Deutscher Bundestag Drucksache 18/3704 18. Wahlperiode 08.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Ralph Lenkert, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3517 – Beitrag der Energiewirtschaft zum Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesrepublik Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase zu emittieren als im Jahr 1990. Auf dem Weg dahin hat die Bundesregierung eine Klimaschutzlücke ausgemacht . Aktuelle Projektionen gingen davon aus, dass durch die bisher beschlossenen und umgesetzten Maßnahmen bis zum Jahr 2020 eine Minderung der Treibhausgase um etwa 33 bis 34 Prozent erreicht werden kann, mit einer Unsicherheit von +/–1 Prozent. Daraus ergäbe sich ein Korridor für die Klimaschutz -Lücke von 5 bis 8 Prozentpunkten, so die Bundesregierung im vom Bundeskabinett am 3. Dezember 2014 verabschiedeten Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 (APK). Für den Sektor Energiewirtschaft wird im APK festgestellt, dass es von 1990 bis 2012 durch eine Vielzahl von klima- und energiepolitischen Maßnahmen gelungen sei, die Treibhausgasemissionen um rund 18 Prozent zu senken – von 458 Millionen Tonnen (Mio. t) auf 377 Mio. t CO2-Äquivalente (Äq.). Laut Projektionsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2013 könne davon ausgegangen werden, dass die Emissionen des Energiesektors durch die bisher umgesetzten und weiter wirksamen Maßnahmen bis zum Jahr 2020 auf rund 306 Mio. t CO2-Äq. zurückgehen. Dabei sei die Wirkung der aktuellsten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in den Modellrechnungen noch nicht berücksichtigt. Aus diesen Aussagen im APK lässt sich durch einfache Subtraktion die Menge derjenigen Treibhausgase im Sektor Energiewirtschaft errechnen, die nach der Projektion – ohne die neuen mit dem APK festgelegten Maßnahmen – eingespart werden würde. Demnach würden durch die bisher umgesetzten und weiter wirksamen Maßnahmen bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2012 rund 71 Mio. t CO2-Äq. eingespart (377 Mio. t CO2-Äq. minus 306 Mio. t CO2- Äq.; – im Weiteren „Sowieso-Maßnahmen“). Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 7. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Auf Seite 28 des APK wird der nunmehr zu leistende zusätzliche Beitrag der Energiewirtschaft zur Schließung der Klimaschutzlücke bis zum Jahr 2020 festgesetzt: „Weitere 22 Mio. t werden unter besonderer Berücksichtigung des Stromsektors und des europäischen Zertifikatshandels erbracht. Der Bundes- Drucksache 18/3704 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode minister für Wirtschaft und Energie wird in 2015 dazu einen Regelungsvorschlag vorlegen.“ Im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses wurde auf Grundlage der Entwürfe zum APK u. a. von Greenpeace Deutschland und dem World Wildlife Fund Deutschland kritisiert, die Prognose der Bundesregierung beruhe auch im Sektor Energiewirtschaft auf einer Reihe unrealistischer Annahmen. Beispielsweise auf einem Emissionszertifikate-Preis von 20 Euro je t CO2 oder auf einer angenommenen Lebensdauer von Kohlekraftwerken von 45 Jahren, was in beiden Fällen unrealistisch sei. Tatsächlich werden CO2-Zertifikate im Rahmen des EU-Emissionshandels wegen 2,6 Milliarden überschüssige Emissionsrechte aktuell für nur 5 bis 6 Euro je t CO2 gehandelt. Die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke (Merit Order) dürfte sich auch bis zum Jahr 2020 zumindest aufgrund des Emissionshandels nicht grundlegend ändern – selbst wenn die Reform des EU-Systems nach den Vorschlägen Deutschlands erfolgreich umgesetzt würde. Knappheit bei den Zertifikaten herrscht in jedem Fall erst deutlich nach dem Jahr 2020. Zudem sind schon heute 24 Kohlemeiler deutlich länger am Netz als 45 Jahre – fast alle in Nordrhein-Westfalen oder BadenWürttemberg (www.wwf.de „Klima oder Kohle? Reduktion des Kohlestroms zur Erreichung des deutschen 40%-Klimaschutzziels bis 2020“). Und derzeit deutet nichts darauf hin, dass diese offensichtlich rentablen Kraftwerke abgeschaltet werden. Im Gegenteil, sie laufen auf Hochtouren, u. a. für den Export. So ist es auch kein Wunder, dass die Treibhausgasemissionen zuletzt wieder anstiegen. Aufgrund des vermuteten deutlich niedrigeren Beitrags der „Sowieso-Maßnahmen “ wurde von Umweltverbänden und Oppositionsfraktionen der zusätzliche Beitrag der Energiewirtschaft zur Schließung der Klimaschutzlücke in Höhe von 22 Mio. t CO2-Äq. ursprünglich als deutlich zu niedrig eingeschätzt und wurden zusätzliche Anstrengungen bzw. Maßnahmen gefordert. Am 3. Dezember 2014 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, auf Fragen von Journalisten bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des APK bzw. von Bundestagsabgeordneten im Rahmen der Befragung der Bundesregierung im Deutschen Bundestag den Zusammenhang zwischen den „Sowieso-Maßnahmen“ im Energiesektor und den 22 Mio. t CO2-Äq. zu erklären versucht. Danach würden jene 22 Mio. t CO2-Äq. zusätzlich zur bisherigen Projektion erbracht werden müssen. Rechnerisch würde das nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller dann in diesem Sektor eine Gesamteinsparung bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2012 von 71 Mio. t CO2-Äq. („Sowieso-Maßnahmen“) plus zusätzlich 22 Mio. t CO2- Äq., also zusammen 93 Mio. t CO2-Äq. ergeben. Einer solchen Rechnung scheint auch Greenpeace Deutschland in einer Presseerklärung zum APK vom 3. Dezember 2014 zu folgen, in der jene 93 Mio. t CO2-Äq. als Minderungsvorgabe bis zum Jahr 2020 gegenüber den Emissionen des Energiesektors aus dem Jahr 2012 verstanden werden. Diese Summe wäre – sollte nicht nur das Volumen der zusätzlichen Maßnahmen, sondern tatsächlich auch das vollständige Volumen der „Sowieso-Maßnahmen“ in eine 2020-Obergrenze bzw. ein 2020-Cap für die Energiewirtschaft Eingang finden – höchst bemerkenswert. Insbesondere deshalb, weil es dann egal wäre, ob die „Sowieso-Maßnahmen“ im Einzelnen tatsächlich wirksam würden. Schließlich würden etwaige Prognosefehler durch ein quasi unentrinnbares Cap geheilt, also durch eine Emissionsobergrenze, die 93 Mio. t CO2-Äq. niedriger läge als die Emissionen des Sektors aus dem Jahr 2012, und zwar bei 284 Mio. t CO2-Äq. Ausbleibende Minderungen aus den „Sowieso-Maßnahmen“ würden so automatisch durch andere Akteure bzw. Maßnahmen innerhalb der Energiewirtschaft erbracht werden müssen. Auf eine Frage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE.) in der Fragestunde des Deutschen Bundestages (Plenarprotokoll 18/72, S. 6814) am 3. Dezember 2014 antwortete diesbezüglich der Bundeswirtschaftsminister: „Im Klimaschutzplan steht, dass der Kraftwerkspark zusätzlich eine Reduzierung um 22 Mio. t CO2 erbringen muss – zusätzlich gegenüber der Prognose über die Entwicklung der Treibhausgase und des Beitrags des Stromsektors, die die letzte Bundesregierung am 15. März 2013 der Europäischen Union gemel- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3704 det hat.“ Auf eine Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) antwortete er wenig später: „Einer der Vorschläge, die wir entwickelt haben und über die wir jetzt im Rahmen der Debatte mit den Energieversorgern , auch im Hinblick auf das Strommarktdesign, reden, ist erstens dafür zu sorgen, dass es eine gesetzliche Obergrenze für die Emissionen aus dem Kraftwerkspark gibt, die im Jahr 2020 noch getätigt werden können, und zweitens die Unternehmen entsprechend den historischen Emissionen sozusagen selbst entscheiden zu lassen, wie sie ihre Minderungsbeiträge erbringen. Aber sie müssen sie erbringen.“ Diese Obergrenze solle „möglicherweise“ gesichert werden dadurch, dass der europäische Emissionshandel, der „nicht ausreichend funktioniert“, künftig solange, „bis er vernünftig funktioniert“, ergänzt werde „durch ein eigenes System“ sowie durch eine Pönale bei Verfehlung der Emissionsobergrenzen , so der Bundeswirtschaftsminister im Rahmen der Befragung der Bundesregierung. Im Weiteren sprach Sigmar Gabriel in Bezug auf die Energiewirtschaft davon, „dass wir mit der Reduktion der Emissionen um 22 Millionen Tonnen auf die Prognose draufsatteln […], die die alte Bundesregierung abgegeben hat und die bis heute in einem Umfang von circa 34 Millionen Tonnen noch nicht unterlegt ist.“ Allerdings findet sich im Prognosebericht der Bundesregierung vom 15. März 2013 an die Europäischen Union, auf den der Bundeswirtschaftsminister verweist, in Bezug auf die prognostizierten Emissionen des Energiesektors im Jahr 2020 keine Zahl von 306 Mio. t CO2-Äq. (aus der sich 71 Mio. t CO2-Äq. „Sowieso-Maßnahmen“ ableiten würden). Aufgrund der unterschiedlichen bzw. nur zum Teil quantifizierten Angaben ist der tatsächliche Beitrag der Energiewirtschaft zur Klimaschutzlücke nicht eindeutig erschließbar. Die Aktuelle Stunde des Deutschen Bundestages am 4. Dezember 2014 zu der Haltung der Bundesregierung zum Erreichen der Klimaziele 2020 (Zusatzpunkt 4 der Tagesordnung, Plenarprotokoll 18/73) war ebenfalls nicht geeignet, Klarheit in die Sache zu bringen. Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, antwortet nur ausweichend und mit Verweis auf die Äußerungen Sigmar Gabriels vom Vortag auf die klare Frage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE.): „Können Sie – Sie reden ja gleich – hier noch einmal ausdrücklich bestätigen, dass Sie den Kraftwerkspark auf 93 Millionen Tonnen Einsparung bis 2020 verpflichten wollen?“. Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks stellte lediglich fest: „Die zusätzlichen 22 Millionen stehen in diesem Programm. Dabei geht man von der Projektion der alten Bundesregierung aus. Der Wirtschaftsminister hat es hier gestern ausdrücklich und mehrfach erläutert; genau so ist es.“ Leider vermied die Bundesumweltministerin, den Umfang der „Projektion der alten Bundesregierung“ anzugeben, womit die Öffentlichkeit wiederum im Unklaren über den absoluten Minderungsbeitrag des Energiesektors bis zum Jahr 2020 gelassen wurde. Ebenso unklar ist die vom Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in der Fragestunde angedeutete Umsetzung eines Caps in Verbindung mit der Neugestaltung des Strommarktes. Er skizzierte, dass im Rahmen der Entscheidung über die Frage „Kapazitätsmärkte oder Energy-only-Markt?“ festgelegt werden könnte, „einen nicht unerheblichen Teil dessen, was die Stromerzeuger erbringen müssen, in eine Kapazitätsreserve zu tun, die wir in jedem Fall brauchen, egal ob wir uns für einen Energy-only-Markt oder für einen Kapazitätsmarkt entscheiden; denn wir werden selbst bei einem weiteren Zubau an erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren so etwas wie eine Back-upKapazität brauchen, eben Strom aus fossilen Kraftwerken“. Drucksache 18/3704 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Menge (in t CO2-Äq.) würde die Energiewirtschaft im Jahr 2020 in jenen Projektionen emittieren, die die Grundlage des APK bilden (ohne die Maßnahmen des APK, aber mit den bisher umgesetzten und weiter wirksamen Klimaschutzmaßnahmen)? 2. Welche Menge (in t CO2-Äq.) emittierte die Energiewirtschaft im Jahr 2012, und welche im Jahr 2013? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Laut Projektionsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2013 ist davon auszugehen , dass die Emissionen der Energiewirtschaft in der im Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 vorgenommenen Abgrenzung zu anderen Quellgruppen aufgrund der bis Oktober 2012 umgesetzten und weiter wirksamen Maßnahmen bis 2020 auf rund 306 Mio. t CO2-Äquivalente (Äq.) zurückgehen. Die Emissionen der Energiewirtschaft in der Abgrenzung des Aktionsprogramms betrugen im Jahr 2012 377 Mio. t CO2-Äq. Für das Jahr 2013 liegen bisher noch keine ausreichend detaillierten Informationen zu den deutschen Treibhausgasemissionen vor, so dass für 2013 noch keine entsprechenden Angaben gemacht werden können. Hinsichtlich der Interpretation der genannten Mengenangaben ist darauf hinzuweisen, dass der Bereich Energiewirtschaft allerdings nicht mit der Stromerzeugung gleich zu setzen ist. Einerseits sind hierin auch die mit der Wärmeversorgung verbundenen Emissionen enthalten, andererseits ist die Stromerzeugung der Industriekraftwerke hier nicht erfasst. Anders als im Projektionsbericht werden diesem Sektor im Aktionsprogramm zudem die flüchtigen Emissionen der Gasversorgung zugerechnet. 3. Welche Emissionsminderung bis zum Jahr 2020 würde der Sektor Energiewirtschaft folglich bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2012 erbringen müssen, ohne die Maßnahmen des APK, aber mit den bisher umgesetzten und weiter wirksamen Klimaschutzmaßnahmen („Sowieso-Maßnahmen“ im Sinne dieser Anfrage)? 4. Lässt sich die Summe aus Frage 3 aus den in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Zahlen auf Seite 14 des APK ermitteln, und beträgt sie 71 Mio. t CO2-Äq.? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Die im Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 beschriebenen Maßnahmen wirken häufig auch sektorenübergreifend. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich der Energiewirtschaft. Viele Maßnahmen anderer Sektoren wirken insbesondere in diesen Bereich hinein. Aus diesem Grund lassen sich keine exakten Angaben für einzelne Sektoren ableiten. 5. Wie verhält sich in diesem Zusammenhang die „Prognose […], die die alte Bundesregierung abgegeben hat und die bis heute in einem Umfang von circa 34 Millionen Tonnen noch nicht unterlegt ist“ (Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel) in Bezug auf die im APK genannten 306 Mio. t CO2-Äq.? Ist die Prognose der früheren Bundesregierung (rechnerisch) mit dieser Zahl identisch, und wenn nein, warum weicht sie davon ab, und was bedeutet „nicht unterlegt“ genau (fehlende Maßnahmen bzw. Maßnahmen mit nicht abschätzbarer Minderungswirkung etc.)? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3704 6. Welche Summe ergibt sich hinsichtlich der CO2-Äq.-Emissionen aus der Summe der „Sowieso-Maßnahmen“ im Sinne dieser Kleinen Anfrage und den 22 Mio. t CO2-Äq., die zusätzlich im Sektor Energiewirtschaft erbracht werden sollen? 7. Soll der Emissionsminderungsumfang der „Sowieso-Maßnahmen“ im Sinne dieser Kleinen Anfrage unabhängig von den tatsächlichen Emissionsminderungen der darin enthaltenen einzelnen Maßnahmen tatsächlich derart gesetzlich gesichert werden, dass sein gesamtes Volumen – gemeinsam mit dem zusätzlich infolge des APK zu leistenden Beitrags von 22 Mio. t CO2-Äq. – als Minderungsbetrag gegenüber dem Jahr 2012 die Basis eines unentrinnbaren Caps für den Sektor Energiewirtschaft wird? Wenn nein, warum nicht, und wie beschreibt die Bundesregierung in dem Fall Volumen und Maßnahmen jener „Sowieso-Maßnahmen“, die tatsächlich Bestandteil dieses festen Caps werden? 8. Lassen sich „Sowieso-Maßnahmen“ im Sinne dieser Kleinen Anfrage und die 22 Mio. t CO2-Äq. addieren, um den geltenden absoluten Minderungsbetrag der Energiewirtschaft bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2012 zu ermitteln? Wenn nein, warum nicht, und wie hoch wäre nach Ansicht der Bundesregierung dieser Minderungsbeitrag? Die Fragen 5 bis 8 werden gemeinsam beantwortet. Der exakte Ausgangswert für den zusätzlichen Minderungsbeitrag von 22 Mio. t CO2-Äq. ist im Rahmen der Umsetzung zu klären, da Überlappungseffekte beispielsweise durch in der Energiewirtschaft wirkende Maßnahmen aus anderen Wirtschaftsbereichen zum Tragen kommen und festgelegt werden muss, welche Bereiche der gesamten Stromerzeugung welchen Minderungsbeitrag erbringen sollen. Zudem ist die Energiewirtschaft in der Abgrenzung des Aktionsprogramms nicht deckungsgleich mit der Stromerzeugung in Deutschland. 9. Welche absolute Emissionsobergrenze in Mio. t CO2-Äq. ergibt sich aus den Fragen 1 bis 8 für den Sektor Energiewirtschaft im Jahr 2020? Das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 legt keine Emissionsobergrenzen für die betrachteten Sektoren fest, sondern enthält eine Reihe von Maßnahmen, durch die zusätzliche Minderungsbeiträge gegenüber dem im Projektionsbericht 2013 unterstellten Minderungstrend erreicht werden sollen. Um beurteilen zu können, wie diese Maßnahmen insgesamt auf die Emissionen in den betrachteten Sektoren wirken, muss einerseits berücksichtigt werden, dass manche Maßnahmen sektorenübergreifend wirken. Zudem sind mögliche Überlagerungen zwischen verschiedenen Instrumenten zu berücksichtigen. 10. Wie stellt sich das Verhältnis zwischen dem europäischen Emissionshandelssystem und dem zu etablierenden System eines zusätzlichen nationalen Caps für die Energiewirtschaft Deutschlands dar? 11. Über welchen Mechanismus soll die nationale Emissionsobergrenze für die Energiewirtschaft eingezogen werden? Handelt es sich um einen „Emissionshandel im Emissionshandel“? Wenn ja, wird es eine Form von verbrieften Emissionsberechtigungen geben? Wenn nein, wie erfolgt die Allokation der zulässigen Gesamtemissionen bis zum Jahr 2020 auf die einzelnen Anlagen oder Betreiber? Drucksache 18/3704 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Was bedeutet in diesem Zusammenhang der Verweis des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel auf „historische Emissionen“? 13. Sollen Emissionsrechte, die sich aus dem neuen System ggf. ergeben könnten, handelbar sein? 14. Sollen die Emissionsrechte kostenlos vergeben werden? Wenn ja, wie will die Bundesregierung damit umgehen, dass diese – sollten sie handelbar sein – umgehend einen Marktwert erhalten und damit enorme windfall profits für Kraftwerksbetreiber in Milliardenhöhe generieren würden, wie es in der zweiten Handelsperiode des EU-Emissionshandelssystems der Fall war? 15. Ist eine Auktionierung der Emissionsrechte vorgesehen? Wenn nein, warum nicht? 16. Soll zur Verpflichtungserfüllung innerhalb des nationalen Systems ggf. eine Anrechnung von Zertifikaten möglich sein, die im europäischen Emissionshandelssystem zugelassen sind, etwa EUA (European Allowances ), CER (Certified Emission Reductions) oder ERU (Emission Reduction Units), und wie steht die Bundesregierung in dem Fall zu einer möglichen Aufweichung des neuen Klimaschutzziels im Energiesektor durch zum Teil „faule Zertifikate“ aus Auslandsprojekten? 17. Wie hoch wäre die Pönale im Falle des Verfehlens der jeweiligen Emissionsobergrenze durch Kraftwerksbetreiber? 18. Soll das Zusatzsystem abgeschafft werden, sobald der Europäische Emissionshandel wieder nach Einschätzung der Bundesregierung funktionsfähig ist? 21. Könnte ein Teil der Umsetzung einer Emissionsobergrenze nach dem APK darin bestehen, Kraftwerke in eine (strategische) Reserve zu überführen , wie es Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel andeutete? 23. Würden im Fall des Einsatzes der Reserve deren CO2-Emissionen auf die Emissionsobergrenze des Sektors Energiewirtschaft angerechnet, und wenn ja, in welcher Weise? 27. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, vor allem die je Kilowattstunde produzierten Stroms emissionsstärksten Braunkohlekraftwerke in eine Reserve zu überführen? 28. Welche Kriterien möchte die Bundesregierung ansonsten aufstellen, um zu entscheiden, welche Kraftwerke im Einzelnen in die Reserve überführt werden? 29. Wie schätzt die Bundesregierung die Wirkung der künftigen Emissionsobergrenze bzw. der strategischen Reserve auf die Einsatzzeiten und Rentabilität von Gas- und Steinkohlekraftwerken ein? Die Fragen 10 bis 18, 21, 23 und 27 bis 29 werden gemeinsam beantwortet. Die Eckpunkte zur gesetzlichen Umsetzung des Minderungsbeitrags der Stromerzeugung werden derzeit erarbeitet und sollen im ersten Halbjahr 2015 vorgelegt werden. Zu Ausgestaltungsdetails können daher noch keine Aussagen getroffen werden. Die Ausgestaltung wird konsistent erfolgen zu bestehenden und den weiteren derzeit zu implementierenden Instrumenten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3704 19. Welche Kriterien hat die Bundesregierung für einen funktionierenden Emissionshandel, insbesondere ab welchem EUA-Preis bzw. ab welcher Menge an überschüssigen Emissionsrechten würde nach Auffassung der Bundesregierung ein Emissionshandel wirksam sein? Der Emissionshandel ist ein mengenbasiertes Instrument. Durch die ex-anteFestlegung der Gesamtmenge an Zertifikaten und durch die Überwachung der Emissionsberichterstattung wird sichergestellt, dass der CO2-Ausstoß auf die Gesamtmenge an Zertifikaten begrenzt wird. Gegenwärtig setzt das Emissionshandelssystem aufgrund der großen Überschüsse und der niedrigen Zertifikatspreise keine ausreichenden Anreize für die Investition in emissionsarme Technologien . Die Bundesregierung trifft jedoch keine Aussagen zu „notwendigen“ Preisen oder zu „notwendigen Überschussmengen“. Durch die Einführung der Markstabilitätsreserve sollen die Überschüsse abgebaut und erforderlichenfalls bei übermäßiger Knappheit wieder Zertifikate in den Markt gegeben werden. Das Legislativverfahren hierzu läuft auf europäischer Ebene. 20. Wie kann die Bundesregierung Prognosen über EUA-Preise in der Zukunft zur Festlegung der Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt zum Energie - und Klimafonds (EKF) abgeben, was sie nach der jüngsten Novelle des Gesetzes zur Einrichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ tun muss, wenn sie doch in bisherigen parlamentarischen Anfragen zum Thema die Haltung einnahm, sich grundsätzlich nicht zur Prognose von Marktpreisen zu äußern? Die Bundesregierung hat auch in der Vergangenheit im Rahmen der Aufstellung des Wirtschaftsplans zum Energie- und Klimafonds kurz- und mittelfristige Preisannahmen für die Entwicklung des Zertifikatspreises zugrunde gelegt. Diese Preisprognosen hat die Bundesregierung nicht selbst durchgeführt, sondern sich an den Preisprognosen der führenden Marktanalysten orientiert. An diesem Vorgehen wird die Bundesregierung auch zukünftig nichts ändern. 22. Zu welchen Situationen bzw. bei welchem Auslösepreis an der Strombörse würde diese Reserve zum Einsatz kommen, und würde dies über die Strombörse erfolgen oder auf Weisung? 24. Würde die Reserve eine Vergütung für die bloße Bereitstellung der installierten Leistung erhalten, und wenn ja, in welcher Höhe? 25. Würde die Reserve eine Vergütung für die geleistete elektrische Arbeit erhalten , und wenn ja, auf welche Weise (über Markterlöse, über den Regulierer etc.), und im Falle von Erlösen jenseits des Marktes in welcher Höhe? 26. Wer soll entscheiden, welcher Umfang und welche Kraftwerke an welchen Standorten in die Reserve überführt werden? 30. Sieht die Bundesregierung in der Etablierung einer (strategischen) Reserve zur Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele nicht eine Vorfestlegung auf ein bestimmtes Modell eines neuen Strommarktes, und wenn nein, warum nicht? Die Fragen 22, 24 bis 26 und 30 werden gemeinsam beantwortet. Die Eckpunkte für die Errichtung einer Reserve zum Zwecke der Erhöhung der Versorgungssicherheit werden gegenwärtig erarbeitet. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 sollen diese Eckpunkte veröffentlicht und im Anschluss in entsprechende Gesetzgebung überführt werden. Zu den Ausgestaltungsdetails sind Drucksache 18/3704 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode daher gegenwärtig keine Aussagen möglich. Sie werden konsistent mit der Weiterentwicklung des Strommarktdesigns und den energiepolitischen Zielen der Bundesregierung sein. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333