Deutscher Bundestag Drucksache 18/3722 18. Wahlperiode 13.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3533 – 100. Jahrestag des Völkermordes an den Armenierinnen und Armeniern im Osmanischen Reich Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 24. April 2015 jährt sich zum 100. Mal die Masseninhaftierung und anschließende Deportation der intellektuellen, politischen und kulturellen Elite der Armenierinnen und Armenier in Konstantinopel, die den Auftakt zum Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern sowie weiterer etwa assyrischaramäisch und griechischer christlicher Minderheiten im Osmanischen Reich durch das jungtürkische Regime bildete. Der 24. April bildet den größten Trauertag im armenischen Jahr und einen offiziellen Feiertag in Armenien. An diesem Tag wird des Genozids gedacht, dem nach Untersuchungen unabhängiger Historikerinnen und Historiker in den Jahren 1915 und 1916 über 1 Million Menschen bei Deportationen und Massakern zum Opfer fielen. Das deutsche Kaiserreich war damals als engster militärischer Verbündeter des Osmanischen Reiches sowohl Mitwisser als auch teilweise Mittäter. Mindestens 22 Staaten haben diese Massentötungen bislang als Völkermord im Sinne der UN-Konvention von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes anerkannt. Die türkische Regierung leugnet dagegen bis heute sowohl das Ausmaß der Todesopfer als auch eine planmäßige Vernichtungsabsicht der damaligen jungtürkischen Führung und spricht lediglich von Opfern kriegsbedingter Deportationen, da die Gefahr bestanden habe, dass Armenierinnen und Armenier aufseiten des russischen Kriegsgegners dem Osmanischen Reich in den Rücken fallen könnten. Am 23. April 2014 drückte der damalige Ministerpräsident und jetzige Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, allerdings sein Mitgefühl für die armenischen Opfer und ihren Hinterbliebenen aus und nannte die Vertreibung „unmenschlich“ (www.tagesspiegel.de/politik/ jahrestag-des-voelkermordes-erdogan-erinnert-an-die-schmerzen-der-armeniervertreibung /9795194.html). Die militärische und politische Führung des deutschen Kaiserreichs war von Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 8. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Anfang an über die Verfolgung und Ermordung der Armenierinnen und Armenier informiert, wie die Akten des Auswärtigen Amtes beweisen. Trotz Eingaben von Politikern und Kirchenmännern, wie dem sozialistischen Abgeordneten Karl Liebknecht und dem Theologen Johannes Lepsius, unterließ es die Reichsführung, wirksamen Druck auf ihren osmanischen Verbündeten auszu- Drucksache 18/3722 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode üben. Im Osmanischen Reich stationierte deutsche Offiziere unterzeichneten Deportationsbefehle gegen Armenierinnen und Armenier. In Urfa ordnete das dortige deutsche Militäroberkommando das Niederschießen eines örtlichen Selbstverteidigungsversuchs von Armenierinnen und Armeniern gegen ihre drohende Deportation an. Im Osmanischen Reich beim Bau der Bagdad-Bahn tätige deutsche Firmen, wie die Deutsche Bank AG und das Bauunternehmen Philipp Holzmann AG, profitierten vom Einsatz armenischer Zwangsarbeiter, die anschließend mit Hilfe der Bahn deportiert wurden. Führende Verantwortliche für den Genozid, wie der osmanische Innenminister Talat Pascha, konnten nach der türkischen Kriegsniederlage mit deutscher Hilfe vor Strafverfolgung nach Deutschland fliehen. Der Deutsche Bundestag hatte bereits im Jahr 2005 mit den Stimmen aller Fraktionen den Antrag „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“ (Bundestagsdrucksache 15/5689) verabschiedet . Darin beklagte der Deutsche Bundestag „die Taten der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reiches, die zur fast vollständigen Vernichtung der Armenier in Anatolien geführt haben“. Zudem heißt es: „Zahlreiche unabhängige Historiker, Parlamente und internationale Organisationen bezeichnen die Vertreibung und Vernichtung der Armenier als Völkermord“. Darüber hinaus wurde „auch die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches, das angesichts der vielfältigen Informationen über die organisierte Vertreibung und Vernichtung von Armeniern nicht einmal versucht hat, die Gräuel zu stoppen“, bedauert. Hatte die parteiübergreifende Resolution vom Jahr 2005 den Begriff „Genozid“ zwar vermieden, aber die Vernichtung der Armenierinnen und Armenier im Einklang mit den Kriterien der UN-Konvention über Völkermord beschrieben und damit zumindest indirekt anerkannt, so fiel die Bundesregierung in der 17. Legislaturperiode hinter diese Sprachregelung zurück. Die Bewertung solle „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorbehalten bleiben“. Zudem solle „die Aufarbeitung der ‚tragischen Ereignisse von 1915/16‘ in erster Linie Sache der betroffenen beiden Länder Türkei und Armenien“ sein (Bundestagsdrucksache 17/1956). Dagegen bezieht sich der Auftrag auf Bundestagsdrucksache 15/5689 auf „Türken und Armeniern“ und schließt damit die armenische Diaspora, für die der Genozid mehr noch als für die Republik Armenien ein konstituierendes Element der Selbstwahrnehmung darstellt, ebenso ein, wie etwa auch die türkeistämmigen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Wurde auf Bundestagsdrucksache 15/5689 die „unrühmliche Rolle“ des Deutschen Reichs teilweise eingestanden, so antwortete die Bundesregierung auf eine Nachfrage der Fraktion DIE LINKE. vom Frühjahr 2010, sie nehme „insgesamt keine Bewertung der vorliegenden Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung zur Rolle des deutschen Kaiserreichs vor“ (Bundestagsdrucksache 17/ 1956). 1. Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass es sich bei den Deportationen und Vertreibungen der Armenierinnen und Armenier 1915/16 um einen Völkermord im Sinne der UN-Konvention von 1948 handelt? a) Falls ja, inwieweit ist die Bundesregierung bereit, den Völkermord auch offiziell anzuerkennen? b) Falls nein, wie ist die Rechtsauffassung der Bundesregierung in dieser Frage, und wie begründet sie diese? Die Fragen 1a und 1b werden aufgrund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verweist auf ihre Antwort zu Frage 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 4. Oktober 2010 auf Bundestagsdrucksache 17/1956 sowie auf ihre Antwort zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 25. Februar 2010 auf Bundestagsdruck- sache 17/824. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3722 Die Bundesregierung hat darin ausgeführt, dass die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 am 12. Januar 1951 in Kraft getreten ist. Für die Bundesrepublik Deutschland ist sie seit dem 22. Februar 1955 in Kraft. Sie gilt nicht rückwirkend. Die Bundesregierung begrüßt alle Initiativen, die der weiteren Aufarbeitung der geschichtlichen Ereignisse von 1915/1916 dienen. Eine Bewertung der Ergebnisse dieser Forschungen sollte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorbehalten bleiben. Dabei ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Aufarbeitung der Massaker und Vertreibungen von 1915/1916 in erster Linie Sache der beiden betroffenen Länder Türkei und Armenien ist. Vor diesem Hintergrund zollt die Bundesregierung sowohl der türkischen als auch der armenischen Seite Respekt für die mutigen Schritte, die sie bereits zur Normalisierung ihrer bilateralen Beziehungen unternommen haben. Sie ermutigt beide Seiten in ihren Gesprächen regelmäßig, den laufenden Annäherungsprozess , der auch die Bildung einer Historikerkommission einschließt, beharrlich fortzusetzen. c) Welche Staaten haben nach Kenntnis der Bundesregierung in welcher Form und wann bislang die Vertreibungen und Massaker an den Armenierinnen und Armeniern 1915/16 als Völkermord anerkannt? Der Bundesregierung ist bekannt, dass dieses Thema Gegenstand parlamentarischer Akte in folgenden Staaten war: Argentinien, Armenien, Belgien, Bolivien, Chile, Frankreich, Griechenland, Italien, Kanada, Libanon, Litauen, Niederlande , Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Slowakei, Uruguay, Vatikan, Venezuela , Zypern. 2. Gibt es vonseiten der Bundesregierung bereits Planungen zum 24. April 2015 als 100. Jahrestag des Beginns des Genozids an den Armenierinnen und Armeniern, und wenn ja welche? a) Inwieweit sind armenische Verbände oder die Republik Armenien anlässlich dieses Gedenktages bereits mit Einladungen oder Vorschlägen, Angeboten und Erwartungen auf die Bundesregierung zugekommen, und wie hat die Bundesregierung darauf reagiert? Vertreter des Zentralrats der Armenier in Deutschland, der Deutsch-Armenischen Gesellschaft, der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland sowie der armenischen Regierung haben die Bundesregierung über geplante Veranstaltungen im Gedenkjahr 2015 informiert und den Wunsch nach einer Teilnahme von Vertretern der Bundesregierung geäußert. Die Bundesregierung prüft derzeit die Möglichkeit einer Teilnahme. b) Gibt es vonseiten der Bundesregierung die Absicht zu einer öffentlichen Stellungnahme oder einer Gedenkveranstaltung anlässlich dieses Tages, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Die Bundesregierung verfolgt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Planungen für eine eigene Gedenkveranstaltung zum 24. April 2015. Drucksache 18/3722 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode c) Inwieweit haben türkische Verbände oder die türkische Regierung bezüglich des 100. Jahrestages des Beginns der Vertreibungen und Massaker an den Armenierinnen und Armeniern Vorschläge, Angebote und Erwartungen an die Bundesregierung gerichtet, und wie hat die Bundesregierung darauf reagiert? Die Bundesregierung wurde in dieser Angelegenheit bislang nicht von türkischen Verbänden kontaktiert. Zu Aussagen von Vertretern anderer Regierungen im Rahmen vertraulicher Gespräche nimmt die Bundesregierung nicht Stellung. d) Inwieweit waren der Genozid an den Armenierinnen und Armeniern und der Gedenktag am 24. April 2015 Thema des Besuchs des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, in Armenien im Oktober 2014? Bei dem Besuch des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, in Eriwan am 23. Oktober 2014 wurde auch das Verhältnis zwischen Armenien und der Türkei thematisiert. Der Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier würdigte zudem die Opfer der Massaker und Vertreibungen von 1915/16 durch eine Kranzniederlegung in der Gedenkstätte Tsitsernakaberd. 3. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung seit Verabschiedung des Antrags „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibung und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“ (Bundestagsdrucksache 15/5689) zur Umsetzung der darin enthaltenen Forderungen unternommen, konkret a) dass zwischen Türkinnen und Türken und Armenierinnen und Armeniern ein Ausgleich durch Aufarbeitung, Versöhnen und Verzeihen historischer Schuld erreicht wird, Die Bundesregierung ist unverändert der Auffassung, dass die Türkei und Armenien die Aufarbeitung ihrer gemeinsamen Vergangenheit in erster Linie in eigener Verantwortung vornehmen müssen. Daher hat die Bundesregierung die im Oktober 2009 in Zürich unterzeichneten Protokolle zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen nachdrücklich begrüßt. In Gesprächen mit türkischen und armenischen Regierungsvertretern auf allen Ebenen ermutigt die Bundesregierung beide Seiten, ihren derzeit stagnierenden Annäherungsprozess fortzuführen . Die Bundesregierung begleitet diesen Prozess durch Förderung grenzüberschreitender Aktivitäten über deutsche, türkische und armenische Nichtregierungsorganisationen und wird sich auch an zukünftigen Initiativen für eine historisch-wissenschaftliche Aufarbeitung sowie an Kultur- und Begegnungsprojekten beteiligen, die geeignet sind, türkische und armenische Akteure zu einem konstruktiven Austausch zusammenzubringen b) dass sich Parlament, Regierung und Gesellschaft der Türkei mit ihrer Rolle gegenüber dem armenischen Volk in Geschichte und Gegenwart vorbehaltlos auseinandersetzen, Die Bundesregierung hat gegenüber türkischen Parlamentariern und Vertretern der türkischen Regierung wiederholt die Notwendigkeit einer umfassenden Aufarbeitung der Massaker und Vertreibungen von 1915/16 und einer Verbesserung der türkisch-armenischen Beziehungen betont. Die Bundesregierung unterstützt die Auseinandersetzung der türkischen Zivilgesellschaft mit dieser Thematik, zuletzt z. B. im Rahmen der vom Deutschen Orient-Institut Istanbul und der Max Weber Stiftung gemeinsam mit türkischen Partnerorganisationen im April Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3722 2014 in Istanbul organisierten Konferenz „Not All Quiet on the Ottoman Fronts, Neglected Perspectives on a Global War, 1914 bis 1918“. c) dass eine internationale Historiker-Kommission gebildet wird, an der außer türkischen und armenischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch internationale Experten beteiligt sind, Die Bildung einer Historikerkommission, an der armenische, türkische sowie andere internationale Experten teilnehmen sollen, ist im Rahmen der 2009 unterzeichneten Züricher Protokolle vorgesehen, für deren baldige Ratifizierung sich die Bundesregierung gegenüber den Regierungen der Türkei und Armeniens einsetzt. d) dass nicht nur die Akten des Osmanischen Reiches zur Frage des Völkermordes an den Armeniern, sondern auch die von der Bundesrepublik Deutschland an die Türkei übergebenen Kopien aus dem Archiv des Auswärtigen Amtes allgemein öffentlich zugänglich gemacht werden, Die Bundesregierung hat wiederholt betont, dass sie die Aufarbeitung der Massaker und Vertreibungen von 1915/16 in erster Linie in der Verantwortung der Türkei und Armeniens sieht, denen entsprechend auch die Entscheidung über die Veröffentlichung der in ihrem Besitz befindlichen relevanten Aktenbestände obliegt. Die von der Bundesregierung an die türkische Regierung übergebenen Akten aus dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes sind weiterhin öffentlich zugänglich, wie in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 1d der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/824) dargelegt. e) dass innerhalb der Türkei Meinungsfreiheit insbesondere auch bezüglich des Schicksals der Armenierinnen und Armenier gewährleistet wird, Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1a der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/824) wird verwiesen. Die Bundesregierung setzt sich auch weiterhin für Verbesserungen der Situation in der Türkei ein. f) dass die Türkei und Armenien ihre zwischenstaatlichen Beziehungen normalisieren? Auf die Antwort zu Frage 3a wird verwiesen. 4. Sieht die Bundesregierung weiterhin eine „unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches“ bei der Vertreibung und Vernichtung der Armenierinnen und Armeniern, wie auf Bundestagsdrucksache 15/5689 genannt? a) Wenn ja, worin genau besteht nach Ansicht der Bundesregierung diese „unrühmliche Rolle“ des Deutschen Reiches? Die Bundesregierung unterstützt die weitere Erforschung und Bewertung der Massaker und Vertreibungen von 1915/16, einschließlich der Rolle des Deutschen Reiches, durch unabhängige Historiker. Für die Bundesregierung erklärte der damalige Kulturstaatsminister Bernd Neumann anlässlich der Eröffnung des Lepsiushauses in Potsdam am 2. Mai 2011: „Den Deportationen und Massenmorden durch das Osmanische Reich fielen nach unabhängigen Berechnungen über eine Million Armenier zum Opfer. Die deutsche Reichsregierung war darüber von Anfang an informiert. Als Kriegsverbündete des Osmanischen Reiches schwieg sie dazu und verbot Veröffentlichungen darüber. Dieses Ver- Drucksache 18/3722 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode halten muss uns noch heute mit Scham erfüllen. Der Bundestag hat 2005 die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches bedauert und der Opfer des armenischen Volkes ein Gedenken gewidmet.“ b) Wenn nein, wie definiert die Bundesregierung die Rolle des Deutschen Reiches bei der Vertreibung und Vernichtung der Armenierinnen und Armenier? Auf die Antwort zu Frage 4a wird verwiesen. 5. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung seit Verabschiedung des Antrags auf Bundestagsdrucksache 15/5689 unternommen, um die weitere wissenschaftliche Aufarbeitung der deutschen Rolle beim Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern zu fördern, und in welchem Umfang fand diese Förderung statt? a) Welche von der Bundesregierung initiierten, ermutigten, finanzierten oder auf andere Weise unterstützten Forschungen, wissenschaftlichen Untersuchungen, Aktenpublikationen und sonstige Publikationen, Ausstellungen , multimediale Projekte, Gedenkorte und Gedenkveranstaltungen bezüglich der deutschen Rolle beim Völkermord durch welche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und welche Gremien oder Vereinigungen mit welchen Ergebnissen und neuen Erkenntnissen zur deutschen Rolle beim Genozid an den Armenierinnen und Armeniern gab es seit Verabschiedung des Antrages auf Bundestagsdrucksache 15/ 5689? b) Welche nicht explizit von der Bundesregierung initiierten, ermutigten, finanzierten oder auf andere Weise unterstützten Forschungen, wissenschaftlichen Untersuchungen, Aktenpublikationen und sonstige Publikationen , Ausstellungen, multimediale Projekte, Gedenkorte und Gedenkveranstaltungen bezüglich der deutschen Rolle beim Völkermord durch welche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und welche Gremien oder Vereinigungen mit welchen Ergebnissen und neuen Erkenntnissen zur deutschen Rolle am Genozid an den Armenierinnen und Armeniern es seit Verabschiedung des Antrages auf Bundestagsdrucksache 15/5689 sind der Bundesregierung bekannt? c) Inwieweit sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, zukünftig entsprechende Forschungen, wissenschaftliche Untersuchungen, Aktenpublikationen und sonstige Publikationen, Ausstellungen, multimediale Projekte, Gedenkorte und Gedenkveranstaltungen bezüglich der deutschen Rolle beim Völkermord zu unterstützen, und inwieweit gibt es hierzu bereits konkrete Vorhaben durch welche Personen oder Vereinigungen zu welchen inhaltlichen Schwerpunkten? Die Fragen 5a bis 5c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die für Wissenschaft und interessierte Öffentlichkeit frei zugänglichen Aktenbestände des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts zu diesem Thema wurden in den vergangenen Jahren im Rahmen zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen ausgewertet und u. a. auch für die Realisierung des Dokumentarfilms „Aghet – Ein Völkermord“ von Eric Friedler aus dem Jahr 2010 herangezogen. Das Politische Archiv des Auswärtigen Amts steht auch weiterhin bereit, zukünftige Projekte zu diesem Thema beratend zu unterstützen. Zuletzt fand am 17. Dezember 2014 in Berlin im Rahmen der vom Auswärtigen Amt unterstützten und vom Institut für Auslandsbeziehungen organisierten Konferenz „Europäische Erinnerungskulturen“ der Workshop „The Geographical and Political Dimensions of Memory: the Case of Armenia“ zum Thema der Einordnung der Massaker und Vertreibungen von 1915/16 in die europäische Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3722 Geschichte und in die europäischen Erinnerungskulturen statt. Dabei wurde auch die damalige Rolle des Deutschen Reiches erörtert. 6. Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Anerkennung des Völkermordes – oder zumindest der nachweislichen Vertreibungen und Massaker – an den Armenierinnen und Armeniern durch den Staat Türkei eine Voraussetzung für eine Aussöhnung zwischen Türkinnen und Türken und Armenierinnen und Armeniern ist? Die Bundesregierung setzt sich gegenüber den Regierungen der Türkei und Armeniens für eine Wiederaufnahme ihrer Annäherungsbemühungen ohne Vorbedingungen ein, wie im Rahmen der 2009 unterzeichneten Züricher Protokolle vorgesehen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3c verwiesen. 7. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Erklärung des damaligen türkischen Regierungschefs Recep Tayyip Erdoğan anlässlich des 24. April 2014 zur Verfolgung und Massakrierung der Armenierinnen und Armenier im Hinblick auf eine Aussöhnung zwischen Türkinnen und Türken und Armenierinnen und Armeniern bzw. zwischen den Staaten Armenien und Türkei? Die Bundesregierung hat die an die Nachfahren der 1915/16 im Osmanischen Reich getöteten Armenier gerichtete Beileidsbekundung des damaligen türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan als wichtige Geste begrüßt. Sie ermutigt auf dieser Grundlage die türkische Regierung, gerade mit Blick auf das Gedenkjahr 2015 ihre Bemühungen um Dialog und Kooperation mit der armenischen Seite zu intensivieren. Die Ratifizierung der Züricher Protokolle von 2009 wäre hierfür ein wichtiger Schritt. 8. Betrachtet die Bundesregierung die Verständigung zwischen den Staaten Türkei und Armenien sowie der armenischen Diaspora über die Vertreibung und Vernichtung der Armenierinnen und Armenier 1915/16 als einen wichtigen Aspekt für den EU-Beitritt der Türkei? Auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 4, 4a und 4b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/824 wird verwiesen . a) Falls ja, wie könnte eine solche Einigung zwischen beiden Ländern aussehen ? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. b) Falls nein, wie gedenkt die Bundesregierung der Gefahr zu begegnen, dass durch die fehlende Verständigung zwischen der Türkei und Armenien sowie der auch innerhalb der EU lebenden Angehörigen der armenischen Diaspora ein zusätzlicher Konflikt in die EU hineingetragen wird? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Drucksache 18/3722 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Inwiefern ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Aufarbeitung der Vertreibungen und Massaker an den Armenierinnen und Armeniern 1915/16 „in erster Linie Sache der betroffenen beiden Länder Türkei und Armenien“ (Bundestagsdrucksache 17/1956) ist? a) Sind nach Ansicht der Bundesregierung lediglich die beiden Länder Türkei und Armenien betroffen, und wenn nein, welche weiteren Länder oder Bevölkerungsgruppen in welchen Ländern sind nach Einschätzung der Bundesregierung noch von der Thematik betroffen? Die Bundesregierung unterstützt unabhängig von der Nationalität der Beteiligten alle Initiativen, die geeignet sind, zu einer Annäherung zwischen der Türkei und Armenien und zu einer Aufarbeitung ihrer gemeinsamen Geschichte beizutragen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3a verwiesen. b) Inwieweit ist die Aufarbeitung der Vertreibung und Massaker an den Armenierinnen und Armeniern 1915/16 nach Auffassung der Bundesregierung auch aufgrund der auf Bundestagsdrucksache 15/5689, 17/ 1956 eingestandenen „unrühmlichen Rolle“ des Deutschen Reiches eine Sache der Bundesrepublik Deutschland als mitbetroffenem Land? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. c) Sieht die Bundesregierung die Versöhnungsbemühungen der „Länder Türkei und Armenien“ als deckungsgleich mit den im Antrag auf Bundestagsdrucksache 15/5689 geforderten Versöhnungsbemühungen zwischen „Türken und Armeniern“ an? Wenn ja, welche Rolle spielen in diesem Fall die armenischen Diaspora und die türkische Migration? Wenn nein, wie erklärt die Bundesregierung ihre im Unterschied zum Auftrag auf Bundestagsdrucksache 15/5689 vorgenommene Eingrenzung auf die „Länder[n] Türkei und Armenien“ auf Bundestagsdrucksache 17/1956? Die Bezeichnung „Länder Türkei und Armenien“ schließt „Türken und Armenier “ ein. Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure bei der Aufarbeitung der türkisch-armenischen Vergangenheit . d) Verbindet die Bundesregierung mit dieser im Unterschied zum Antrag auf Bundestagsdrucksache 15/5689 vorgenommene Verschiebung der Adressaten der von der Bundesregierung zu unterstützenden Versöhnungsbemühungen von „Türken und Armeniern“ zu den „Länder[n] Türkei und Armenien“ auf Bundestagsdrucksache 17/1956 eine bewusste Ausgrenzung der armenischen Diaspora, und wenn ja, aus welchem Grund? Auf die Antwort zu Frage 9c wird verwiesen. e) Inwieweit sieht die Bundesregierung in der armenischen Diaspora und dem in den Diasporaverbänden gepflegten Beharren auf eine Anerkennung des Völkermordes durch die Türkei ein Hindernis im Versöhnungsprozess zwischen Türkinnen und Türken und Armenierinnen und Armeniern bzw. dem Normalisierungsprozess zwischen den Ländern Türkei und Armenien? Nach Kenntnis der Bundesregierung unterscheidet sich die Haltung der armenischen Diaspora in dieser Frage nicht wesentlich von der Haltung der armeni- schen Regierung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3722 f) Inwieweit hält die Bundesregierung eine Einbeziehung der armenischen Diaspora in die Aufarbeitung der Vertreibungen und Massaker an den Armenierinnen und Armeniern 1915/16 für notwendig, um – wie auf Bundestagsdrucksache 15/5689 gefordert – eine „Versöhnung zwischen Armeniern und Türken“ zu erreichen? Auf die Antwort zu Frage 9c wird verwiesen. g) Inwieweit hält die Bundesregierung eine Einbeziehung der außerhalb der Türkei lebenden türkeistämmigen Bevölkerung und ihrer Verbände – insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland – in die Aufarbeitung der Vertreibungen und Massaker an den Armenierinnen und Armeniern 1915/16 für notwendig, um – wie auf Bundestagsdrucksache 15/5689 gefordert – eine „Versöhnung zwischen Türken und Armeniern“ zu erreichen? Auf die Antwort zu Frage 9c wird verwiesen. 10. Welche und wie viele Mittel aus dem Bundeshaushalt sind wann, an welche Institutionen oder Projekte zur Umsetzung welcher der auf Bundestagsdrucksache 15/5689 genannten Ziele geflossen (bitte einzeln aufschlüsseln ), und welche diesbezüglichen Mittel sind im aktuellen Haushalt für welche Projekte oder Institutionen zur Umsetzung welcher sich auf Bundestagsdrucksache 15/5689 beschriebenen Ziele vorgesehen? Entsprechend des in der Frage genannten Beschlusses des Deutschen Bundestages wurden für das Haushaltsjahr 2008 im Kapitel des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (Kapitel 04 05 Titel 684 72, Förderung des kulturellen Eigenlebens fremder Volksgruppen) zusätzliche Mittel in Höhe von 300 000 Euro zur Förderung des Lepsiushauses in Potsdam eingestellt. Auf Grundlage einer Vereinbarung vom 4. Dezember 2008 über die Bau- und Programmfinanzierung des Lepsiushauses in Potsdam zwischen dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), dem Land Brandenburg, der Stadt Potsdam und dem Förderverein Lepsiushaus e. V. als Trägerverein förderte der BKM den Innenausbau (280 000 Euro) und die Programmgestaltung (Personal- und Sachkosten: 250 000 Euro) des Lepsiushauses e. V. von 2009 bis 2011 mit insgesamt 530 000 Euro. Vom Auswärtigen Amt wurden folgende Projekte des Instituts für internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV International ) im Sinne der Bundestagsdrucksache 15/5689 gefördert: „Förderung der Erwachsenenbildung als Beitrag zur türkisch-armenischen Aussöhnung“ (181 823 Euro); „Learning to Listen“ (410 950 Euro) und „Speaking to One Another“ (819 431 Euro). DVV International hat beim Auswärtigen Amt einen Antrag auf Förderung eines weiteren Aussöhnungsprojekts eingereicht. Der beantragte Förderbeitrag soll sich auf 872 631 Euro belaufen. Der Antrag befindet sich momentan in der Prüfphase. Das Auswärtige Amt förderte außerdem einen Auftritt des Armenisch-Türkischen Jugendorchesters im Rahmen des „Young Euro Classic“-Festivals in Berlin im August 2012 mit 25 000 Euro sowie eine Themenreise für türkische Journalisten und Multiplikatoren im November 2012 zum Thema „Das schwierige Erbe der Vergangenheit“ mit Begegnungen und Gesprächen zu den Themen Staat und Erinnerung, Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit sowie Flucht und Vertreibung mit 24 000 Euro. Drucksache 18/3722 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Inwieweit hält die Bundesregierung unter Berücksichtigung der bisherigen Arbeit des Potsdamer Lepsius-Hauses dieses für eine geeignete Stätte zur Aufarbeitung des Völkermordes, zum Gedenken und zur türkischarmenischen Aussöhnung? a) Wie beurteilt die Bundesregierung die generelle Arbeit des LepsiusHauses im Hinblick auf die auf Bundestagsdrucksache 15/5689 genannten Ziele, und wo sieht sie Unzulänglichkeiten oder Korrekturbedarf ? b) Sind der Bundesregierung Kritiken oder Klagen an der Arbeit des Lepsius-Hauses bekannt geworden, und wenn ja, wann, durch wen, und mit welchem Inhalt? c) Inwieweit und auf welche Weise hat die Bundesregierung gegenüber dem Lepsius-Haus darauf hingewirkt, dass auf die Umsetzung der auf Bundestagsdrucksache 15/5689 genannten Ziele hingewirkt wird? d) Wie viele und welche Veranstaltungen, Publikationen, Ausstellungen, Multimediadarstellungen und Forschungsprojekte des Lepsius-Hauses, die sich explizit mit der Thematik des Völkermordes befassten, fanden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2005 im LepsiusHaus oder durch das Lepsius-Haus initiiert oder unterstützt statt? e) Wie viele und welche Veranstaltungen, Publikationen, Ausstellungen, Multimediadarstellungen und Forschungsprojekte des Lepsius-Hauses, die sich mit der Person von Johannes Lepsius befassten, fanden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2005 im Lepsius-Haus oder durch das Lepsius-Haus initiiert oder unterstützt statt? f) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem quantitativen Verhältnis von Themen, die sich vor allem mit der Person Lepsius befassen, und solchen, die sich allgemein mit dem Genozid an den Armenierinnen und Armeniern beschäftigen, durch das Lepsius-Haus? g) Inwieweit hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das LepsiusHaus in Veranstaltungen, Ausstellungen, Publikationen, Filmen und Forschungen „auch mit der Person des Johannes Lepsius kritisch befasst “ (Bundestagsdrucksache 16/10074) und sich um ein ausgewogenes und differenziertes Bild von Lepiusʼ Leben, Denken und Wirken bemüht – einschließlich seiner Tätigkeit für den Nachrichtenund Propagandaapparat General Erich von Ludendorffs während des Ersten Krieges, seiner demokratiefeindlichen Ansichten nach Gründung der Weimarer Republik und seiner Rolle bei der Herausgabe einer – von der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 16/10074 als „manipuliert“ eingestandenen – Aktenpublikation „Deutschland und Armenien 1914 –1918“, in der eine deutsche Mitverantwortung am Völkermord vertuscht wurde (Wolfgang Gust: „Verständnislose Auswüchse des Militarismus“, Historicum Juni 2008)? h) Inwieweit hält die Bundesregierung das ehemalige Wohnhaus eines christlichen Islam-Missionars generell für einen geeigneten Ort der Begegnung zwischen türkischen Musliminnen und Muslimen und armenischen Christinnen und Christen? i) Inwieweit, zu welcher Gelegenheit und in welcher Form wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch das Lepsius-Haus neben Johannes Lepsius auch weitere Persönlichkeiten, wie die Reichstagsabgeordneten Karl Liebknecht, Philipp Scheidemann und Matthias Erzberger sowie der Schriftsteller Armin T. Wegner, sowie entsprechende Persönlichkeiten aus dem Ausland thematisiert und geehrt, die sich für die Rettung von Armenierinnen und Armeniern eingesetzt haben? j) Inwieweit und auf welche Beschlüsse im Einzelnen gestützt hält die Bundesregierung es für gerechtfertigt, dass bislang ein Großteil der in Folge des Antrags auf Bundestagsdrucksache 15/5689 verwendeten Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/3722 Bundesmittel an das Lepsius-Haus gingen (Bundestagsdrucksache 17/ 14661)? k) Inwieweit – und gegebenenfalls an welche Bedingungen geknüpft – hält die Bundesregierung eine weitere Förderung des Lepsius-Hauses aus Bundesmitteln für wünschenswert? Die Fragen 11, 11a bis 11k werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Grundlage der Förderung des Fördervereins LEPSIUSHAUS POTSDAM e. V. durch die Bundesregierung war die Beschlussfassung des Deutschen Bundestages nach dem in der Frage genannten Antrag 15/5689 „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“. Mit einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung (vertreten durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien), dem Land Brandenburg, der Landeshauptstadt Potsdam und dem Förderverein LEPSIUSHAUS POTSDAM e. V. vom 4. Dezember 2008 wurden weitere Verpflichtungen präzisiert. In Umsetzung dieses Fördervertrages über die Baufinanzierung und die bis 2011 befristete finanzielle Unterstützung der Programmtätigkeit des Lepsiushauses in Potsdam wurde von 2009 bis 2011 das Gebäude denkmalgerecht saniert und mit der Eröffnung am 2. Mai 2011 als Forschungs- und Begegnungsstätte mit einer Ausstellung und Bibliothek dem Förderverein LEPSIUSHAUS POTSDAM e. V. zur langfristigen Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung hat in Gesprächen mit dem Vorstand des Trägervereins sowie in einem den Förderbescheid ergänzenden Briefwechsel ihre Erwartung deutlich gemacht, dass dem politischen Willen des Deutschen Bundestages in jeder Hinsicht entsprochen wird. Aufgrund der von türkischer Seite als einseitig pro-armenisch perzipierten Haltung, die in der Konzeption bisheriger Veranstaltungen und Veröffentlichungen des Fördervereins LEPSIUSHAUS POTSDAM e. V. zum Ausdruck kam, konnte die ursprüngliche Intention, dass das Lepsiushaus als Begegnungsstätte zur Aussöhnung von Deutschen, Armeniern und Türken beitragen solle, bislang nicht vollständig umgesetzt werden. Eine darüber hinausgehende Darstellung und Einschätzung der inhaltlichen Arbeit des Fördervereins LEPSIUSHAUS POTSDAM e. V. durch die Bundesregierung seit der Eröffnung des Lepsiushauses ist im zeitlichen Rahmen für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht möglich. 12. Was genau geschah im Rahmen des vom Auswärtigen Amt zwischen den Jahren 2009 und 2013 mit 1,4 Mio. Euro geförderten Versöhnungsprojektes des Instituts für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbandes mit dem Titel „Speaking to One Another“ (Bundestagsdrucksache 17/14661)? Im Rahmen des Projekts „Speaking to One Another“ wurden zwischen 2009 und 2013 Begegnungen zwischen türkischen und armenischen Studierenden in Form diverser Jugendcamps organisiert. Die Teilnehmer wurden befähigt, mit den Methoden der Oral-History-Forschung Nachfahren der Zeitzeugen bzw. Betroffene der Massaker und Vertreibungen von 1915/16 in der Türkei und Armenien nach ihren Erinnerungen zu befragen und diese Erkenntnisse in eigenen Projekten zu dokumentieren und künstlerisch zu verarbeiten. Dabei erhielten die Teilnehmer und die in das Projekt eingebundene lokale türkische und armenische Bevölkerung die Möglichkeit, ihrer Trauer bzw. ihrer Reue sowie der Bereitschaft zur Versöhnung Ausdruck zu verleihen. Als Ergebnis der Projektarbeit wurden zudem mehrere Publikationen, eine Wanderausstellung und ein Dokumentarfilm erstellt. Drucksache 18/3722 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus welchen Ländern beteiligten sich an diesem Programm? Es beteiligten sich je 33 Studierende aus Armenien und aus der Türkei aktiv an den Projekten. Hinzu kamen mehrere tausend Besucher der in Armenien, der Türkei, Georgien, Zypern, Deutschland und Frankreich gezeigten Wanderausstellung „Speaking to One Another“ und ihrer Begleitveranstaltungen sowie des Dokumentarfilms „Beginnings“. b) Haben Armenierinnen und Armenier oder Türkinnen und Türken aus Deutschland an den Workshops, Seminaren und Reisen teilgenommen, und wenn nein, warum nicht? Armenierinnen und Armenier bzw. Türkinnen und Türken aus Deutschland gehörten nicht zur Zielgruppe des Projekts. Es ging in erster Linie darum, in den Zielländern Wohnende im Rahmen des Projekts anzusprechen. Gleichwohl gelang es im Rahmen der Wanderausstellung „Speaking to One Another“, die u. a. im Herbst 2012 in Berlin-Neukölln gezeigt wurde, und begleitender Veranstaltungen , auch in Deutschland lebende Türken und Armenier anzusprechen und einzubeziehen. c) Inwieweit gibt es eine Evaluation der Ergebnisse des Programms „Speaking to One Another“? DVV international hat für die letzte Phase des Projekts „Speaking to One Another“ zwei Evaluierungsberichte in Auftrag gegeben. Diese können bei Bedarf von DVV International zur Verfügung gestellt werden. d) Welche Reaktionen vonseiten der armenischen Diaspora und ihrer Verbände auf solche von Deutschland finanzierten Versöhnungsprojekte zwischen der Türkei und Armenien sind der Bundesregierung bekannt ? Der Bundesregierung sind keine Reaktionen von Seiten der armenischen Diaspora und ihrer Verbände auf von Deutschland finanzierte Versöhnungsprojekte zwischen der Türkei und Armenien bekannt. 13. Inwieweit und in welcher Form hält die Bundesregierung eine Aufnahme der Thematik des Genozids an den Armenierinnen und Armeniern in den Lehrplänen der Bundesländer für wünschenswert? Die Zuständigkeit für die Lehrpläne liegt allein bei den Ländern. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 25. Februar 2010 in Bundestagsdrucksache 17/824 verwiesen. a) Welche Bundesländer haben nach Kenntnis der Bundesregierung bislang in welcher Form den Genozid an den Armenierinnen und Armeniern in die Lehrpläne welcher Fächer an welchen Schulen integriert, und welche Reaktionen erfolgten darauf? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/3722 b) Welche konkreten Initiativen hat die Bundesregierung bislang ergriffen – oder gedenkt sie noch zu ergreifen –, um angesichts der bundespolitischen Bedeutung der Thematik eine Abstimmung der Bundesländer zu erreichen, damit der Genozid an den Armenierinnen und Armeniern in die Geschichtslehrpläne aufgenommen wird? Die Länder stimmen sich autonom, u. a. in der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, ab. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen . c) Inwieweit erkennt die Bundesregierung im Antrag auf Bundestagsdrucksache 15/5689 einen Handlungsauftrag, sich um die Aufnahme des Genozids an den Armenierinnen und Armeniern in die Lehrpläne der Länder zu bemühen? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. d) Inwieweit gibt es von der Bundeszentrale für politische Bildung oder anderen Bundesbehörden Informationsmaterial zur Thematik des Genozids an den Armenierinnen und Armeniern? Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) hat in ihrem Angebot den Schriftenreiheband „Die Armenierfrage in der Türkei“ von Sibylle Thelen. Voraussichtlich im April 2015 erscheint folgender Lizenzankauf in der Schriftenreihe der BpB: Corry Guttstadt (Hrsg.), „Wege ohne Heimkehr. Die Armenier , der Erste Weltkrieg und die Folgen“. Zudem ist ein Online-Dossier zu dieser Thematik geplant, das Anfang Mai 2015 veröffentlicht werden soll. 14. Welche Gedenkstätten, Ausstellungen, Denkmale, Erinnerungstafeln etc. im Zusammenhang mit dem Genozid an den Armenierinnen und Armeniern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung seit wann in der Bundesrepublik Deutschland? Der Bundesregierung ist bekannt, dass mehrere deutsche Städte und Gemeinden, darunter Bremen und Braunschweig im Jahr 2005, in eigener Zuständigkeit Gedenksteine zur Erinnerung an die Vertreibung und Ermordung der Armenier aufgestellt haben. Vom 11. Juni 2013 bis 20. März 2014 zeigte die Stiftung „Flucht Vertreibung Versöhnung“ in Berlin die Open-Air-Ausstellung „Schlaglichter auf die künftige Dauerausstellung“, in der auch auf die Massaker und Vertreibungen 1915/16 eingegangen wurde. 15. Welche Möglichkeiten bietet aus Sicht der Bundesregierung gegenwärtig das deutsche Strafrecht, um die Nachkommen der Opfer der Vertreibungen und Massaker aus den Jahren 1915/16 vor den Folgen der Genozidleugnung zu schützen? Die Bundesregierung verweist hierzu auf ihre Antwort zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 4. Oktober 2010 auf Bundestagsdrucksache 17/1956. Drucksache 18/3722 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Wie steht die Bundesregierung zur vom Zentralrat der Armenier erhobenen Forderung nach einem „Gesetz zur Strafbarkeit der Genozidleugnung “, als „einen rechtlichen Raum, um das historische Wissen über den Tatbestand des Völkermords schützen zu können, seine gründliche Erforschung zu ermöglichen und die Fortsetzung einer entsprechenden Politik zu verhindern (www.der-kosmopolit.de/2014/04/ ansprache-zum-24april-2014-frankfurter.html)? Die Bundesregierung verweist hierzu auf ihre Antwort zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 4. Oktober 2010 auf Bundestagsdrucksache 17/1956. b) In welchen Staaten gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung seit wann entsprechende Gesetze, die das Leugnen des Genozids an den Armenierinnen und Armeniern unter Strafe stellen? Der Bundesregierung ist bekannt, dass eine auf die Vertreibung und Ermordung der Armenier bezogene Leugnung des „Völkermordes“ in Griechenland, der Schweiz, der Slowakei und Spanien strafrechtlich verfolgt werden kann. Weitere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. c) Welche praktischen Erfahrungen mit entsprechenden Gesetzen und ihrer Wirksamkeit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in diesen Ländern? Auf die Antwort zu Frage 15b wird verwiesen. d) Welche und wie viele Veranstaltungen und Aufzüge während der letzten fünf Jahre in der Bundesrepublik Deutschland sowie in diesem Zeitraum hier erschienene oder verkaufte Publikationen, bei denen der Genozid an den Armenierinnen und Armeniern geleugnet oder relativiert wurde, sind der Bundesregierung bekannt (bitte Ort, Zeitpunkt, Art der Veranstaltung, Veranstalter, Referentinnen und Referenten und Teilnehmerzahl angeben)? Der Bundesregierung sind keine derartigen Veranstaltungen oder Publikationen bekannt geworden. 16. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand des von der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/1956 erwähnten Verfahrens armenischer Kläger vor einem US-Bundesgericht gegen deutsche Unternehmen , denen „angebliche“ Zwangsarbeit beim Bau der Bagdad-Bahn vorgeworfen wird? Bezüglich einer Sammelklage armenischer Kläger gegen deutsche Unternehmen erging im Jahr 2012 eine abschließende Entscheidung des U. S. Court of Appeals for the Ninth Circuit im Bundesstaat Kalifornien, wonach die Kläger die geltend gemachten Ansprüche gegen deutsche Unternehmen nicht vor kalifornischen Gerichten geltend machen können. Diese Gerichtsentscheidung entspricht der Auffassung der Bundesregierung, dass es nicht in die Zuständigkeit von US-amerikanischen Gerichten fällt, Sachverhalte zu entscheiden, die keinerlei Bezug zu den USA aufweisen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/3722 a) Sind der Bundesregierung weitere derartige Verfahren armenischer Klägerinnen und Kläger in Zusammenhang mit den Ereignissen von 1915/16 vor in- und ausländischen Gerichten bekannt, und wenn ja, welche, und mit welchem Verfahrensstand? Weitere derartige Verfahren sind der Bundesregierung nicht bekannt. b) Kennt die Bundesregierung weiterhin nur „angebliche“ Zwangsarbeit beim Bau der Bagdad-Bahn oder liegen ihr mittlerweile Fakten vor, die eine solche von Historikern, Zeitzeugen, aber auch armenischen Regierungsstellen behaupteten Zwangsarbeit be- oder widerlegen, und wenn ja, welche (www.honorarkonsulat-armenien.de/voelkermord. htm)? Die insbesondere im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts vorliegenden zeitgenössischen deutschen Akten sind seit Langem bekannt und der Forschung zugänglich. Weitere Fakten liegen der Bundesregierung nicht vor. c) Ist der Bundesregierung bekannt, inwieweit von Nachfahren noch Forderungen an die Dresdner und Deutsche Bank als Nachfolgerinnen von im Osmanischen Reich tätigen Kreditinstituten bestehen, die Einlagen ermordeter Armenierinnen und Armenier zurückzuzahlen? Wenn ja, inwieweit unterstützt die Bundesregierung solche Forderungen ? Dies ist der Bundesregierung nicht bekannt. d) Inwieweit würden sich nach Einschätzung der Bundesregierung aus einer politischen Anerkennung des Genozids durch die Bundesrepublik Deutschland mögliche Entschädigungsansprüche von Nachfahren der Opfer an die Bundesrepublik Deutschland oder deutsche Wirtschaftsunternehmen , die damals im Osmanischen Reich aktiv waren, ergeben? Die Bundesregierung nimmt zu hypothetischen Fragen keine Stellung. Gesamtherstellung: H. 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