Deutscher Bundestag Drucksache 18/3759 18. Wahlperiode 14.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3666 – Atommüllexporte aus Jülich in die USA – Experimente zur Wiederaufarbeitung in Jülich Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Savannah River Nuclear Soloutions, LLC (SRNS) in den USA und die Forschungszentrum Jülich GmbH haben mit Datum 30. November 2012 die Vereinbarung WFO-13-002 zum geplanten Jülicher Castorexport getroffen. Diese Vereinbarung ist im Rahmen des US-amerikanischen Umweltinformationsgesetzes freigegeben worden. Dort ist trotz Schwärzungen an einigen Stellen ersichtlich , dass in Vorbereitung eines eventuellen Exports von abgebrannten Kugelbrennelementen aus der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich (AVR Jülich) in die USA noch Untersuchungen durchzuführen sind, bei denen geprüft werden soll, ob die geplante Verarbeitung überhaupt machbar ist. Der Vereinbarung ist zu entnehmen, dass offenbar die Entwicklung von Verfahren zur Abtrennung des Kernbrennstoffs der Jülicher Brennelemente vom Grafit (kurz „Wiederaufarbeitung“) nur teilweise in den USA erfolgen soll. Vielmehr ist geplant, die Entwicklung in den USA nur an unbestrahlten Brennelementen auszuführen, die eigentlichen Entwicklungsschritte mit bestrahlten Brennelementen aber in Jülich durchzuführen. Bei Letzterem sollen US-Wissenschaftler in Jülich helfen. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Für die Bundesregierung ist die Sicherheit der Bevölkerung und der Umwelt das Leitkriterium zum Umgang mit den Kernbrennstoffen aus dem AVR-Behälterlager (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor) in Jülich. Das Verwaltungsverfahren zur Verlängerung der Genehmigung einer Aufbewahrung der Brennelemente (AVR-BE) in Jülich konnte wegen seiner Komplexität noch nicht abgeschlossen werden. Dies und der noch nicht absehbare Ausgang des GenehmigungsverlänDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 12. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. gerungsverfahrens hat die atomrechtliche Genehmigungsbehörde in NordrheinWestfalen , das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk (MWEIMH) veranlasst, am 2. Juli 2014 die unverzügliche Entfernung der Brennstoffe aus dem AVR-Behälterlager in Jülich anzuordnen. Gemäß Drucksache 18/3759 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dieser Anordnung hatte die Forschungszentrum Jülich GmbH ein Konzept für eine Räumung des Behälterlagers vorzulegen und im Weiteren die erforderlichen Genehmigungen zu erwirken. Mögliche Konzeptvarianten, u. a. auch die Rückführung des Kernbrennstoffs in die USA, sind vergleichend zu prüfen und der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde detailliert darzustellen. Welche Option zum Tragen kommt, hängt insbesondere von einer Bewertung durch das MWEIMH als zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde ab. Bis dahin erachtet es die Bundesregierung als geboten, die aus aktueller Perspektive zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für eine weitere sichere Aufbewahrung der AVRBrennelemente zu prüfen und offen zu halten. Zum Stand der Prüfung der Möglichkeiten einer Rückführung des Kernbrennstoffs in die USA wird grundlegend auf die umfänglichen Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. „Möglicher Export hochradioaktiver Brennelemente aus Jülich und Ahaus per Castor-Transporten in der USA“ (Bundestagsdrucksache 18/2488) sowie „Geplanter Export abgebrannter Brennelemente aus Jülich in die USA – Mengen von hochangereichertem Uran und Kosten der sogenannten US-Option“ (Bundestagsdrucksache 18/3230) verwiesen. 1. Was ist der Bundesregierung über die Vereinbarung WFO-13-002 zwischen der SRNS und dem Forschungszentrum Jülich bekannt, und was sind die wesentlichen Verabredungen in dieser Vereinbarung? Die Vereinbarung ist den Vertretern der Bundesregierung im Aufsichtsrat der Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ) bekannt. Die Bundesregierung unterstützt die Prüfung der Machbarkeit einer Rücknahme und Behandlung graphitbasierten Kernbrennstoffs aus Deutschland durch die USA zu seiner dortigen schadlosen Verwertung zu friedlichen Zwecken im Rahmen der zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem US-Department of Energy im Bereich Energie auf den Gebieten Forschung, Wissenschaft, Technologie und Entwicklung bestehenden Kooperation. Insbesondere Fragen der technischen Machbarkeit werden in einem „Work for Others“-Prozess geprüft, der von der Savannah River Nuclear Solutions, LLC (SRNS) und des FZJ getragen wird. Dieser Prozess dauert noch an. 2. Ist der in der Vorbemerkung dargestellte Sachverhalt nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend? Wenn nein, wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der Bundesregierung dar? Der in der Vorbemerkung der Fragesteller dargestellte Sachverhalt trifft nach Kenntnis der Bundesregierung so nicht zu. Nach Information des FZJ und der atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde des Landes NordrheinWestfalen (s. hierzu auch die Antwort zu den Fragen 6 bis 11) ist der in der Vorbemerkung der Fragesteller verwendete Begriff „Wiederaufarbeitung“ in dem vorliegenden Kontext unzutreffend. Die Bundesregierung verfügt auch nicht über eine offizielle Mitteilung des US-Department of Energy, wonach die von den Fragestellern in Bezug genommene Vereinbarung veröffentlicht oder zur Veröffentlichung freigegeben worden wäre. Im Hinblick auf gegenwärtig andauernde Verwaltungsverfahren zur weiteren sicheren Aufbewahrung der AVRBrennelemente wird in diesem Kontext deshalb allgemein auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3759 3. Welche Kosten sind mit den in der Vereinbarung WFO-13-002 festgelegten Maßnahmen insgesamt verbunden? Nach den von FZJ erhaltenen Informationen sind für zwischen FZJ und SRNS vereinbarte Maßnahmen ca. 1,25 Mio. Euro verausgabt worden. 4. Wie viele unbestrahlte Brennelemente für den Einsatz im AVR oder THTR (Thorium-Hochtemperaturreaktor) (bitte je Anlage angeben) gibt es zurzeit noch, wo genau lagern diese jeweils, und wie hoch ist ihre Anreicherung mit Uran 235? Im Kernmaterialbestand des FZJ befinden sich nach Aussage der atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen insgesamt 35 unbestrahlte Brennelementkugeln: ● 1 AVR-Brennelementkugel mit ca. 7 Prozent Anreicherung, ● 24 AVR-Brennelementkugeln mit ca. 93 Prozent Anreicherung, ● 10 THTR-Brennelementkugeln mit ca. 93 Prozent Anreicherung. Alle 35 Brennelementkugeln lagern in den Großen Heißen Zellen des FZJ. 5. Sind bereits unbestrahlte Brennelemente in die USA zu Untersuchungen entsprechend den in der Vereinbarung WFO-13-002 genannten Zwecken transportiert worden? Wenn ja, auf welcher Rechtsbasis ist der Transport erfolgt, wann ist das geschehen und mit welchen Transportmitteln? Wenn nein, wann soll das wie erfolgen? Das FZJ, Jülich, hat am 4. Februar 2013 vier chemisch äquivalente Graphitkugeln an den US-Empfänger SRNS, Aiken, SC, geliefert. Die enthaltenen Kernmaterialmengen lauten auf 4,16 g U-nat sowie 40,8 g Th-nat. Aus diesem Grund handelt es sich nicht um Brennelemente im physikalischen Sinne. 6. Wann sollen solche Experimente zur Wiederaufarbeitung an bestrahlten Kugelbrennelementen in Jülich beginnen, bzw. haben diese möglicherweise schon begonnen? 7. Welche Rechtsgrundlage ist für die Durchführung solcher Wiederaufarbeitungsexperimente an den abgebrannten Kugelbrennelementen in Jülich erforderlich, und welche Genehmigungen und Gutachten wurden zur Bewertung eingeholt (bei den Gutachten bitte Institution und Titel angeben)? 8. In welchen Einrichtungen des Forschungszentrums Jülich sollen diese Wiederaufarbeitungsexperimente an den Kugelbrennelementen durchgeführt werden? 9. Wie hoch sind nach derzeitigen Planungen oder Schätzungen die geplanten Kosten für diese Wiederaufarbeitungsexperimente an den Kugelbrennelementen in Jülich? 10. Wie viele abgebrannte Brennelementkugeln sollen in Jülich wiederaufgearbeitet werden? Drucksache 18/3759 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Welche radioaktiven Abfälle welcher Art und Intensität/Strahlung werden bei diesen Experimenten anfallen, und was soll damit anschließend geschehen ? Die Fragen 6 bis 11 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es waren nie Experimente zur „Wiederaufarbeitung“ im Sinne der üblichen Verwendung des Wortes geplant. Versuche zur Auflösung der Graphit-Matrix an bestrahlten Kugelbrennelementen zur Untersuchung der Machbarkeit der Rückführung der Brennelemente in die USA wurden und werden nach Aussage der atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde des Landes NordrheinWestfalen in Jülich nicht durchgeführt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333