Deutscher Bundestag Drucksache 18/3782 18. Wahlperiode 20.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Caren Lay, Karin Binder, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3659 – Ermittlungsverfahren gegen Bundesbedienstete und nicht im öffentlichen Dienst Beschäftigte in der Bundesverwaltung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der aktuelle Bericht zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung (RPA-Drucksache 18/76) führt für das Jahr 2013 19 Ermittlungsverfahren gegen Bundesbedienstete – vier im Auswärtigen Amt, fünf im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), vier im Bundesministerium des Innern (BMI), drei im Bundesministerium der Finanzen (BMF), zwei im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), eines im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) – und acht Verfahren (sechs im BMF, zwei im BMAS) gegen Dritte (nicht im öffentlichen Dienst Beschäftigte), also insgesamt 27 Fälle, auf. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Wie im Bericht zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung (RPADrucksache 18/76) ausgeführt, betrafen die insgesamt 19 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten in der unmittelbaren und mittelbaren Bundesverwaltung im Falle des Auswärtigen Amts ausschließlich die Auslandsvertretungen sowie im Falle der übrigen Ressorts ausschließlich den nachgeordneten Bereich. Die ebenfalls angesprochenen acht gegen Dritte eingeleiteten Verfahren betrafen lediglich den Zuständigkeitsbereich der Ressorts und richteten sich nicht gegen Bundesbedienstete. Es wird darauf hingewiesen, dass schon aus datenschutzrechtlichen Gründen und aus Fürsorge für die Betroffenen sowie im Hinblick auf sicherheitsbedingte Erwägungen keine konkrete Nennung des betroffenen Referats erfolgen kann, solange keine (rechtskräftige) Verurteilung vorliegt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 16. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/3782 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Aus welchen konkreten Bereichen der Bundesverwaltung (Bundesministerium , nachgeordneter Bereich, Referat, Dienstort) kommen die 27 Fälle? Auswärtiges Amt (AA) Im Jahr 2013 wurden im Geschäftsbereich des AA insgesamt 4 Ermittlungsverfahren gegen insgesamt 5 Beschuldigte an den Auslandsvertretungen Ankara, Teheran, Sanaa und Lagos geführt. Betroffen waren ein Beamter sowie 4 lokal Beschäftigte. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) 7 Fälle wurden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldet. Von diesen entfallen 5 auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BA und 2 auf Externe. Das Amtsgericht Stuttgart hat einen Mitarbeiter der Arbeitsvermittlung (Tarifebene IV) zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Der Fall betraf das Luftfahrt-Bundesamt. Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) Die beiden Fälle betrafen das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAIN Bw) sowie das Marinestützpunktkommando Eckernförde. Bundesministerium des Innern (BMI) 1 Fall betraf das Beschaffungsamt, 3 Fälle das Bundeskriminalamt (BKA). Bundesministerium der Finanzen (BMF) Es handelt sich um zwei Verfahren im Bereich der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) sowie ein Verfahren im Bereich der Zollverwaltung (ZV). 2. Handelt es sich bei den Fällen um Inhaberinnen und Inhaber von Arbeitsplätzen , die bereits zuvor als besonders korruptionsgefährdet eingestuft waren? AA Alle Fälle traten im Zusammenhang mit der Vergabe von Visa auf. Dieser Bereich gilt im Allgemeinen als erhöht korruptionsgefährdet. BMAS Nach Angaben der BA waren folgende Bereiche betroffen: ● Beratung und Integration, ● Leistungsgewährung Grundsicherung, ● Allgemeine Arbeitsvermittlung und ● Interner Service. Laut dem Gefährdungsatlas der BA sind zumindest teilweise Dienstleistungen der jeweiligen Bereiche als besonders korruptionsgefährdet eingestuft. Die Maßnahmen der BA zur Korruptionsprävention genügen dabei einem sehr hohen Standard und gehen über obligatorische Präventionsmaßnahmen wie das VierAugen -Prinzip hinaus. Zur ständigen Prüfung korruptionsgefährdeter Bereiche wurde eigens ein Bearbeitungs- und Ermittlungsteam in Korruptionsangelegenheiten (KPB-Team) dauerhaft eingerichtet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3782 BMVI Nein. BMVg Keine Angaben. BMI Nein. BMF BImA a) Der betroffene Arbeitsbereich war bereits in der Risikoanalyse 2011 als be- sonders korruptionsgefährdet eingestuft. b) Anonymer Vorwurf gegenüber einer beschäftigten Person der BImA, ohne Nennung eines Namens. Der im Ergebnis einer vertraulichen Überprüfung in Frage kommende Kreis von Beschäftigten (mehrere Fachgebiete und Standorte im Bereich einer Direktion) beinhaltete besonders korruptionsgefährdete Planstellen. Zollverwaltung In dem Fall bei der Zollverwaltung war der betreffende Arbeitsplatz nicht als besonders korruptionsgefährdet eingestuft. 3. In welcher Besoldungsstufe waren die (Stellen der) Betroffenen jeweils eingeordnet ? AA Die lokal Beschäftigten erhielten Vergütungen nach dem jeweiligen Ortsrecht. Der Beamte war in der Besoldungsstufe A 6 besoldet. BMAS 1× Tarifebene V 2× Tarifebene IV 1× Tarifebene III 1× Tarifebene II. BMVI A 9m der Bundesbesoldungsordnung (BBesO). BMVg Keine Angaben. BMI A8 BBesO A13 BBesO 2× A12 BBesO. Drucksache 18/3782 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode BMF BImA a) Entgeltgruppe 14 Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD). b) Durch die nicht konkrete Benennung der beschäftigten Person ist eine dezi- dierte Beantwortung nicht möglich. Zollverwaltung A 7 BBesO. 4. Wie lange hatten die betroffenen Bediensteten ihren Arbeitsplatz inne? AA Im Falle des Beamten 2 Jahre; in den Fällen der lokal Beschäftigten mehrere Jahre an den Auslandsvertretungen, wobei an Arbeitsplätzen in Visastellen eine regelmäßige Rotation herrscht. BMAS 3 bis 7 Jahre, in einem Fall länger als 10 Jahre. BMVI 15 Jahre. BMVg Keine Angaben. BMI 12 Jahre 8 Jahre 7 Jahre (in zwei Fällen). BMF BImA a) 2,5 Jahre b) Durch die nicht konkrete Benennung der beschäftigten Person ist eine dezi- dierte Beantwortung nicht möglich. Zollverwaltung ca. 1,5 Jahre. 5. Welche Delikte werden ihnen jeweils konkret zur Last gelegt (z. B. Korruption , Betrug, Untreue)? AA Beihilfe zur unerlaubten Einreise bzw. Einschleusen von Ausländern/Visakorruption . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3782 BMAS In Bezug auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BA (5 Fälle) jeweils Bestechlichkeit. In Bezug auf die Externen (2 Fälle) Vorteilsgewährung bzw. Bestechung. BMVI Vorteilsannahme (laut Anklageschrift). BMVg In beiden Fällen Verdacht der Vorteilsannahme. BMI Verdacht der gewerbsmäßigen Untreue, des Betruges und der Urkundenfälschung Verdacht der Verletzung von Dienstgeheimnissen Verdacht der Vorteilsannahme. BMF BImA Betrugsverdacht und Vorteilsnahme bei der Auftragsvergabe. Zollverwaltung Bestechlichkeit sowie Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht. 6. In wie vielen dieser Fälle sind bereits Prozesse mit welchem Ergebnis (Urteil, Strafmaß) geführt worden? AA In 2 Fällen stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, in 2 Verfahren ermitteln die zuständigen Staatsanwaltschaften noch, eine Anklage erfolgte bislang in keinem Fall, der 2013 anhängig war. BMAS Nach Angaben der BA erfolgte in 3 der 5 Fälle gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Einstellung gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO), da die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keinen genügenden Anlass zur Erhebung einer Anklage ergaben. In einem Fall sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. In einem weiteren Fall erfolgte eine Verurteilung zu 2 Jahren Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Bei einem der externen Fälle wurde ein Strafbefehl gemäß § 407 StPO wegen Vorteilsgewährung (24 Tagessätze à 20 Euro) erlassen. In dem weiteren externen Fall wurde der BA noch kein Ergebnis der Strafanzeige mitgeteilt. Im Fall der Verurteilung führte das Amtsgericht Stuttgart den Prozess. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg hat die BA über den Erlass des Strafbefehls für den externen Fall informiert. BMVI Bisher liegt nur die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vor; das Hauptsacheverfahren wurde noch nicht durchgeführt. Drucksache 18/3782 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode BMVg Im Fall des Tatverdachts gegen einen Mitarbeiter des Marinestützpunktkommandos Eckernförde hat die zuständige Staatsanwaltschaft Kiel das Strafverfahren gemäß § 170 Absatz 2 (StPO) eingestellt. Im Verfahren zum BAAIN Bw führt die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren durch, eine Anklage erfolgte bisher nicht. BMI Das Verfahren im Bereich des Beschaffungsamtes steht unmittelbar vor der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft Bonn. In den Verfahren im Bereich des Bundeskriminalamtes kam es zu Verfahrenseinstellung durch das Amtsgericht Bonn und die Staatsanwaltschaft Wiesbaden. BMF BImA In einem Verfahren wird nach derzeitigem Kenntnisstand noch ermittelt, das andere wurde eingestellt. Zollverwaltung Das Verfahren wurde vor einem Amtsgericht geführt und gemäß § 153a Absatz 2 StPO mit der Auflage der Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung i. S. d. § 153a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 StPO eingestellt. 7. Vor welchen Gerichten sind die Prozesse geführt worden? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 8. Wie hoch war der finanzielle Schaden in den einzelnen Fällen? AA Finanzielle Schäden sind nicht ermittelt worden bzw. es liegen keine Erkenntnisse vor. BMAS Bislang wurde kein finanzieller Schaden für die öffentliche Hand festgestellt. BMVI Nach derzeitigem Kenntnisstand liegt der Wert der Sachgeschenke bei ca. 500 Euro. BMVg Keine Angaben. BMI: Im Fall des Beschaffungsamtes entstand ein mutmaßlicher Schaden in Höhe von rund 500 000 Euro. In den Fällen des BKA sind keine finanziellen Schäden bekannt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3782 BMF BImA Nicht bekannt. Zollverwaltung Ein materieller Schaden ist nach Kenntnis des BMF nicht entstanden. 9. Für welche Firma oder Institution waren die acht nicht im öffentlichen Dienst Beschäftigten zum Tatzeitpunkt tätig? BMAS Laut Angaben der BA entfiel ein Fall auf einen Arbeitgeber, der der BA gegenüber als Kunde auftrat. In dem anderen Fall handelt es sich um eine Reinigungsfirma , die als Subunternehmer eines Auftragnehmers der BA tätig war. BMF Zollverwaltung In vier Fällen handelt es sich um Privatpersonen. In einem weiteren Fall war der nicht im öffentlichen Dienst Beschäftigte für eine Speditionsfirma tätig. BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH In dem einen Fall war und ist die betroffene Person freiberuflich tätig. 10. Waren sie als externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bundesministerien oder nachgeordneten Bereichen tätig? Nein, auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. 11. Wurden sie von den Bundesministerien oder nachgeordneten Bereichen bezahlt? Nein, auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. 12. Welche Leistung haben sie für die bzw. in der Verwaltung erbracht? BMAS Der Arbeitgeber hat gegenüber der BA keine Leistungen erbracht. In dem anderen Fall erbrachte die Firma als Subunternehmer Reinigungsleistungen. BMF Zollverwaltung In den Fällen 1 bis 5 wurde keine Leistung für die Zollverwaltung erbracht. BVVG Die betroffene Person war im Rahmen beurkundungspflichtiger Vorgänge beteiligt . Drucksache 18/3782 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Bestehen zwischen der Bundesverwaltung und diesen (in Frage 9 genannten ) Firmen und Institutionen weiterhin Verträge? Nein. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333