Deutscher Bundestag Drucksache 18/3737 18. Wahlperiode 14.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Caren Lay, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3638 – Nationale Gentechnik-Anbauverbote Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Risikotechnologie Agro-Gentechnik ist seit etlichen Jahren in der Europäischen Union (EU) umstritten. Die Öffentlichkeit in den meisten EU-Mitgliedstaaten sieht sie kritisch und lehnt den Anbau transgener Pflanzen ab. In einigen wenigen EU-Mitgliedstaaten wird die Agro-Gentechnik weniger kritisch gesehen , beispielsweise in Spanien oder in England. Deren Regierungen bemängeln das geringe Tempo, mit welchem Zulassungsanträge gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU bearbeitet werden. Mit dem Ziel eines Kompromisses zwischen beiden Positionen schlug die Europäische Kommission im Jahr 2010 vor, dass Gentech-Pflanzen EU-weit schneller zugelassen, aber gleichzeitig die Möglichkeit nationaler Anbauverbote erleichtert werden soll. Dafür schlug sie eine Änderung der Richtlinie 2001/18/EG („Freisetzungsrichtlinie“) vor. Nachdem dieser Vorschlag mehrere Jahre nicht weiter verfolgt wurde, nahmen die Diskussionen zu Beginn des Jahres 2014 aufgrund zugespitzter Debatten um den Anbau des Gentech-Mais 1507 wieder zu. Gerade das Europaparlament brachte Vorschläge in die Debatte ein, die im Sinne einer gentechnikfreien Land- und Lebensmittelwirtschaft deutlich zielführender waren, als die Vorschläge der anderen beiden Trilog-Partner (EU-Rat und Europäische Kommission). Am 3. Dezember 2014 einigten sich Unterhändlerinnen und Unterhändler des Europaparlamentes, des Ministerrates und der Europäischen Kommission in einem Trilog-Prozess auf einen Kompromiss zu den nationalen Anbauverboten gentechnisch veränderter Pflanzen. Dieser wurde am 10. Dezember 2014 durch die EU-Mitgliedstaaten bestätigt und muss nun noch vom Europaparlament angenommen werden, dessen Umweltausschuss den Kompromiss am 17. Dezember 2014 bereits befürwortete. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 12. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/3737 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Regelungen sind im Detail Ergebnis des Trilog-Verfahrens (2-Phasen -Modell, rechtliche Grundlage, Zeitpunkt des Anbauverbotes, konkrete Verbotsgründe, Koexistenzregeln, Gruppenverbote etc.)? Die wichtigsten Änderungen, die im Trilogverfahren gegenüber dem Standpunkt des Rates vom 23. Juli 2014 erzielt wurden, sind Folgende: – Der Verzicht auf die obligatorische Verbindung der Phasen 1 und 2. Die Auf- forderung eines Mitgliedstaates über die Kommission an das Unternehmen, einen Antrag auf Anbauzulassung einzuschränken (Phase 1) und nationale Anbauverbote oder Anbaubeschränkungen aus bestimmten Gründen (Phase 2) sind nicht mehr miteinander gekoppelt. Das heißt, dass begründete Verbote oder Beschränkungen auch direkt oder zu einem späteren Zeitpunkt möglich sind. – Begründete Verbote oder Beschränkungen sind zu jedem Zeitpunkt möglich. – Die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) anbauenden Mitgliedstaa- ten werden verpflichtet, Koexistenzbestimmungen gegenüber Mitgliedstaaten , die den GVO-Anbau verboten haben, in Grenzgebieten zu erlassen, es sei denn, diese sind aufgrund geographischer Gegebenheiten überflüssig. – Die Opt-out-Möglichkeiten werden auf „Gruppen von zugelassenen GVOs“ erweitert (z. B. alle gentechnisch veränderten Maissorten oder alle Bt-Pflanzen ). – Die Kommission wird verpflichtet, vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (im Folgenden Änderungsrichtlinie), einen Bericht zu Fragen des Ausgleichs bei Umweltschadensfällen (z. B. Versicherungspflicht ) beim GVO-Anbau vorzulegen. – Die Europäische Kommission soll die Anhänge der Richtlinie 2001/18/EG innerhalb der nächsten zwei Jahre nach Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie aktualisieren und zwar mit dem Ziel, die verstärkten Leitlinien der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu Umweltrisiken in die Anhänge einzuarbeiten. Bestätigt wurde der Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (Binnenmarkt) als Rechtsgrundlage der Richtlinienänderung , wie von der Kommission und dem Standpunkt des Rates vorgeschlagen. Ebenso wurde an der offenen Liste der möglichen Verbots- und Beschränkungsgründe festgehalten. 2. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung angesichts ihrer eigenen Vorstellungen zum „opt-out“ aus dem erreichten Trilog-Ergebnis? Die Bundesregierung hat dem Trilogergebnis zugestimmt und geht von einem zügigen Abschluss des Verfahrens auf EU-Ebene aus. 3. Welche konkreten Rechtsunsicherheiten sieht die Bundesregierung in dem gefundenen Kompromiss? Hätte sie als rechtliche Grundlage das Binnenmarkt- oder das Umweltrecht bevorzugt (bitte begründen)? Insgesamt ist mit dem Kompromiss eine schlüssige Regelung gelungen. Wie fast jeder Rechtstext bedarf aber auch die Opt-out-Regelung in einigen Punkten der Auslegung. Dies betrifft insbesondere die Frage, was genau unter den einzelnen Opt-out-Gründen zu verstehen ist. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3737 Die Bundesregierung hat sich mit der Zustimmung zum Trilogergebnis für Artikel 114 AEUV (Binnenmarkt) als Rechtsgrundlage ausgesprochen. Sie schließt sich dabei der Haltung der Rechtsdienste des Rates und der Kommission an, dass der Hauptzweck des Opt-out-Vorschlages darin besteht, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten und zugleich den Mitgliedstaaten zu gestatten, hinsichtlich des Anbaus von zugelassenen GVO im vorgegebenen Rechtsrahmen ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Werden andere Überlegungen miteinbezogen, etwa in Bezug auf die Umwelt, so sind diese gegenüber dem Hauptzweck zweitrangig. Nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Artikel 5 Absatz 1 EUV) kann die Union nur die Materien regeln, die ihr im Vertrag ausdrücklich zugewiesen sind. Jeder Rechtsakt muss daher auf die richtige Kompetenzgrundlage gestützt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) muss die Wahl der Rechtsgrundlage auf der Grundlage objektiver, gerichtlich nachprüfbarer Kriterien erfolgen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören (EuGH, Urteil vom 26. März 1987, Kommission gegen Rat (APS I), Rs. 45/86, Slg. 1987, 1493, Rn. 11, Urteil vom 11. Juni 1991, Kommission gegen Rat (Titandioxid-RL), Rs. C-300/89, Slg. 1991, I-2867, Rn. 10). Anders als im deutschen Verfassungsrecht ist im Unionsrecht allerdings nicht jeder einzelnen Bestimmung eines Rechtsakts jeweils eine Rechtsgrundlage zuzuordnen , sondern die Rechtsgrundlage für den gesamten Rechtsakt einheitlich zu bestimmen. Kommen in einem Fall mehrere Rechtsgrundlagen in Betracht, so ist der Rechtsakt auf die Rechtsgrundlage für das Hauptziel zu stützen (EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006, Kommission gegen EP und Rat (Rotterdamer Übereinkommen ), Rs. C-178/03, Slg. 2006, I-107, Rn. 42: „Ergibt die Prüfung eines Gemeinschaftsrechtsakts, dass er zwei Zielsetzungen hat oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine von ihnen als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur nebensächliche Bedeutung hat, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf die, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert.“; st Rspr. seit EuGH, Urteil vom 23. Februar 1999, Parlament gegen Rat, Rs. C-42/ 97, Slg. 1999, I-869, Rn. 38 ff., vgl. auch EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco, Rs. C-491/01, Slg. 2002, I-11453, Rn. 94 ff.). 4. Wie sehen nach Kenntnis der Bundesregierung das weitere Verfahren und der Zeitplan auf EU-Ebene aus? Der Kompromiss wurde am 10. Dezember 2014 im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit unter Zustimmung Deutschlands gebilligt und am 17. Dezember 2014 bei einer Sondersitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments (ENVI) bestätigt. Das Plenum des Europäischen Parlaments soll im Januar 2015 abstimmen. Anschließend ist die formale Verabschiedung im Rat vorgesehen. Nach Auskunft des Ratssekretariats wird Ende Februar/Anfang März 2015 eine Veröffentlichung der Änderungsrichtlinie im Amtsblatt angestrebt. 5. Wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur nationalen Ausgestaltung dieser neuen EU-Regelungen in den Deutschen Bundestag einbringen ? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat bereits mit den Vorarbeiten für eine nationale Umsetzung der Opt-out-Regelung be- gonnen. Allerdings wird die Änderungsrichtlinie erst zwanzig Tage nach ihrer Drucksache 18/3737 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (EU) in Kraft treten, was abzuwarten bleibt. Wann ein Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht wird, steht daher noch nicht fest. 6. Wird die Bundesregierung in diesem Gesetzentwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes ein bundesweit einheitliches Anbauverbot – wie von der Agrarministerkonferenz vom 5. September 2014 und der Umweltministerkonferenz vom 24. Oktober 2014 gefordert – oder bundesländerspezifische Anbauverbote vorschlagen (bitte begründen)? Die Bundesregierung prüft diese Frage derzeit noch. 7. Welche konkreten Koexistenzregelungen schlägt die Bundesregierung für die Grenzen zu anderen Mitgliedstaaten der EU (im Fall von bundesländerspezifischen Anbauverboten – auch an Grenzen zu anderen Bundesländern) vor, und wie will sie diese festlegen? Der Entwurf der Änderungsrichtlinie sieht vor, dass Mitgliedstaaten, die GVO anbauen, geeignete Maßnahmen in ihren Grenzgebieten mit dem Ziel ergreifen müssen, mögliche grenzüberschreitende Einträge in benachbarten Mitgliedstaaten zu vermeiden, in denen der Anbau der betreffenden GVO (z. B. gentechnisch veränderter Mais) verboten ist, es sei denn diese Maßnahmen sind im Lichte der besonderen geographischen Bedingungen unnötig. Die Verpflichtung würde also für Deutschland nur gelten, wenn in einem deutschen Grenzgebiet ein GVO angebaut würde, dessen Anbau in der Grenzregion eines benachbarten Mitgliedstaates verboten ist und die Koexistenzmaßnahmen aufgrund besonderer geographischer Bedingungen nicht unnötig sind. Das Gentechnikgesetz und die Gentechnikpflanzenerzeugungs-Verordnung enthalten bereits Vorschriften zur Koexistenz. Ob diese Regelungen im Zuge der angestrebten Richtlinienänderung anzupassen sind, wird derzeit von der Bundesregierung geprüft. 8. Für welche zum Anbau in der EU zugelassenen oder kurz vor der Zulassung stehenden transgenen Pflanzen wird die Bundesregierung nach der Änderung des Gentechnikgesetzes ein nationales Anbauverbot (Opt-out-Klausel) aussprechen (bitte begründen)? 9. Wie wird die Bundesregierung diesbezüglich mit dem Mais MON 810 oder dem Mais 1507 verfahren? Die Fragen 8 und 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Ob nationale Anbauverbote oder -beschränkungen vom Bund oder von den Ländern erlassen werden sollen, wird von der Bundesregierung unter Beteiligung der Länder noch geprüft. Dasselbe gilt für die Frage, welche konkreten gentechnisch veränderten Pflanzen von einem Opt-out betroffen sein könnten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3737 10. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das weitere Nutzen der „Schutzklausel“ für Anbauverbote nach der Richtlinie 2001/ 18/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003, wie beispielsweise beim Gentech-Mais MON 810? Werden beide Schutzklausel-Verbotsmöglichkeiten nach Einschätzung der Bundesregierung durch die neue Möglichkeit, nationale Anbauverbote zu erlassen, ersetzt? Die bisherigen Schutzklausel-Verbotsmöglichkeiten bleiben weiterhin bestehen. Falls sich neue hinreichend verlässliche Hinweise auf Gesundheits- oder Umweltrisiken ergeben, kann unabhängig von der Opt-out-Möglichkeit, weiterhin ein Anbaumoratorium über ein Schutzklauselverfahren angestrebt werden. 11. Wie wird die Bundesregierung über zukünftige Anträge zur Anbauzulassung auf EU-Ebene votieren, wenn für sie bereits im Vorfeld feststehen sollte, dass sie für die jeweilige Gentech-Pflanze ein nationales Anbauverbot (Opt-out-Klausel) erlassen wird? Gemäß dem EU-Gentechnikrecht ist über jeden Antrag auf Anbauzulassung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, zu denen vor allem auch die Stellungnahme der EFSA gehört, gesondert zu entscheiden. Diesem Prinzip der Einzelfallentscheidung entsprechend legt die Bundesregierung ihre Position in dem jeweiligen Antragsverfahren erst fest, wenn alle relevanten verfügbaren Informationen einschließlich des Entscheidungsvorschlags der Kommission vorliegen. Entscheidungen über nationale oder regionale Anbauverbote oder -beschränkungen von in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen werden auf der Basis der zukünftigen Opt-out-Klausel in der Freisetzungsrichtlinie bzw. deren nationaler Umsetzung getroffen. Sie dürfen jedoch auf keinen Fall im Widerspruch zu der Richtlinie 2001/18/EG oder der Verordnung (EG) Nr. 1829/ 2003 durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung stehen. Insoweit handelt es sich also um zwei getrennte Verfahren, denen unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen zugrunde liegen. 12. Rechnet die Bundesregierung mit Klagen (beispielsweise von GentechKonzernen oder Landwirten), wenn sie ein nationales Anbauverbot (Optout -Klausel) aussprechen sollte (bitte begründen)? In Deutschland ist der Rechtsweg für Betroffene gegeben, soweit sie durch die jeweiligen Maßnahmen in ihren Rechten (z. B. Berufs- oder Forschungsfreiheit, Eigentumsgarantie) beeinträchtigt werden. 13. Wie schätzt die Bundesregierung die potentiellen Einflussmöglichkeiten der Gentech-Konzerne im Rahmen des Verbotsverfahrens ein? Die Bundesregierung sieht keine höheren Einflussmöglichkeiten der Antragsteller im Rahmen des Opt-out-Verfahrens als die bereits im derzeitigen Zulassungsverfahren bestehenden. Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt wurde, sieht der Entwurf der Änderungsrichtlinie keine obligatorische Verbindung der Phasen 1 und 2, also der Aufforderung eines Mitgliedstaates über die Kommission an das Unternehmen, einen Antrag auf Anbauzulassung einzuschränken (Phase 1) und den nationalen Verbots- oder Beschränkungsmaßnahmen aus be- stimmten Gründen (Phase 2), mehr vor. Das heißt, dass danach begründete Verbote oder Beschränkungen auch direkt oder zu einem späteren Zeitpunkt mög- Drucksache 18/3737 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lich sind. Eine freiwillige Ausnahme eines geographischen Gebietes aus dem Antrag durch den Antragsteller und eine Beteiligung des Antragstellers im Rahmen des Zulassungsverfahrens sind bereits nach geltendem Recht möglich. 14. Wie schätzt die Bundesregierung die Opt-out-Klausel angesichts des Transatlantischen Freihandelsabkommens mit den USA (TTIP) ein (bitte begründen)? Für das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP), das die Europäische Kommission derzeit mit den USA verhandelt, liegt noch kein vereinbarter Vertragsentwurf vor. Der Rat hat der Europäische Kommission im Verhandlungsmandat aufgegeben, das bestehende europäische Schutzniveau sowie die Regelungshoheit in den Bereichen Umwelt- und Gesundheitsschutz zu erhalten. 15. Wie schätzt die Bundesregierung die Opt-out-Klausel angesichts des Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA) ein (bitte begründen)? Der im September 2014 veröffentlichte Entwurf des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) enthält ein Kapitel zur Zusammenarbeit im Bereich der Biotechnologie. Diese Zusammenarbeit sieht im Wesentlichen einen bilateralen Dialog über Themen der Biotechnologie vor. Vereinbart werden soll in diesem Zusammenhang, dass unter anderem der Austausch von Informationen , ein effizientes wissenschaftliches Zulassungsverfahren und eine internationale Zusammenarbeit wichtig sind. Im Übrigen enthält der Entwurf des Abkommens keine spezifischen Regelungen zu gentechnisch veränderten Organismen (GVO). 16. Rechnet die Bundesregierung damit, dass es bei Nutzung der Opt-out-Klausel zu Verfahren vor internationalen Schiedsgerichten gegen Deutschland kommen könnte (bitte begründen)? 17. Falls ein kanadischer Investor in Deutschland Ackerflächen erwirbt und ihm durch die Nutzung der Opt-out-Klausel der Anbau transgener Pflanzen untersagt werden würde, könnte er dann nach Einschätzung der Bundesregierung nach dem derzeitig ausgehandelten Vertrag (CETA) die Bundesrepublik Deutschland vor dem internationalen Schiedsgericht verklagen (bitte begründen)? Die Fragen 16 und 17 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Verhandlungen über das TTIP laufen gegenwärtig. Nach dem Verhandlungsmandat wird über die Einbeziehung von Bestimmungen zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) erst nach Vorlage eines Verhandlungsergebnisses entschieden werden. Der vorliegende CETA-Text enthält Bestimmungen zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren, welche die Voraussetzungen für die Zulässigkeit und Begründetheit solcher Verfahren regeln. Negative Auswirkungen einer belastenden Gesetzesänderung oder administrativer Maßnahmen auf eine bereits getätigte Investition reichen hiernach nur unter ganz besonderen Umständen aus, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Ein Schiedsgericht müsste zu dem Ergebnis gelangen, dass die Gesetzesänderung manifest willkürlich und offensichtlich unverhältnismäßig ist. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3737 18. Welche Vorhaben im Bereich der öffentlichen Forschung zur Agro-Gentechnik plant die Bundesregierung im Jahr 2015? Die Forschungsförderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erfolgt grundsätzlich anhand von Förderbekanntmachungen, worauf sich interessierte Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen bewerben können. In der Pflanzen- wie in der Agrarforschung wird ein methodenoffener Förderansatz verfolgt, um den bestmöglichen Forschungsansatz zur Lösung einer gesellschaftlich relevanten Fragestellung zu erhalten. Dementsprechend sind die Förderbekanntmachungen technologieoffen gestaltet. Bei laufenden oder neuen Förderbekanntmachungen können auch Vorhaben der sogenannten grünen Gentechnik beantragt werden. Im Bereich der Projektförderung des BMEL sind für das Jahr 2015 derzeit keine Projekte zur Agro-Gentechnik geplant. Im Bereich der Projektförderung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) sind für das Jahr 2015 zwei Vorhaben aus dem Bereich der Agro-Gentechnik geplant, das Vorhaben „Umsetzung eines nationalen Anbauverbotes für GVO (Opt-out)“ und das Vorhaben „Basisdaten zur Effektbewertung verschiedener Bt-Toxine auf Schmetterlingslarven “. 19. Wie schätzt die Bundesregierung das Potenzial der Agro-Gentechnik im Bereich der Salz- und der Trockenheitsresistenz im Vergleich zu konventionellen Züchtungsverfahren ein (bitte begründen)? Vor dem Hintergrund einer zu erwartenden globalen Klimaänderung werden Erfolge in der Züchtung von salz- und trockentoleranten Kulturpflanzen in Zukunft von zunehmender Bedeutung sein. Grundsätzlich kann eine Verbesserung dieser Eigenschaften sowohl durch konventionelle Züchtungsverfahren als auch durch gentechnische Methoden sowie durch biotechnologische Verfahren wie Genomanalysen und SMART-Breeding (Präzisionszucht), bei denen keine fremden Gene in das Pflanzengenom eingebaut werden und die konventionelle Züchtungsverfahren unterstützen können, erzielt werden. Durch einen gezielten Transfer von Genen können möglicherweise darüber hinausgehende Stresstoleranzeigenschaften in Kulturpflanzen übertragen werden, die in dem durch konventionelle Züchtungsverfahren nutzbaren Genpool nicht verfügbar sind. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333