Deutscher Bundestag Drucksache 18/3771 18. Wahlperiode 19.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3576 – Brennelementefabrik Lingen und AREVA Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Lingen produziert die Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF) Brennelemente für den weltweiten Einsatz in Atomkraftwerken. Die frühere SiemensAnlage gehört heute zum französischen Staatskonzern AREVA. Der Betrieb der Anlage ist nicht vom Atomausstieg betroffen und darf ohne Befristung dauerhaft fortgesetzt werden. Nach der Katastrophe von Fukushima wurden in Deutschland acht Atomkraftwerke (AKW) stillgelegt. Sieben dieser AKWs waren laut eigner Aussage der ANF bis dahin Kunden bei der ANF Lingen. Der Umsatz der ANF Lingen soll demnach um 40 Prozent eingebrochen sein. Das Unternehmen kündigte Kurzarbeit an, AREVA reagierte mit Stellenkürzungen in Deutschland, auch am Standort Lingen (vgl. www.lingen.de/Newsmeldungen/ wirtschaft_aktuell/areva_hat_erfolgreich_umstrukturiert.html). Als eine Reaktion auf die Kundenverluste in Deutschland hat ANF nach Medienberichten die Herstellung von Brennelementen mit einer Beimischung von Gadoliniumoxid aufgenommen: „Neben einer Anpassung der Brennelementkapazitäten können voraussichtlich ab dem vierten Quartal 2014 sogenannte Gadolinium-Tabletten für Europa und China gefertigt werden.“ Außerdem heißt es: „Ein weiteres Geschäftsfeld, das sich aus den abgeschalteten oder noch abzuschaltenden Kernkraftwerken akquiriert hat, ist das Zurückholen noch frischer Brennelemente.“ (vgl. www.noz.de/lokales/lingen/artikel/464819/ anf-in-lingen-akquiriert-neue-geschaftsfelder). Diese Beimischung eines Seltene-Erden-Metalls soll offenbar höhere Abbrände bei den Brennelementen ermöglichen. „Gadolinium wird in Form von Gadoliniumoxid in modernen Brennelementen als abbrennbares Absorbermaterial verwendet, das nach einem Brennelementewechsel zu Beginn des Betriebszyklus die durch einen Überschuss an Kernbrennstoff entstehende zu hohe Reaktivität des Reaktors begrenzt. Mit zunehmendem Abbrand der Brennelemente wird auch das Gadolinium abgebaut.“ (vgl. www.institutDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 16. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. seltene-erden.org/gadolinium-gd-ordnungszahl-64/). In einer Presseerklärung berichtet der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel über technische Probleme in der Uranfabrik Lingen: „Dabei wurde im Rahmen einer wiederkehrenden Prüfung ein Riss im Ofenrohr des Drehrohr- Drucksache 18/3771 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ofens im Bereich der Trockenkonversion entdeckt. Als Ursache dafür wird ein Alterungseffekt angenommen. Das betroffene Bauteil soll ausgetauscht werden . Der Drehrohrofen steht zurzeit still und kann erst nach der Reparatur wieder in Betrieb genommen werden. Zum anderen war ein Riss in einer Stahlbetonkonsole unterhalb eines Dachträgers aufgetreten, der ebenfalls meldepflichtig war. Grund dafür war eine falsch ausgeführte Bewehrung. Der Vorgang wird weiter untersucht. Bezüglich einer falschen Assemblierung von Brennelementen, die wegen des Atomausstiegs nicht zum Einsatz kamen, wird der Bund um eine Einschätzung gebeten.“ (vgl. www.umwelt.niedersachsen.de/ aktuelles/pressemitteilungen/brennelementefabrik-in-lingen-besichtigt- 129061.html). In den letzten Monaten und Wochen haben sich die Hinweise verdichtet, dass die AREVA als Mutterkonzern der ANF erhebliche wirtschaftliche Probleme hat, die auch auf die Katastrophe von Fukushima und den damit einhergehenden Auftragsrückgängen zurückgeführt werden. Außerdem werden als Gründe die erheblichen Bauverzögerungen und damit verbundene Kostenexplosionen bei den beiden AKW-Neubauten in Olkiluoto (Finnland) und Flamaville (Frankreich) genannt (vgl. www.nzz.ch/wirtschaft/atomkonzern-areva-amabgrund -1.18429919). 1. Wie hoch ist derzeit die genehmigte Menge von angereichertem Uran, mit der maximal pro Jahr auf dem Gelände der Brennelementefabrik Lingen hantiert werden darf? Genehmigt ist ein Uran-Durchsatz von 650 Tonnen (t) pro Jahr in den Bereichen der Brennelementfertigung. In der Trockenkonversion dürfen 800 t Uran pro Jahr verarbeitet werden. 2. Was genau ist nach Kenntnis der Bundesregierung gemeint, wenn von der ANF davon gesprochen wird, dass es eine „Anpassung der Brennelementkapazitäten “ gegeben habe bzw. vorgenommen werden soll? Nach Auskunft des Unternehmens wirken sich der im Jahr 2011 beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie verbunden mit der sofortigen Abschaltung von acht Kernkraftwerken sowie der geplante vollständige Ausstieg bis 2022 unmittelbar auf die Auslastung der Brennelementfertigung in Lingen aus, da der deutsche Markt eine wichtige Rolle für die Advanced Nuclear Fuels (ANF) gespielt hat. Neben einer Anpassung der Personalressourcen setzt die ANF vor allem auf die Entwicklung von Spezialprodukten. 3. Von welchen Atomkraftwerken hat die ANF dort nicht mehr benötigte frische Brennelemente zurückgenommen, um wie viele Brennelemente je AKW handelte es sich dabei, und bis wann soll diese Rückholung insgesamt abgeschlossen sein? Die ANF hat vom Kernkraftwerk Philippsburg, Block 1 56 Brennelemente zurückgenommen und deassembliert. Von der Anlage Biblis (KWB) wurden bislang acht Brennelemente zurückgenommen und für die Anlage Grohnde (KWG) umassembliert. Die Annahme weiterer 36 Brennelemente ist geplant, der Vorgang soll bis zum Jahr 2016 abgeschlossen sein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3771 4. Wie viele Uranbrennelemente (BE) jeweils für Siedewasser- bzw. Druckwasserreaktoren (SWR bzw. DWR) können pro Jahr maximal bei der ANF hergestellt werden, und wie hoch war die Jahresproduktion seit 2009 jeweils (bitte Anzahl BE für SWR und DWR angeben)? Die Anzahl der zu fertigenden Brennelemente ist über die Uranmasse in den Brennelementen begrenzt. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen . 5. An welche Atomkraftwerke gingen jeweils pro Jahr seit 2009 und bis einschließlich 2014 die hergestellten Brennelemente, und wie viele Brennelemente gingen jeweils an diese AKW (bitte aufgeschlüsselt nach SWR und DWR angeben)? Nach Angaben der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen wurden Brennelemente für folgende Kernkraftwerke gefertigt. Kernkraftwerk Typ Land Ausgelieferte Brennelemente 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Summe Gösgen DWR CH 4 4 Leibstadt SWR CH 216 8 224 Cattenom 1 DWR FR 64 64 Cruas 1 DWR FR 36 36 Flamanville 1 DWR FR 56 24 80 Fessenheim 1 DWR FR 52 52 104 Golfech 1 DWR FR 64 64 128 Nogent 1 DWR FR 64 64 Paluel 1 DWR FR 40 60 24 124 Saint-Alban 2 DWR FR 40 40 Bugey 2 DWR FR 52 52 Cattenom 2 DWR FR 64 56 64 184 Flamanville 2 DWR FR 24 64 88 Paluel 2 DWR FR 24 40 64 Penly 2 DWR FR 64 64 Bugey 3 DWR FR 48 48 Blayais 3 DWR FR 36 36 Cruas 3 DWR FR 4 4 Bugey 4 DWR FR 44 24 36 104 Cruas 4 DWR FR 36 36 Bugey 5 DWR FR 52 52 Mir Bugey BE-Lag. FR 32 20 52 Sizewell B DWR GB 44 84 84 84 296 Isar 2 DWR DE 28 36 48 4 116 Drucksache 18/3771 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Welche Maßnahmen haben nach Kenntnis der Bundesregierung dazu geführt , dass die ANF die deutschen Kundenverluste nach der Katastrophe von Fukushima in etwa kompensieren konnte, und wie hat sich die Kundenstruktur seitdem verändert (bitte aufgeschlüsselt nach neuen Kunden bzw. AKWs, erhöhte BE-Lieferungen an bisherige Kunden oder andere Maßnahmen angeben)? Die Anpassung an die neue Situation erfolgte im Wesentlichen durch eine Reduzierung des Personalstandes. 7. Erreicht die ANF nach Kenntnis der Bundesregierung in den Geschäftsjahren nach Fukushima inzwischen wieder einen Jahres-Umsatz in der Höhe von vor Fukushima? Kernkraftwerk Typ Land Ausgelieferte Brennelemente 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Summe Biblis B DWR DE 68 44 112 Borssele DWR BE 32 28 32 36 128 Emsland DWR DE 32 36 36 8 8 24 144 Forsmark 1 SWR SE 150 126 276 Forsmark 2 SWR SE 180 166 346 Grohnde DWR DE 44 48 52 4 8 156 Philippsburg 1 SWR DE 84 96 180 Philippsburg 2 DWR DE 28 56 40 40 40 204 Brokdorf DWR DE 48 52 52 4 156 Doel 1 und 2 DWR BE 61 64 63 64 68 24 344 Gundremmingen B SWR DE 80 92 88 80 340 Gundremmingen C SWR DE 8 8 Grafenrheinfeld DWR DE 48 44 40 132 Neckarwestheim 2 DWR DE 44 60 41 20 20 185 Neckarwestheim 1 DWR DE 40 40 Isar 1 SWR DE 96 96 Olkiluoto 1 SWR FIN 8 110 110 110 338 Ringhals 1 SWR SE 80 104 184 Ringhals 2 DWR S 28 28 28 4 88 Ringhals 3 DWR S 64 52 4 120 Ringhals 4 DWR S 64 44 40 148 Trillo 1 DWR ES 36 40 40 40 40 36 232 Summe 1667 1316 704 998 562 774 Nein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3771 8. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Auslastung der ANF in den Jahren 2013 und 2014 gemessen an der Kapazität der Anlage und gemessen an den Jahren 2009 und 2010? Nachfolgend sind die Produktionszahlen für hergestellte Brennelemente für die genannten Jahre zusammengefasst. * Stand November 2014 9. Wie hoch waren die Gewinnabführungen der ANF Lingen in den Jahren 2009 bis heute jeweils in Richtung an den Mutterkonzern? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. 10. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob die ANF der Muttergesellschaft AREVA oder anderen Tochtergesellschaften der AREVA Kredite zur Verfügung gestellt hat? Wenn ja, in welcher Höhe? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 11. Wann hat die ANF Lingen mit dem Einsatz von Gadoliniumoxid begonnen , und welche technischen Veränderungen mussten dafür am Standort Lingen vorgenommen werden? Bei der ANF werden seit Fertigungsbeginn im Jahr 1979 gadoliniumoxidhaltige Uranpellets eingesetzt. Seit Mitte des Jahres 2014 werden diese Pellets auch durch die ANF gefertigt. Die erforderliche Dotierung des Uranoxids mit Gadolinium erfolgt in einer hierfür errichteten Pulver- und Granulatorstation, nach bereits in der Anlage durchgeführten Standardprozessen. Die weitere Verarbeitung zu Pellets erfolgt in bestehenden technischen Einrichtungen. 12. Welche Genehmigungen auf welcher Rechtsgrundlage mussten dafür von welchem Ministerium erteilt werden, und wann sind diese jeweils erteilt worden? Im Rahmen der aufsichtlichen Prüfung der in der ANF durchgeführten Gadolinium -Dotierung ergaben sich keine Erkenntnisse auf Auswirkungen auf das in bisherigen Genehmigungen festgelegten Sicherheitsniveaus der ANF oder Änderungen sicherheitstechnischer Grenzwerte. Atomrechtlich genehmigungspflichtige Änderungen ergaben sich daher nicht. Jahr Masse des Urans in den hergestellten Brennelementen in t Auslastung in Prozent bezogen auf genehmigte 650 t Uran pro Jahr 2009 564 87 2010 456 70 2013 251 39 2014* 295 45 Drucksache 18/3771 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Welche Veränderungen hinsichtlich Strahlenschutz, Arbeitsschutz oder sonstiger Schutzvorschriften mit Bezug auf die Gesundheit der Beschäftigten oder der Bevölkerung sind durch den Einsatz des Gadoliniumoxid eingetreten? Wie in der Antwort zu Frage 11 angeführt, kommen bei der Fertigung betriebserprobte Standardprozesse zum Einsatz. Sicherheitstechnische Grenzwerte sind nicht verändert worden. 14. Aus welchen Gründen ergibt sich aus dem Einsatz von Gadoliniumoxid in den Brennelementen nach Kenntnis der Bundesregierung ein verbesserter Absatz für die ANF? Zu dieser Fragestellung liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 15. Welche Vorteile bringt dieses Material gegenüber herkömmlichen Brennelementen im Reaktoreinsatz? Gadolinium als sogenanntes abbrennbares Neutronengift absorbiert Neutronen und entzieht sie somit der nuklearen Kettenreaktion. Durch den Neutroneneinfang werden stark absorbierende Gadoliniumnuklide (Gd-155 und Gd-157) zu schwächer absorbierenden Nukliden. Somit verringert sich die absorbierende Wirkung im Laufe des Reaktorbetriebs. Der Zweck ist die Begrenzung der lokalen Leistung in Brennelementen und somit die räumlich möglichst gleichmäßige Wärmeproduktion im Reaktor. Gleichzeitig dient der Einsatz von Gadolinium als abbrennbares Neutronengift als ein Faktor zur Gewährleistung der Abschaltsicherheit insbesondere bei höherem Abbrand. 16. Wie sind Brennelemente mit Gadoliniumoxid im Grundsatz aufgebaut, und wie hoch je Pellet und je Brennelement ist der Anteil von Uran, dessen Anreicherung mit Uran 235 und des Anteils von Gadoliniumoxid? Das Gadoliniumoxid wird dem Brennstoff ausgewählter Brennstäbe von Brennelementen beigemischt. Brennelemente mit Gadoliniumoxid sind in der Regel wie herkömmliche Brennelemente aufgebaut. Einzelne Brennstäbe (typischerweise bis zu 15 Prozent) eines Brennelementes enthalten dabei auf der ganzen Länge oder einem Teil ihrer Länge statt Pellets aus reinem Uranoxid, Pellets mit einer homogenen Mischung aus Gadoliniumoxid und Uranoxid. Typische Gadolinium -Pellets enthalten bis zu acht Gewichtsprozent Gadoliniumoxid. Daraus ergibt sich ein Gewichtsanteil von reinem Uran im Gadolinium-Pellet von mindestens 81 Prozent (der Rest ist der Sauerstoff aus dem Uranoxid). In Brennstäben mit Gadoliniumoxid wird die Anreicherung mit Uran-235 typischerweise geringer gewählt als in den Gadolinium-freien Brennstäben. 17. Werden Brennelemente mit Gadoliniumoxid in Deutschland eingesetzt? Wenn ja, seit wann werden sie eingesetzt (erstmaliger Einsatz im Reaktor), von welchen Herstellern, in welchen Atomkraftwerken und jeweils wie viele Brennelemente? Wenn nein, hat die Bundesregierung Kenntnis, warum nicht? Eine Übersicht über alle in Deutschland eingesetzten Brennelemente mit Gadoliniumoxid und deren Hersteller liegt der Bundesregierung nicht vor. Brenn- elemente mit Gadoliniumoxid werden aber aktuell in allen neun deutschen Kernkraftwerken mit Berechtigung zum Leistungsbetrieb eingesetzt. Nach Aus- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3771 kunft der atomrechtlich zuständigen Landesbehörden wurden sie in den Kernkraftwerken mit Berechtigung zum Leistungsbetrieb bereits seit den ersten Reaktorzyklen eingesetzt, dabei kamen und kommen Brennelemente verschiedener Hersteller (z. B. AREVA, Westinghouse, General Electric) zum Einsatz. 18. Hat der Einsatz von Gadoliniumoxid in den Brennelementen nach dem Reaktoreinsatz Auswirkungen auf das Abklingverhalten und auf die weitere Zwischenlagerung in Castorbehältern oder der Endlagerung? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Der Einsatz von Gadoliniumoxid in den Brennelementen hat weder einen Einfluss auf das Abklingverhalten noch auf die weitere Zwischenlagerung der Brennelemente in CASTOR®-Behältern. Alle eingesetzten und die durch Neutronenabsorption entstehenden Gadoliniumisotope sind selbst nicht radioaktiv. Auswirkungen auf die Endlagerung können erst nach Vorliegen von konkreten Endlagerungsbedingungen bewertet werden. 19. Wie viele Beschäftigte hatte die ANF Lingen nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren 2010 bis heute? Nach Auskunft des Unternehmens hat sich die Zahl der aktiven Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie folgt entwickelt: Geschäftsjahr 2010: 342 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Geschäftsjahr 2011: 322 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Geschäftsjahr 2012: 311 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Geschäftsjahr 2013: 312 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Geschäftsjahr 2014: 304 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die wirtschaftliche Situation der AREVA insgesamt und hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Geschäftsbereiche in Erlangen und Lingen? Die wirtschaftliche Situation der AREVA ist eng mit den Auswirkungen von Fukushima, insbesondere auf den deutschen Markt, sowie den internationalen Entwicklungen im Bereich der zivilen Nutzung der Kernenergie verknüpft. Durch den deutschen Ausstieg aus der kerntechnischen Stromerzeugung fällt für das deutsche Tochterunternehmen ein großer Teil des Heimatmarktes weg; gleichzeitig ist die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt erschwert. 21. Welchen Stellenwert hat nach Kenntnissen der Bundesregierung die ANF Lingen im Rahmen der weltweiten Brennelementeproduktion von AREVA insgesamt, und sieht die Bundesregierung Risiken, dass es zu einer Verlagerung der Produktion vom Standort Lingen zu anderen Brennelementefabriken der AREVA im Ausland kommen könnte? ANF in Lingen ist ein Teil der internationalen Brennelementfertigungsaktivitäten der AREVA-Gruppe. Der Bundesregierung sind derzeit keine Pläne bekannt, dass Aktivitäten aus Deutschland ins Ausland verlagert werden sollen. Im Übri- gen wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. Drucksache 18/3771 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. Was genau erfolgt im Bereich der Trockenkonversion bei der Herstellung von Brennelementen, und welche Probleme und Risiken sind mit dem Riss im Ofenrohr des Drehrohrofens verbunden? In der Trockenkonversion erfolgt die chemische Umwandlung von Uranhexafluorid in Uranoxid, das in der Fabrik in einem späteren Produktionsschritt zu Tabletten gepresst wird. Der anlässlich einer turnusmäßigen Prüfung festgestellte Riss führte zur Unterbrechung der Produktion, hatte jedoch keine radiologischen Auswirkungen. Das Ofenrohr wurde ausgetauscht. 23. Ist der Austausch des Ofenrohrs inzwischen erfolgt und der Bereich der Trockenkonversion wieder in Betrieb, bzw. bis wann soll das erfolgen? Der Drehrohrofen ist wieder im Normalbetrieb. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. 24. Welche Auswirkungen auf den Gesamtbetrieb hatte oder hat die Stilllegung der Trockenkonversion? Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen. Die Produktion von Uranoxid aus Uranhexafluorid war nicht möglich. 25. Welche Bedeutung hat der Riss in einer Stahlbetonkonsole unterhalb eines Dachträgers, und warum ist dieser meldepflichtig? Der Riss hat Einfluss auf die Tragfähigkeit der Stahlbetonkonsole, die Bestandteil des Fabrikgebäudes ist. Das Gebäude ist als sicherheitstechnisch bedeutsame Einrichtung eingestuft worden. Schäden daran sind daher meldepflichtig. 26. Welche Ergebnisse zum Riss in einer Stahlbetonkonsole unterhalb eines Dachträgers haben die weiteren Untersuchungen gebracht, bzw. bis wann werden diese erwartet? Die Untersuchungen haben die Prüfung verschiedener Sanierungsmöglichkeiten zum Gegenstand, die Bewertung durch die atomrechtliche Aufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen ist noch nicht abgeschlossen. 27. Für welche AKWs waren die falsch assemblierten Brennelemente aus der ANF Lingen bestimmt, was genau wurde falsch gemacht, wo bzw. von wem ist der Fehler bemerkt worden, und wie schätzt die Bundesregierung diesen Vorgang ein? Die Brennelemente sind an das Kraftwerk Philippsburg geliefert worden. Von dort sind die unbestrahlten Brennelemente wegen der Betriebseinstellung des Kraftwerks an die ANF zurückgeliefert worden. An insgesamt 27 Brennelementen sind an jeweils zwei Brennstäben Vertauschungen der beiden axialen Brennstoffzonen unterschiedlicher Uran-235-Anreicherungen erfolgt. Der Fehler wurde im Rahmen der Rücknahme von der ANF bemerkt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3771 28. Plant die Bundesregierung den Atomausstieg auch auf die Brennelementefabrik in Lingen auszuweiten und den Betrieb zu befristen? Wenn ja, in welcher Weise soll das erfolgen? Wenn nein, warum nicht? Gegenwärtig nein. Die Brennelementfertigung bei der Firma ANF in Lingen unterscheidet sich grundlegend von Kernkraftwerken und den Sicherheitsgründen, aus denen die Beendigung der Nutzung der Kernspaltung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität beschlossen worden ist. Eine Beendigung der Brennelementfertigung ist deshalb auch nicht in den vom Bundestag mit breiten parlamentarischen Mehrheiten und Zustimmung der Länder im Bundesrat gefassten und zu einem weitreichenden atompolitischen und gesellschaftlichen Konsens geführten Beschlüssen zum beschleunigten Kernenergieausstieg enthalten. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333