäußert. 9. Wie und mit welchem Inhalt haben die übrigen teilnehmenden Regierungen nach Kenntnis der Bundesregierung zuvor von der Gelegenheit Gebrauch gemacht, sich zur Themensetzung zu äußern? a) Inwiefern haben die Reaktionen der beiden Regierungen tatsächlich zu einer veränderten Tagesordnung bzw. einer anderen Behandlung der Themen geführt? b) Inwiefern und mit welchem Inhalt sind diese Themen dann tatsächlich behandelt worden? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. 10. Wie wurden die übrigen 22 EU-Mitgliedstaaten nach Kenntnis der Bundesregierung im Vorfeld des Treffens über die dort behandelten Themen unterrichtet? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. Das BMI hat vor dem Treffen am 6. November 2014 auf seiner Website über dessen Tagesordnung informiert (www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2014/11/ g6-treffen.html). 11. Inwiefern haben diese davon Gebrauch gemacht, „Anregungen in Bezug auf dort behandelte Themen“ mitzuteilen (Bundestagsdrucksache 17/ 9904)? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3646 12. Welche anfangs nicht auf der Tagesordnung befindlichen, weiteren Inhalte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei dem Treffen in Paris diskutiert (bitte nicht nur Titel und Untertitel nennen, sondern in groben Zügen skizzieren)? Keine. 13. Welche Dokumente oder „zur Strukturierung und Eingrenzung der Diskussion “ oder „vorab mit Fragen versehene Gesprächsunterlagen“ wurden nach Kenntnis der Bundesregierung verteilt (bitte nicht nur Titel und Untertitel nennen, sondern den Inhalt soweit bekannt in groben Zügen skizzieren )? Die französische Präsidentschaft hat zu einzelnen Tagesordnungspunkten vorab Unterlagen an die Teilnehmer versandt. Sie hatten den Zweck, den Einstieg in die Diskussion zu erleichtern. 14. Inwieweit wurde das Thema „Migrationsströme“ adressiert, und welche Maßnahmen wurden vorgestellt und/oder besprochen? Zum Thema Migrationsströme Mittelmeer plädierten die Teilnehmenden für eine bessere Verzahnung der innen- und außenpolitischen Zusammenarbeit. Eine kohärente Politik im Zusammenhang mit den Migrationsströmen dürfe sich nicht nur auf den Umgang mit den Folgen der Migrationsströme beschränken, sondern müsse bereits in den Herkunftsländern ansetzen. Die Solidarität unter den EU-Mitgliedstaaten sollte verstärkt werden und zu einer gleichmäßigen Verteilung der Flüchtlingszahlen führen. 15. Auf welche Weise hat sich die EU-Grenzagentur FRONTEX hierzu geäußert , und welche Verabredungen für weitere Maßnahmen oder Zusammenarbeitsformen wurden getroffen? Die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX war bei diesem Treffen nicht vertreten. 16. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung damit gemeint, wenn der EUInnenkommissar von „vielen interessanten Ideen“ spricht, die das Treffen zutage gefördert habe („The discussions also produced many interesting ideas, some of which I intend to consider for the ,comprehensive approach on migration‘, which I am currently preparing“), und was trug der EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hierzu vor? a) Auf welche Weise sollten demnach „Ressourcen gebündelt werden“ („We have to better protect our shared borders by pooling more resources ”)? b) Auf welche Weise sollten demnach „Kooperationen mit Transitländern gestärkt werden“ („We have to reinforce cooperation with third and transit countries“)? c) Auf welche Weise sollten demnach Mitgliedstaaten bewegt werden, die „Last irregulärer Migration“ zu teilen („We must be more willing to show more solidarity towards those Member States which face the burden of irregular migration and receive most of the asylum seekers and, at the same time, to offer more solidarity to the affected peoples“)? d) Auf welche Weise sollten demnach die „Herausforderungen von Mi- gration und Sicherheit“ darin münden, „Radikalisierung“ zu bekämpfen („We should communicate openly and extensively to the European Drucksache 18/3646 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode public about the challenges of migration and security in order to fight racism, fear and radicalization“)? Die Bundesregierung nimmt keine Interpretation von Aussagen Dritter vor. e) Was ist der Bundesregierung über Einzelheiten einer Einladung von Dimitris Avramopoulos durch den spanischen Innenminister nach Melilla bekannt, und wer soll überdies daran teilnehmen? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. 17. Inwieweit wurden beim G6-Treffen auch die Themen „Flugsicherheit“ und „Drogenhandel“ adressiert, und welche Maßnahmen wurden vorgestellt und/oder besprochen? Die Themen „Flugsicherheit“ und „Drogenhandel“ wurden bei dem G6-Treffen nicht adressiert. 18. Inwiefern und mit welchem Ergebnis hat das BMI, wie angekündigt (Regierungspressekonferenz vom 29. Oktober 2014), auf dem G6-Treffen Fragen zur Speicherdauer etwaiger EU-PNR-Daten (PNR: Fluggastdatensatz ) angesprochen? a) Mit welchen „anderen Mitgliedstaaten“ wurden die Fragen beim G6- Treffen „im Einzelnen“ erörtert, und welche Positionen haben diese dazu vorgetragen? b) Mit welchem Ergebnis wurde also erörtert, wie die Bundesregierung anlässlich des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung prüft, „ob sie im Lichte des EuGH-Urteils vom 8. April 2014 noch weitere datenschutzrechtliche Verbesserungen an dem Entwurf einfordern möchte“? c) Welche Position vertritt die Bundesregierung also zur Länge der Speicherfristen ? Die Fragen 18 und 18a bis 18c werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das Thema Fluggastdaten wurde im Zusammenhang mit dem Thema Foreign Fighters angesprochen. Mögliche datenschutzrechtliche Verbesserungen im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 8. April 2014 zur Vorratsdatenspeicherung könnten in der Verkürzung der Speicherdauer, dem Gebot, die Daten nur innerhalb der Europäischen Union zu speichern, der Begrenzung der Drittstaatenübermittlung oder der Beschränkung des Zugriff durch Sicherheitsbehörden liegen. 19. Inwiefern und mit welchem Inhalt wurde auf dem G6-Treffen auch die INTERPOL-Initiative „I-Checkit“ behandelt, und inwiefern wurde behandelt , dass auch private Firmen Abfragen der Polizeidatenbank durchführen sollen (Pressemitteilung INTERPOL, 5. November 2014)? Die I-Checkit-Initiative wurde nicht erörtert. Soweit von einer „Polizeidatenbank “ die Rede ist, wird davon ausgegangen, dass es dabei um die Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente geht. Eine Abfrage dieser Datenbank durch private Firmen wurde nicht behandelt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3646 20. Wie haben sich die Zahlen der von Bundesbehörden über die Polizeiorganisation INTERPOL mit „Buntecken“ ausgeschriebenen Personen und/ oder Sachen seit dem Jahr 2011 entwickelt (bitte für die Farben rot, blau, grün und gelb jeweils einzeln darstellen)? „Buntecken“ (Fahndungszirkulare, „Notices“) werden auf dem INTERPOLDashboard für alle 190 INTERPOL-Mitgliedsländer veröffentlicht. In Deutschland werden für die Personenfahndung zum weit überwiegenden Teil stattdessen Fahndungsdurchgaben („Diffusions“) eingesetzt, die vom Bundeskriminalamt als dem Nationalen Zentralbüro für INTERPOL gezielt an andere Nationale Zentralbüros übermittelt werden können. Die Gesamtzahl der von der deutschen Justiz über das Bundeskriminalamt an INTERPOL-Mitgliedsländer gestellten Personenfahndungsersuchen betrug im Jahr 2013 2 506. Eine Umsetzung als „Rotecke“ erfolgt nur ausnahmsweise, wenn der Aufenthaltsort des Gesuchten bereits bekannt ist und die dortigen Behörden die Ausstellung einer „Rotecke“ als erforderliche rechtliche Grundlage für eine Festnahme ansehen. Darüber hinaus werden „Gelbecken“ zur Aufenthaltsermittlung vermisster Personen eingesetzt. Damit ergeben sich für die Jahre ab 2011 folgende Zahlen: 21. Inwieweit wurde auf dem G6-Treffen das Thema „jihadistischer Terrorismus “ adressiert, und welche Maßnahmen wurden vorgestellt und/oder besprochen ? Es fand ein Meinungsaustausch statt, bei dem das Thema „Foreign Fighters“ im Mittelpunkt stand. 22. Welche „Weiterentwicklung“ welcher „europäischer Maßnahmen in Zusammenhang mit dem Thema ‚Foreign Fighters‘“ wurden behandelt, und welche Regierungen haben hierzu welche Arbeiten übernommen? Auf die Antwort zu Frage 21 wird verwiesen. 23. Auf welche Weise wurde das Thema „gemeinsames Vorgehen gegen die Radikalisierung durch das Internet“ behandelt? Das Thema der Kooperation mit der Internet-Wirtschaft hinsichtlich extremistisch -terroristischer Sachverhalte wird auf europäischer Ebene seit dem Herbst 2014 verstärkt diskutiert. Anlass ist die zunehmende Nutzung des Internets durch terroristische Gruppierungen. Hierzu fand ein Gedanken- und Erfahrungsaustausch statt. Buntecke 2011 2012 2013 2014 Rot 1 2 6 7 Gelb 5 3 1 2 Blau 0 0 0 0 Grün 0 0 0 0 Drucksache 18/3646 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Mit welchen „großen Netzbetreibern“ soll ein „strukturierter Dialog“ begonnen werden, und was ist darunter zu verstehen? Absprachen zum weiteren Vorgehen oder Teilnehmerkreis aus der Wirtschaft wurden nicht getroffen. b) Wie sollen die Provider Inhalte überhaupt erkennen, bevor diese gesperrt oder gelöscht werden können? c) Inwiefern sollen hierfür Filtertechnologien oder andere technische Hilfsmittel bzw. besondere Verfahren zum Erkennen der Inhalte eingesetzt werden? d) Was ist der Bundesregierung über deren Funktion bekannt? Die Fragen 23b bis 23d werden gemeinsam beantwortet. Über die entsprechende Arbeitsweise der Provider liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. e) Inwiefern haben die Mitgliedstaaten der G6 oder nach Kenntnis der Bundesregierung auch der EU bereits Überlegungen angestellt, den Mehraufwand der Provider durch die geforderten Maßnahmen finanziell oder organisatorisch zu unterstützen? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. f) Worin besteht aus Sicht der Bundesregierung das „eigene Interesse“ der Provider, „diese Quelle des digitalen Dschihad dadurch aus[zu]trocknen, dass sie solche Inhalte selbst aus dem Netz entfernen “? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Provider ein Interesse daran haben , nicht unbeabsichtigt zur Verbreitung von unangemessenen Inhalten beizutragen . g) Inwiefern haben die Konzerne mittlerweile mitgeteilt, ob sie von diesem „eigenen Interesse“ tatsächlich überzeugt sind, sie den „dringenden Appell” mithin gehört haben? Es wurde von teilnehmenden Staaten über eine zunehmende Bereitschaft zu Selbstverpflichtungen berichtet. 24. Inwiefern wurden auf dem G6-Treffen auch Ergebnisse der OktoberSitzung der Innenminister der EU-Mitgliedstaaten eingebracht, und inwiefern betraf dies auch das Thema „gemeinsames Vorgehen gegen die Radikalisierung durch das Internet“? Das Thema „gemeinsames Vorgehen gegen die Radikalisierung durch das Internet “ war ein Tagesordnungspunkt des G6-Treffens. Auf die Antworten zu den Fragen 7 und 23 wird verwiesen. 25. Welchen Inhalt hatte ein „Arbeitstreffen“ von Innenministerien aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg zu „terroristischen Inhalten“ im Oktober 2014? Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem „Arbeitstreffen“ zu „terroristischen Inhalten“ um das sog. Fünfländertreffen der für das Innenressort zustän- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3646 digen Minister und Ministerinnen handelt, welches am 23. und 24. Oktober 2014 in Zürich stattgefunden hat. Im Mittelpunkt der Erörterungen stand das Thema „Foreign Fighters“. Daneben wurden aktuelle Migrations- und Flüchtlingsfragen behandelt. 26. Auf welche Weise wollen die teilnehmenden Ministerinnen bzw. Minister „terroristische Inhalte möglichst rasch aus dem Internet“ nehmen? Auf welche Weise „terroristischer Inhalte“ aus dem Internet entfernt werden sollen , wurde nicht besprochen. 27. Inwiefern stand nach Kenntnis der Bundesregierung ein Besuch eines „Google Entwicklungszentrums Zürich“ durch die österreichische Innenministerin im Zusammenhang mit dem „Arbeitstreffen“? Der Besuch der österreichischen Innenministerin beim Google Entwicklungszentrum war nicht Gegenstand des Fünfländertreffens. 28. Welche Themen wurden unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ (oder ähnlich) thematisiert, und wer nahm daran teil? Die Tagesordnung des Fünfländertreffens umfasste keinen Programmpunkt „Sonstiges“ oder einen vergleichbaren Programmpunkt. 29. Welche wesentlichen Ergebnisse des „G6+1“-Treffens in Paris kann die Bundesregierung mitteilen? a) Sofern die Bundesregierung zu den Ergebnissen nur auf Statements anderer Teilnehmender verweist (Bundestagsdrucksache 17/11949), inwiefern wird die dort vorgetragene Haltung geteilt? b) In welchen Punkten herrschte nach Einschätzung der Bundesregierung beim „Gedankenaustausch“ der „G6+1“-Treffen keine Einigkeit, bzw. zu welchen behandelten Themen können keine konkreten Ergebnisse mitgeteilt werden? c) Welche Positionen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von den Teilnehmenden dazu vertreten? Wie bereits in vorangegangenen Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksachen 17/9904 vom 12. Juni 2012 und 17/14833 vom 21. Oktober 2013 ausgeführt, soll das Format den freien Gedankenaustausch ermöglichen, insbesondere bei Themen, bei denen noch kein unmittelbarer Entscheidungsbedarf besteht. Eine Einigkeit und konkrete Ergebnisse werden daher nicht angestrebt. Der Fokus des Treffens lag auf dem Thema Foreign Fighters. Im Kampf gegen den Islamischer-Staat-Terror setzen die Teilnehmer auf mehr Austausch von Informationen über Islamisten, insbesondere mit der Türkei. Nationale Regelungen reichten nicht aus. An den Außengrenzen des Schengen-Raums bedürfe es unterrichteter Grenzbeamter. Auch das Thema Internet-Propaganda wurde angesprochen. Inhalte wie Enthauptungsvideos oder andere Propaganda müssten in Kooperation mit den großen Betreibern aus dem Netz entfernt werden. Drucksache 18/3646 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Mit dem Europäischen Parlament müsse ein Kompromiss über die EU-PNRRichtlinie gefunden werden. Deutschland sprach sich in diesem Zusammenhang insbesondere für eine kürzere Speicherdauer für die erhobenen PNR-Daten aus. Im Hinblick auf die Flüchtlingsströme über das Mittelmeer sei eine zügige Umsetzung der von der EU beschlossenen Maßnahmen notwendig. 30. Wie, wann und von wem wurden die übrigen 22 EU-Mitgliedstaaten nach Kenntnis der Bundesregierung über die Ergebnisse des G6-Treffens in Paris bzw. des dort vorgenommenen „informellen Gedankenaustauschs“ in Kenntnis gesetzt, und wie reagierten diese nach Kenntnis der Bundesregierung im Einzelnen darauf? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. 31. Was ist der Bundesregierung aus Ratsarbeitsgruppen oder anderen Quellen darüber bekannt, worüber die Sekretäre des US-Heimatschutzministeriums (DHS) Jeh Johnson und Alejandro Mayorkas mit dem EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos gesprochen haben, und welche Verabredungen getroffen wurden (Pressemitteilung DHS vom 13. November 2014)? Treffen der EU-US-Justiz- und -Innenminister werden turnusmäßig zweimal jährlich abgehalten und dienen im Wesentlichen dem Informationsaustausch über aktuelle Themen der Justiz- und Innenpolitik von gemeinsamem Interesse und der Erörterung gemeinsamer Kooperationsprojekte. Das Treffen der EUUS -Justiz- und -Innenminister fand am 12. und 13. November 2014 in Washington statt. Die Gespräche haben sich im Wesentlichen auf die Ziele der gemeinsamen Kooperationsprojekte konzentriert. Die Tagesordnung umfasste die Bekämpfung der organisierten Kriminalität (OK), „ausländische Kämpfer“ sowie Datenschutz und Mobilität. Bei der OK-Bekämpfung lag der Schwerpunkt bei Cyberkriminalität und es wurden Möglichkeiten der besseren Kooperation besprochen. 32. Welche in der Pressemitteilung angekündigten „Verbesserungen“ („enhancements “) des US-Visa Waiver-Programms bzw. des „Electronic System for Travel Authorization“ sind der Bundesregierung bekannt? Wie bereits den Medien zu entnehmen war, haben die US-Behörden mit Wirkung vom 3. November 2014 den Fragenkatalog zur Beantragung der elektronischen Einreiseerlaubnis (ESTA – siehe Einreisebestimmungen für deutsche Staatsangehörige) erweitert. Ab sofort müssen Antragsteller weitere Angaben, u. a. zu Namen, Personalausweisnummer, Geburtsort und Erreichbarkeit, machen . Vor dem 3. November 2014 gestellte Anträge sind von diesen Änderungen nicht betroffen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/3646 33. Was ist der Bundesregierung aus den Ratsarbeitsgruppen oder anderen Quellen über Inhalte einer früheren EU-Reise von Alejandro Mayorkas, im Rahmen derer in Frankreich und Großbritannien Absprachen hinsichtlich „ausländischer Kämpfer“ und Reisen von und nach Syrien getroffen wurden bekannt? Die Bundesregierung nimmt aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zu Aktivitäten anderer Staaten, die keinen Bezug zur Bundesrepublik Deutschland aufweisen , Stellung. 34. Zu welchen Themen hat es nach Kenntnis der Bundesregierung „bilaterale Treffen“ einzelner Innenminister der G6 mit den anderen, anwesenden Regierungsvertretern gegeben? a) Wer waren die Gesprächspartnerinnen bzw. Gesprächspartner, und über welche Themen und Maßnahmen wurde jeweils gesprochen? b) Welche Verabredungen wurden getroffen? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor. 35. Was ist damit gemeint, wenn das BMI (www.bmi.bund.de, Mitteilung vom 6. November 2014 „G6-Treffen der Innenminister in Paris“) davon spricht, „am Rande der Sitzung“ habe der Bundesinnenminister „überdies eine Reihe bilateraler Gespräche“ geführt, und um welche Teilnehmenden und Themen hat es sich dabei gehandelt? Der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, hat mit Teilnehmern außerhalb der Sitzung bilaterale Gespräche geführt zu Themen, die nicht Gegenstand der Tagesordnung waren. 36. Welche ausländischen Behörden wurden von einer BKA-Expertengruppe, die als „Mobiles Kompetenzteam“ auftritt, seit ihrer Gründung bei der Einführung oder Nutzung von internationalen Systemen zum Erheben, Speichern oder Verarbeiten von DNA-Daten beraten (Netz mit Webfehlern – Europas DNA-Datenbankenverbund in Bürgerrechte & Polizei/ CILIP 97, 3/2010)? Das „Mobile Kompetenz Team Prüm“ war eine internationale Expertengruppe unter Beteiligung Deutschlands, Österreichs und Rumäniens, die im Bundeskriminalamt angesiedelt war und EU-Prüm-Staaten bei der Vorbereitung der Wirkbetriebsaufnahme der automatisierten Austausche von DNA- und Fingerabdruckdaten gemäß den EU-Prüm-Ratsbeschlüssen unterstützt hat. Vom „Mobilen Kompetenz Team Prüm“ wurden die sachlich zuständigen Stellen aus den Bereichen Polizei und Justiz aller 28 EU-Mitgliedstaaten kontaktiert, beraten und vor Ort unterstützt. 37. Mit welchen Ländern nehmen Bundesbehörden inzwischen einen automatisierten Austausch von DNA-Daten vor, und welche Datenfelder können hierfür abgeglichen werden? Aktuell tauscht Deutschland im automatisierten Prüm-Verfahren DNA-Daten mit Bulgarien, Frankreich, Lettland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn aus. Hierfür werden anonymisiert die Zahlenwerte der DNA-Muster mit den anderen Mitgliedstaaten abgeglichen. Im Falle eines Drucksache 18/3646 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Treffers wird den betroffenen Staaten eine Referenznummer mitgeteilt, aufgrund derer ergänzender polizeilicher Informationsaustausch initiiert werden kann. 38. Was haben die Gespräche bzw. die Erörterungen zu „Einzelheiten der praktischen Umsetzung des Datenaustauschs“ von DNA-Daten mit den USA ergeben, die im Sommer 2014 laut Auskunft der Bundesregierung noch nicht beendet waren (Bundestagsdrucksache 17/6965)? 39. Wann könnte der DNA-Datenaustausch mit den USA nach gegenwärtigen Stand frühestens beginnen? Die Fragen 38 und 39 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Frage 38 nimmt Bezug auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/6965 vom 9. September 2011. Es wird daher davon ausgegangen, dass hier das Jahr 2011 gemeint ist. Der Austausch von DNA-Daten mit den USA ist derzeit kein Gegenstand von Gesprächen bzw. Erörterungen. Da seitens der USA zurzeit die notwendigen Rechtsgrundlagen für einen DNA-Austausch fehlen, wurden die Verhandlungen zu diesem Thema auf unbestimmte Zeit zurückgestellt. Auf der Grundlage des Abkommens über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA ist lediglich ein automatisierter Abruf von daktyloskopischen Daten im so genannten Hit-/No-Hit-Verfahren vorgesehen. Zu den Einzelheiten hierzu wird auf die Vorbemerkungen der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1739 vom 12. Juni 2014 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333