Deutscher Bundestag Drucksache 18/3703 18. Wahlperiode 07.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3525 – Tests, Recherchen und Marktsichtungen zur Einführung polizeilicher Vorhersagesoftware Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Landeskriminalämter Bayern und Nordrhein-Westfalen (NRW) sind derzeit mit Tests zur Wirksamkeit von „Predictive Policing“ befasst (taz vom 26. November 2014). Eine Vorhersagesoftware soll Anhaltspunkte liefern, wann und wo ein Wohnungseinbruch bevorsteht. Das Programm macht sich dabei den wissenschaftlich angeblich nachgewiesenen „Near Repeat“ zunutze, wonach Straftäter bzw. Straftäterinnen meist mehrmals an nahe gelegenen Tatorten aktiv sind. Wissenschaftliche Erörterungen dieser „Near-Repeat-Hypothese “ bzw. „Repeat Victimisation“ basieren unter anderem auf der umstrittenen „Broken-Windows-Theorie“. In Bayern kommt die Software „PreCobs“ zum Einsatz, Tests finden in München und Mittelfranken statt. Im Rahmen einer zweiwöchigen Großoperation wird „PreCobs“ auch landesweit ausprobiert (Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 21. November 2014). Die Landesregierung in NRW erläutert nun Details zu den eigenen Plänen (Landtag NRW, Landtagsdrucksache 16/7195). Demnach sei nicht hinreichend belegt, dass sich eine Software wie „PreCobs“ für eine „zeitgemäße polizeiliche Auswertung“ bewährt habe. Soweit ein Rückgang von Straftaten in einem definierten Raum zu beobachten sei, ließe sich dieser „nicht zwangsläufig auf die Anwendung solcher Programme zurückführen“. Eine andere Einschätzung hatte der bayerische Innenminister geäußert, der die Tests von „PreCobs“ als „vielversprechend“ lobte. Ob mehrere in jüngster Zeit verhaftete Einbrecher aber tatsächlich durch die digitale Vorausschau ins bayerische Raster gerieten, ist nicht belegt. Das Landeskriminalamt (LKA) NRW will deshalb nur solche Anwendungen einsetzen „die tatsächlich nachweislich wirksam sind“. Die Antwort lässt offen, welches Produkt von welchem Hersteller ausgesucht wird. Möglich wäre auch, eine Software von dem IT- und BeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 6. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. ratungsunternehmen IBM zu kaufen. Der US-Konzern versucht, in Kooperation mit der Universität Freiburg auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen (Mitteilung des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg vom 3. März 2011). Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte sich Drucksache 18/3703 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode hierzu nach einer Einladung mit IBM getroffen, um sich über die Funktionalitäten der Software zu informieren (Bundestagsdrucksache 17/13441). Im Juli dieses Jahres hatte die Landesregierung NRW bereits auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP geantwortet (Landtagsdrucksache 16/6453). Demnach sei das LKA beauftragt gewesen, Informationen ausländischer Polizeibehörden, die die Vorhersagesoftware bereits benutzen, zu analysieren. Genannt werden Australien, Großbritannien, Niederlande und die USA. Die britische Polizei hatte kürzlich getestet, inwiefern die Rückfälligkeit von GangMitgliedern ebenfalls durch eine Software vorhersehbar ist (Pressemitteilung Accenture „London Metropolitan Police Service and Accenture Complete Analytics Pilot Program to Fight Gang Crime“ vom 27. Oktober 2014). Das Projekt „Predictive Policing in Nordrhein-Westfalen“ soll nach Abschluss vorbereitender Maßnahmen Anfang des Jahres 2015 in Duisburg und Köln beginnen. Erste Ergebnisse werden für die zweite Jahreshälfte erwartet. Die technische Leitung obliegt dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD). Die „Praxisphase“ endet im September 2016. Aus „kriminalstrategischen Erwägungen“ liege der Fokus zunächst auf Wohnungseinbruch. Soweit sich dort positive Ergebnisse nachweisen lassen, komme „die Ausweitung solcher Anwendungen auch auf weitere Deliktsfelder in Betracht“. Die Software soll jenseits der polizeilichen Nutzung auch Informationen „für Zwecke der Sozialpolitik oder des Städtebaus“ liefern. Vor einer endgültigen „Eignungsund Auswahlentscheidung“ sollen weitere „IT-Experten“, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, polizeiliche Datenschutzbeauftragte sowie „polizeiliche Anwender“ einbezogen werden. Das könnte auf die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe hindeuten, zumal auch das BKA für die Tests in Bayern und NRW interessiert Kontakt zu den dortigen „Kriminalistisch Kriminologischen Forschungsstellen“ aufgenommen hat (Bundestagsdrucksache 18/2932). Ziel sei „die Identifikation von Ansprechpartnern sowie eine erste Information zu den dortigen Planungen im Zusammenhang mit predictive policing“ gewesen. Mittlerweile hat auch die Berliner Landesregierung bestätigt , sich für polizeiliche Vorhersagesoftware zu interessieren. Die bislang in Deutschland getestete Vorhersagesoftware verarbeitet zunächst keine Personendaten. Neben Informationen zu früheren Einbrüchen werden aber weitere „frei zugängliche Datenquellen“ eingebunden. Hierzu gehören „bauliche Gegebenheiten in Stadtbezirken, Verkehrsinfrastrukturen, Wetterdaten “. Um die Wirksamkeit der vorhersagenden Analyse zu steigern, können weitere Daten herangezogen werden. Dies könnte die Polizei zum Anlass nehmen , das Prinzip der Datensparsamkeit weiter aufzuweichen. Software zum „Predictive Policing“ wird dem Bereich „Big Data“ zugerechnet, dessen Funktionalität häufig mit der „Suche nach der Nadel im Heuhaufen“ beschrieben wird: Um diese zu finden, benötigt die Software im Gegensatz zu früheren Analyseverfahren also nicht weniger, sondern möglichst mehr Daten. Die Einführung von Vorhersagesoftware löst vielerorts ein „Crime Mapping“ durch Geoinformationssysteme ab. Viele US-Polizeien setzen mittlerweile auf das IT-gestützte „Predictive Policing“. Auch dort wurden zunächst lediglich anonyme Daten aus öffentlichen oder polizeilichen Beständen genutzt, mittlerweile fließen aber in einigen Städten bereits Personendaten ein. Mit „Coplink“ (IBM) können Hinweise auf „verdächtiges Verhalten“ in der Öffentlichkeit ebenso eingebunden werden wie Statistiken oder Vorkommnisse aus anderen Polizeirevieren. Alle Daten werden über „Analyst’s Notebook“ (ebenfalls IBM), das bereits beim BKA genutzt wird, visualisiert. Über „Smart Surveillance Systems“ (IBM) werden auch Daten der Mustererkennung von Video- und Audioüberwachung eingebunden. Der Minister für Inneres und Kommunales von NRW Ralf Jäger (SPD) hatte das LKA aufgefordert, zu prüfen ob „die technischen Vorgaben dieser Methoden im Rahmen des geltenden Rechts auf die Kriminalitätsauswertung und -analyse der Polizei NRW übertragen werden können“. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3703 1. Wie definieren Bundesbehörden IT-gestütztes „Predictive-Policing“? Für ein IT-gestütztes „Predictive Policing“ gibt es keine allgemeinverbindliche Definition der Bundesbehörden. Allgemein lässt sich sagen, dass es sich um einen mathematisch-statistischen Ansatz handelt, der unter Nutzung von anonymen Falldaten und unter Annahme kriminologischer Theorien, wie beispielsweise dem Near-Repeat-Ansatz, Wahrscheinlichkeiten für eine weitere (gleichgelagerte ) Straftat in einem abgegrenzten geografischen Raum in unmittelbarer zeitlicher Nähe (max. sieben Tage) berechnet. Der Fokus liegt auf dem Deliktsbereich „Wohnungseinbruchdiebstahl“. 2. Wie grenzt sich „Predictive Policing“ aus Sicht des BKA von „Big Data“, „Smart Policing“, „Crime Forecasting“ oder „Predictive Crime Mapping“ ab? Erforderlich für eine inhaltliche Abgrenzung sind einheitlich verwendete allgemeingültige Definitionen. Da solche für die genannten Begriffe nicht existieren, kann die Frage nicht beantwortet werden. Lediglich zu Big Data kann allgemein ausgesagt werden, dass darunter der rasante quantitative Zuwachs der zu verarbeitenden Datenmengen, die wachsende Heterogenität der Daten in Verbindung mit der Dislozierung der Datenquellen , die technisch mögliche Zunahme der Verarbeitungsgeschwindigkeit und die Abnahme der Validität der Daten verstanden wird. 3. Welche wissenschaftlichen Studien zur Entwicklung und bzw. oder Wirksamkeit des „Predictive Policing“ bzw. zugrunde liegender Theorien und Ansätze haben Bundesbehörden angefordert und bzw. oder nach unaufgeforderter Zusendung studiert, um sich über die Funktionalitäten der Software zu informieren, und welche Schlussfolgerungen ziehen die Behörden daraus? Eine zielgerichtete Auswertung einschlägiger kriminologischer Ansätze und Theorien im Kontext „Predictive Policing“ fand bislang noch nicht statt. Das Bundeskriminalamt (BKA) plant entsprechende Auswertungen durchzuführen. Schlussfolgerungen auf Basis der aktuellen Erkenntnisse (gegenwärtig befindet sich die Software PreCobs in Deutschland lediglich in Bayern in einem gerade begonnenen Testbetrieb) wären verfrüht. 4. An welchen nationalen und internationalen Konferenzen, Symposien oder sonstigen Veranstaltungen zum Erfahrungsaustausch zu Software für „Predictive Policing“ haben welche Bundesbehörden teilgenommen? Der Bundesregierung ist nichts darüber bekannt, dass Bundesbehörden an Veranstaltungen im Sinne der Fragestellung teilgenommen haben. Im Rahmen der 32. Tagung der Kommission Kriminalitätsbekämpfung (KKB) am 29./ 30. Oktober 2014 haben das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) zum Thema „Predictive Policing“ und zur Analysesoftware „PreCobs“ sowie das LKA Nordrhein -Westfalen zum „Predictive Policing“ mündlich Bericht erstattet. Teilnehmer der Tagung aus dem Kreis der Bundesbehörden waren Vertreter der Bundespolizei sowie des BKA. Drucksache 18/3703 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Welche weiteren Kontakte oder Beobachtungen hat das BKA hinsichtlich der „Crime Information Platform“ (CIP) des Instituts für Sicherheit und Gesellschaft der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und IBM unterhalten bzw. vorgenommen? Das BKA hat in Bezug auf die „Crime Information Platform“ (CIP) an einer Informationsveranstaltung des Zentrums für Sicherheit und Gesellschaft der Universität Freiburg am 6. Februar 2012 teilgenommen. 6. Welche weiteren „Möglichkeiten der Zusammenarbeit“ hatten die Universität und IBM im Rahmen des Besuches im Frühjahr 2012 „unverbindlich erörtert“? Der Bundesregierung liegen hierüber keine Informationen vor. 7. Welche konkreten „erste[n] Information[en] zu den […] Planungen im Zusammenhang mit predictive policing“ haben die „Kriminalistisch Kriminologischen Forschungsstellen“ des LKA Bayern und des LKA NRW dem BKA übermittelt? a) Inwiefern hat das BKA diesen Kontakt weiter ausgedehnt? b) Mit welchen weiteren in- oder ausländischen Dienststellen hat das BKA Kontakt zum Einsatz von Software für „Predictive Policing“ aufgenommen ? Im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion hat das BKA Kontakt mit dem LKA Bayern aufgenommen und vor Ort ein Gespräch geführt, in dem mündlich ein Überblick zur Anwendung von PreCobs und zum Testbetrieb gegeben wurde. Zum Softwareeinsatz wurde zu keiner weiteren Dienststelle im In- oder Ausland Kontakt aufgenommen. 8. Inwiefern ist das BKA (wie beispielsweise die Landesregierung in NRW) der Ansicht, dass sich eine Software wie „PreCobs“ für eine „zeitgemäße polizeiliche Auswertung“ noch nicht bewährt habe? Da sich die Software PreCobs derzeit in Deutschland ausschließlich in Bayern in der Testphase befindet, kann hierzu noch keine Aussage getroffen werden. 9. Inwiefern haben Bundesbehörden Zugang zu von der Landesregierung NRW durch das dortige LKA erhobenen Informationen ausländischer Polizeibehörden zu dort genutzter Vorhersagesoftware bzw. entsprechenden Studien? a) Was ist der Bundesregierung hierüber zu Erfahrungen aus Australien, Großbritannien, den Niederlanden und den USA bekannt? b) Inwiefern haben Bundesbehörden selbst Kontakte hinsichtlich der Erfahrungen mit Geoinformationssystemen und Anwendungen zu „Predictive-Policing“ mit Behörden der genannten Staaten unterhalten? c) Was ist der Bundesregierung über ihren Austausch mit dem LKA NRW darüber bekannt, inwiefern die dort genutzte Software Erkenntnisse „für Zwecke der Sozialpolitik oder des Städtebaus“ liefern soll? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3703 d) Welche weitere „IT-Experten“, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler , polizeiliche Datenschutzbeauftragte sowie „polizeiliche Anwender“ sollen nach Kenntnis der Bundesregierung vor einer endgültigen „Eignungs- und Auswahlentscheidung“ einbezogen werden? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Weitere Informationen liegen der Bundesregierung hierzu nicht vor. 10. Was ist Bundesbehörden darüber bekannt, inwiefern auch EU-Agenturen Geoinformationssysteme und Anwendungen zu „Predictive-Policing“ einsetzen, und welche Daten werden dabei verarbeitet? Der Bundesregierung liegen hierüber keine Informationen vor. 11. Was ist dem BKA durch seine Kontakte nach Bayern und NRW, nach Sichtung einer Software bei IBM in Freiburg bzw. nach einer „Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen bezogen auf kriminologische Aspekte“ (Bundestagsdrucksache 18/2932) über die Funktionsweise der IBM-Software „Smart Surveillance Systems“ und „Coplink“ bekannt, die Hinweise auf „verdächtiges Verhalten“ in der Öffentlichkeit ebenso einbinden kann wie Statistiken oder Vorkommnisse aus anderen Polizeirevieren und deren Daten über das auch beim BKA genutzte „Analyst’s Notebook“ visualisiert werden kann? Die Recherche zum Themenkomplex Predictive Policing dauert aktuell noch an, eine Betrachtung der Funktionsweise der genannten Software erfolgte bislang nicht. 12. Welche weiteren marktverfügbaren oder von Behörden entwickelten „Predictive-Policing“-Lösungen sind Bundesbehörden nach einer „Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen bezogen auf kriminologische Aspekte“ (Bundestagsdrucksache 18/2932) mittlerweile bekannt? Konkrete Informationen beispielsweise zu den in den USA, Großbritannien oder in den Niederlanden genutzten oder getesteten Softwarelösungen liegen aktuell nicht vor. Die Recherche und Auswertung dauert an. 13. Welches Selbstverständnis von „Predictive-Policing“-Lösungen ist dem BKA durch seine Kontakte nach Bayern und NRW, nach Sichtung einer Software bei IBM in Freiburg bzw. nach einer „Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen bezogen auf kriminologische Aspekte“ (Bundestagsdrucksache 18/2932) zu den marktverfügbaren Anwendungen bekannt? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 14. Inwiefern dominieren dort nach Einschätzung des BKA die „BrokenWindows -Theorie“ oder die „Repeat-Victimization-“ bzw. „Near-RepeatThese “? Nach hiesigen Erkenntnissen handelt es sich jeweils um mathematisch-statistische Anwendungen. Informationen zur Operationalisierung der genannten Theorien in den verschiedenen Softwarelösungen liegen dem BKA nicht vor. Drucksache 18/3703 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Inwiefern können die Anwendungen nach Einschätzung des BKA bzw. nach Mitteilung des LKA Bayern oder des LKA NRW bzw. der Hersteller auch Vorhersagen auf Täterebene vornehmen? Da beispielsweise bei der Software PreCobs keine personenbezogenen Daten genutzt werden, sind Aussagen bezogen auf die Täterebene nicht möglich und auch nicht vorgesehen. 16. Welche Delikte außer Wohnungseinbruchsdiebstahl kämen aus Sicht des BKA durch Kontakte nach Bayern und NRW, nach Sichtung einer Software bei IBM in Freiburg bzw. nach einer „Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen bezogen auf kriminologische Aspekte“ (Bundestagsdrucksache 18/2932) für deutsche Bundes- und Landesbehörden in Betracht ? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. a) Welche dieser Lösungen basieren auf Daten, die in Echtzeit aktualisiert werden können? Informationen hierzu liegen der Bundesregierung aktuell nicht vor. b) Welche konkreten Daten (etwa bauliche Gegebenheiten in Stadtbezirken , Verkehrsinfrastrukturen, Wetterdaten) werden jeweils eingebunden ? Genutzt werden in PreCobs Fall- (Tatort, Tatzeit, erbeutetes Gut, Begehungsweise ) und öffentlich verfügbare Geodaten. Weitere konkrete Daten werden nach Kenntnis der Bundesregierung nicht eingebunden. c) Welche Kosten (auch für den Betrieb, Wartung oder Updates) werden von den Herstellern jeweils genannt, bzw. was ist der Bundesregierung hierzu wenigstens aus Gesprächen mit IBM oder dem LKA Bayern und dem LKA NRW bekannt? Der Bundesregierung ist hierzu nichts bekannt. 17. Was ist dem BKA durch seine Kontakte nach Bayern und NRW, nach Sichtung einer Software bei IBM in Freiburg bzw. nach einer „Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen bezogen auf kriminologische Aspekte“ (Bundestagsdrucksache 18/2932) darüber bekannt, welche der marktverfügbaren Anwendungen Daten anderer Behörden einbindet, bzw. einbinden können, etwa von statistischen Landesämtern? Dem BKA liegen hierzu keine Informationen vor. 18. Inwiefern nutzen Polizeibehörden des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregierung auch der Länder Geoinformationssysteme (GIS), um welche Produkte welcher Hersteller handelt es sich dabei, und welche Kosten fielen für Beschaffung und Betrieb an? Im BKA werden nachstehende Produkte (GIS) wie folgt genutzt. Im Kriminalistischen Institut wurde die Software „Regiograph Analyse“ der Firma GfK GeoMarketing GmbH 2011 als Einzelplatzlizenz zur Darstellung von Kriminalitätsdaten in kriminalistisch-kriminologischen Forschungsprojekten beschafft, die Kosten betrugen 998 Euro. Die Abteilung Polizeilicher Staats- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3703 schutz (ST) im BKA setzt derzeit sowohl ArcGIS Desktop der Firma ESRI, wie auch PAD Mobifilter zur Auswertung von im Rahmen von Strafverfahren erhobenen geografischen Daten ein. Für die Darstellung wird ein Mapserver mit Kartendaten des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie (BKG) genutzt. Hierfür wurden drei Lizenzen der Firmen ArcGIS mit Kosten in Höhe von 3 034 Euro je Lizenz und zwei Lizenzen der Firma PAD Mobifilter mit Kosten von 3 000 Euro je Lizenz beschafft. Für den Mapserver fallen keine Kosten an, da es sich um ein Open-Source-Produkt handelt. Auch für den Betrieb dieser Software fallen keine weiteren Kosten an. Bei der Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität (SO) wird mit der Software RegioGraph Planung der Firma GfK GeoMarketing gearbeitet. Derzeit sind drei Lizenzen der Software im Einsatz. Die Kosten pro Lizenz betragen ca. 4 800 Euro, das verwendete Kartenmaterial kostet (einmalig) ca. 22 000 Euro. In der beim BKA betriebenen TKÜ-Anlage (TKÜ – Telekommunikationsüberwachung ) wird als Geoinformationssystem eine vom Lieferanten der TKÜ-Fachanwendungssoftware (Fa. Syborg, Bexbach) entwickelte Funktionalität mit der Bezeichnung „SyGIS“ eingesetzt. Als Kartenmaterial kommt „OpenStreetMap“ zum Einsatz. Die Funktionalität SyGIS ist integraler Bestandteil der TKÜ-Fachanwendungssoftware . Die Kosten betragen 35 000 Euro. Für das Kartenmaterial selbst fallen keine Kosten an. B-case nutzt als Kartenserver Oracle Spatial/ MapViewer mit dem Kartenmaterial des BKG. Die Kosten von Oracle Spatial/ MapViewer sind in der Unternehmenslizenz enthalten und nicht separat ausweisbar . Das Kartenmaterial wird dem BKA vom BKG kostenfrei bereitgestellt. Zusätzlich wird ein Web-Service zur Georeferenzierung des BKG genutzt. Der Web-Service mit Daten wird dem BKA vom BKG kostenfrei bereitgestellt. Zusätzlich wurden für die Konvertierung von OpenStreetMap Daten 1 750 Euro aufgewendet. B-case selbst hat eine Visualisierungskomponente für GIS-Daten, deren Anschaffung 41 850 Euro kostete. Für den Betrieb fallen nur geringe Kosten an. Für die Visualisierung von Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik wird die Oracle-Technologie (Spatial/MapViewer/BIEE) verwendet. Das Kartenmaterial wird dem BKA kostenfrei vom BKG bereitgestellt. Der Zollfahndungsdienst nutzt das Geoinformationssystem „Geodateninfrastruktur -Zoll“ (GDI-Zoll). 2008 entstanden für die Beschaffung haushaltswirksame Kosten in Höhe von 29 000 Euro. Der Betrieb dieses Dienstes wird dem Zollfahndungsdienst zur Wahrnehmung seiner öffentlichen Aufgaben vom BKG kostenfrei zur Verfügung gestellt. Ein GIS im Sinne eines separaten Informationssystems „zur Erfassung, Bearbeitung , Organisation, Analyse und Präsentation räumlicher Daten“ nutzt die Bundespolizei nicht. Module zur georeferenzierten Darstellung von Daten auf Karten und Orthophotos (Luftbilder) nutzt die Bundespolizei in ihrem Leitstellensystem (Firma Intergraph), ihrem Vorgangsbearbeitungssystem (Firma Dataport) und ihrem Fallbearbeitungssystem. Hersteller ist die inzwischen von T-Systems übernommene Firma rola. Diese werden bei der Bundespolizei aber nicht im Sinne der in der Anfrage angeführten Thematik eingesetzt. Lediglich beim Fallbearbeitungssystem lassen sich die Kosten für die Beschaffung des GIS-Moduls separat ausweisen. Diese betrugen 31 000 Euro. Informationen zu den in den Ländern genutzten GIS-Anwendungen liegen der Bundesregierung nicht vor. Drucksache 18/3703 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Welche Funktionsweise hat die bei Bund und nach Kenntnis der Bundesregierung auch Ländern genutzte GIS-Software hinsichtlich „Hot-Spots“ (räumliche Brennpunkte) und „Hot-Dots“ (Personen) in der Zukunft, die von Straftaten betroffen sein könnten? a) Inwiefern basiert die Software auf Messungen einer Variable (etwa Straftaten) in der Vergangenheit, wonach dann auf die Zukunft geschlossen werden soll? b) Welche weiteren Variablen werden von der Software genutzt? Sämtliche genutzte Software hat keine Funktionen zur Prognose oder für sonstige Aussagen über die Zukunft, sie dient ausschließlich der Abbildung begangener Kriminalität im räumlichen Kontext. 20. Was ist dem BKA darüber bekannt, inwiefern ein Rückgang von Straftaten durch die von ihm gesichteten bzw. ihm präsentierten Geoinformationssysteme und Anwendungen zu „Predictive-Policing“ tatsächlich auf die Anwendung der Programme zurückzuführen ist? Eine belastbare Bewertung auf Basis der Erfahrungen in Deutschland (Testbetrieb in Bayern) wäre verfrüht. Kriminalitätsentwicklungen werden von vielfältigen Faktoren beeinflusst. Das wäre bei einer Bewertung von Kausalzusammenhängen in dem Kontext zu berücksichtigen. 21. Wie bewertet das BKA die von ihm gesichteten bzw. ihm präsentierten Geoinformationssysteme und Anwendungen zu „Predictive-Policing“ hinsichtlich des Prinzips der Datensparsamkeit, also des Phänomens, dass die Software im Gegensatz zu herkömmlichen Analyseverfahren nicht weniger, sondern möglichst mehr Daten verarbeiten muss, Polizeibehörden also angehalten wären, noch mehr Daten zu erheben, um die Funktionalität zu vergrößern? Genutzt werden Daten, die der Polizei aufgrund ihrer täglichen Arbeit vorliegen. Es werden keine zusätzlichen Daten erhoben. Auf die Antwort zu Frage 16b wird verwiesen. 22. Wie bewertet das BKA die von ihm gesichteten bzw. ihm präsentierten Geoinformationssysteme und Anwendungen zu „Predictive-Policing“ hinsichtlich einer Verletzung von Bürgerrechten oder einer möglichen Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen, wenn diese erst durch eine Prognose der Software zum Ziel geografisch eingegrenzter polizeilicher Maßnahmen werden? Eine derartige Bewertung ist aufgrund noch nicht vorliegender Testergebnisse zur Zeit nicht möglich. Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 23. Inwiefern hält es das BKA für erlässlich oder unerlässlich, den Quellcode der von ihm gesichteten bzw. ihm präsentierten Geoinformationssysteme und Anwendungen zu „Predictive-Policing“ einzusehen, bevor eine solche Software getestet oder beschafft würde? Das BKA beabsichtigt derzeit nicht, Software zu Predictive Policing zu testen oder zu beschaffen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3703 24. Inwiefern hat das BKA, wie der NRW-Innenminister Ralf Jäger, hinsichtlich der von ihm gesichteten bzw. ihm präsentierten Geoinformationssysteme und Anwendungen zu „Predictive-Policing“ geprüft (oder möchte prüfen), ob „die technischen Vorgaben dieser Methoden im Rahmen des geltenden Rechts auf die Kriminalitätsauswertung und -analyse“ übertragen werden können? Das BKA hat eine derartige Prüfung nicht vorgenommen. Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen. 25. Inwiefern existieren nach Kenntnis der Bundesregierung Überlegungen oder bereits Vorbereitungen zur Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe (etwa auf Ebene der Innenministerkonferenz) zur Nutzung von Geoinformationssystemen und Anwendungen zu „Predictive-Policing“? Der Bundesregierung sind keine Überlegungen zur Einrichtung einer BundLänder -Arbeitsgruppe zur Nutzung von Geoinformationssystemen und für Anwendungen von „Predictive-Policing“ bekannt. Gleichwohl entwickeln Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in der Geodateninfrastruktur Deutschland (GDI-DE) ein Konzept für die fach- und verwaltungsebenen-übergreifende Nutzung von Geoinformationen. Das Lenkungsgremium der GDI-DE berichtet an den IT-Planungsrat. Die GDI-DE fördert die Interoperabilität von Geodaten für Anwendungen im Allgemeinen, ohne Spezialisierung auf einzelne Fachaufgaben. 26. Worin bestehen Zielsetzungen sowie konkrete Maßnahmen der Einzelprojekte einer „Kooperationsplattform von Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz auf einer technisch-strategischen Ebene“ im Strategie- und Forschungszentrum Telekommunikation (SFZ TK, Plenarprotokoll 18/72, S. 6868)? a) Welche Behörden sind in welchen Zusammenarbeitsformen mit welchen weiteren Teilnehmenden mit einer „Verbesserung der klassischen Telekommunikationsüberwachung für Telefonie, Mobilfunk und E-Mail“ befasst, und worin genau bestehen die konkreten Maßnahmen ? b) Welche Behörden sind in welchen Zusammenarbeitsformen mit welchen weiteren Teilnehmenden mit einer „Datenaufbereitung, insbesondere in Anbetracht des erheblichen Anstiegs der Datenmengen“ befasst, und worin genau bestehen die konkreten Maßnahmen? c) Welche Behörden sind in welchen Zusammenarbeitsformen mit welchen weiteren Teilnehmenden mit einer „Anpassung der Telekommunikationsüberwachung an aktuelle Kommunikationsformen und -protokolle“ befasst, und worin genau bestehen die konkreten Maßnahmen? d) Welche Behörden sind in welchen Zusammenarbeitsformen mit welchen weiteren Teilnehmenden mit „Anforderungen an die Telekommunikationsüberwachungsanlagen der nächsten Generation“ befasst , und worin genau bestehen die konkreten Maßnahmen? Die Fragen 26, 26a bis 26d werden gemeinsam beantwortet. Das Strategie- und Forschungszentrum Telekommunikation (SFZ TK) befasst sich als Kooperationsplattform von BKA, Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz auf einer technisch-strategischen Ebene mit den im Plenarprotokoll 18/72 benannten Themenbereichen im Rahmen von Einzelprojekten. Weitere oder darüber hinausgehende Zusammenarbeitsformen des SFZ TK mit weiteren Teilnehmern liegen auf dieser Grundlage nicht vor. Drucksache 18/3703 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode e) Inwiefern ist die Aussage, „eine formale Beteiligung der Länder erfolgte bislang nicht“ so zu verstehen, dass die Länder auch informell nicht am SFZ TK beteiligt sind? Gemäß Plenarprotokoll 18/72 erfolgte bislang keine formale Beteiligung der Länder. Die Themenbereiche, mit denen sich das SFZ TK befasst, sind den Sicherheitsbehörden der Länder grundsätzlich zugänglich. f) Auf welcher Ebene bzw. über welche Kanäle wäre es möglich, dass die im Rahmen des SFZ TK erarbeiteten Ergebnisse mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) geteilt werden, der ähnliche Vorhaben betreibt (DIE ZEIT vom 13. November 2014), bzw. auch Ergebnisse von Projekten des BND dem SFZ TK zugänglich gemacht werden? Auf die Antwort zu Frage 26e wird sinngemäß verwiesen. Der Bundesnachrichtendienst (BND) nimmt nicht am SFZ TK teil. Daher stehen dem SFZ TK die Ergebnisse von Projekten des BND für die Befassung mit den im Plenarprotokoll 18/72 benannten Themenbereichen nicht zur Verfügung. 27. Welche Zwischenergebnisse kann die Bundesregierung zum Test der IBM-Software „IBM Content Analytics“ mitteilen? a) Welche „Testdaten“ bzw. „große Datenmengen, welche ausschließlich im Rahmen von Ermittlungsverfahren sichergestellt wurden“, wurden bzw. werden analysiert bzw. ausgewertet? Bisher wurden keine Daten aus Ermittlungsverfahren mit IBM Content Analytics (ICA) ausgewertet. Welche Testdaten im Rahmen des Projekts zu Testzwecken verarbeitet werden sollen, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. b) Inwiefern konnte inzwischen „festgestellt werden, inwieweit ‚IBM Content Analytics‘ als kommerzielles Produkt in der Lage ist, die Auswertung dieser Daten im Rahmen von Ermittlungsverfahren zu unterstützen bzw. zu beschleunigen“? Entsprechende Testergebnisse liegen derzeit nicht vor. c) Wie schlüsseln sich die bislang angefallenen Kosten von 515 000 Euro für Beschaffung, Betrieb und Wartung der Software auf (Bundestagsdrucksache 18/2932)? Von den angesetzten 515 000 Euro wurden bisher rund 277 000 Euro für Lizenzkosten aufgewendet. Der verbleibende Betrag ist für optionale Dienstleistungen vorgesehen, von denen bisher 28 760,82 Euro in Anspruch genommen wurden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333